zum Vergrößern anklickenProband bei der Geruchsbewertung im Labor Quelle: HTW Berlin/Jan-Christoph Hartung
Aus Bauprodukten können flüchtige organische Substanzen (VOC) ausgasen. Diese können, ebenso wie dadurch verursachte Gerüche, der Gesundheit und somit dem Wohlbefinden der Raumnutzenden schaden. Unangenehme Gerüche können auch zu vermehrtem Lüften und somit zu erhöhten Energieverbräuchen in der Heizperiode führen. All das sind gut Gründe, für eine „gute“ Innenraumluft zu sorgen.
Verhalten, Nutzungsgewohnheiten und Materialien oder Produkte, mit denen Gebäude errichtet wurden oder Wohnungen ausgestattet sind, können Quellen für Schadstoffe und Gerüche sein. Um mehr über Gerüche, ihre Ursachen und Wirkungen herauszufinden, führte das Umweltbundesamt im Jahr 2016 eine internetbasierte Umfrage durch.
Knapp 300 betroffene Personen antworteten auf die Fragen zu Gerüchen in Wohnungen, Büroräumen und öffentlichen Räumen.
Ursachen und Wirkung von Gerüchen
Die Auswertung der Umfrage ergab, dass sich 76 % (226) der Teilnehmenden durch Gerüche im Innenraum gestört fühlten. Besonders häufig wurde über Gerüche in Bürogebäuden (40 %) und Mehrfamilienhäusern (32,9 %) geklagt (Abbildung 1). Sie beurteilten mit überwiegender Mehrheit Gerüche als „sehr unangenehm“ oder „unangenehm“ bzw. „belästigend“. Die Qualität der Gerüche (Hedonik) spielte dabei eine wichtige Rolle: sie war für die Betroffenen viel entscheidender als die Intensität (s. auch Gefahrstoffe – Reinhaltung der Luft, 76 (2016) Nr. 10 S. 375 – 382).
Je häufiger ein Geruch wahrgenommen wurde, desto mehr gesundheitliche Beschwerden benannten die befragten Personen: Reizungen der Nase, des Rachens/des Halses, Augenreizungen. Bei andauernder Geruchsbelästigung traten Kopfschmerzen, Benommenheit und Müdigkeit auf (Abbildung 2).
Abbildung 1 Häufigkeit von Geruchsklagen - getrennt nach Gebäudeart Quelle: Constance Noack/ UBA
Als drei wichtigste Quellen für Gerüche benannten Betroffene Bodenbeläge (38 %), Möbel (inklusive Polstermöbel) und Wandfarben/Wände zu je 20 %. In der Umfrage waren mögliche Quellen bereits vorgegeben, neben diesen konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch weitere vermutliche Geruchsquellen benennen und beschreiben. Erwartungsgemäß deckten die genannten Geruchsquellen ein breites Spektrum ab. Zusätzlich zu den Bauprodukten wurden beispielsweise auch Reinigungs- und Waschmittel, Duftstoffe oder Kunststoffe (14 %) benannt.
Die Umfrage hat nicht den Anspruch repräsentativ zu sein, aber die persönlichen Einschätzungen der Befragten sind eine wichtige Quelle für Maßnahmen zur Verbesserung der Situation. Die Umfrage verdeutlicht, dass das Thema der Belästigung durch Gerüche in Wohn- und Büroräumen an Bedeutung gewinnt und hier Handlungsbedarf besteht. Auch wenn inzwischen 9 Jahre vergangen sind, ist das Thema weiterhin aktuell und Beschwerden über Gerüche und „schlechte“ Innenraumluft sind weiterhin an der Tagesordnung.
Gerüche im Innenraum lassen sich einfach feststellen. Häufiges Lüften kann vorübergehend helfen, zum Beispiel nach einer Renovierung. Allerdings lassen sich viele Gerüche nicht einfach weg lüften und viele Emissionen bemerkt die Nase nicht. Dabei ermöglichen geruchsarme Bauprodukte hygienische Bedingungen im Innenraum und tragen zum Energiesparen bei. Zu emissionsarmen Produkten weist der Blaue Engel den Weg.
