Fußverkehr

Fußgängerinnen und Fußgänger auf einem breiten Zebrastreifen in der Sadtzum Vergrößern anklicken
Unsere Städte sollten attraktiver fürs Zufußgehen werden.
Quelle: babaroga / Fotolia.com

Die meisten Menschen in Deutschland gehen im Alltag gern zu Fuß – nicht nur aus praktischen Gründen, sondern auch wegen der positiven Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden. Das Gehen ist umweltfreundlich und Teil jedes Weges. Fußwege sollten daher sicherer und attraktiver werden.

Inhaltsverzeichnis

 

Zahlen & Fakten

  • 83 % der Menschen in Deutschland gehen gern zu Fuß.
  • 11 % aller Wege sind kürzer als 1 Kilometer und somit gut für das Zufußgehen geeignet.
  • Menschen gehen heute weniger Wege als 2002, aber dafür längere Strecken.
  • 95 % aller Wege zum öffentlichen Nahverkehr werden zu Fuß zurückgelegt.
  • Attraktive Fußwege zur Haltestelle steigern die Bereitschaft, weitere Stecken zu gehen.
 

Fußverkehr

Zufußgehen ist ein Grundbedürfnis des Menschen – es bedeutet Freiheit, Unabhängigkeit und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Gehen ist die natürlichste und ursprünglichste Art sich fortzubewegen. Jeder Mensch ist daher Fußgängerin oder Fußgänger, sofern seine körperliche Beweglichkeit nicht eingeschränkt ist. Gehende können sich nahezu auf allen Flächen und auch auf engem Raum bewegen. Bei einer fahrzeugorientierten Stadt- und Verkehrsplanung wird der Fußverkehr daher leicht als Restgröße betrachtet und durch die Platzansprüche des motorisierten Verkehrs, des ruhenden Verkehrs (parkende Fahrzeuge), des Radverkehrs durch Schilder und Sondernutzungen auf Gehwegen bedrängt.

Beim Gehen nimmt man seine Umgebung besonders intensiv wahr. Städtebauliche Gegebenheiten, die Attraktivität und Vielfalt der Erdgeschossbereiche sowie die Umweltbedingungen wie Geräusche und Gerüche sind für zu Fuß Gehende in besonders entscheidend. Wo Menschen sich durch abweisende Architektur, fensterlose, eintönige Erdgeschossfassaden, fehlendes Grün, Lärm und Abgase nicht wohl fühlen, vermeiden sie das Entlanggehen und den Aufenthalt. Ist ein Stadtraum durch diese Defizite geprägt, schwindet das Leben aus den Straßen. Fußverkehrsförderung muss daher an der Belebung des öffentlichen Raums ansetzen durch kurze Wege, attraktive Architektur mit vertikalen Strukturen, Anregungen auf Augenhöhe, Pflanzen, Sicherheit, einladende Aufenthaltsgelegenheiten sowie Reduzierung von Lärm und Luftschadstoffen. Zu Fuß Gehende sind im Straßenverkehr besonders verletzlich, zudem sind gerade Kinder und Ältere viel zu Fuß unterwegs. Es ist deshalb wichtig, dass die Infrastruktur und die Verkehrsführung für zu Fuß Gehende sicher gestaltet wird.

Die Anzahl der Wege und die Streckenlänge, die wir zu Fuß zurücklegen, werden häufig unterschätzt. Bei Erhebungen bleiben Fußwege, die mit Verkehrsmitteln kombiniert werden, meist unberücksichtigt. Eine realistische Erfassung von Fußverkehrsdaten ist deshalb eine wichtige Grundlage, um ein Bewusstsein für die tatsächliche Bedeutung des Fußverkehrs zu schaffen und für seine Berücksichtigung in der Verkehrsplanung und Stadtentwicklung zu sorgen.

83 % der befragten Menschen in Deutschland gehen gern zu Fuß. Sie gehen im Vergleich zum Jahr 2002 zwar weniger Wege, aber längere Strecken am Tag. Dies geht aus "Mobilität in Deutschland - Analysen zum Radverkehr und Fußverkehr" von 2019 hervor. Viele Wege sind für das Zufußgehen gut geeignet, zum Beispiel sind 11 % der Wege kürzer als ein Kilometer (MiD 2017). Lücken im Fußwegenetz, städtebauliche Defizite, Luftverschmutzung, Lärm und Unfallgefahren verhindern jedoch oft, dass dieses Potenzial ausgeschöpft werden kann.

Das Umweltbundesamt lässt Möglichkeiten der Stärkung des Fußverkehrs erforschen, in Modellvorhaben erproben und unterstützt Verbände bei der Fußverkehrsförderung. Hierzu zählen das Projekt "Aktive Mobilität: Mehr Lebensqualität in Ballungsräumen" und Modellprojekte der Straßenraumgestaltung.

