FW-R-4 + 5: Rohholzverwendung und Holzbauquote

Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

Inhaltsverzeichnis

 

FW-R-4: Rohholzverwendung

Der Waldumbau und die großen Mengen an Kalamitätsholz gerade in den letzten Jahren bringen neue Herausforderungen für den Holzmarkt. Es sollten aus Klimaschutzgründen möglichst stoffliche Holzverwendungen gefunden werden, und dies möglichst auch inländisch. Vor allem beim Laubholz besteht mit Blick auf die noch immer deutlich überwiegende energetische Verwendung die Notwendigkeit, weitere stoffliche Nutzungspotenziale zu erschließen.

Das zweiachsige Diagramm FW-R-4 „Rohholzverwendung“ zeigt die Nutzung von Nadel- und Laubholz. Die gesamte Holzentnahme stieg beim Nadelholz und sank beim Laubholz. Gestapelte Säulen bilden die Anteile stofflicher, energetischer Nutzung, Ausfuhr und Lagerzunahme ab. Beim Nadelholz überwiegt die stoffliche Nutzung mit zuletzt rund 70 %, ihr Anteil sank von 1995 bis 2021 signifikant. Beim Laubholz dominiert die energetische Nutzung mit etwa 75 %, ihr Anteil stieg im selben Zeitraum deutlich.
FW-R-4: Rohholzverwendung
Quelle: TI für Internationale Waldwirtschaft und Forstökonomie (Einschlagsrückrechnung)
 

FW-R-5: Holzbauquote

Der Bausektor spielt für die stoffliche Holzverwendung eine bedeutende Rolle. Vor allem im Wohngebäudebereich nimmt die Holzverwendung zu. Es sind aber auch noch viele Potenziale ungenutzt, insbesondere im Bereich der Nichtwohngebäude. Aufgrund seiner günstigeren Eigenschaften wird bisher überwiegend Nadelholz verbaut. Die konstruktive Verwendung von Laubholz steht hingegen noch am Anfang.

Das Liniendiagramm FW-R-5 "Holzbauquote" zeigt den prozentualen Anteil der Holzverwendung von 2000 bis 2021 für Wohn- und Nichtwohngebäude, differenziert nach Gebäudeanzahl und umbautem Raum. Bei Wohngebäuden stieg die Holzverwendung sowohl bezogen auf die Anzahl der Gebäude (knapp 20 %) als auch auf den umbauten Raum (ca. 12 %). Bei Nichtwohngebäuden lag die Holzbauquote bei über 20 % der Gebäude, sank aber in den letzten Jahren signifikant. Der Anteil am umbauten Raum schwankt um 6 %.
FW-R-5: Holzbauquote
Quelle: StBA (Baufertigstellungen)
 

Mehr Laubholz in die stoffliche Nutzung!

Sowohl der Waldumbau hin zu vitaleren und klimastabileren Wäldern als auch die Kalamitäten der letzten Jahre (siehe ⁠IndikatorFW-I-5) haben erhebliche Auswirkungen auf den Holzmarkt. Insgesamt ist die Holzentnahme aus den deutschen Wäldern seit 1994 gestiegen, zuletzt vor allem beim Nadelholz. Dies spiegelt die umfangreichen Bemühungen wider, Holz aus standortuntauglichen Nadelbaumbeständen und von Kalamitätsflächen in eine „kontrollierte Nutzung“ zu bringen. Dies ist dann möglich, wenn die Kapazitäten der holzverarbeitenden Industrie durch die anfallenden Rohholzmengen nicht überlastet werden. Eine solche Überlastung äußert sich in steigenden Lagerbeständen und / oder Ausfuhren und führt in der Regel zu einem Preisverfall des Rohholzes. Die deutlich höheren Nadelholzausfuhren von 2019 bis 2021 deuten darauf hin, dass die großen Mengen von Kalamitätsholz nicht vollständig von der holzverarbeitenden Industrie in Deutschland aufgenommen werden konnten. Vor diesem Hintergrund stellt sich auch die Frage, inwieweit auf Kalamitätsflächen vermehrt auf eine passive Totholzanreicherung, also ein Verzicht auf Räumung, hingewirkt werden könnte, sofern direkte Gefahren für den Wald- und Gesundheitsschutz sowie die Verkehrssicherung ausgeschlossen sind.

