Ozon - Einhaltung von Zielwerten zum Schutz der Pflanzen
Bodennahes Ozon kann Pflanzen schädigen. Wirkungsschwellenwerte (Critical Levels, CL) markieren, welche Ozonbelastung nicht überschritten werden darf, um Schäden an Kultur- und Wildpflanzen zu vermeiden. Die Zielwerte zum Schutz der Vegetation nach EU-Richtlinie 2024/2881 werden in Deutschland vielerorts überschritten. Neue Bewertungsmethoden führen zu einer noch präziseren Risikobewertung.
Pflanzen, die zu viel Ozon durch ihre Spaltöffnungen aufnehmen, tragen oft Schäden davon. Als sichtbare Anzeichen treten Verfärbungen und abgestorbene Blattteile auf (siehe Foto „Sichtbare Blattschäden bei Kartoffelpflanzen“). Diese und andere, nicht sichtbare Stoffwechselveränderungen in den Pflanzen, führen bei Kulturpflanzen zu Ertrags- und Qualitätsverlusten. Bäume werden ebenfalls geschwächt. Experimente belegen langfristig verminderte Zuwachsraten und eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber anderen Stressfaktoren (siehe Foto „Zuwachsminderung bei jungen Eichen durch die Einwirkung von Ozon“). Es gibt auch deutliche Hinweise darauf, dass sich bodennahes Ozon auf die biologische Vielfalt und die Ökosystemfunktionen auswirken kann (Bergmann 2015).
Critical Levels für Ozon – Schutzwerte für Pflanzen
„Critical Levels“ sind Wirkungsschwellenwerte zum Schutz der Vegetation, die im Internationalen Kooperativprogramm zur Bewertung von Luftverunreinigungen auf die Vegetation (ICP Vegetation) im Rahmen der Genfer Luftreinhaltekonvention definiert wurden. Wie hoch das Risiko durch bodennahes Ozon für Pflanzen ist, hängt neben den Ozonkonzentrationen auch vom Witterungsverlauf im entscheidenden Zeitabschnitt ab. Zwei unterschiedliche Herangehensweisen in der Risikobewertung sind zu unterscheiden:
AOT40: Die Abkürzung AOT kommt aus dem Englischen und bedeutet „Accumulation Over a Threshold“. Bei dieser Methodik werden alle Überschreitungen eines Stundenmittels der Ozonkonzentration von 40 Teilen pro Milliarde (parts per billion, ppb) − das entspricht 80 Mikrogramm pro Kubikmeter während der Tageslichtstunden − über die Zeitspannen mit intensivem Wachstum summiert (Critical Levels als AOT40: siehe Tab. „Konzentrationsbasierte Critical Levels für Ozon“). In dieser Zeit reagieren Pflanzen besonders empfindlich auf Ozon.
Phytotoxische Ozondosis (POD): Eine weiterentwickelte Methodik, die das tatsächliche Risiko wesentlich präziser abbildet, bezieht sich auf den Ozonfluss aus der Atmosphäre über die Spaltöffnungen in die Pflanzen. Sie berücksichtigt, dass sich die Spaltöffnungen unter bestimmten Witterungsbedingungen schließen und dadurch der Ozonfluss unterbunden ist. Die Berechnung erfolgt spezifisch für verschiedene Pflanzenarten. Es ist zu erwarten, dass sich dieser Risikoindikator zum Schutz der Pflanzen sowohl international als auch in Deutschland durchsetzen wird (Critical Levels als POD-Werte: siehe Tab. „Critical Levels für Ozon bezogen auf kritische Ozonflüsse in die Pflanzen, standortbezogene Risikobewertung“).
Einzelheiten zu diesen und weiteren Methoden der Critical Levels-Berechnung stehen im Kapitel 3 des Methodenhandbuchs der Genfer Luftreinhaltekonvention (Manual on Methodologies and Criteria for Modelling and Mapping Critical Loads and Levels and Air Pollution Effects, Risks, and Trends).
Tab: Konzentrationsbasierte Critical Levels für Ozon (AOT40) Quelle: ICP Modelling and MappingTabelle als PDF
Zielwerte der Europäischen Union zum Schutz der Vegetation
Nach der EU-Richtlinie 2024/2881 gilt als Zielwert für den Schutz der Vegetation nach wie vor der Expositionsindex AOT40 von 18.000 Mikrogramm pro Kubikmeter und Stunde (µg/m³*h), gemittelt über fünf Jahre. Dieser soll seit 2010 an jeder ländlichen Hintergrundstation eingehalten werden (siehe Abb. „Ozon AOT40 – gleitende 5-Jahres-Mittelwerte, gemittelt über alle ländlichen Hintergrundstationen“). Langfristig soll flächendeckend ein niedrigerer Zielwert von 6.000 µg/m³*h zum Schutz der Vegetation eingehalten werden (siehe Abb. „Ozon AOT40-Mittelwerte (Schutz der Vegetation) für Einzeljahre, gemittelt über alle ländlichen Hintergrundstationen“). Dieser langfristige Zielwert entspricht dem Critical Level für Ozon als AOT40 für landwirtschaftliche Nutzpflanzen (Weizen) (siehe Tab. „Konzentrationsbasierte Critical Levels für Ozon“).