 

Fußverkehrsstrategien

Deutschland hat im Februar 2025 eine bundesweite Fußverkehrsstrategie verabschiedet. Sie definiert als zentrale Handlungsfelder die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die kommunale Planung, Finanzierung und Förderung, Verwaltungsstrukturen und Bewusstseinsbildung sowie Forschung und Evaluierung. Der Schwerpunkt der Strategie liegt auf den Handlungsmöglichkeiten der Bundesländer und Kommunen.

Mehr und mehr Kommunen, wie beispielsweise Berlin, Leipzig oder Bielefeld entwickeln lokale Fußverkehrsstrategien, auf deren Grundlage sie das Zufußgehen strategisch und gezielt fördern können. Auch Bundesländer profitieren von der Erstellung und Umsetzung einer solchen Strategie. Tipps, wie man dabei am besten vorgeht, finden sich im "Handlungsleitfaden für Fußverkehrsstrategien" des FUSS e.V., der im ⁠UBA⁠-geförderten Verbändeprojekt entstand.

Auch international bekommt das Gehen immer mehr Aufmerksamkeit. Der "Pan-European Master Plan on Walking" wurde von der ⁠UN⁠-ECE 2024 verabschiedet und baut auf der Wiener Erklärung für aktive Mobilität sowie auf der "Europäischen Charta der Fußgänger" von 1988 auf. Die "Neue Leipzig-Charta" von 2020 zielt darauf, dass aktive und emissionsarme Formen der Fortbewegung gefördert werden und mehr Menschen zu Fuß gehen.

 

Fußverkehrs-Checks und GehCheck-App

Der Fußverkehr als umweltfreundlichste Art der Fortbewegung und bedeutender Teil der aktiven Mobilität sieht sich vielerorts noch immer ungünstigen Bedingungen gegenübergestellt. Ein Baustein zur Verbesserung sind Fußverkehrs-Checks, mit denen eine erste Analyse der Gegebenheiten für zu Fuß Gehende im Straßenraum durchgeführt werden kann. Das ⁠UBA⁠ empfiehlt in seiner Publikation „Geht doch! - Grundzüge einer bundesweiten Fußverkehrsstrategie“ unter anderem eine breite Durchführung von Fußverkehrs-Checks.

Was sind Fußverkehrs-Checks?

In Fußverkehrs-Checks tragen Bürger*innen ihre Erfahrungen mit problematischen Fußwegen und Routen in ihrem Umfeld zusammen. Sie führen Schwachstellen-Analysen bei Ortsbegehungen und Situationsbeobachtungen auf Wegen, Plätzen und an Querungsstellen durch. Es werden zahlreiche Faktoren erhoben, die das Sicherheitsgefühl, die städtebauliche Attraktivität, die Aufenthaltsqualität, die Orientierung und die Leichtigkeit des Fußverkehrs beeinflussen. Für Fußverkehrs-Checks existieren verschiedene Formate, Methoden und Checklisten. Informationen über die Durchführung von Fußverkehrs-Checks hat der Fußverkehrsverband FUSS e.V. in einem vom Umweltbundesamt geförderten Verbändeprojekt zusammengestellt sowie das Land Baden-Württemberg in einem Leitfaden. Die Bandbreite reicht von umfangreichen, aufwändigen Beteiligungsverfahren bis hin zu einfachen, leicht und spontan durchführbaren Streckenanalysen. Auch Schülerinnen und Schüler können einen Fußverkehrscheck in der Umgebung ihrer Schule durchführen. Hierfür hat der Verkehrsclub Deutschland (VCD e.V.) gefördert vom UBA und Bundesumweltministerium einen Leitfaden und Materialien erstellt.

GehCheck-App für leichte Checks

Einfache Fußverkehrs-Checks, die ausschließlich aus der Ortsbegehung und der Aufnahme der Daten bestehen, können von jeder Person eigenständig durchgeführt werden. Mit der „GehCheck“-App steht dafür seit April 2022 ein kostenfreies und leicht zu bedienendes Werkzeug zur Verfügung. Das Umweltbundesamt förderte die Entwicklung der App, die vom FUSS e.V. betrieben wird. Mit wenigen Klicks lassen sich damit lokale Unzulänglichkeiten, Gefahren und Schwierigkeiten für zu Fuß Gehende im Straßenraum festhalten und veröffentlichen. Die Anwendenden können in der App auch Lösungsvorschläge äußern und aufzeigen, wo aus ihrer Sicht gute Beispiele zu finden sind. Alles Erfasste erscheint auf einer Karte im Internet. Mit diesem Citizen-Science-Tool ergibt sich mit der Zeit ein umfassendes Bild darüber, an welchen Stellen dem Fußverkehr mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte und wo es bereits gute Lösungen gibt, an denen man sich ein Beispiel nehmen kann. Die auf der Karte sichtbaren Einträge lassen sich auch nach bestimmten Kriterien auswerten und können für Stadt- und Verkehrsplanungsämter sowie für Stadt- und Verkehrsplanungsbüros von hohem Nutzen sein.

