Nachhaltiger Umgang mit Rohstoffen
Um die Belastung der Umwelt bei der Gewinnung von Rohstoffen auf ein verträgliches Maß zu reduzieren, werden verschiedene Strategien verfolgt. In Produktion und Konsum müssen wir Rohstoffe sparsamer und effizienter nutzen. Auch die Abfallwirtschaft und die gesetzlichen Regelungen zur Produktverantwortung leisten einen wesentlichen Beitrag, indem Primärrohstoffe durch Sekundärrohstoffe ersetzt werden. Ein weiterer Weg ist, direkt bei der Gewinnung der Primärrohstoffe anzusetzen, die häufig mit enormen Umweltbelastungen einhergeht. Deutschland ist als exportorientiertes Industrieland, das viele rohstoffintensive Güter wie Autos und Maschinen exportiert, im hohen Maße auf die Versorgung mit Primärrohstoffen angewiesen. Ein Großteil der in Deutschland benötigten nichtmetallischen, mineralischen Rohstoffe (Sand, Kies, einige Industriemineralien) werden im Land gewonnen. So kann eine Eigenversorgung ganz oder anteilig sicherstellt werden. Hingegen ist Deutschland bei den Metallrohstoffen, einzelnen Industriemineralien und Energierohstoffen sowie den aus ihnen gewonnenen Erzeugnissen sehr stark vom Import abhängig. Demnach tritt ein großer Teil der Umweltbelastungen, die aufgrund des Rohstoffbedarfs der deutschen Wirtschaft entstehen, im Ausland auf. Aus einer Lebenszyklusperspektive tragen wir eine Teilverantwortung für diese Umweltbelastungen. Das Umweltbundesamt setzt sich daher dafür ein, dass ökologische und soziale Aspekte bei der Weitentwicklung der deutschen Rohstoffstrategie stärker berücksichtigt werden. Es unterstützt die Weiterentwicklung und Verbreitung von international anerkannten Umwelt- und Sozialstandards und der besten verfügbaren Techniken (BVT) bei der Rohstoffgewinnung.
Umweltwirkungen im Lebenszyklus eines Projekts zur Rohstoffgewinnung
Ein Projekt zur Gewinnung von Rohstoffen durchläuft typischerweise mehrere Lebenszyklusphasen. Von der Erkundungsphase (Exploration), über die Erschließungs- und die Abbauphase bis hin zur Schließungs- und Nachsorgephase treten viele unterschiedliche Umwelteinwirkungen auf. Wesentlich sind hier der Eingriff in den Naturhaushalt und seine Auswirkungen auf die Biodiversität, der Eingriff in den Wasserhaushalt, der Umgang mit Bergbauabfällen, der Energiebedarf sowie Emissionen von Schadstoffen in Wasser, Boden und Luft. Ausprägung und Ausmaß der verursachten Umweltauswirkungen variieren sehr stark in Abhängigkeit
• rohstoffspezifischer,
• technologischer,
• politisch-institutioneller,
• gesellschaftlicher,
• ökologischer Faktoren.
Die Umweltwirkungen der Rohstoffgewinnung treten über einen langen Zeitraum und während der Abbauphase entlang einer zeitgleich laufenden, aber häufig räumlich verteilten Prozesskette auf, die sich vom Abbau über die Aufbereitung bis zur Veredelung erstreckt. Beim Schritt von der Exploration zur Erschließungs- und Abbauphase steigen in der Regel die Umwelteinwirkungen deutlich. Sofern eine effektive Nachsorge stattfindet, nehmen sie dann während der Schließungs- und Sanierungsphase des Rohstoffgewinnungsstandorts in der Regel wieder ab.
Erkundungsphase
Bei der Exploration wird mit geologischen, geochemischen und geophysikalischen Verfahren untersucht, ob ein Rohstoffvorkommen technisch und wirtschaftlich abgebaut werden kann. Die Eingriffe in die Natur umfassen Suchbohrungen, Probenahmen, erste Schürfarbeiten, Aufbereitungsversuche. Diese Phase geht mit vergleichsweise geringen Umwelteinwirkungen einher.
