LW-R-2 und 3: Wärmeliebende Ackerkulturen und Sortenspektrum im Weinbau
Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
Hartweizen, Soja und Sorghum-Hirse sind wärmeliebende Kulturpflanzen, für die sich im wärmeren Klima Deutschlands die Anbaubedingungen verbessern. Mit zunehmendem Interesse an diesen Fruchtarten nehmen auch die züchterischen Bemühungen zur Entwicklung geeigneter Sorten zu, und es wächst die Fläche, auf der Saatgut vermehrt wird. Vor allem bei Soja verläuft die jüngste Entwicklung sehr dynamisch, weil die Nachfrage nach Soja stark steigt.
Mit steigenden Wärmesummen erlangen auch besonders wärmeliebende Rotweinsorten in deutschen Anbauregionen Anbaueignung. Die Anbaufläche der international beliebten Rotweinsorten Merlot und Cabernet Sauvignon bewegt sich zwar noch auf einem geringen Niveau, ist aber seit ihrer Erfassung in der Weinstatistik in einem kontinuierlichen und signifikanten Anstieg begriffen.
Mit der Klimaerwärmung und milderen Witterungsbedingungen eröffnen sich für die Landwirtschaft neue Optionen der Fruchtartenwahl. Der Anbau wärmeliebender Kulturpflanzenarten in Deutschland kann sich ausweiten, wenn zugleich eine ausreichende Nachfrage am Markt besteht und der Anbau wirtschaftlich attraktiv ist. Zu den wärmeliebenden Ackerkulturen gehören unter anderem Körnermais, Sorghum-Hirse, Sojabohne, Sonnenblume und Hartweizen (Durum). Ein steigendes Interesse an wärmeliebenden Furchtarten drückt sich nicht nur in den Anbauflächen selbst aus (siehe Indikator LW-R-4), sondern auch in den Aktivitäten zur Sortenzüchtung und Saatgutvermehrung. Es steigt die Nachfrage nach Sorten, die unter den gegebenen und absehbaren Bedingungen hohe, qualitativ hochwertige und sichere Erträge versprechen. Die Witterungsbedingungen spielen neben sich abzeichnenden Marktchancen, den individuellen Erfahrungen und Vorlieben der Betriebe, ihrer Bereitschaft zum Experimentieren und weiteren Faktoren eine wichtige Rolle bei der Sorten- und Kulturpflanzenwahl. Die Züchtungsunternehmen richten ihre Sortenwicklungen auf die neuen Anforderungen aus. Die Züchtung einer neuen Sorte sowie deren Wertprüfung und Zulassung durch das Bundessortenamt (BSA) beanspruchen allerdings in der Regel einige Jahre, sodass sich eine veränderte Sortennachfrage nicht immer zeitnah in der Zahl der Neuzulassungen niederschlägt. Ein wichtiges Indiz für eine steigende Saatgutnachfrage und ein wachsendes Anbauinteresse ist auch die Entwicklung der Vermehrungsflächen zur Saatguterzeugung.
Vor allem in den letzten sieben Jahren zeigte sich eine deutliche Dynamik bei der Sortenzulassung und Saatguterzeugung von Hartweizen und Soja. Beim Hartweizen ist vor allem der Winterhartweizen immer beliebter, denn die Winterung bringt gegenüber der Sommerung viele Anbauvorteile. Beim Soja machen seit 2013 die Förderungen im Rahmen der Eiweißpflanzenstrategie des BMEL111 den Anbau von Soja wirtschaftlich interessant. Zudem forciert die Diskussion um fleischlose oder -ärmere Ernährung die Sortenentwicklung, um heimisches (auch gentechnikfreies) Soja unter den gegebenen Klimabedingungen anbauen zu können. Erste Hirse-Sorten wurden 2017 zugelassen.
Bei den einjährigen Kulturen sind die Landwirtschaftsbetriebe in ihrer Sortenwahl relativ flexibel, bei mehrjährigen Kulturen hingegen legen sie sich mit der Sortenentscheidung für einen längeren Zeitraum fest. Gerade im Weinbau will die Sortenwahl bei Neupflanzungen sorgfältig bedacht sein, denn die Reben haben mit 20 bis 30 Jahren eine lange Lebensdauer. Wein ist außerdem ein landwirtschaftliches Produkt mit außerordentlich hoher Wertschöpfung. Die Sortenwahl ist daher besonders relevant.
Zur Beurteilung der Anbaufähigkeit bestimmter Rebsorten in den Weinbauregionen wird der sogenannte Huglin-Index eingesetzt. Er summiert die Tage mit Temperaturen von mehr als 10 °C für den Zeitraum 1. April bis 30. September und gibt an, ob die Wärmesummen, die eine Rebsorte benötigt, um erfolgreich über längere Zeit kultiviert zu werden, in einer Region erreicht werden. In den letzten fünfzig Jahren ist der Huglin-Index über ganz Deutschland betrachtet signifikant angestiegen. Das hat zur Folge, dass einige bisher auf südlichere Anbauregionen beschränkte, besonders wärmeliebende Rotweinsorten inzwischen auch in deutschen Anbauregionen grundsätzlich Anbaueignung erlangt haben. Hierzu gehören Merlot, Cabernet Sauvignon und Syrah (auch Shiraz). Diese Rebsorten genießen international eine hohe Reputation, weshalb die Motivation bei einigen Weinbau-Betreibenden groß ist, sie anzubauen, wenn die klimatischen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Anbauflächen von Merlot und Cabernet Sauvignon, die seit dem Jahr 2002 in der Weinstatistik erfasst werden, sind zwar noch vergleichsweise gering (ihr Anteil an der mit Rotweinrebsorten bestockten Rebfläche betrug 2021 knapp 4 %), die Flächenzunahme weist aber auf ein zunehmendes Anbauinteresse hin. Auch für die seit 2009 in der Statistik erfasste Sorte Syrah wurde die Anbaufläche bis 2021 vervierfacht. Es wird davon ausgegangen, dass der Klimawandel den Rebsortenspiegel in Zukunft beeinflussen wird. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass gerade im Weinbau auch die Verbrauchernachfrage und Modetrends die Anbauentscheidungen der Winzer*innen stark beeinflussen.
Vom Klimawandel profitieren besonders Rotweinsorten. Im Weißweinanbau werden die Klimaveränderungen mit Blick auf Weinqualität und Lagerfähigkeit hingegen eher kritisch gesehen: Sehr hohe Temperaturen bringen eher unharmonische Weine mit hohem Alkoholgehalt bei niedrigen Säurewerten hervor. Auf die Anbaufläche von Weißweinen in Deutschland hat dies bisher aber noch keinen Einfluss.
111 - Informationen des BMEL zur Eiweißpflanzenstrategie: https://www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/pflanzenbau/ackerbau/eiweisspflanzenstrategie.html.