Der Internationale Tag des Wassers 2022 steht unter dem Motto “Groundwater: Making the Invisible Visible - Unser Grundwasser: der unsichtbare Schatz”. Deshalb wurde „Grundwasser“ in diesem Jahr zum Gewässertyp des Jahres gekürt. Für viele Menschen auf der Welt ist das Grundwasser die einzig verfügbare Trinkwasserquelle.
Grundwasser ist nicht nur als Ressource für die Trinkwassergewinnung wichtig, sondern auch für die Industrie, zum Beispiel als Prozesswasser und Rohstoff für die Nahrungsmittelproduktion. Es speist wichtige Ökosysteme wie z.B. Feuchtgebiete und den Wald und wird zur landwirtschaftlichen Bewässerung genutzt. Grundwasser wird zunehmend auch als Wirtschaftsgut betrachtet, weil es weltweit der meistgenutzte Rohstoff ist. Im Gegensatz zu anderen Rohstoffen wie Erdöl, Erdgas und Erzvorkommen ist Grundwasser eine Ressource, die sich in vielen Fällen wieder erneuert.
Wasserkreislauf Auf und unter der Erdoberfläche befindet sich das Wasser in einem ständigen Kreislauf zwischen den Meeren, der Atmosphäre und den Kontinenten. Ein großer Teil des Niederschlags, der in Deutschland auf die Erdoberfläche trifft, verdunstet direkt wieder ohne in ein Oberflächengewässer oder ins Grundwasser zu gelangen. Das übrige Niederschlagswasser – in Deutschland rund 300 mm pro Quadratmeter – fließt besonders bei starkem Regen in Flüssen und Bächen oberirdisch ab. Das feuchte Klima Deutschlands führt in der Regel zu einer Grundwasserneubildung in den Wintermonaten und eher zu einer Abnahme in den Sommermonaten, in denen die Verdunstungsrate höher ist. In der kühlen Jahreszeit versickert ein erheblicher Teil im Boden, fließt unter der Oberfläche weiter und wird zu Grundwasser.
Das Grundwasser füllt die Poren und Risse in Sanden, Kiesen und anderen Gesteinen, ähnlich wie Wasser einen Schwamm ausfüllt. Es bewegt sich langsam, in der Regel mit einer Geschwindigkeit von wenigen Zentimetern pro Tag und verbleibt zum Teil Jahrhunderte und länger in einem Grundwasserleiter. Nicht oder allenfalls eingeschränkt nehmen die tiefen Grundwasserspeicher der Erde am Wasserkreislauf teil. Sie sind überwiegend in den letzten tausend bis zehntausend Jahren entstanden und stellen große unterirdische Süßwasserreserven dar. Zunehmend werden diese fossilen Grundwasserlagerstätten in den wasserarmen Regionen der Welt zur Nutzung herangezogen. Dauerhaft nutzbar ist jedoch nur der Teil des Grundwassers, der am Wasserkreislauf teilnimmt. In größeren Tiefen ist das Grundwasser oft stark salzhaltig und wird als Sole bezeichnet, der Salzgehalt kann bis zu 10-mal höher (> 300g/l) als in Meerwasser sein.
Klimawandel Langanhaltende Trockenheit mit fehlenden Niederschlägen, reduzierter Sickerwasserrate und Grundwasserneubildung führt zu einem Absinken der Grundwasseroberfläche. So sind zum Beispiel 2018 und 2019 aufgrund der langanhaltenden Trockenheit in einigen Regionen Deutschlands die Grundwasserstände in den oberflächennahen Grundwasserleitern deutlich gefallen. Es herrscht zwar kein Mangel an Trinkwasser und es gibt bisher keine flächendeckenden negativen Auswirkungen auf die Wasserversorgung aus Grundwasserressourcen. Allerdings kam z.B. im Sommer 2018 in den besonders betroffenen Regionen die Eigenversorgung mit Trinkwasser teilweise zum Erliegen, weil Hausbrunnen trockenfielen.