Erschließungsphase
In der relativ kurzen Erschließungsphase (oder auch Vorbetriebsphase) werden die Vorbereitungen getroffen, um die Lagerstätte abzubauen. Es wird die für den Betrieb erforderliche Infrastruktur wie Verkehrswege, Leitungen, Gebäude und Anlagen errichtet. Es werden Förder- und Aufbereitungsanlagen installiert und gegebenenfalls Schlammteiche für Aufbereitungsrückstände (Tailings) angelegt. Abhängig von der Lage und dem Umfeld der Lagerstätte kann der Infrastrukturbedarf erheblich variieren: von der Errichtung der betrieblichen Infrastruktur über den Bau von Fernstraßen, Eisenbahnstrecken, Häfen, Flughäfen, Kraftwerken, Wasserwerken bis hin zu ganzen Städten mit Schulen und Krankenhäusern. Dementsprechend variieren auch die Umwelteinwirkungen der Erschließungsphase.
Im Tagebau werden in der Vorbetriebsphase die oberen Gesteinsschichten ohne oder mit sehr geringem Wertgehalt abgetragen, um die Lagerstätte freizulegen und die Rohstoffe abbauen zu können. Dabei entstehen häufig große Mengen Abraum, die auf großflächigen Halden abgeladen werden. Dies verändert nachhaltig das Landschaftsbild und nimmt Flächen- und Naturraum in Anspruch. Von den Abraumhalden geht in Abhängigkeit der genannten Einflussgrößen auch ein Gefährdungspotenzial für Wasser, Boden und Luft aus. Mögliche negative Umwelteinwirkungen sind die Emission von Stäuben, die Freisetzung saurer Bergbauwässer und die Mobilisierung von Schwermetallen und Radionukliden. Im Tiefbau werden die Schächte und Stollen in den Berg getrieben, um die Lagerstätte zu erschließen. Auch hier fallen, wenn auch im geringeren Umfang als im Tagebau, Rückstände in Form von wertlosem Taubgestein an, die zunächst überirdisch aufgehaldet werden.
Abbauphase
In der Abbauphase (oder auch Betriebsphase) werden die Rohstoffe der Lagerstätte über einen längeren Zeitraum (mehrere Jahre bis Jahrzehnte) abgebaut. Die häufig extremen Umwelteinwirkungen des Rohstoffabbaus und der nachfolgenden Prozesse der Rohmaterialherstellung werden im nächsten Abschnitt detailliert beschrieben.
Schließungs- und Nachsorgephase
In der Nachbetriebsphase wird das Bergwerk geschlossen und die Anlagen werden in der Regel demontiert. Als Folge des Bergbaus kann es zu chronischen Belastungen der Umwelt, langfristigen Umweltauswirkungen, irreversiblen Umweltveränderungen und dauerhaft nicht nachnutzbaren Flächen kommen. Ob und in welchem Ausmaß dies passiert, wird maßgeblich von der Betriebspraxis in der Betriebsphase sowie Art und Umfang der Maßnahmen zur Sanierung und Rekultivierung bestimmt. Voraussetzung für eine erfolgreiche Nachsorge ist, dass die Genehmigung eines Bergbauprojektes an konkrete Nachsorgeauflagen (Rekultivierung, Standsicherheit, Sanierung) geknüpft ist.
Das Beispiel Erzbergbau
Umweltwirkungen entlang der Wertschöpfungskette: Vom Rohstoff zum Rohmaterial (Beispiel Erzbergbau)
Abbau
Der Abbau, also die Entnahme von Rohstoffen aus der Natur, ist der Schritt der Rohstoffwertschöpfungskette, der am unmittelbarsten in die Natur eingreift. Die Umwelteinwirkungen sind jedoch stark von der Art des Bergbaus und der eingesetzten Techniken abhängig. Die Umwelteinwirkung eines Tagebaus ist in der Regel stärker als bei der Rohstoffgewinnung Untertage (Tiefbau). Denn der Flächenbedarf ist größer, die Eingriffe in den Wasserhaushalt sind stärker und die bewegten Erd- und Gesteinsmassen sind größer.
Als erster Verfahrensschritt des Erzabbaus wird das Erz und das Nebengestein unter anderem mit Sprengstoff gelöst. Das gelöste Gestein wird mit elektrischen oder dieselbetriebenen Geräten verladen und anschließend zur Aufbereitungsanlage transportiert. Je nach Beschaffenheit des Rohstoffs werden hierfür kontinuierliche (Förderbänder, Rohrleitungen) oder diskontinuierliche (Fahrzeuge) Transportmittel eingesetzt. Das wertstoffarme, taube Nebengestein (Berge) wird entweder oberirdisch aufgehaldet oder wieder in die beim Tiefbau entstandenen Hohlräume verfüllt (Versatz). Die Halden können je nachdem, welche Vorsorgemaßnahmen getroffen wurden und wie das Bergematerial beschaffen ist, die Umwelt stark belasten. Es können saure Bergbauwässer (Acid Mine Drainage) entstehen und toxische oder radioaktive Stoffe in Böden und Gewässer freigesetzt werden. Saure Bergbauwässer aus Bergbauhalden (Abraum, Aufbereitungsrückstände, taubes Gestein) lassen sich verhindern oder zumindest verringern, wenn Rückstände mit unterschiedlichem Gefährdungspotenzial getrennt bewirtschaftet werden und potenziell Sauerwasser bildende Haldenabgedeckt werden. Lässt sich die Sauerwasserbildung nicht verhindern, können Maßnahmen zur Kontrolle oder gegebenenfalls zur Behandlung getroffen werden.