Mit der richtigen Produktwahl lassen sich mögliche Gesundheitsgefahren und Umweltbelastungen auf ein Minimum reduzieren. Geruchsarme Bauprodukte gehören bereits heute zu den Kriterien moderner Gebäudezertifizierungssysteme wie etwa beim Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen.
Schema des Ausschusses zur gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten
In Deutschland hat sich zur Bewertung der VOC-Emissionen aus Bauprodukten das Schema des Ausschusses zur gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten (AgBB-Schema) bewährt. Das Bewertungsschema sieht eine sensorische Prüfung und Bewertung zwar für erforderlich an, fordert diese aber nicht, da kein einheitliches Messverfahren zur Verfügung stand.
Bereits seit 2011 steht mit der internationalen Norm DIN ISO 16000-28 „Innenraumluftverunreinigungen“ ein international anerkanntes Messverfahren zur Verfügung. Seitdem gab es mehrere durch das UBA beauftragte Forschungsprojekte, die gemeinsam von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) und der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin durchgeführt wurden. Die Abschlussberichte sind auf dieser Webseite verlinkt. Die Ergebnisse sind geeignet, sowohl die genannte Norm zu verbessern, als auch grundlegende Erkenntnisse zu Gerüchen und Geruchsprüfungen zu erlangen. Außerdem dienen sie der Weiterentwicklung des Umweltzeichens Blauer Engel.
Praxistest: AgBB-Schema und Blauer Engel Verfahren zur Messung und Bewertung von Geruchsemissionen werden an verschiedenen Stellen benötigt: bei der Eigenüberwachung der Hersteller, beim Blauen Engel und bei der Bewertung von Bauprodukten. Heute liegen viele, nach DIN ISO 16000-28 zum Beispiel an Bodenbelägen, Klebern und Holzwerkstoffen ermittelte Messergebnisse vor. In einer Pilotphase bis 2014 erprobte der AgBB in Zusammenarbeit mit Bauproduktherstellern die sensorische Bewertung von Bauprodukten. Besonders in energieeffizienten Gebäuden sind emissions- und geruchsarme Bauprodukte unverzichtbar.
Bauherren und Bauträger können sich auf die freiwillige Kennzeichnung von emissionsarmen Bauprodukten mit dem Blauen Engel verlassen. Die Vergabe erfolgt an Produkte, die anerkannte Labore nach dem AgBB-Bewertungsschema geprüft haben. Die Anforderungen an die Emissionswerte sind allerdings strenger.
Aktuelle Forschungsergebnisse 2025, sowie Fachveranstaltung an der HTW Berlin
Im Jahr 2025 wurde das Forschungsvorhaben mit dem Titel „Geruchs- und emissionsarme Produkte für eine gesunde Innenraumluft – Entwicklung von Anforderungen für den Blauen Engel bei innenraumrelevanten, großflächigen Produkten“ abgeschlossen. Wir stellen hier die wichtigsten Forschungsfragen und Ergebnisse vor. Einen Link zum Abschlussbericht finden Sie hier.
Gerüche in Innenräumen können wie schon erwähnt belästigend wirken und das Wohlbefinden sowie die Gesundheit beeinflussen. Ein Hauptziel der Untersuchungen war es zu prüfen, ob die Vergabekriterien des Blauen Engels für die Produktgruppen „Elastische Bodenbeläge“ (DE-UZ 120) und „Emissionsarme Bodenbeläge, Paneele und Türen aus Holz und Holzwerkstoffen für Innenräume“ (DE-UZ 176) um geruchsrelevante Aspekte ergänzt werden können. Dies ist erstrebenswert, da Untersuchungen in Vorgängerprojekten gezeigt haben, dass die gemessenen Emissionen untersuchter Produkte zwar abnehmen, die Geruchsbelastung jedoch in etwa gleichgeblieben ist. Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, dass es möglich ist, Anforderungen an den Geruch der Produkte zu stellen.