Trinkwasser Grundwasser wird in vielen Teilen der Erde direkt als Trinkwasser verwendet. In Deutschland werden rund 70 Prozent des Trinkwassers aus Grund- und Quellwasser gewonnen. Auf seinem Weg zu unserem Zapfhahn schützen unterschiedliche Barrieren das Trinkwasser in Deutschland vor Verunreinigungen. Vielfach sorgen bereits die Schutzvorschriften in den ausgewiesenen Trinkwasserschutzgebieten (erste Barriere) dafür, dass kaum Schadstoffe oder Krankheitserreger in das Wasser gelangen. Sofern erforderlich, wirkt die Aufbereitung des Rohwassers im Wasserwerk als zweite Barriere. Die Pflege des Leitungsnetzes durch die Wasserversorger und die fachgerechte Ausführung des häuslichen Verteilsystems stellen weitere Barrieren dar. Dieses Prinzip der vielen Hürden gegen Verschmutzung nennt man das „Multibarrierenprinzip“.
Grundwasserabhängige Ökosysteme Grundwasser ist nicht nur eine wertvolle Wasserressource für die menschliche Nutzung, sondern steht auch in vielfältiger Weise im Austausch mit Oberflächengewässern, terrestrischen und aquatischen Ökosystemen. Grundwasserabhängige Landökosysteme beschreiben die Lebensräume (Biotope), die im Kontakt mit dem Grundwasser stehen und deren Lebensgemeinschaften, insbesondere die Pflanzen, auf eine ausreichende Menge an Grundwasser angewiesen sind. In Trockenperioden mit steigenden Temperaturen, erhöhter Verdunstung und verlängerten Vegetationsphasen sind deshalb niedrige Grundwasserstände nicht nur problematisch für die Wasserentnahme zur Trinkwassergewinnung, sondern auch für flachwurzelnde Bäume und grundwasserabhängige Biotope. Des Weiteren werden Flüsse und Seen in unseren Breiten durch Grundwasser gespeist. Bei sinkenden Grundwasserständen verringert sich der unterirdische Abfluss in die Oberflächengewässer, bis hin zu einer Umkehrung der Fließrichtung.
Vorkommen
Deutschland ist reich an Grundwasser. Abhängig von den regionalen hydrologischen und geologischen Gegebenheiten ist das Grundwasser räumlich sehr unterschiedlich verteilt. Es kann wenige Zentimeter bis mehrere hundert Meter unter der Erdoberfläche liegen. Die unterirdischen Räume, die das Wasser speichern und weiterleiten können, werden Grundwasserleiter oder auch Aquifere genannt. Sie sind durch Schichten nicht oder schlecht leitenden Gesteins voneinander abgegrenzt. Man unterscheidet bei den Arten zwischen Poren-, Kluft- und Karstgrundwasserleitern. Porengrundwasserleiter sind gekennzeichnet durch Lockergestein, in dem das Wasser den Porenraum zwischen den einzelnen Gesteinskörnern ausfüllt. Die Porengröße bestimmt dabei auch die Fließgeschwindigkeit des Grundwassers. Während in tonigen Schichten die Fließgeschwindigkeit nur wenige Zentimeter pro Jahr beträgt, kann das Grundwasser in einem sandigen Untergrund mehrere Meter pro Tag fließen.
