Tiere im ewigen Eis – die Fauna der Antarktis

Eine Gruppe Adeliepinguine steht am Wasser. Fünf weitere stehen auf einer nahen Eisscholle. zum Vergrößern anklicken
Adeliepinguine sind eine der fünf Pinguinarten, die in der Antarktis brüten.
Quelle: Fritz Hertel/UBA

Was der Eisbär für die Arktis ist, ist der Pinguin für die Antarktis. Von den weltweit 18 Pinguinarten brüten fünf ausschließlich in der Antarktis. Die Region hat allerdings noch weitaus mehr zu bieten als die charmanten flugunfähigen Vögel. Die Artenvielfalt am südlichen Ende der Welt mag überraschen. Sowohl an Land als auch im Südozean haben sich Tiere an die harschen Lebensumstände angepasst.

Die Zahl der an Land lebenden antarktischen Tierarten ist relativ gering. Die nicht von Eis bedeckten Landgebiete der Antarktis sind lediglich von sehr kleinen Tieren dauerhaft besiedelt. Winzige Bärtierchen, Milben, Fadenwürmer oder Springschwänze prägen die antarktische ⁠Fauna⁠ an Land. Eine Besonderheit auf der Antarktischen Halbinsel ist die flügellose Mückenart Belgica antarctica. Dieses einheimische Insekt ist mit zwölf Millimetern Länge das größte permanent an Land lebende Tier in der Antarktis.

Der Lebensraum der antarktischen Wirbeltiere ist auf die schmalen, eisfreien Küstengebiete und das Meer begrenzt, da sie auf Nahrung aus dem Meer angewiesen sind.

Das Südpolarmeer beherbergt mehr als 8.000 bekannte Arten, darunter die weltweit größte Anzahl von Pinguinen, Wale, Robben und Seevögel, aber auch außergewöhnliche Arten wie den Koloss-Kalmar oder den Riesen-Antarktisdorsch.

Krill als Grundlage des Nahrungsnetzes

Das wohl wichtigste Glied im Nahrungsnetz des Südpolarmeeres bildet der Antarktische Krill (Euphausia superba). Der vier bis sechs Zentimeter lange garnelenartige Krebs, der auch als Leuchtgarnele bezeichnet wird, lebt in großen Schwärmen. Der Antarktische Krill ernährt sich hauptsächlich von pflanzlichem Plankton. Die sehr langsam wachsende antarktische Art kann mehrere Jahre alt werden. Wale, Robben, Vögel, Fische und Tintenfische konsumieren jährlich geschätzt etwa 250 Millionen Tonnen Krill; das sind etwa zwei Drittel der vermuteten Gesamtmasse dieser Schlüsselart im Südpolarmeer.

Die Vielfalt der antarktischen Unterwasserwelt

Im Küstenbereich und auf dem Schelf der Antarktis leben ca. 200 Fischarten, die sich meist nahe dem Meeresboden aufhalten.

Etwa die Hälfte der Arten gehört zu den Antarktisfischen (Notothenioidei). Diese mit Barschen entfernt verwandten Arten sind besonders an das Leben bei sehr niedrigen Temperaturen angepasst. So gelten zum Beispiel die Eisfische als „Fische ohne Blut“, da sie keinen roten Blutfarbstoff (Hämoglobin) haben. Eine der kommerziell relevanten Arten ist der Antarktische Seehecht, auch Riesen-Antarktisdorsch genannt (Dissostichos mawsoni).

Die Scheibenbäuche (Liparidae) stellen mit über 60 Arten fast ein Drittel der Fischarten im Südpolarmeer dar. Diese meist eher kleinwüchsigen Fischarten kommen häufig in großen Tiefen vor. Charakteristisch sind die zu einer Saugscheibe umgeformten Brustflossen. Aalmuttern (Zoarcidae) haben mit 11 Prozent den drittgrößten Anteil an der antarktischen Fischvielfalt.

Die antarktische Unterwasserwelt bietet neben Fischen auch etwa 70 Kopffüßerarten eine Heimat, von denen der größte der Koloss-Kalmar (manchmal auch Riesenkalmar) ist. Diese Art gilt als das größte Weichtier (Mollusk) auf der Welt.

