FW-I-3 und 4: Waldzustand und Absterberate

Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

Inhaltsverzeichnis

 

FW-I-3: Waldzustand

Bis 2017 gab es keine Anzeichen, dass sich der Waldzustand aufgrund von Klimaveränderungen kontinuierlich verschlechtert. Dies hat sich mit den Hitze- und Dürrejahren 2018 bis 2020 geändert. Mit Ausnahme der Eiche zeigte die ⁠mittlere Kronenverlichtung⁠ bis 2021 einen steigenden Trend. Bei Buche, Fichte und Kiefer übertraf die Verlichtung die nach dem Extremjahr 2003. Bei den Laubbäumen schwankten die Werte stark zwischen den Jahren.

Das Liniendiagramm FW-I-3 "Waldzustand" zeigt die mittlere Kronenverlichtung in Prozent für Fichte, Eiche, Kiefer, Buche und alle Baumarten von 1991 bis 2021. Die Verlichtung schwankt bei Buche und Eiche stärker als bei Kiefer und Fichte. Mit Ausnahme der Eiche, bei der kein klarer Trend erkennbar ist, nahm die Verlichtung signifikant zu. 2021 lag sie je nach Baumart zwischen 23 % (Kiefer) und 30 % (Fichte).
FW-I-3: Waldzustand
Quelle: BMEL (Bundesweite Waldzustandserhebung)
 

FW-I-4: Absterberate

Infolge der Dürrejahre 2018 bis 2020 sind spontan bei allen Hauptbaumarten die Absterberaten deutlich angestiegen. Bei der Fichte kam es zu einem flächenhaften Absterben ganzer Bestände. Die Absterberate war im Jahr 2020 um mehr als das 20-Fache höher als in den vorausgegangenen Jahren 2010 bis 2019. Flächenhaft abgestorbene Bestände bieten grundsätzlich erschwerte Ausgangsbedingungen für die (natürliche) Wiederbewaldung.

Das Liniendiagramm FW-I-4 "Absterberate" zeigt die jährliche Absterberate in Prozent für Kiefer, Fichte, Buche, Eiche und die Gesamtheit dieser Baumarten von 1990 bis 2021. Bis 2018 lagen die Raten meist zwischen 0,0 und 0,5 %, wobei die Eiche oft etwas höhere Werte aufwies. Ab 2019 stiegen die Raten deutlich an, insbesondere 2020, als die Fichte eine Absterberate von 4,3 % erreichte. Für Fichte, Buche und alle Baumarten zusammen zeigt sich über den Gesamtzeitraum ein signifikanter Anstieg.
FW-I-4: Absterberate
Quelle: BMEL (Bundesweite Waldzustandsbehebung)
 

Schlechter Waldzustand und Absterben von Bäumen

Der Kronenzustand galt viele Jahre als geeigneter ⁠Indikator⁠, um die Auswirkungen von Schadstoffbelastungen auf die Vitalität der Waldbäume abzubilden. Heute sind das Witterungsgeschehen und der Schaderregerbefall sehr viel stärker im Fokus der Interpretation von Waldzustandsdaten. Die Zusammenhänge zwischen dem zeitlichen Verlauf der Nadel- und Blattverluste und sommerlicher Hitze und ⁠Dürre⁠ sind offensichtlich geworden. Bei der Interpretation von Daten zum Kronenzustand ist zunächst Folgendes zu berücksichtigen: Wenn Bäume ihre Blätter und Nadeln verlieren, dann bedeutet dies nicht zwangsläufig eine Schädigung. Bei Laubbäumen ist die spontane Reduzierung der Blattmasse unter ungünstigen Bedingungen zumeist eine angemessene Anpassungsreaktion. Die Bäume können auf diese Weise zu großen Wasserverlusten vorbeugen. Kritisch wird es, wenn infolge einer Häufung von Jahren mit ⁠Trockenstress⁠ die Kronenverlichtung zum Dauerzustand wird. Dann kommt es zwangsläufig zu Vitalitätseinbußen oder gar zum Absterben von Bäumen. Nadelbäume reagieren hingegen weniger spontan mit Nadelverlusten, da sie mehr in ihre dauerhafteren Nadeln investieren müssen. In diesen Fällen liegt es daher näher, von einer Schädigung der Bäume auszugehen, wenn die Krone lichter wird. Auch die Zusammenhänge mit der Fruchtbildung sind zu berücksichtigen, da auch diese erheblichen Einfluss auf den Kronenzustand hat. In sogenannten Mastjahren mit besonders starker Fruchtbildung investieren die Bäume weniger in ihre Blatt- und Nadelmasse. Die Krone erscheint dann transparenter. So war beispielsweise das Jahr 2016 ein ausgeprägtes Mastjahr der Buche. Über die Gesetzmäßigkeiten der Fruchtbildung gibt es aber noch wenige Informationen. Es wird auch von Zusammenhängen mit dem ⁠Klimawandel⁠ ausgegangen. Während es beispielsweise bei der Buche und Eiche früher nur rund alle sechs bis sieben Jahre zu Mastjahren kam, liegt die Häufigkeit heute zwischen zwei und drei Jahren.