Mit einem Anteil von etwa 40 Prozent der Landesfläche Deutschlands treten Porengrundwasserleiter am häufigsten auf. Der größte zusammenhängende Porengrundwasserleiter in Deutschland erstreckt sich über die eiszeitlichen Sand- und Kiesschichten im Norddeutschen Tiefland. Aber auch im Voralpenraum im sogenannten Molassebecken, am Oberrheingraben und am Niederrhein sind großflächige und teils sehr ergiebige Porengrundwasserleiter typisch. Ein Anteil von etwa 20 Prozent der Fläche Deutschlands umfasst Kluft- oder Karstgrundwasserleiter. Kluftgrundwasserleiter sind Gesteinsschichten, in denen das Wasser durch Risse, Öffnungen und Spalten im Festgestein fließt. Diese Schichten speichern üblicherweise deutlich weniger Grundwasser als Porengrundwasserleiter, weisen aber deutlich höhere Fließgeschwindigkeiten auf. Typische Vorkommen finden sich in der Vogelsbergregion in Hessen, im Schwarzwald und im Spessart. Eine Sonderform der Kluftgrundwasserleiter stellen Karstgrundwasserleiter dar. Dies sind kalkhaltige und somit wasserlösliche Festgesteine, in denen sich die für Kluftgrundwasserleiter typischen Risse bilden, die das durchfließende Grundwasser mit der Zeit ausspült und vergrößert. Man findet sie hauptsächlich auf der Schwäbischen und Fränkischen Alb, aber auch in Thüringen und in einer Linie südlich des Mains bis zum Schwarzwald. Weitere 40 Prozent der Fläche Deutschlands umfassen verschiedene Grundwasserleiter, die nur über sehr geringe oder gar keine Grundwasservorkommen verfügen.
Nutzungen und Belastungen
Das Grundwasser unterliegt vielfältigen Nutzungen und daraus resultierenden Belastungen. Diese können sich nachteilig auf die Qualität und Quantität auswirken.
Landwirtschaft: Grundwasservorkommen unter landwirtschaftlich genutzten Flächen sind häufig Belastungen ausgesetzt, die durch die intensive Bodennutzung verursacht werden. Hauptproblem sind diffuse Nährstoffeinträge aus stickstoffhaltiger Düngung, die häufig nicht standort- und nutzungsgerecht ausgebracht wird und maßgeblich zur Nitratbelastung des Grundwassers beiträgt. Ein Maßstab für die Höhe der Belastungen sind bilanzierte Stickstoffüberschüsse. Das ist die Menge an Stickstoff, die nicht von Pflanzen aufgenommen wird und dann als Nitrat in Grund- und Oberflächengewässer und als Ammoniak und Lachgas in die Luft entweicht. Im Mittel für Deutschland beträgt dieser Überschuss aktuell mehr als 80 kg pro Hektar und Jahr. In der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie ist ein Zielwert von maximal 70 kg pro Hektar und Jahr festgeschrieben. Hier gilt es also weiter daran zu arbeiten, die Überschüsse spürbar zu reduzieren um dieses Ziel zu erreichen und das Grundwasser nachhaltig zu schützen. Neben der Belastung des Grundwassers mit Nitrat gibt nach wie vor die Belastung mit Pflanzenschutzmitteln Anlass zur Sorge. Auch der überwiegende Anteil der Pflanzenschutzmittelbelastungen stammt aus landwirtschaftlicher Anwendung. Hinzu kommt der in den letzten Jahren stark gestiegene Anbau von Biomasse zur Energieerzeugung. Häufig wird dafür großflächig Energiemais angebaut, der intensiv gedüngt und mit Pflanzenschutzmitteln behandelt wird. Das führt zu vermehrten Einträgen von Nitrat und Pflanzenschutzmitteln in das Grundwasser. Zusätzlich fallenbei der Biogaserzeugung nährstoffreiche Rückstände, die sogenannten Gärreste an, die auch zur Düngung eingesetzt werden und zusätzlich zur Belastung des Grundwassers beitragen können.
Entnahmen: Die Grundwasserentnahmen zur Trinkwasserversorgung sind in Deutschland je nach Bundesland sehr unterschiedlich. Während im Saarland, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein fast das komplette Trinkwasser aus Grundwasserressourcen gewonnen wird, ist der Anteil in Sachsen und Thüringen deutlich geringer, da hier vielfach auch auf Talsperrenwasser zurückgegriffen wird. Bezogen auf ganz Deutschland werden rund 3,6 Milliarden Kubikmeter Grundwasser pro Jahr zur Trinkwassergewinnung entnommen. Neben der Nutzung als Trinkwasser wird Grundwasser auch von der Industrie, der Land- und Energiewirtschaft für verschiedene Zwecke entnommen. Über alle Nutzungen hinweg werden in Deutschland rund 6 Milliarden Kubikmeter Grundwasser pro Jahr genutzt. Das entspricht etwa 12 Prozent des durchschnittlich neu gebildeten Grundwassers.