Professionelle Fußverkehrs-Checks

Professionelle, umfangreiche Fußverkehrs-Checks beinhalten einen vorbereitenden Workshop, eine oder mehrere fachlich moderierte Ortsbegehungen, die anschließende fachliche Zusammenstellung und Aufbereitung der Daten durch ein Planungsbüro sowie einen reflektierenden Abschlussworkshop. Teilnehmende sind Bürger*innen, Institutionen, Vereine, Verbände, Bürgerinitiativen, die Lokalpolitik, die Kommunalverwaltung und die Presse. Solche Fußverkehrs-Checks sind kaum ohne professionelle Begleitung durch ein Planungsbüro durchführbar. Aber auch für diese Fußverkehrs-Checks in der Gruppe kann die „GehCheck“-App eine hilfreiche Unterstützung sein, da sie auch sogenannte „Sammelchecks“ anbietet.

 

Fußverkehr und öffentlicher Verkehr

Der Fußverkehr ist eng mit dem öffentlichen Verkehr verknüpft – 95 % aller Wege zum Bus oder zur Bahn werden zu Fuß zurückgelegt. Attraktive und einladende Fußverkehrsinfrastruktur birgt dementsprechend ein beachtliches Potenzial für den ÖPNV: Wenn die Wege zur Haltestelle attraktiv und fußverkehrsfreundlich gestaltet sind, sind die Menschen bereit, wesentlich längere Wege zum ÖPNV in Kauf zu nehmen. Wie dies umgesetzt werden kann, zeigt der VCD-Leitfaden "Zu Fuß zur Haltestelle" dessen Erstellung durch Umweltbundesamt und ⁠BMUV⁠ gefördert wurde. Auch das laufende UBA-Forschungsprojekt "Schnittstellen zwischen ÖPNV und Fußverkehr verbessern" widmet sich diesem Thema und untersucht die Potenziale und Synergien des Fußverkehrs mit dem ÖPNV und wie diese besser genutzt werden können.

 

Fußverkehrskongress

Ein wertvoller Austausch zum Thema Fußverkehr findet alle zwei Jahre beim Fußverkehrskongress (FUKO) statt. 2018 war das ⁠UBA⁠ Mitveranstalter des zweiten Deutschen Fußverkehrskongresses und hat damit eine Verstetigung des Kongresses als regelmäßig wiederkehrende Veranstaltung an unterschiedlichen Veranstaltungsorten in ganz Deutschland mit angestoßen.

 

Fußverkehrspreis

Städte und Gemeinden hervorheben und auszeichnen, die beispielhaft den Fußverkehr fördern – das ist das Ziel des Deutschen Fußverkehrspreises. Am 30.01.2023 wurde dieser durch den Fachverband FUSS e. V. im Rahmen der Tagung „Bei uns geht‘s besser“ in Berlin verliehen. Der Preis „Goldener Schuh“ zeichnet vorbildliche Projekte aus, die das Gehen attraktiver und Städte lebenswerter machen. Überreicht wurde er durch Dr. Katrin Dziekan (⁠UBA⁠), die auch die Tagung mit einer Rede eröffnete.

Siegerkommunen sind die Stadt Kiel mit ihrem "Bespielbaren Quartier" sowie die Gemeinde Pleidelsheim in Baden-Württemberg, in der die Initiative "Ökologisch mobil in Pleidelsheim" eine Reihe von Maßnahmen für den Fußverkehr entwickelt und umsetzt. Einen Sonderpreis gab es für das "Parklet"-Programm des Berliner Senats. Parklets laden zum Verweilen ein und fördern damit auch das Zufußgehen im Kiez. Preisverleihung und Tagung fanden als Teil des Projektes "Gut gehen lassen – Bündnis für attraktiven Fußverkehr" statt, das von UBA und Bundesumweltministerium (⁠BMUV⁠) im Rahmen der Verbändeförderung unterstützt wird.

Beim 25. Bundesweiten Umwelt- und Verkehrskongresses (BUVKO) in Karlsruhe wird der Deutsche Fußverkehrspreis zum zweiten Mal verliehen. Deutsche Kommunen konnten sich mit ihren Fußverkehrsprojekten auf den Hauptpreis und erstmalig auch für einen Sonderpreis zum Thema „Kinder sicher und gerne zu Fuß“ bewerben. Es werden Maßnahmen in den Bereichen Wegenetz, Sicherheit und Barrierefreiheit prämiert. Auch Schnittstellen zum Öffentlichen Personenverkehr werden berücksichtigt und die Aufenthaltsqualität durch eine fußverkehrsfreundliche Infrastruktur.

Verleihung des 1. Fußverkehrssonderpreises an Berliner Parklet-Programm durch Dr. Katrin Dziekan.
Verleihung des 1. Fußverkehrssonderpreises an Berliner Parklet-Programm durch Dr. Katrin Dziekan.
Quelle: Ana Torres
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