Bauprodukte sollten bei Regen- oder Grundwasserkontakt keine bedenklichen Mengen an Schadstoffen freisetzen. Aussagefähige Daten zur Stoffauslaugung für die Produktauswahl erfordern vergleichbare Ergebnisse nach zuverlässigen, Produktgruppen übergreifenden –„horizontalen“ – Prüfmethoden. Das UBA stellt Herstellern und Anwendern Referenzdaten nach den neuen europäischen Auslaugtests zur Verfügung.
Information über Auslaugverhalten wird Standardangabe bei Bauprodukten
Nutzerinnen und Nutzer von Bauprodukten bekommen heute noch keine Auskunft über die Freisetzung von Schadstoffen aus einem Bauprodukt. Dies soll sich in absehbarer Zeit ändern. Wenn die Mitgliedstaaten der EU sich einigen, könnte die Architektin oder der Bauunternehmer bald eine Information wie „Auslaugung gefährlicher Stoffe: Klasse I“ in der CE-Kennzeichnung lesen. Hinter dieser schlichten Auskunft verbirgt sich eine jahrelange europäische Normungsarbeit.
Validierung bei neuen Prüfnormen erwünscht
Das Europäische Komitee für Normung (CEN) harmonisiert seit 2005 im Auftrag der Europäischen Kommission Bewertungsmethoden für die Freisetzung gefährlicher Stoffe aus Bauprodukten. Die Normungsarbeit der letzten Jahre ergab eine Reihe von Prüfmethoden, die eine zweistufige Validierung benötigen, bevor sie den Status einer harmonisierten Europäischen Norm erhalten. Ziel der validierten, harmonisierten Methoden ist es, zuverlässige Daten für die CE-Kennzeichnung von Bauprodukten zu können.
In einem Forschungsvorhaben des Umweltbundesamtes (s. Publikationen) haben der Verein Deutscher Zementwerke (VDZ) und das Institut für Bauforschung der RWTH Aachen Validierungsprüfungen für den neuen europäischen Auslaugtest „Horizontale dynamische Oberflächenauslaugprüfung“ an Betonen und Mörteln durchgeführt. In diesem Auslaugtest werden unter festgelegten Bedingungen aus dem Bauprodukt mit Wasser als Lösemittel (Eluent) Schadstoffe herausgelöst. Die eluierten Stoffe in dem im Test produzierten Eluaten lassen sich anschließend mit geeigneter Analyseverfahren bestimmen. Die Validierungsversuche zeigen, wie sich unterschiedliche Prüfbedingungen, zum Beispiel die Prüftemperatur oder das Verhältnis vom Volumen des Eluenten zur Oberfläche des Prüfkörpers, auf die Ergebnisse auswirken. Sie zeigen ebenfalls, wie reproduzierbar die Ergebnisse bei einer Mehrfachbestimmung sind. Die Prüfungen bestätigten, dass der Auslaugversuch robust ist. Es waren keine Änderungen des europäischen Normentwurfs hinsichtlich der zulässigen Spannbreiten der vorgesehenen Prüfbedingungen erforderlich.
Die Abbildung zeigt exemplarisch die kumulierten TOC-Auslaugmengen (gesamter organischer Kohlenstoff in mg/m² über die Versuchsdauer) für alle durchgeführten Mörtelversuche. Die sehr gute Übereinstimmung der Versuchsergebnisse bei den unterschiedlichen Prüfbedingungen zeigt, dass das untersuchte Prüfverfahren neben der Untersuchung der Freisetzung anorganischer Stoffe auch für die Auslaugung organischer Stoffe aus Bauprodukten geeignet ist. Dies ist ein großer Vorteil für die Praxis: Hersteller können bei der Entwicklung von neuen Rezepturen das Auslaugverhalten ihrer Produkte mit der Hilfe eines Tests optimieren.
Belastbare Aussagen über Freisetzung gefährlicher Stoffe nun Stand der Technik
Die Verwendung der neuen Methode, die inzwischen als Technische Spezifikation (CEN/TS 16637-2) veröffentlicht, ist sowohl im rechtlichen Kontext unter der EU-Verordnung zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten (Nr. 305/2011, EU-BauPVO) als auch bei freiwilligen Kennzeichnungen und Umweltproduktdeklarationen zu empfehlen. Die neue Methode bietet eine solide Grundlage, die Unbedenklichkeit von Bauprodukten für Boden und Gewässer sicherzustellen und die Umweltschutzanforderungen (Artikel 3 und Anhang 1) der EU-BauPVO umzusetzen.