Mineralwässer und Heilquellen: Mineralwässer entstehen durch lange Verweilzeiten und tiefreichende Zirkulation des Grundwassers im Untergrund. Durch den Kontakt des Grundwassers mit leichtlöslichen Gesteinen und Gasen kommt es zu einer Mineralisierung der Wässer mit besonderen chemischen und physikalischen Eigenschaften. Höhere Temperaturen in tieferen Schichten und gesteigerte Gehalte an gelöster freier Kohlensäure erhöhen die Löslichkeit des vom Grundwasser durchströmten Gesteins. Unter günstigen Bedingungen treten die Mineralwässer natürlich an der Erdoberfläche zutage. Die überwiegende Anzahl der Vorkommen wird jedoch durch z. T. mehrere hundert Meter tiefe Bohrungen erschlossen. Die Wässer werden vielfältig genutzt, wie zum Beispiel im Kurbetrieb und in der Getränkeindustrie. Der Verkauf des Wassers als Heil- oder Mineralwasser ist an bestimmte Gesetzesvorgaben gekoppelt. Sie benötigen als einzige Lebensmittel in Deutschland eine amtliche Zulassung. Dabei gelten für Heilwässer und Mineralwässer ähnliche gesetzliche Richtlinien. So müssen beide aus natürlich oder künstlich erschlossenen unterirdischen Quellen stammen, die auf keinen Fall verschmutzt sein dürfen und mikrobakteriell einwandfrei sein müssen. Für beide sind Mineralgehalte von mindestens 1000 mg/l vorgeschrieben. Diese Mineralkonzentration soll beim Heilwasser eine heilende Wirkung und beim Mineralwasser – unter der zusätzlichen Voraussetzung einer Konzentration von 250 mg/l Kohlensäure – eine ernährungsphysiologische Wirkung gewährleisten. Erfüllt ein Wasser diese Grenzwerte nicht, kann es auch dann noch als Heilwasser in den Verkauf gehen, falls es einen Mindestgehalt aufweist, der sich auf ein spezielles Mineral – zum Beispiel Fluor – bezieht.
Heil- und Mineralwässer sind keine Grundnahrungsmittel. Der Gebrauch normalen Leitungswassers als Trinkwasser (Tafelwasser) gilt in Deutschland als unbedenklich und für einen gesunden Menschen als ausreichend. Der Mineralwasserverbrauch in Deutschland hat sich seit 1970 mehr als verzehnfacht und lag 2020 bei 133,8 Liter pro Jahr und Person, im heißen Sommer 2018 lag der Pro-Kopf-Verbrauch sogar bei 147,7 Litern. Mineralwasser und Heilwasser unterliegen, im Gegensatz zu Leitungswasser, nicht den strengen Anforderungen der Trinkwasserverordnung.
