Globale Klimaänderungen bis 2100
Der anthropogene Treibhauseffekt verursacht Veränderungen im Klimasystem. Deren Ausmaße und Auswirkungen für die Zukunft können nur durch Modellrechnungen nachgebildet werden, da vielfältige und komplexe Wechselwirkungen berücksichtigt werden müssen. Aus Szenarien-Rechnungen lassen sich folgende mögliche zu erwartende Klimaänderungen für das 21. Jahrhunderts ableiten.
Bis zum Jahr 2100 wird – abhängig von den zukünftigen Treibhausgasemissionen – von einem mittleren globalen Temperaturanstieg zwischen 1,4 und 4,4 Grad Celsius gegenüber dem Zeitraum 1850-1900 ausgegangen (IPCC, 2023). Modellrechnungen, die von einer Fortsetzung der bis Ende 2020 umgesetzten Politiken ausgehen, führen zu einer mittleren globalen Erwärmung von 3,2 °C bis 2100 (ibid.). Eine solche Temperaturänderung wäre größer als alle während der letzten Jahrhunderte beobachteten natürlichen Temperaturschwankungen. Sie erfolgt mit einer Schnelligkeit, wie sie in den letzten 10. 000 Jahren nicht vorkam.
Werden die Treibhausgasemissionen nicht verringert, ist eine Erwärmung um 0,25 °C pro Dekade für die nächsten 30 Jahre sehr wahrscheinlich. Selbst bei einer Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen bis 2100 wird sich das Klima über das 21. Jahrhundert hinaus ändern und insbesondere der Meeresspiegel weiter steigen. Der Meeresspiegel reagiert wegen der großen Wärmeaufnahmekapazität langsamer auf den Klimawandel. Einmal eingetretene Veränderungen werden dann aber über viele Jahrhunderte anhalten. Seit 1970 ist der anthropogene Einfluss die Hauptursache für den beschleunigten weltweiten Anstieg des Meeresspiegels. Die thermische Ausdehnung des Meerwassers war zunächst der Hauptgrund, doch seit etwa 2000 übertreffen das Abschmelzen der Gletscher und der antarktischen und grönländischen Eisschilde die Auswirkungen der thermischen Ausdehnung. Die Rate des weltweiten Anstiegs des Meeresspiegels beschleunigte sich im Zeitraum 1993–2018 auf 3,3 mm/Jahr und im Zeitraum 2006–2018 auf 3,7 mm/Jahr. Im Vergleich zum Zeitraum von 1995 bis 2014 wird bis zum Ende des 21. Jahrhunderts von einem Anstieg des Meeresspiegels für ein Szenario mit sehr geringen Emissionen (SSP1-1.9) zwischen 28 und 55 Zentimetern und für ein Szenario mit sehr hohen Emissionen (SSP5-8.5) zwischen 63 und 102 Zentimetern ausgegangen (IPCC, 2021). Aktuelle Beobachtungen zeigen beschleunigte Eisdynamik in polaren Gebieten, die häufig noch nicht in den Klimamodellen berücksichtigt sind. Modellsimulationen, die die Möglichkeit eines schnellen Zerfalls der polaren Eisschilde berücksichtigen, der jedoch als unwahrscheinlich eingeschätzt wird, prognostizieren einen globalen mittleren Meeresspiegelanstieg von bis zu etwa 5 m bis zum Jahr 2150 bei einem Szenario mit sehr hohen Emissionen (SSP5-8.5) (ibid.). Insgesamt sind die Aussagen über die zu erwartende Entwicklung des Meeresspiegels noch immer sehr unsicher.
Ganze Kontinente und Meeresbecken weisen deutliche Klimaänderungen auf. Modelle zeigen, dass sich diese folgende Trends auch im 21. Jahrhundert fortsetzen werden (IPCC, 2023).
- Arktis: Die durchschnittlichen Temperaturen stiegen in den vergangenen 100 Jahren doppelt so schnell wie im globalen Durchschnitt; dieses Phänomen wird als „Arktische Verstärkung“ bezeichnet.
