Das Meeresschutzrecht umfasst eine Vielzahl globaler und regionaler Übereinkommen, europäische Regelungen und nationale Vorschriften. Sie setzen für eine zwischenstaatliche Zusammenarbeit den rechtlichen Rahmen und schaffen Kooperationsorgane. Zusammen wirken sie als „Meeresgovernance“ für eine nachhaltige Bewirtschaftung und einen effektiven Schutz der Meere.
Das Seerechtsübereinkommen von 1982 regelt die Rechte und Pflichten der Staaten im Umgang mit den Meeren und Ozeanen sowie ihren Ressourcen. Es teilt die Meere in Zonen ein und verpflichtet die Staaten, weltweit und regional im Rahmen zuständiger internationaler Organisationen Regeln und Verfahren zum Schutz und zur Bewahrung der Meeresumwelt auszuarbeiten. Infolge der grenzüberschreitenden Natur der Weltmeere können sich die Aktivitäten eines Staates auf die Meeresgebiete anderer Staaten auswirken. Ursachen und Folgen von Meeresverschmutzung und Verlust mariner Biodiversität sind daher selten einem Staat allein zuzuordnen. Seewärts der ausschließlichen Wirtschaftszone beginnt zudem die Hohe See. Hier hat kein Staat ausschließliche Nutzungsrechte. Die Ressourcen dort gehören allen und niemandem.
Beispiele für globale Meeresgovernance sind die Agenda 2030 der Vereinten Nationen (UN) mit ihren siebzehn Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals (SDGs), insbesondere SDG 14 „Leben unter Wasser“), die Internationale Schifffahrtsorganisation (IMO) zur Eindämmung von Verschmutzungen durch die Seeschifffahrt, die Internationale Meeresbodenbehörde (ISA) zur Regulierung des Tiefseebergbaus sowie die Gremien des Hochseeschutzübereinkommens der UN für den Schutz der Biodiversität auf Hoher See.
Die UN-Dekade der Meeresforschung für nachhaltige Entwicklung (Ozeandekade 2021-2030) will die globale Forschungszusammenarbeit stärken, die Wissensgrundlage über die Meere und Ozeane erweitern sowie transformative Lösungen für den Schutz und eine nachhaltigere Nutzung der Meere entwickeln.
Besondere Bedeutung für die Meeresgovernance haben regionale Meeresschutzübereinkommen. Sie bilden ein Scharnier zwischen dem globalen und nationalen Meeresschutz und erlauben den Anrainerstaaten, die Regulierung von Nutzung und Schutz der Meeresgewässer auf die regionalen Eigenheiten und Bedürfnisse wirksam abzustimmen. Für die Bewirtschaftung der deutschen Meeresgewässer sind vor allem die 1974 begründeten und 1992 neu gefassten Übereinkommen zum Schutz des Nordostatlantiks (OSPAR-Übereinkommen) und der Ostsee (Helsinki-Übereinkommen) entscheidend. Lag anfänglich der Fokus auf dem Kampf gegen die Verschmutzung der Meere von Land und See aus, geht es seit 1992 verstärkt um einen ganzheitlichen Ökosystemschutz. Die OSPAR-Kommission (OSPAR) und die Helsinki-Kommission (HELCOM) arbeiten über Fachgremien an den Themen Forschung, Überwachung und Bewertung des Zustands und der Belastungen der Meeresumwelt, Ableitung von Qualitäts- und Managementzielen sowie Maßnahmen zur Regulierung von Nutzung und Schutz der Meeresökosysteme. Um einen guten Zustand der Meeresregionen zu erreichen, legen die OSPAR Nordost-Atlantik-Umweltstrategie und der HELCOM Ostsee-Aktionsplan die mittelfristigen Ziele und Maßnahmen fest, die es umzusetzen gilt. Strategie und Aktionsplan werden regelmäßig aktualisiert.
Die Bedeutung von Regionalkooperationen erkennt auch die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) an. Sie ist das zentrale Rechtsinstrument für den Schutz der europäischen inklusive der deutschen Meeresgewässer und sieht eine Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten mit anderen Anrainerstaaten in der jeweiligen Meeresregion über die etablierten regionalen Kooperationsstrukturen vor. Für den Nordostatlantik inklusive der Nordsee und die Ostsee bilden die Gremien von OSPAR und HELCOM die zentralen Plattformen, um die Umsetzung der MSRL in den Meeresregionen zu koordinieren.
National haben sich die Bundesressorts für Umwelt, Verkehr und Landwirtschaft sowie die Bundesländer Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein in der Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft Nord- und Ostsee (BLANO) zusammengeschlossen, um beim Schutz und insbesondere der Umsetzung der MSRL für die deutschen Meeresgewässern zusammenzuarbeiten. Neben der gemeinsamen Organisation des Monitorings und der Bewertung des Zustands der Meeresgewässer erstellen und aktualisieren sie nach Maßgabe der MSRL alle sechs Jahre Maßnahmenprogramme zur Erreichung und Erhaltung eines guten Zustands der deutschen Meeresgewässer.
Das UBA arbeitet in den Gremien von OSPAR und HELCOM sowie innerhalb der nationalen Kooperationsstrukturen der BLANO mit, insbesondere zu den Belastungsfaktoren Eutrophierung, Schadstoffe, Abfälle im Meer, Unterwasserschall und Klimawandel. UBA arbeitet an der Regulierung von Aktivitäten, darunter Landwirtschaft, Schifffahrt, Aquakultur, Offshore-Energiegewinnung, Munitionsaltlasten, marines Geoengineering und Carbon Capture and Storage (CCS). Das UBA wirkt weiterhin in globalen Kooperationen mit, z.B. zur Regulierung des marinen Geoengineerings (London-Protokoll), des Tiefseebergbaus durch die Internationale Meeresbodenbehörde und bei den Verhandlungen für ein globales Plastikabkommen (UN).