Thermalwasser undGeothermie: In Deutschland werden Grundwässer als Thermalwasser bezeichnet, wenn ihre Temperatur am Quellaustritt mehr als 20 °C betragen und wärmer sind als das umgebende oberflächennahe Grundwasser. Heiße und warme Quellen wurden bereits von den Römern gerne für therapeutische Zwecke genutzt (z.B. in den Kaiserthermen in Trier), da Thermalwasser reich an gelösten Mineralien ist. Bis heute haben Thermen in Deutschland eine lange Tradition. Generell treten Thermalquellen in Bereichen mit erhöhter vulkanischer Aktivität und in der Nähe von tiefreichenden Strömungssystemen auf. Die in Form von Wärme gespeicherte Energie unterhalb der Oberfläche der festen Erde gewinnt im Rahmen der Energiewende zunehmend an Bedeutung. Die tiefe Geothermie stößt gegenüber der oberflächennahen Nutzung von Erdwärme in andere Dimensionen vor. Es werden nicht nur Wärmereservoire in größeren Tiefen erschlossen und dabei Bohrlöcher von bis zu fünf Kilometer Tiefe gebohrt. Auch die damit betriebenen Anlagen sind wesentlich größer und leistungsfähiger. Mit Erdwärme aus Tiefengeothermie werden Wärmenetze gespeist und ganze Stadtviertel mit Heizwärme versorgt. Ist das Temperaturniveau hoch genug, kann mit einem Geothermiekraftwerk auch Strom erzeugt werden. Geothermie ist nicht von Wettereinflüssen abhängig und kann das ganze Jahr über annähernd ununterbrochen umweltfreundlichen Strom liefern. Auch die oberflächennahe Wärme- und Kältegewinnung mit Erdwärme sowie die unterirdische Wärmespeicherung kann einen wesentlichen Beitrag zu einer klimaneutralen Energieversorgung liefern. Mit wachsender Zahl an Eingriffen in den Untergrund steigt jedoch das Risiko für das Ökosystem Grundwasser und die Nutzung von Grundwasser zu Trinkwasserzwecken. Kleinstlebewesen sind an bestimmte Temperaturbereiche angepasst. Erhebliche Temperaturveränderungen führen zu Veränderungen der Lebensgemeinschaften und damit verbunden zu einer möglichen Verschlechterung der Selbstreinigungsprozesse. Für unterirdische Speichertechniken, insbesondere in urbanen Räumen, werden künftig Konzepte zur thermischen Bewirtschaftung des Grundwassers erforderlich sein, um die unterirdischen Wärme- und Kältespeicher dort zu nutzen, wo die Temperaturänderungen keine nachteiligen Auswirkungen auf andere Wassernutzungen, wie z.B. die Qualität des Grundwassers als Trinkwasserressource oder das Grundwasser als Lebensraum haben. Dazu müssen für das Grundwasser thermische und ökologische Qualitätsziele entwickelt werden.
Grundwasserüberwachung- und beschaffenheit
Die Überwachung der Grundwasserbeschaffenheit wird in Deutschland durch ein engmaschiges Monitoringnetz, das von den Behörden der Bundesländer betrieben wird, sichergestellt. Den rechtlichen Rahmen dafür setzt die Europäische Wasserrahmenrichtlinie. Diese verlangt von den EU-Mitgliedstaaten eine Bewertung des Grundwasserzustands auf der Ebene von Grundwasserkörpern. Das Ziel der Richtlinie ist ein guter chemischer und mengenmäßiger Zustand der Grundwasserkörper in ganz Europa. Zur Ermittlung des chemischen Grundwasserzustandes wird an den Messstellen die Konzentration von Schadstoffen gemessen und geprüft, ob diese die geltenden Grenzwerte überschreiten. Europaweit gibt es aktuell für Nitrat und Pflanzenschutzmittel einheitliche Grenzwerte. Darüber hinaus müssen die Mitgliedstaaten eigene Grenzwerte für weitere in der EU-Grundwasserrichtlinie benannte Stoffe festlegen. Zur Ermittlung des mengenmäßigen Grundwasserzustandes werden die Entnahmemengen der Grundwasserneubildung gegenübergestellt. Ein guter mengenmäßiger Zustand bedeutet, dass zumindest ein Gleichgewicht zwischen der Grundwasserentnahme und der Grundwasserneubildung besteht.