Ferner wurde untersucht und gezeigt, dass die bislang vorläufig festgelegte Schwelle einer empfundenen Intensität von 7 pi für die Zulassung von Bauprodukten gemäß Schema des Ausschusses zur gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten (AgBB) und Blauer Engel als Beurteilungsmaßstab geeignet ist. Der im AgBB-Schema zugrunde gelegte Zusammenhang zwischen der geruchlichen Zumutbarkeit und der empfundenen Intensität kann mit den durchgeführten Messungen untermauert werden. Es kann gezeigt werden, dass bei Tests mit großen, ungeschulten Personengruppen etwa 70% der Probandinnen und Probanden Produkte mit einer empfundenen Intensität von bis zu 7 pi geruchlich als zumutbar empfinden.
Das jetzt abgeschlossene Vorhaben baut auf den Ergebnissen der Vorhaben UBA Texte 35/2011 „Sensorische Bewertung der Emissionen aus Bauprodukten – Integration in die Vergabegrundlagen für den Blauen Engel und das Bewertungsschema des Ausschusses zur gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten“ (Müller, 2011) und UBA Texte 92/2019 „Emissions- und geruchsarme Bauprodukte für energieeffiziente Gebäude – Entwicklung von Anforderungen und Konzepten für den Blauen Engel aus Klimaschutzsicht“ (Müller, 2019) auf. Auch diese Abschlussberichte haben wir auf dieser Seite verlinkt. Sie zeigen im Zusammenspiel mit dem aktuellen Abschlussbericht und dem neu gestarteten Forschungsvorhaben sehr schön die Kontinuität und auch die signifikanten Fortschritte bei dieser komplexen Forschung.
Am 24. Januar 2025 fand in der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin zum Abschluss des Forschungsvorhabens eine Veranstaltung für ein Fachpublikum aus Forschung, Wirtschaft und Behörden statt. Dort gab es über das konkrete Vorhaben hinaus mehrere interessante Vorträge zum Themenkomplex Gerüche in Innenräumen. Eine Zusammenstellung der Vortragsfolien kann beim Umweltbundesamt (Frank [dot] Brozowski [at] uba [dot] de) angefordert werden.
Aktuell laufende Forschung Im Frühjahr 2025 ist ein weiteres durch BAM und HTW Berlin bearbeitetes Forschungsvorhaben gestartet, welches aufbauend auf den vorigen Vorhaben zusätzliche Erkenntnisse bringen soll.
Viele Fußbodenbeläge auf Basis von Linoleum und Kautschuk, die im 'Vorgängerprojekt' gemäß DIN ISO 16000-28 untersucht wurden, weisen hohe Geruchswerte in Bezug auf die empfundene Intensität auf. Da es nicht Ziel des Blauen Engels ist, Produkte auf Basis natürlicher Rohstoffe auszuschließen, sollen diese Produkte weiter untersucht werden. Aktuell können diese Produkte den Blauen Engel erhalten, jedoch ohne die Auszeichnung 'geruchsarm'. Ziel des neuen Projektes ist es, einen Vorschlag zur geruchlichen Bewertung dieser Produkte zu erarbeiten.
Üblicherweise werden Bauprodukte mit einer negativen Hedonik (ca. -0,5 ... -2,0) bewertet. Hingegen weisen holzbasierte Fußbodenbeläge (DE-UZ 176), wie auch andere Holzprodukte, häufig eine neutrale oder sogar positive Hedonik auf (ca. 0 ... 1). Frühere Untersuchungen zeigten, dass sich die eher positiv empfundene Hedonik auf die Bewertung der empfundenen Intensität auswirkt. Dieses Phänomen soll näher untersucht werden, um eine Bewertung holzbasierter Produkte zukünftig besser zu gewährleisten. Bei den bisherigen Untersuchungen wurde die Zumutbarkeitsschwelle als Kriterium eher vernachlässigt. Im aktuell laufenden Projekt soll auch diese näher betrachtet werden. Zusätzlich soll im Projekt auch untersucht werden, welchen Einfluss die Auswahl der Probanden auf die Geruchsbewertung hat.
Das aktuelle Vorhaben hat eine Laufzeit von drei Jahren. In diesem Zeitraum ist mit Zwischenergebnissen zu rechnen, die dann zeitnah zumindest in Fachkreisen kommuniziert werden.
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
Umweltbundesamt
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