- Meereis: Satellitendaten zeigen seit 1979, dass die durchschnittliche jährliche Meereisausdehnung in der Arktis in den letzten vier Jahrzehnten einen deutlichen Rückgang erfahren hat, der in allen Monaten zu beobachten ist, im September jedoch am stärksten ist. Zwischen 1979 und 2023 nahm die Ausdehnung des Meereises im März durchschnittlich um etwa 2,8 % pro Jahrzehnt und im September um 13,5 % pro Jahrzehnt ab. In den 1980er Jahren betrug die durchschnittliche Ausdehnung im September fast 50 % des Märzdurchschnitts; in den letzten 10 Jahren (2014 bis 2023) lag das Verhältnis nur noch bei 35 % (Copernicus, 2024).
- Niederschläge: Die Niederschlagsmengen an Land haben im globalen Durchschnitt seit Mitte des 20. Jahrhunderts zugenommen. Insbesondere seit den 1980er Jahren wurde eine schnellere Zunahme beobachtet. Jedoch sind die Entwicklungen im Jahresverlauf und regional stark unterschiedlich. Die Vorhersage zukünftiger weltweiter Niederschlagsverteilungen ist sehr komplex und daher schwierig.
- Meteorologische Extremereignisse: Die Häufigkeit von Starkniederschlägen hat zugenommen. Kalte Tage und Nächte sowie Frost sind seltener und heiße Tage und Nächte sowie Hitzewellen sind häufiger geworden.
- Regionale Klimaänderung: Die räumliche Verteilung des Erwärmungstrends der letzten 50 Jahre wird sich ohne Klimaschutz und drastische Emissionsreduktion fortsetzen, insbesondere die großen Landmassen und die hohen nördlichen Breiten sind betroffen. Danach steigen die Temperaturen dort stärker als im globalen Durchschnitt. Damit würde die für den grönländischen Eisschild kritische Temperaturschwelle erheblich überschritten. Er würde bei anhaltend hoher Erwärmung komplett abschmelzen und den Meeresspiegel langfristig um sieben Meter steigen lassen. Die paläoklimatische Information hierzu ist verlässlich: Eine ähnlich hohe Temperatur herrschte in dieser Region vor 125.000 Jahren in der letzten Zwischeneiszeit. Gerade aus der paläoklimatischen Perspektive hat die jüngste, rasche Erwärmung während der letzten 150 Jahre einen „unnatürlichen Charakter“.
Neben diesen allmählichen klimatischen Veränderungen könnten auch schnelle Änderungen im Klimasystem erfolgen, die als abrupte Klimaänderungen bezeichnet werden. Sie gehen mit gravierenden Auswirkungen und schwer vorhersehbaren Rückkopplungsprozessen im Klimasystem der Erde einher. Nach heutigem Wissensstand wird das Eintreten eines solchen Ereignisses für die nächsten Jahrzehnte als gering wahrscheinlich eingeschätzt. Das tatsächliche Risiko für das Eintreten einer abrupten Klimaänderung lässt sich allerdings schwer einschätzen, da es sich um nichtlineare Prozesse handelt und die kritischen Grenzen nicht exakt bekannt werden können. Das Risiko erhöht sich jedoch deutlich mit jeder weiteren Erwärmung (siehe z. B.: Kornhuber et al., 2024) Beispiele möglicher Ereignisse abrupter Klimaänderungen sind:
- Zusammenbruch der thermohalinen Zirkulation (Abbruch des Golfstroms) infolge Erwärmung und/oder Verdünnung des salzreichen Wassers im Nordatlantik,
- Zerfall des West-Antarktischen Eisschildes und damit einhergehender Meeresspiegelanstieg um einige Meter,
- beschleunigtes Abschmelzen des Grönländischen Eisschildes und damit Einleitung eines irreversiblen Abschmelzprozesses,
- steigendes Risiko des Auftauens von Permafrostböden und damit Freisetzung großer Kohlenstoffmengen (als Methan oder Kohlenstoffdioxid) durch zunehmende Erwärmung,
- zusätzliche Freisetzung von Kohlendioxid und damit Verstärkung des Klimawandels durch großflächiges Absterben des Regenwaldes zum Beispiel im Amazonasgebiet.