Insgesamt betreiben die Bundesländer zur Ermittlung des chemischen Grundwasserzustandes mehr als 7000 Messstellen. Zur Bestimmung des mengenmäßigen Grundwasserzustandes werden etwa 6000 Messstellen eingesetzt. Die Ergebnisse des letzten Überwachungszeitraumes zeigen, dass knapp ein Drittel der deutschen Grundwasserkörper in einem schlechten chemischen Zustand sind. Hauptursache sind Überschreitungen der Grenzwerte für Nitrat und Pflanzenschutzmittel die ihren Ursprung häufig in der intensiven Landbewirtschaftung haben. Aktuelle Nitratdaten sind in der Nitrat-WebApp des Umweltbundesamtes abrufbar. Weitere Belastungen ergeben sich aus den Rückständen von Arzneimitteln, organischen Verbindungen, künstlichen Süßstoffen und Abbauprodukten von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen. Die letztgennannte Stoffgruppe wurde an mehr als der Hälfte der untersuchten Messstellen und damit besonders häufig nachgewiesen. Um den chemischen Zustand des Grundwassers zu verbessern, sind die Mitgliedstaaten aufgefordert umfassende Maßnahmen zu ergreifen um schädliche Stoffeinträge zu vermindern. Aktuell gibt es in Deutschland nur vereinzelte Grundwasserkörper, die Wassermengenprobleme aufweisen. Nur wenige Grundwasserkörper verfehlen den guten mengenmäßigen Zustand, auch wenn in den Trockenjahren 2018 und 2019 in einigen Regionen die Grundwasserstände in den oberflächennahen Grundwasserleitern deutlich gefallen sind. Großflächige Probleme treten im Zusammenhang mit Bergbauaktivitäten auf. In diesen Regionen ist oft über viele Jahrzehnte der Grundwasserspiegel stark abgesenkt worden. Selbst nach Beendigung des Bergbaus dauert es in der Regel viele Jahrzehnte, bis sich der natürliche Grundwasserspiegel wieder einstellt.
Lebensraum Grundwasser
Der Untergrund ist nicht nur ein wichtiger nutzbarer Wasserspeicher, sondern auch ein Lebensraum, den eine vielfältige Organismengemeinschaft besiedelt. Das wohl größte limnische, also von Süßwasser bestimmte Ökosystem erstreckt sich weltweit im Grundwasser und übernimmt wichtige Mittlerfunktionen im globalen Wasserkreislauf. Im Grundwasser leben für uns nicht sichtbar zahlreiche Grundwassertiere, die sich in den wassergefüllten Lücken und Klüften des Untergrundes bewegen. Das große Spektrum der Grundwassertiere umfasst Arten, von denen es oft Verwandte im Oberflächenwasser gibt. Die relativ konstanten physikalisch-chemischen Bedingungen im Untergrund, wie dauerhafte Dunkelheit, niedrige und gleichbleibende Temperaturen und geringe Nähr- und Sauerstoffkonzentrationen ermöglichen eine hohe Biodiversität innerhalb der Grundwasserfauna. Die wichtigsten Gruppen sind Krebstiere. Hinzu kommen Asseln, Schnecken, Würmer und vereinzelt sogar Fische. Die Tiere können in der Regel nicht außerhalb der unterirdischen Lebensräume überleben. Fachleute sagen sie sind „troglobiont“. Viele von ihnen stehen auf der roten Liste gefährdeter Arten. Erste Grundwassertiere wurden vermutlich schon vor über 460 Jahren entdeckt. Im Jahr 1541 fanden die Menschen erste blinde Höhlenfische in einer Höhle in China. Erst vor wenigen Jahren wurde im Höhlensystem des Aachtopfes in der Bodenseeregion auch in Deutschland mit der Höhlenschmerle (Barbatula barbatula) ein Fisch entdeckt, der ausschließlich in unterirdischem Wasser lebt. Ein weiteres Tier, dass sich an den Lebensraum Grundwasser angepasst hat, ist Husmanns Brunnenschnecke (Bythiospeum husmanni). Die nur zwei Millimeter große Schnecke aus der Familie der Zwergdeckelschnecken kommt nur in flussbegleitenden Grundwasserströmen im Ruhrgebiet vor und ist extrem selten. Es ist bekannt, dass diese Schnecke nur in sehr sauberem und gleichmäßig kühlem Wasser leben kann, so dass ihr Vorkommen ein guter Indikator für eine hervorragende Grundwasserqualität ist. Um auf die Bedeutung dieser Schneckenart für das Grundwasser aufmerksam zu machen, wurde sie zum „Weichtier des Jahres 2009“ ernannt.