Bis 2017 gab es noch keine Anzeichen dafür, dass sich der Waldzustand infolge der Klimaveränderungen kontinuierlich verschlechtert. Dies hat sich nach den Hitze- und Dürrejahren 2018 bis 2020 verändert. Inzwischen gibt es mit Ausnahme der Eiche bei allen Hauptbaumarten signifikant steigende Trends zu einem schlechteren Zustand. Bereits ab 2019, dem ersten Folgejahr nach dem Trockenjahr 2018, war der Waldzustand bei Buche, Fichte und Kiefer schlechter als nach dem „Jahrhundertsommer“ 2003. Bei der Eiche haben sich die Witterungsfolgen in der mittleren Kronenverlichtung weniger stark niedergeschlagen. Sie gilt als Zukunftsbaumart in klimaresilienteren Wäldern.

Noch deutlicher als bei der mittleren Kronenverlichtung schlagen sich die Folgen von Hitze und Dürre in der Absterberate nieder. Als abgestorben gelten Bäume, wenn sie keine lebenden Nadeln oder Blätter mehr besitzen und das leitfähige Gewebe im Stamm abgestorben ist, sie aber noch im Bestand stehen, also Teil der Stichprobe der Waldzustandserhebung sind. Erst liegende und aus den Beständen entfernte Bäume (siehe Indikator FW-I-5) werden durch andere Stichprobenbäume ersetzt. Die jährliche Absterberate wird in der Regel nicht kurzfristig von einzelnen Schadereignissen beeinflusst. Sie kann als Folgeschaden auch noch Jahre später erhöht sein, wenn geschädigte Bäume die hohen Blatt- und Nadelverluste nicht mehr kompensieren können oder vitalitätsgeschwächt Schadorganismen zum Opfer fallen. Infolge der jüngsten Dürrejahre waren die Schäden allerdings so massiv, dass bereits im Folgejahr 2020 die Absterberate enorm in die Höhe geschnellt ist. Bei der Fichte wurde das 20-Fache des Mittelwerts der vorausgegangenen zehn Jahre (2010–2019) erreicht. Das Absterben betraf bei Fichte und abgeschwächt auch bei Kiefer nicht nur einzelne Baumindividuen, sondern ganze Waldbestände sind flächig abgestorben. Auch bei Buche und Eiche zeigen sich die Folgen in erhöhten Absterberaten, wobei hier das Absterben von einzelnen Bäumen und Baumgruppen vorherrschend war.

Flächenhaft abgestorbene Bestände stellen die Wiederbewaldung vor besonders große Herausforderungen. Für eine natürliche Wiederbewaldung fehlt es mitunter an geeigneten Samenbäumen zukünftig angepasster Baumarten in der Umgebung oder das Naturverjüngungspotenzial ist gering. Die Wiederbewaldung durch aktive Pflanzung oder Saat kann durch die großen Mengen von Kalamitätsholz behindert sein. Mit der fehlenden Überschirmung durch Altbäume sind die Flächen zudem schutzlos dem Wind und der Sonneneinstrahlung ausgesetzt, was die Aufwuchsbedingungen für Bäume erschwert, die Vergrasung und Verjüngungsschäden durch Mäuse hingegen fördern kann.

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