Um eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems zu verhindern, ist es erforderlich, die globale Temperaturerhöhung langfristig deutlich unter 2 Grad Celsius, idealerweise aber auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, beispielsweise der Sonderbericht des IPCC über 1,5 °C globale Erwärmung zeigt (IPCC, 2018). Wissenschaftliche Ergebnisse (IPCC, 2004) weisen darauf hin, dass dieses Temperaturlimit mit hinlänglich großer Sicherheit nur gehalten werden könnte, wenn die globalen Treibhausgasemissionen vor 2025 ihren Höhepunkt erreichen und danach schnell und drastisch reduziert werden. Bis 2030 müssen die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 2019 um 43 Prozent sinken; bis 2035 müssen es 60 Prozent werden (IPCC, 2022). Deutliche Minderungen müssen aber nicht nur von Kohlendioxid, sondern auch der anderen Treibhausgase (insbesondere von Methan und Lachgas sowie der fluorierten Verbindungen) und anderer indirekt klimawirksamer Stoffe (zum Beispiel Ruß) erfolgen. Jede weitere Erwärmung würde die Risiken des Klimawandels beträchtlich erhöhen, seien es extreme Wetterereignisse, verstärkende Rückkopplungsprozesse im Erd-Klimasystem oder die wachsende Gefahr des Überschreitens von Kipppunkten. Nur wenn die Treibhausgasemissionen sehr schnell reduziert werden, sind dynamisch ansteigende katastrophale Folgen der Klimaerwärmung für die Menschheit abzuwenden. Aktuell sind weder die implementierten Politiken und Maßnahmen, noch die zugesagten nationalen Klimabeiträge (NDCs) und Langfriststrategien auch nur annähernd ausreichend, um das 1,5-°C-Ziel einzuhalten. Die Umsetzung der aktuell weltweit gültigen Politiken und Maßnahmen (Stand 2024/2025) würde zum Ende des Jahrhunderts zu einer 2,8 °C wärmeren Welt führen (UNEP, 2024).
Klimaänderungen in Europa bis 2100
Aus Szenarienrechnungen werden folgende wesentliche Klimaänderungen abgeleitet:
- Europa erwärmt sich schneller als der globale Durchschnitt. Die durchschnittliche Jahrestemperatur über den europäischen Landflächen war im letzten Jahrzehnt 2,12 bis 2,19 °C höher als in der vorindustriellen Zeit. Besonders hohe Erwärmungen wurden über Osteuropa, Skandinavien und dem östlichen Teil der Iberischen Halbinsel beobachtet (EEA, 2024).
- Prognosen der CMIP6-Initiative deuten darauf hin, dass die Temperaturen über den europäischen Landflächen im Laufe dieses Jahrhunderts weiter stärker ansteigen werden als im globalen Durchschnitt. Die Landtemperaturen in Europa werden im Szenario mit geringen Emissionen (SSP1-2.6) um weitere 1,2 bis 3,4 °C und im Szenario mit sehr hohen Emissionen (SSP5-8.5) voraussichtlich um 4,1 bis 8,5 °C ansteigen (bis 2071-2100, verglichen mit 1981-2010). Die höchste Erwärmung wird für Nordosteuropa, Nordskandinavien und die Binnengebiete der Mittelmeerländer erwartet. Die geringste Erwärmung wird in Westeuropa erwartet, insbesondere im Vereinigten Königreich, Irland, Westfrankreich, den Benelux-Ländern und Dänemark.
- Allgemein nehmen die jährlichen Niederschläge in Nordeuropa zu und in Südeuropa ab. Jahreszeitlich werden insbesondere im Winter zunehmende Niederschläge für Mittel- und Nordeuropa projiziert, während die Projektionen für viele Teile Europas trockenere Sommer zeigen.
- Hitzewellen werden häufiger, intensiver und dauern länger. Im Winter nehmen die kalten und Frosttage weiter ab. Am stärksten werden die Iberische Halbinsel, Mitteleuropa einschließlich des Alpenraumes, Ostküste der Adria und Südgriechenland durch extreme Temperaturen beeinflusst.
- Starkniederschlagsereignisse nehmen in ganz Europa weiterhin zu. Besonders in Südeuropa nehmen Dürreperioden in ihrer Andauer und Häufigkeit zu.
Insgesamt ist zu erwarten, dass vor allem der Süden Europas durch negative Effekte als Folge von Klimaänderungen betroffen sein wird. Besonders in mediterranen Regionen werden Wüstenbildung, Wasserknappheit und Waldbrände zunehmen.