Die im Dezember 2016 überarbeitete EU-Richtlinie 2016/2284 über die Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe, empfiehlt bereits ozonflussbasierte Indikatoren und Critical Levels zur langfristigen Beobachtung und Bewertung der Wirkungen von bodennahem Ozon auf die Vegetation. Die konkreten Anforderungen für die Umsetzung dieses Wirkungsmonitorings werden in einer internationalen Expertengruppe abgestimmt.
Ozon AOT40 – gleitende 5-Jahres-Mittelwerte, gemittelt über alle ländlichen Hintergrundstationen Quelle: UmweltbundesamtDiagramm als PDF
Sowohl konzentrationsbasierte als auch flussbasierte Critical Levels (CL) für Ozon werden in Europa und auch in Deutschland großflächig überschritten. Seit 2009 wird die Ozonbelastung für Pflanzen in Deutschland im Rahmen der Berichtspflichten neben dem AOT40-Ansatz auch mit dem flussbasierten POD-Ansatz erfasst, der neben der Ozonkonzentration auch meteorologische Einflüsse und die physiologische Aktivität der Pflanzen berücksichtigt und pflanzenspezifisch ist. Die Auswertungen bis 2021 zeigen, dass die CL für Weizen und Buche in allen Jahren und Regionen deutlich überschritten wurden. Während Weizen eine stärkere zeitliche und räumliche Variabilität aufweist, liegen die Werte bei Buche konstant auf hohem Niveau. Besonders hohe Belastungen traten in warmen, trockenen Jahren wie 2010 und 2018 auf. Selbst bei sinkenden Ozonkonzentrationen kann sich durch längere Vegetationsperioden die aufgenommene Ozondosis erhöhen. Ziel ist es, die Emissionen der Vorläuferstoffe Stickoxide und flüchtige organische Verbindungen weiter zu senken, um Vegetationsbestände und Ökosysteme langfristig zu schützen (Wallek 2024).
Die Abbildung “Ozon AOT40-5-Jahres-Mittelwerte, gemittelt über alle ländlichen Hintergrundstationen“ zeigt die über fünf Jahre gemittelten Werte für alle ländlichen Hintergrundstationen; für die Berechnung werden im gesamten Zeitraum die Werte von durchschnittlich 65 Stationen pro Jahr herangezogen. Die Mittelung über 5 Jahre dient dazu, witterungsbedingte Schwankungen auszugleichen. Die Situation kann an einzelnen Stationen deutlich besser oder schlechter sein als der Durchschnitt der Stationen, wie die Abbildung „Ozon AOT40 - Einhaltung des Zielwertes zum Schutz der Vegetation (nur ländlicher Hintergrund)“ zeigt. Ziel der Europäischen Union ist es, neben dem seit 2010 einzuhaltenden Zielwert auch den langfristigen Zielwert bis zum 1. Januar 2050 immer an allen ländlichen Hintergrundstationen einzuhalten (siehe Abb. „Ozon AOT40-Mittelwerte (Schutz der Vegetation) für Einzeljahre, gemittelt über alle ländlichen Hintergrundstationen“).
Die scheinbar deutliche Senkung der 5-Jahres-Mittelwerte für den Zeitraum 2007 bis 2016 ist vor allem darauf zurückzuführen, dass das Jahr 2006, welches besonders hohe Ozonkonzentrationen aufwies (siehe Abb. „Ozon AOT40-Mittelwerte (Schutz der Vegetation) für Einzeljahre, gemittelt über alle ländlichen Hintergrundstationen“), aus dem Berechnungszeitraum herausfiel. 2018 war erneut ein Jahr mit sehr hoher Ozonbildung. Der erste 5-Jahres-Durchschnittswert, bei dem dieses Jahr einbezogen ist, liegt deshalb wieder deutlich höher, wenn auch unterhalb des Zielwertes.
Im Gegensatz zum Zielwert ab 2010 gilt der langfristige Zielwert zum Schutz der Vegetation für jedes einzelne Jahr. Die AOT40-Jahreswerte lagen von 1995 bis 2024 auch im Mittel der ländlichen Messstationen weit über dem langfristigen Zielwert und zeigten keinen eindeutigen Trend (siehe Abb. “Ozon AOT40 – Mittelwerte für Einzeljahre zum Schutz der Vegetation (nur ländlicher Hintergrund)“). Den starken Einfluss meteorologischer Verhältnisse auf die Ozonbelastung veranschaulichen vor allem die Werte der Jahre 1995, 2003, 2006 und 2018. In diesen Jahren traten während der Vegetationsperiode sehr hohe Temperaturen und Strahlungsintensitäten und somit für die Ozonbildung besonders günstige Bedingungen auf.
Ozon AOT40 – gleitende 5-Jahres-Mittelwerte, gemittelt über alle ländlichen Hintergrundstationen Quelle: UmweltbundesamtDiagramm als PDF
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