Untersuchungen für den Blauen Engel
Im Forschungsprojekt “Beregnete Bauteile und Bauprodukte: Entwicklung von Vergabegrundlagen für den Blauen Engel mit Hilfe von Auslaugtests“ hat die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) Auslaugversuche mit verschiedenen Bauprodukten im Auftrag des UBA durchgeführt. Das Testprogramm umfasste Lacke für Außenanwendungen, Wärmedämmverbundsysteme, Dachziegel und Kunststoff-Dachfolien, die alle in der Anwendung mit Niederschlägen in Kontakt kommen. Die BAM stellte Eluate aus den ausgewählten Produkten nach dem dynamischen Oberflächenauslaugtest nach CEN/TS 16637-2 sowie nach einem Immersionstest nach EN 16105 her. In den Eluaten ermittelte sie die Verläufe der Freisetzung anorganischer und organischer Substanzen. Das Projekt zielte darauf, die Vergabekriterien des Blauen Engels für bestimmte Bauprodukte um Anforderungen an die Auslaugung von Schadstoffen zu erweitern.
Die Ergebnisse stellen erstmalig Referenzdaten für eine Reihe von Bauprodukten mit geringer Auslaugung auf der Grundlage der neuen Europäischen Prüfverfahren öffentlich zur Verfügung. Diese Daten bieten für Hersteller, Behörden und andere Anwender eine wichtige Orientierung, um Ergebnisse anderer Produkte einordnen zu können. Die Ergebnisse bestätigen, dass die vorhandenen Rezepturkriterien des Blauen Engels gut geeignet sind, die Freisetzung von gefährlichen Stoffen aus Bauprodukten zu minimieren.
Eine vollständige Ermittlung der freigesetzten organischen Stoffe ist bislang noch nicht möglich. Auch lassen sich aus den Eluatwerten im Labor noch keine Konzentrationen in der Umwelt ableiten. Die dafür nötige Modellierung der Laborergebnisse ist derzeit noch nicht zufriedenstellend gelöst. Hier sieht das UBA weiteren Forschungs- und Handlungsbedarf.
Emissions- und Übertragungsfunktionen
Neben den Materialeigenschaften der Bauprodukte wird die Auslaugung maßgeblich durch die Gebäudegeometrie und die Witterung beeinflusst. Um aus den Laborergebnissen Umweltkonzentrationen der ausgelaugten Stoffe abzuleiten, sind modellgestützte Simulationen mit harmonisierten Szenarien zielführend. Ein Hersteller kann nicht wissen unter welchen Standortbedingungen sein Produkt zum Einsatz kommt. Möglichst einfache Anwendungsszenarien – per Konvention für alle Hersteller festgelegt – würden sowohl den Herstellern die Produktkennzeichnung als auch den Anwenderinnen und Anwendern die Produktauswahl vereinfachen.
Um die Umweltrisiken der Stoffauslaugung besser einschätzen zu können, hat die Hochschule für Technik Rapperswil (HSR) in der Schweiz das Simulationsmodell COMLEAM (COnstruction Material LEAching Model) entwickelt. Das Modell nutzt Emissionsfunktionen, um die Abhängigkeit der Stoffemission vom Regenwasserabfluss zu beschreiben. Im Projekt „Emissions- und Übertragungsfunktionen für die Modellierung der Auslaugung von Bauprodukten“ hat die HSR im Auftrag des UBA fünf Funktionen an drei Felddatensätzen aus Freilandversuchen mit dem Biozid-Wirkstoff Terbutryn umfassend getestet. Demnach lieferte eine logarithmische Emissionsfunktion die derzeit bestmögliche Vorhersage der Auslaugung. Die Ergänzung von Standardszenarien zur Umrechnung von Labortestergebnissen in COMLEAM sollte im nächsten Schritt möglich sein. Mit dieser Weiterentwicklung lässt sich die Stoffauslaugung bei der Gebäudeplanung künftig auf einer guten Datenbasis berücksichtigen, wenn auch Daten zum Auslaugverhalten von Produkten verfügbar werden.
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
Umweltbundesamt
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