FW-I-1: Baumartenzusammensetzung in Naturwaldreservaten – Fallstudie

Das Bild zeigt einen naturnahen Wald mit Buchen. Im Vordergrund liegt ein entwurzelter Baum am Boden. zum Vergrößern anklicken
In Naturwaldreservaten zeigen sich die konkurrenzfähigen Baumarten unter Klimawandelbedingungen.
Quelle: Peter Meyer

Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

FW-I-1: Baumartenzusammensetzung in Naturwaldreservaten – Fallstudie

In den Naturwaldreservaten, für die stärkere Klimaänderungen mit höheren Temperaturen und trockeneren Bedingungen sowie mit häufigeren und stärker ausgeprägten Witterungsextremen erwartet werden, sank insbesondere in der jüngsten Beobachtungsperiode von 2019 bis 2023 infolge von erhöhter Baummortalität die Bestandsdichte. Der Anteil der Buche steigt weiterhin. Vor allem die Entwicklung der Pioniere zeigt starke Schwankungen.

Das Säulendiagramm stellt die jährliche Veränderung der Baumartenzusammensetzung in Naturwaldreservaten mit erwarteter starker Klimaänderung in Prozent für die Zeiträume 1971 bis 2014, 2014 bis 2018 und 2019 bis 2023 dar.
FW-I-1: Baumartenzusammensetzung in Naturwaldreservaten – Fallstudie
Quelle: Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt / Projektgruppe Naturwälder (Daten der Länder aus Forschung und Monitoring in den Naturwaldreservaten)

Anpassungsfähigkeit der natürlichen Baumarten

Wälder sind sehr langlebige Ökosysteme. Dementsprechend hat es auch die Forstwirtschaft mit langen Produktionszeiträumen zu tun. Sie muss weit vorausschauend planen und zukünftige Veränderungen der Wuchsbedingungen berücksichtigen. Baumarten, die bislang noch gut mit den Klimabedingungen an ihrem Standort zurechtkommen, können in den kommenden Jahrzehnten anfälliger werden und Zuwachseinbußen erleiden. Im Wirtschaftswald wird die Artenzusammensetzung von der forstlichen Nutzung und Pflege geprägt. Hier überlagern sich die natürliche Waldentwicklung und die Effekte der Waldbewirtschaftung.

In Naturwaldreservaten entwickeln sich die Wälder ohne direkte menschliche Eingriffe. Im Jahr 2023 gab es in Deutschland 746 Naturwaldreservate mit einer Fläche von insgesamt 36.000 ha. In der überwiegenden Zahl der Naturwaldreservate dominieren die standortheimischen Baumarten. Ob die Grenzen ihrer ⁠Anpassungsfähigkeit⁠ infolge der Klimaveränderungen überschritten werden, sollen Beobachtungen der natürlichen Walddynamik in den Naturwaldreservaten zeigen. Die Ergebnisse erleichtern den Waldbewirtschaftenden die Entscheidung, in welchem Umfang wärme- und trockenheitstolerantere Baumarten in forstlich genutzte Bestände eingebracht werden sollten, um den Bestand unserer Wälder mit ihren vielfältigen ⁠Ökosystemleistungen⁠ einschließlich der Holznutzung auch künftig zu sichern.

Regionale Projektionen des künftigen Klimawandels ermöglichen eine Unterscheidung zwischen Naturwaldreservaten, in denen in Zukunft eher geringe Änderungen der Wasserversorgung zu erwarten sind, und solchen, in denen sich die Wasserbilanz voraussichtlich deutlich negativ verändern wird, sodass der Baumbestand unter ⁠Trockenstress⁠ geraten könnte. Fasst man innerhalb dieser Gebiete die vorkommenden Baumarten zu Gruppen mit bestimmten Anpassungseigenschaften zusammen und beobachtet deren langfristige Entwicklung, lassen sich Aussagen zum Verlauf von Anpassungsprozessen der Waldökosysteme treffen. Während der Trauben- und Stieleiche, der Esche, dem Berg- und Spitzahorn sowie den sogenannten Pionierarten wie der Salweide, der Aspe und der Eberesche ein vergleichsweise hohes Anpassungsvermögen an Trockenstress zugeschrieben wird, ist zu vermuten, dass die Rotbuche eher empfindlich reagiert. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass auch andere Faktoren wie beispielsweise Schädlingsbefall, Windwürfe oder die Konkurrenz um Licht, Wasser und Nährstoffe die Entwicklung der einzelnen Baumartengruppen beeinflussen.

In Naturwaldreservaten der Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein zeichneten sich bis 2014 Verschiebungen in der Baumartenzusammensetzung ab, die sich nicht mit Klimaveränderungen erklären ließen. Überwiegend zeigten die Baumbestände eine Zunahme der Bestandsdichte, was auf eine weiterhin hohe Konkurrenzkraft überwiegend vitaler Bäume schließen lässt. Während die Buche ihren Anteil erhöhen konnte, waren die Anteile der Eichenarten und der Esche / Ahorn-Gruppe zurückgegangen. Diese Entwicklung kann zum einen mit der Konkurrenzkraft der Buche und zum anderen mit krankheitsbedingten Absterbeerscheinungen bei der Eiche und der Esche erklärt werden. Die Gruppe der Pionierbaumarten zeigte nur eine sehr geringfügige Veränderung. Insgesamt deuteten die Ergebnisse nicht darauf hin, dass die Entwicklungen merklich vom ⁠Klimawandel⁠ beeinflusst waren.

In der zweiten und dritten Beobachtungsperiode von 2014 bis 2018 beziehungsweise von 2019 bis 2023 hat sich die Entwicklungsrichtung in denjenigen Naturwaldreservaten verändert, für die stärkere Klimaänderungen mit höheren Temperaturen und trockeneren Bedingungen sowie häufigeren und stärker ausgeprägten Witterungsextremen erwartet werden. Hier hat die Bestandsdichte insbesondere von 2019 bis 2023 abgenommen. Diese Entwicklung geht offenbar auf eine erhöhte Baummortalität infolge der ab 2018 gehäuft auftretenden Trockenjahre zurück. Während größere Schwankungen der Anteile bei den Pionierbaumarten und der Gruppe Ahorn / Esche zu verzeichnen waren, erhöhte sich der Anteil der Rotbuche weiterhin – allerdings in einem deutlich geringeren Ausmaß als vor 2014. Die Eichenarten zeigten von 2014 bis 2018 eine geringe Abnahme und von 2019 bis 2023 eine geringe Zunahme.

Auch in Naturwaldreservaten, für die eher günstigere Bedingungen für die Wasserversorgung erwartet werden, sind in der Periode von 2019 bis 2023 eine Verringerung der Bestandsdichte und ein weiter ansteigender Anteil der Buche festzustellen. In diesen Gebieten hatte die Bestandsdichte von 2014 bis 2018 noch deutlich zugenommen.

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