Problem: Tödliche Verletzungen von Fischen auf Fischwanderungen
Wenn Fische flussabwärts wandern, um nahrungsreiche Lebensräume zu erreichen, sich fortzupflanzen oder sich vor Gefahren in Sicherheit zu bringen, können sie an Wehren, Schleusen oder anderen Bauwerken aufgehalten werden. Oft führt der verbleibende freie Weg stromabwärts durch eine Wasserkraftturbine. In Turbinen können Fische erheblich verletzt werden. Verletzungen können auch auftreten, wenn Wasser für die Kühlung von Kraftwerken aus dem Fluss entnommen oder in Pump- und Schöpfwerken gepumpt wird. Die Verletzungen reichen von Schuppenverlusten bis zum Tod. In Abhängigkeit von der Turbinenart, der Umdrehungsgeschwindigkeit der Turbinenschaufeln, der Fischart und anderer Faktoren können so bis zu 100 Prozent der Fische geschädigt werden. Je länger die Wanderwege einer Fischart sind, desto mehr Bauwerke müssen sie passieren. Damit steigt das Risiko, dass sich die Schädigung auf die Population auswirkt. Es müssen daher Maßnahmen gefunden und umgesetzt werden, die diese Fischschäden minimieren.
Problemverständnis: Forum Fischschutz
Maßnahmen für den Schutz der Fische vor Verletzungen und für eine schadfreie Passage stromabwärts können an Querbauwerken, Wasserentnahmebauwerken, Wasserkraftanlagen und Pump- und Schöpfwerken notwendig werden. Oft sind sie eine Herausforderung für die Anlagenbetreiber, wenn sie hohe Investitions- und Betriebskosten und Energieverluste an Wasserkraftanlagen bewirken. Um die Ziele im Gewässerschutz – z.B. nach der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie - bis 2027 zu erreichen, müssen die Schutzmaßnahmen rasch umgesetzt werden. Doch häufig reicht das Wissen nicht aus, um Fische auf ihren Wanderungen sicher vor den Gefahren der Bauwerke zu schützen. Zu dem Handlungsdruck und den nötigen Investitionssummen gesellen sich daher Unsicherheiten. Das Thema wird daher sehr kontrovers diskutiert. Die Bereitschaft, in den Schutz der Fischfauna zu investieren ist gering. Darum hat das Umweltbundesamt 2012 das „Forum Fischschutz und Fischabstieg“ gegründet, um einen interessenübergreifenden Informations- und Erfahrungsaustausch zu ermöglichen und den Dialog zwischen den Akteuren, Gremien und Institutionen voranzubringen. Auf den Arbeitstreffen kommen Fachleute aus den Wasserwirtschafts-, Naturschutz- und Fischereiverwaltungen der Länder und des Bundes, der Bundeswasserstraßenverwaltung, der Energiewirtschaft, dem Ingenieurwasserbau, der Fischereibiologie, den Naturschutz-, Angler- und Fischereiverbänden und der universitären Wissenschaft zusammen. Mittlerweile haben sich mehr als 300 Personen aus über 140 Institutionen auf den Tagungen, Workshops, Exkursionen oder im World Café des Forums in die Diskussion eingebracht. Das Themenspektrum erstreckt sich von den umweltrechtlichen und umweltpolitischen Rahmenbedingungen über die technischen Schutzmaßnahmen bis hin zur Verhaltensbiologie der einzelnen Fischarten.
Ergebnisse des Forums
Im Dialog wurde zu zahlreichen Punkten ein gemeinsames Verständnis erarbeitet, welche Anforderungen und Lösungen für Fischschutz und Fischabstieg es heute gibt. Gemeinsame Auffassung des Forums ist es zum Beispiel, dass Fische an technischen Bauwerken am besten durch mechanische Abschirmungen geschützt werden. Diese Abschirmungen werden auch als Fischschutzrechen bezeichnet und sind für Fische ab einer Körperlänge ab 10 cm nicht mehr passierbar. Diese Fischschutzrechen funktionieren an Wasserkraftanlagen, die über eine Leistung bis zu einem Megawatt verfügen. Das sind weit mehr als 85 Prozent der Anlagen in Deutschland. An größeren Anlagen wird es schwieriger, Fische zu schützen. Hier können moderne Turbinen helfen, die weniger Verletzungen verursachen. Der Wasserkraftbetreiber kann auch Wehre öffnen oder andere Maßnahmen ergreifen, wenn Fischwanderungen einsetzen. Das klappt bisher gut für den Aal. An Weser, Main und Mosel werden Aale auch gefangen, bevor sie in die Turbinen gelangen und erst wieder in den Fluss eingesetzt, wenn der Weg bis zur Nordsee frei von weiteren Wasserkraftanlagen ist.
Besonders problematisch wird es, wenn Fische nicht nur geschützt sondern auch zu einem ungefährlichen Abstiegsweg geleitet werden sollen. Hier können Verhaltensbeobachtungen an Fischen helfen, denn es gibt noch nicht für alle Fischarten und Entwicklungsstadien gute Lösungen, sie wirkungsvoll zu schützen und zu leiten. Die Forschungsarbeit konzentriert sich auf Fischschutzsysteme an großen Anlagen und die weitere Verbesserung der Schutz- und Leitwirkung. Dafür müssen wir moderne Fischschutzmaßnahmen umsetzen und ihre Funktion kontrollieren. Daneben ist es wichtig mehr über das Zusammenspiel von Fisch und Technik im Labor zu erfahren.
Ergebnisse nachlesen, Kontakte knüpfen, im Atlas Fischschutz stöbern und selbst aktiv werden
Auf Grund der vielen Informationen und der vielen Beteiligten betreibt das Forum Fischschutz und Fischabstieg eine eigene Internetplattform.
Speziell zum Forum können Sie dort die einzelnen Ergebnispapiere der Workshops abrufen oder sich Vorträge anschauen, die im Forum gehalten wurden. Dort finden Sie neben einer Synthese aller Ergebnisse auch das Gutachten des Forums, wie Fischschutz- und Fischabstiegsanlagen am besten begutachtet werden sollten. Die Seite informiert auch über aktuelle Veranstaltungen und über die verschiedenen Akteure in dem Themenfeld, wenn Sie einen Ansprechpartner suchen. Damit die Maßnahmenumsetzung aber auch der Dialog trotz vieler verschiedener Ansichten besser funktioniert und konfliktärmer abläuft, hat das Forum eine Reihe von Empfehlungen zusammengestellt.
Der Atlas Fischschutz und Fischabstieg enthält Standorte an denen moderne Fischschutz- oder Fischabstiegsmaßnahmen umgesetzt wurden. Zu den Maßnahmen finden Sie zahlreiche Informationen. Zum Beispiel zu den Wasserkraftstandorten oder Pump- und Schöpfwerken, zur eingesetzten Fischschutztechnik oder zu Begleituntersuchungen. Dem Atlas ist auch eine Datenbank hinterlegt. Das heißt Sie können auch gezielt nach einer bestimmten Turbinenart oder einer Fischabstiegseinrichtung suchen.