Emittenten – Quellen für Ammoniak in der Landwirtschaft
Die Landwirtschaft ist mit einem Anteil von etwa 95 Prozent Hauptemittent des Luftschadstoffs Ammoniak in Deutschland. Weitere Emittenten sind die Industrie, der Energiesektor und die Abfallwirtschaft. Ammoniak entweicht hauptsächlich aus den Wirtschaftsdüngern Stallmist, Gülle und Jauche sowie aus Gärresten, die bei der Stallhaltung von Nutztieren und bei der Biogaserzeugung anfallen, gelagert und auf landwirtschaftliche Flächen ausgebracht werden sowie in geringerem Ausmaß aus den Ausscheidungen von Weidetieren und aus sonstigen organischen Düngern. Eine weitere Quelle für Ammoniak ist die Ausbringung von mineralischen N-Düngemitteln. Über 70 % der gesamten Ammoniakemissionen stammen aus der Tierhaltung. Davon entfallen über die Hälfte auf die Rinderhaltung, rund ein Viertel auf die Schweinehaltung und gut 10 % auf die Geflügelhaltung. Der Anteil der Mineraldüngerausbringung und der Lagerung und Ausbringung von Gärresten aus dem Energiepflanzenanbau an den Gesamtemissionen schwankt je nach Mineraldüngerabsatz von Jahr zu Jahr stark und liegt im Mittel bei über 20 %.
Umweltwirkungen
Ammoniak breitet sich in der Atmosphäre aus, wird transportiert und lagert sich in Ökosystemen ab, wo es dann zu ungewollten und unkontrollierbaren Eutrophierungseffekten kommen kann. Ammoniak ist auch ein Vorläuferstoff für sekundäre Feinstaubbildung in der Atmosphäre. Feinstaub wiederum kann die menschliche Gesundheit erheblich belasten. Darüber hinaus trägt die atmosphärische Ammoniakdeposition auch zur Versauerung von Böden bei.
Ammoniak schädigt Ökosysteme und Pflanzen aber auch direkt, da es toxisch über die Blattorgane wirkt. Besonders empfindliche Arten sind Flechten. Doch auch höhere Pflanzen in nährstoffarmen Heide- und Graslandökosystemen und die Bodenvegetation in Wäldern reagieren empfindlich auf Ammoniak. Ammoniak kann dadurch zu Veränderungen in der Artenzusammensetzung von Lebensgemeinschaften und zum Absterben einzelner Arten führen. Im Rahmen einer im Jahr 2024 vom UBA veröffentlichten experimentellen Studie der Universität Hohenheim konnte gezeigt werden, wie sich Ammoniak auf verschiedene einheimische Blühpflanzenarten und Gräser auswirkt. Vor allem die untersuchten einjährigen Pflanzenarten produzierten eine höhere Sprossmasse unter dem Einfluss erhöhter Ammoniakkonzentrationen, was einen deutlichen Hinweis auf die Düngewirkung von Ammoniak gibt.
Bewertung der Belastungssituation durch Ammoniakemissionen
Ammoniakemissionen sind lokal dort am höchsten, wo die meisten Tiere gehalten werden. Die Intensivtierhaltung trägt in besonderem Maße zu Ammoniakemissionen und zur atmosphärischen Stickstoffdeposition bei. Ammoniakemissionsdaten sind eine wichtige Grundlage für atmosphärenchemische Modellrechnungen zur Belastung von Luft und Ökosystemen mit Luftschadstoffen. Die großräumig und mit einer verhältnismäßig groben Auflösung von 2x2 km² berechneten bodennahen Konzentrationen von Ammoniak in Deutschland schwanken im Jahresmittel zwischen 1 und 8 µg pro Kubikmeter (siehe PINETI-4 Projektbericht).
Rechtliche Grundlagen
Ammoniak-Grenzwerte für atmosphärische Konzentration
Zum Schutz der Vegetation vor den schädlichen Ammoniakwirkungen empfiehlt die Genfer Luftreinhaltekonvention Grenzwerte für eine atmosphärische Konzentration (Critical Levels) in Höhe von 1 Mikrogramm Ammoniak pro Kubikmeter für empfindliche Arten, wie z. B. Flechten und von 2 bis 4 Mikrogramm Ammoniak pro Kubikmeter für höhere Pflanzen wie die Besenheide. Diese Grenzwerte wurden im Rahmen eines internationalen Expertenworkshops in Dessau im Jahr 2023 überprüft und bestätigt. Angewendet werden die Werte im Rahmen von FFH-Verträglichkeitsprüfungen für Vorhaben die nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) genehmigungspflichtig sind. Eine EU-weite Verbindlichkeit für die Critical Level konnte bisher nicht erreicht werden. Die neue EU-Luftqualitätsrichtlinie (2024/2281) hat Critical Level nicht übernommen und enthält auch keine anderen Grenz- oder Zielwerte für Ammoniak. Mit einer Messverpflichtung für Ammoniak an den neu einzurichtenden Supersites (Großmessstationen) wurde jedoch erstmalig die Möglichkeit geschaffen, die Höhe der Konzentrationen von Ammoniak europaweit an bestimmten Messorten einheitlich zu messen.