Neben Krill sind auch Flohkrebse, Quallen und Salpen in der Wassersäule zu finden. Vor allem Flohkrebse und Salpen stehen in natürlicher Nahrungskonkurrenz zum Krill. Im und direkt unter dem Meereis mit seinen vielen Kanälen, in denen Salzwasser konzentriert ist, leben kleine Algen und Krebse.

Am Meeresboden kommen benthische Krebse und Asseln sowie Krabben – darunter auch  Königskrabben – vor. Außerdem sind dort Seescheiden, Seegurken, See- und Schlangensterne, Seeigel, Seespinnen, Moostierchen, Muscheln, Schwämme und Korallen zu finden. Auch Kraken sind eher bodennah zu beobachten; in der Antarktis haben diese ein spezielles Pigment im Blut, um die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt überstehen zu können.

Maskottchen im Frack

Die wohl bekanntesten Tiere der Antarktis sind die Pinguine. Diese flugunfähigen Tauchvögel kommen ausschließlich auf der Südhalbkugel vor. Die Zeichnung ihres Federkleids, dunkler Rücken und weißer Bauch, dient dem Schutz vor Feinden im Wasser.

Fünf der insgesamt achtzehn bekannten Pinguinarten sind echte Antarktisbewohner, die ausschließlich auf dem Kontinent, dem angrenzenden Festeis oder den benachbarten Inseln brüten. Die bekannteste Art ist der Kaiserpinguin (Aptenodytes forsteri), der größte Tauchvogel der Erde und der einzige ständige Antarktisbewohner. Die anderen vier Pinguinarten der Antarktis und der subantarktischen Inseln sind der Zügelpinguin (Pygoscelis antarctica), der Eselspinguin (Pygoscelis papua), der Goldschopfpinguin (Eudyptes chrysolophus) und der Adeliepinguin (Pygoscelis adeliae). Die übrigen Pinguinarten leben auf subantarktischen Inseln, entlang der südamerikanischen Westküste, an der Südküste Afrikas, in Neuseeland und Australien sowie auf den Galapagos-Inseln.

Neben den Pinguinen kommen in der Antarktis noch etwa 26 weitere Arten von Seevögeln vor. Dabei handelt es sich unter anderem um Albatrosse, Riesen- und Kapsturmvögel, Raubmöwen, Seeschwalben, Scheidenschnäbel sowie Schnee- und Weißflügelsturmvögel, die sogar ins Landesinnere vordringen.

Es gibt nur wenige Säugetiere – dafür aber sehr große

Von den Säugetieren sind nur die beiden im Meer lebenden Gruppen, Robben und Wale (Meeressäuger), in der Antarktis vertreten. Sechs Robbenarten kommen vor: die Krabbenfresserrobbe (Lobodon carcinophagus), der Südliche See-Elefant (Mirounga leonina), die Weddellrobbe (Leptonychotes weddelli), die Ross-Robbe (Ommatophoca rossii), die Pelzrobbe (Arctocephalus spec.) und der Seeleopard (Hydrurga leptonyx). Letzterer kann bis zu vier Meter lang werden und steht am oberen Ende der Nahrungskette. Die Zahl der Robben liegt in der Antarktis weit höher als in der Arktis. So wird allein die Anzahl der antarktischen Krabbenfresserrobbe auf etwa elf bis zwölf Millionen Tiere geschätzt. Diese enorme Menge der Robben, wie auch vieler anderer Arten, ist wesentlich auf das massenhafte Vorkommen des antarktischen Krills als Nahrungsquelle zurückzuführen.

Von den weltweit etwa 80 Walarten sind 14 Arten regelmäßig im antarktischen Sommer im Südpolarmeer zu finden. Dazu zählen sechs Bartenwale, die bis zu vier Monate ohne Nahrung auskommen und ausschließlich von Fettreserven leben können. Der Blauwal ist mit bis zu 24 Metern Länge das größte Säugetier der Erde, der Finnwal das zweitgrößte. Außerdem sind der Seiwal, der Buckelwal, der Antarktische und der Gemeine Zwergwal sowie sieben Zahnwalarten, wie zum Beispiel der Schwertwal, der Pottwal oder die sogenannten Entenwale, im Südpolarmeer zu beobachten.