Häufiger im Grundwasser anzutreffen sind verschiedene Arten von Höhlen- bzw. Grundwasserflohkrebsen der Gattung Niphargus. Allein in Deutschland konnten 15 verschiedene Arten dieser blinden und farblosen Tiere nachgewiesen werden. Je nach Art sind sie zwischen wenigen Millimetern und bis zu drei Zentimetern groß. Sie ernähren sich vornehmlich von abgestorbenen Mikroorganismen, sogenanntem Detritus, aber auch kleineren Tieren und bewegen sich auf der Seite liegend fort. Um auf die sensiblen Lebensräume Höhle und Grundwasser mit ihrer großen Artenvielfalt aufmerksam zu machen, wurde der Grundwasserflohkrebs vom Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher zum „Höhlentier des Jahres 2009“ gekürt. Von den mehr als 170 europäischen Süßwasserasselarten leben mehr als 60 Prozent ausschließlich im Grundwasser. Eine weit verbreitete Art ist die sogenannte Höhlenwasserassel (Proasellus cavaticus). Die etwa 8 Millimeter großen Tiere kommen in ganz Mitteleuropa vor und ernähren sich wie viele andere Grundwasserlebewesen von abgestorbenen Pflanzen. Ihr größter natürlicher Feind sind die zuvor beschriebenen Höhlenflohkrebse der Gattung Niphargus. Die den speziellen Verhältnissen angepassten Organismen umfassen neben Grundwassertieren auch verschiedene Mikroorganismen wie Bakterien, aquatische Pilze und Einzeller, die den Hauptteil der Biomasse ausmachen. Die verschiedenen Bakterientypen haben das Vermögen, unterschiedliche Kohlenstoff- und Nährstoffressourcen zu nutzen und regulieren als Folge ihrer Stoffwechselaktivitäten maßgeblich die Stoff- und Energiekreisläufe in den unterirdischen Ökosystemen. Zum Teil leben die Bakterien frei im Grundwasser, häufiger sind sie jedoch an kleine Sedimentkörner, Steine oder Teilchen organischen Materials angeheftet. Mit dem Überziehen der kleinen Partikel bilden sie den sogenannten Biofilm, der Grundwassertieren als Nahrungsgrundlage dient. Die einzelligen Lebewesen (Protozoen) im Grundwasser sind mit nur wenigen Mikrometern Größe an das begrenzte Nährstoffangebot und die kleinen Porenräume, in denen sie sich bewegen können, angepasst. Gefunden wurden bisher verschiedene Formen von Geißeltierchen (Flagellaten), Wechseltierchen (Amöben) und Wimperntiere (Ciliata), deren Hauptnahrung die Bakterien sind. Indem sie den bakteriellen Biofilm beweiden oder auch Bakterien aus dem Wasserstrom herausfiltern, regulieren sie das Bakterienwachstum und verhindern so etwa das Verstopfen des Grundwasserleiters. Unter den Protozoen selbst gibt es auch räuberische Exemplare, wie die Sonnentierchen (Heliozoa). Sie sind etwas größer als die anderen Arten, die ihnen als Nahrung dienen. Damit verhindern sie wiederum eine übermäßige Massenentwicklung der Protozoen. Von den aquatischen Pilzen sind erst wenige Typen bestimmt und auch über ihre Lebensformen ist im Vergleich zu den anderen Organismengruppen weniger bekannt. Auch die Pilze nutzen die organischen Kohlenstoffverbindungen als Lebensgrundlage und übernehmen so eine wichtige Rolle im mikrobiellen Stoffumsatz des unterirdischen Nahrungsgefüges.
Das Zusammenspiel der einzelnen Organismengruppen trägt entscheidend zur Stabilität der biologischen Leistungen im System bei. Auch wenn dieser Lebensraum verborgen und unzugänglich erscheint, viele seiner Facetten noch unerforscht sind, weiß man doch schon einiges über dieses einzigartige Ökosystem und seine Bewohner, die auf besondere Weise an die kargen Bedingungen im Grundwasser angepasst sind und eines umfassenden Schutzes bedürfen.
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
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