UNECE Luftreinhaltekonvention und EU Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen
Mit der Unterzeichnung des Göteborg-Protokolls der Genfer Luftreinhaltekonvention im Jahr 1999 sowie der europäischen Richtlinie EU 2016/2284 des Europäischen Parlaments und Rates in 2016 (NEC-Richtlinie) hat sich Deutschland dazu verpflichtet, eine nationale Höchstgrenze für die Emissionen von Ammoniak einzuhalten. Deutschland verpflichtete sich zu einer 29%igen Minderung gegenüber dem Jahr 2005 für den Schadstoff Ammoniak. Im Zuge der Umsetzung der NEC-Richtlinie verabschiedete die Bundesregierung im Jahr 2019 ein nationales Luftreinhalteprogramm, in dem notwendige Minderungsmaßnahmen und deren Minderungspotenziale beschrieben werden. Im Jahr 2024 wurde ein aktualisiertes nationales Luftreinhalteprogramm verabschiedet. Damit soll die Einhaltung der Verpflichtungen Deutschlands sichergestellt werden. Die aktuelle Entwicklung der nationalen Ammoniak-Emissionen und den Stand der Zielerreichung der Minderungsverpflichtung veröffentlicht das Umweltbundesamt im Zuge der Berichterstattungspflicht zur NEC-Richtlinie jährlich.
Industrieemissionsrichtlinie, BVT-Merkblatt Intensivtierhaltung und BVT-Schlussfolgerungen 2017
Für die Tierhaltung sind die Vorschriften der revidierten europäischen Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen relevant, die seit August 2024 in Kraft ist. Der Geltungsbereich der Richtlinie und somit die Anlagengröße sind wie folgt angepasst worden: Mehr als 40.000 Plätze für Masthühner, mehr als 21.429 Plätze für Legehennen, mehr als 1167 Plätze für Mastschweine (Schweine über 30 kg) oder mehr als 700 Plätze für Sauen. Rinder und Milchkühe sind von den Regelungen dieser Richtlinie ausgenommen.
Das Hauptziel der Industrieemissionsrichtlinie ist ein einheitliches Umweltschutzniveau und damit verbunden, gleichartigere Wettbewerbsbedingungen in der europäischen Union durch eine verstärkte Anwendung der besten verfügbaren Techniken (BVT) bei der Anlagenzulassung zu schaffen. Das BVT-Merkblatt mit den BVT-Schlussfolgerungen war bisher als Referenzdokument die Grundlage für die Genehmigung von Tierhaltungsanlagen. Ab 2026 werden diese Dokumente abgelöst von den „Einheitlichen Bedingungen für Betriebsvorschriften“ mit BVT für die Tierhaltung, die unter die Industrieemissionsrichtlinie fällt. Für die relevanten Tierkategorien sind die zu den BVT gehörigen Bandbreiten für Ammoniakemissionen aus dem Stall verankert. Diese Emissionsgrenzwerte sind verbindlich einzuhalten. Um die Grenzwerte einhalten zu können, müssen vom Anlagenbetreiber spezifische Minderungstechniken für Stall, Lagerung und Ausbringung von Wirtschaftsdüngern angewendet werden. Diese Minderungstechniken sind aktuell für die jeweilige Tierkategorie national in der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA-Luft), einer Verwaltungsvorschrift im deutschen untergesetzlichen Regelwerk, umgesetzt.
Maßnahmen zur Ammoniakminderung in der Düngeverordnung
Die Vorgaben zur emissionsarmen Ausbringung von Mineraldüngern und Wirtschaftsdüngern, die zur Ammoniakminderung beitragen, sind in der Düngeverordnung verankert. Die ordnungsrechtlichen Vorgaben zum Umgang mit Nährstoffen im Betrieb wurden 2017 mit der Novellierung von Düngeverordnung und Düngegesetz sowie der Einführung der Stoffstrombilanzverordnung grundlegend überarbeitet. Die Düngeverordnung wurde 2020 erneut angepasst.
Minderungsmaßnahmen
Für die Minderung von Ammoniakemissionen steht ein Spektrum an Maßnahmen im Bereich der Tierhaltung sowie bei der Lagerung und Ausbringung von Wirtschaftsdüngern zur Verfügung. Darin inbegriffen sind die nährstoffreduzierte Fütterung der Tiere, verfahrenstechnische Maßnahmen im Stall, Abluftreinigung in zwangsgelüfteten Schweineställen sowie Techniken für eine emissionsarme Lagerung von Gülle, Stallmist und Gärresten und deren Ausbringung auf Acker- und Grünlandflächen. Darüber hinaus müssen im Bereich der Mineraldüngeranwendung emissionsarme Techniken verwendet werden, die im Düngerecht verankert sind. Die Minderungsmaßnahmen sind in Hinblick auf ihre Eignung, Wirksamkeit und Kosten sehr unterschiedlich zu bewerten. Entsprechend der fortschreitenden Entwicklung müssen die Techniken in regelmäßigen Abständen neu bewertet werden. Nur auf diese Weise kann der Stand der Technik aktuell beschrieben werden.