Aufbereitung
Die anschließende Aufbereitung hat zum Ziel, aus dem Rohstoff (Erz) ein handelsfähiges Produkt, ein Rohmaterial, (Erzkonzentrat) herzustellen. Die Prozesse zur Aufbereitung des Rohstoffs sind unter anderem abhängig vom Rohstoff, von den mineralogischen Randbedingungen, vom erwünschten Produkt und den folgenden Verarbeitungsprozessen. Prinzipiell lassen sich für Metallerze folgende Aufbereitungsschritte beschreiben:
In einem ersten Schritt wird das Erz energieaufwändig mit Hilfe von Brechern und Mühlen zerkleinert. Das ermöglicht die anschließende Trennung von Wertmineral und Nebengestein. Dazu wird das gemahlene Stoffgemisch mit verschiedenen Verfahren getrennt, die auf den physikalischen oder physikochemischen Eigenschaften der Stoffe aufbauen. Der Wasser-, Energie- und Chemikalienaufwand variiert stark mit dem eingesetzten Verfahren beziehungsweise der gewählten Verfahrenskombination (Sedimentation, Flotation, Adsorption, Filtration, Laugung etc.). Dementsprechend variieren auch der Anfall von Abwasser und Abfällen und die Emissionen in Luft und Wasser. Die Aufbereitung findet häufig direkt am Ort der Entnahme statt. Sie ist insbesondere bei niedrigkonzentrierten Metallerzen mit einem immensen Energie- und Wasserbedarf sowie Treibhausgas- und Luftschadstoffemissionen verbunden. Die in großen Mengen anfallenden, zum Teil toxischen Schlämme werden in riesige Sedimentationsbecken eingeleitet, stabilisiert und schließlich aufgehaldet. Durch einen Dammbruch, schlechte Abdichtung der Sedimentationsbecken oder unzureichende Stabilisierung der Schlämme kann es zur Kontamination von Land- und Wasserökosystemen kommen. Der Trend, Erze mit immer niedrigerem Wertgehalt in großen Tagebauminen zu fördern, hat in den letzten Jahrzehnten zu einem deutlichen Anstieg an Aufbereitungsrückständen und Bergematerial geführt.
Die Verhüttung und Veredelung des aufbereiteten Rohmaterials (Erzkonzentrat) findet teilweise am Minenstandort statt, wird aber auch in Abhängigkeit der Transportkosten und der erwarteten Wertschöpfung an weltweit verteilten Metallhütten und Raffinerien durchgeführt. Je nach Technik und Rohstoff fallen in dieser letzten Prozessstufe der Rohstoff-Rohmaterial-Wertschöpfungskette Abfälle (zum Beispiel Schlacken) an, Luftschadstoffe und Klimagase werden emittiert und toxische Stoffe in Wasser, Luft und Boden freigesetzt.
Was sind abiotische Rohstoffe?
Abiotische Rohstoffe sind alle Rohstoffe, die nicht biotisch sind - also nicht aus oder von Lebewesen stammen. Zu ihnen gehören fossile Energieträger, Erze und sonstige mineralische Rohstoffe, Baumineralien wie Sand, Kies, Steine sowie Industriemineralien wie Quarzsand, Kalisalze. Abiotische Rohstoffe sind alle nicht erneuerbaren Materialien, die primär aus der Natur gewonnen werden, nicht weiter bearbeitet wurden und in einen Produktionsprozess eingehen können.
Fossile Energieträger stellen einen Sonderfall dar. Sie sind zwar aus Biomasse entstanden, die vor Jahrmillionen produziert wurde. Da sie aber erst durch sehr langsam ablaufende geologische Prozesse ihre heutige Beschaffenheit erlangt haben, werden sie zu den abiotischen Rohstoffen gezählt.