Gefährdung der antarktischen Tierwelt

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat der Wal- und Robbenfang die Populationen stark reduziert. Während sich einige Arten wieder gut erholt haben, beispielsweise die Antarktische Pelzrobben, die heute wieder Bestandsgrößen von mehreren Millionen Tieren haben, sind andere Arten, wie der Blauwal, immer noch weit von ihrem Populationsoptimum entfernt und gelten weiterhin als stark gefährdet. Heutzutage sind der Antarktische Krill und Fischarten, wie der Schwarze Seehecht oder der Riesen-Antarktisdorsch, von Überfischung betroffen. Eine zunehmende Gefahr ist der illegale Fischfang, da sich eine umfassende Kontrolle der bestehenden Fischereibeschränkungen in der Antarktis als schwierig erweist.

Auch der Klimawandel und die Ozeanversauerung können negative Auswirkungen auf die antarktische Tierwelt haben. So weichen schon jetzt Pinguinkolonien aufgrund der veränderten Lebensbedingungen auf andere Gebiete aus. Der Rückgang des küstennahen Schelfeises und die Zunahme der Eisberge verändern die Lebensräume. Durch veränderte Lebensverhältnisse verringert sich die Krillpopulation, was die Ernährung vieler anderer Tiere gefährdet. Hinzu kommt, dass invasive Arten in das ⁠Ökosystem⁠ gelangen und zu den spezialisierten antarktischen Arten in Konkurrenz treten können. Auch eingeschleppte Krankheitserreger können die polare Fauna gefährden.

Gegenwärtig stellt der zunehmende Tourismus in der Antarktis eine neue Gefahrenquelle für heimische Tiere und ihren natürlichen Lebensraum dar. An Land gibt es keine großen Raubtiere, daher haben die an Land lebenden Tiere keinen ausgeprägten Fluchtreflex. Dennoch kann die Annäherung von Menschen bei brütenden Vögeln oder säugenden Robben Stress hervorrufen, was für die Jungtiere lebensbedrohend sein kann. Schon die bloße Anwesenheit eines Menschen kann dazu führen, dass Tiere sich gestört, verängstigt oder bedroht fühlen. Aus diesen Gründen ist bei der Beobachtung von Tieren ein großzügiger Sicherheitsabstand einzuhalten, um sie in ihrer natürlichen Umgebung zu erhalten. Genaue Verhaltensregeln und präzise Angaben zu den einzuhaltenden Abständen finden Sie im Leitfaden für Besucher der Antarktis.

Ein Überblick über die Wildtierpopulationen der Antarktischen Halbinsel

Das Störpotential menschlicher Aktivitäten zeigt sich besonders stark bei Helikoptereinsätzen. Um Auswirkungen auf die Tierwelt so gering wie möglich zu halten, ist es von Vorteil, den Piloten Informationen zur Verfügung zu stellen, wo sich größere Ansammlungen von Wildtieren gewöhnlich aufhalten. Zu diesem Zweck wurde das Wildlife Awareness Manual (WAM) entwickelt, das seit Mai 2021 in seiner zweiten Auflage zur Verfügung steht. Das Handbuch umfasst die Antarktische Halbinsel, die südlichen Shetlandinseln und die südlichen Orkneyinseln und enthält über 160 umfassend überarbeitete und aktualisierte Karten, die die Standorte brütender Wildtiere zeigen. Darüber hinaus enthält es auch Informationen zu geografischen und hydrografischen Merkmalen, wissenschaftlichen Stationen und Schutzgebieten in der Region der Antarktischen Halbinsel zeigen. Fotos veranschaulichen die örtlichen Tierarten und häufig besuchte Orte. Obwohl das Handbuch vornehmlich für Piloten konzipiert wurde, sind die Informationen darin auch von Anfang an für Wissenschaftler, Touristen, Expeditions- und Stationspersonal relevant. Das Handbuch leistet damit einen wichtigen Beitrag für den Schutz der Tiere in der Antarktis.

 

 

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