Der Waldumbau zielt auf stärker gemischte Bestockungen, in denen insbesondere standortangepasste Laubbaumarten eine bedeutendere Rolle spielen. Damit ist für den Holzmarkt der Zukunft – wenn auch mit erheblicher zeitlicher Verzögerung – ein höheres Laubholzaufkommen zu erwarten. Für dieses Laubholz muss ein vermehrter Absatz und zwar möglichst auf dem inländischen Holzmarkt gefunden werden. Hierfür sind neue Nutzungspotenziale für Laubholz zu erschließen, die Forschung zu forcieren und die Holzverarbeitung in den Sägewerken weiterzuentwickeln. Aus Sicht des Klimaschutzes muss es bei der Laubholznutzung vermehrt um die stoffliche Nutzung gehen, denn Holz soll als langfristige Kohlenstoffsenke wirksam werden. Aktuell wird Laubholz allerdings zu mehr als 70 % energetisch genutzt. Brennholz, Hackschnitzel und Pellets zur Erzeugung von Strom und Wärme sind inzwischen ein Massenprodukt. Mit der energetischen Nutzung sollen fossile Energieträger ersetzt und ⁠Treibhausgas⁠-Emissionen reduziert werden, was aber dazu führt, dass das zuvor im Holz gespeicherte ⁠CO2⁠ wieder in die ⁠Atmosphäre⁠ freigesetzt wird. Für die langfristige Kohlenstoffbindung sind daher stoffliche Verwendungen des Laubholzes in langlebigen Produkten zu bevorzugen. Zwischen ⁠Klimaschutz⁠, Klimaanpassung und der Entwicklung des Holzmarkts gibt es also enge Zusammenhänge.
Die vermehrte stoffliche Verwendung von Laubholz ist nach wie vor eine Herausforderung. Bauprodukte aus Laubholz sind zwar in der Entwicklung, bisher aber nur in begrenztem Umfang zugelassen. Insgesamt ist der konstruktive Laubholz-Bauholz-Markt noch jung. Für eine breitere Anwendung von Laubholz gibt es noch weiteren Forschungs- und Entwicklungsbedarf, und es müssen weitere Erfahrungen gesammelt werden. Auch mit Blick auf den Innenausbau ist die Situation herausfordernd, da derzeit eher Trends zu perfekt holzimitierenden Böden und großvolumigen leichten Möbeln dominieren.
Insgesamt steigt die Holzbauquote, allerdings erlaubt die Statistik bisher keine Differenzierung der Laub- und Nadelholzanteile in den Bauprodukten. Im Jahr 2021 wurde gemessen an der Anzahl der Baugenehmigungen ein Fünftel aller Wohngebäude überwiegend mit Holz gebaut. Der Schwerpunkt liegt dabei im Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser. Bei Mehrfamilienhäusern steigt die Holzverwendung zwar ebenfalls, aber auf einem noch deutlich niedrigeren Niveau. Im Nichtwohnbereich ist die Holzbauquote stark vom Zubau einzelner Gebäude(-komplexe) in Holzbauweise geprägt. So ließ beispielsweise in 2018 die Fertigstellung zweier Großprojekte (Ferienanlagen) mit insgesamt 680 Gebäuden in Holzbauweise die Holzbauquote über 20 % ansteigen120.
Um beim Laubholz eine Trendumkehr zu mehr stofflicher Nutzung zu erreichen, gilt es über den Bausektor hinaus gemäß den Zielen der Nationalen Bioökonomiestrategie121 weitere stoffliche Verwendungen zu erschließen. So wird ein relevantes Einsatzpotenzial für Laubholz in der Substitution unter anderem von erdölbasierten Kunststoffen oder von Metallen durch biogene Rohstoffe gesehen. Die Einsatzmöglichkeiten reichen bis hin zu Bekleidung und Heimtextilien, die aus holzbasierten Cellulosefasern gefertigt werden. Dies ist insofern von steigendem Interesse, als infolge des Klimawandels die Anbaubedingungen für Baumwolle schlechter werden und die Holzfaserproduktion damit grundsätzlich konkurrenzfähiger wird.

 

120 - FNR – Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. 2019: Charta für Holz 2.0 – Kennzahlenbericht 2019 Forst & Holz, 48 S. https://www.fnr.de/fileadmin/charta-fuer-holz/dateien/service/mediathek/WEB_BMEL_Kennzahlenbrosch%C3%BCre_WPR_091019.pdf

121 - ⁠BMBF⁠ – Bundesministerium für Bildung und Forschung & BMEL – Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Hg.) 2020: Nationale Bioökonomiestrategie. Berlin, 64. S. https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/publikationen/nationale-biooekonomiestrategie-1759084

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