BAU-I-1 + 2: Wärmebelastung in Städten und Sommerlicher Wärmeinseleffekt
Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
Heiße Tage und ebenso Tropennächte (nicht abgebildet) treten – mit regionalen Unterschieden – in den untersuchten Großstädten in den meisten Jahren deutlich häufiger auf als im deutschlandweiten Flächenmittel. Vor allem in Jahren wie 2015 und 2018 mit überdurchschnittlich warmen Sommermonaten häufen sich in Großstädten Situationen, die zu Wärmebelastungen der Bevölkerung führen können.
Zwischen der Innenstadt und dem Umland Berlins kann sich in den Monaten Mai bis September ein maximaler Temperaturunterschied von über 11 Kelvin bilden. Ob der Klimawandel den Wärmeinseleffekt verschärft, kann noch nicht beurteilt werden. Aber auch wenn die Lufttemperaturen in Stadt und im Umland „nur“ im gleichen Maß zunehmen, werden die Wärmebelastungen vor allem für die Stadtbevölkerung besonders oft sehr hoch sein.
In Großstädten herrschen oft klimatische Verhältnisse, die sich deutlich vom Klima in ihrer Umgebung unterscheiden. So ist etwa die relative Luftfeuchte geringer, und die mittleren Temperaturen liegen höher. Mit Blick auf die Temperaturunterschiede zwischen Stadt und Land sprechen Klimafachleute von der „städtischen Wärmeinsel“. Wie stark der städtische Wärmeinseleffekt ist, hängt vor allem von der Größe der Stadt, ihrer Dichte, der Höhe der Bebauung, dem Versiegelungsgrad und dem Grünflächenanteil sowie den verwendeten Baumaterialien ab. Auch die Wolkenbedeckung und die Windverhältnisse spielen eine wichtige Rolle für die Hitzebelastung in Städten.
In heißen Sommermonaten können daraus gesundheitliche Belastungen für die Bevölkerung entstehen, wenn sich die Stadträume wegen ihrer spezifischen Charakteristik tagsüber stark aufheizen, ohne sich in der Nacht im gleichen Maße wie das Umland abzukühlen (siehe Indikator GE-I-1). Diese Situationen können sich zukünftig häufen. Klimaprojektionen für Mitteleuropa zeigen, dass die mittleren Temperaturen ansteigen werden und sich die Wettercharakteristik insgesamt ändern wird. Erwartet werden unter anderem häufigere thermische Extremwerte. So werden beispielsweise die sogenannten „Heißen Tage“ zunehmen, an denen die maximale Lufttemperatur 30 °C erreicht oder überschreitet. Belastend für die Bevölkerung sind zudem „Tropennächte“, in denen das Thermometer nicht unter 20 °C fällt und eine erholsame Nachtruhe nur noch eingeschränkt möglich ist.
Im Flächenmittel Deutschlands hat die Anzahl der Heißen Tage von im Mittel etwa 3 Tagen pro Jahr in den 1950er-Jahren auf derzeit etwa 10 Tage pro Jahr zugenommen. Die Zeitreihen für die Stadtklimastationen in Berlin, Frankfurt am Main und München wurden anhand der Tagesmaxima der Lufttemperatur der täglichen Stationsbeobachtungen ermittelt, für Tropennächte anhand der Tagesminima. Sie reichen nicht bis 1951 zurück. Ein direkter Vergleich mit der bundesweiten Entwicklung ist daher nicht möglich. Schon die kürzeren Zeitreihen belegen aber die Sondersituation der Großstädte. Heiße Tage treten hier – bei regionalen Unterschieden – in den meisten Jahren deutlich häufiger auf als im bundesweiten Mittel. In Jahren mit überdurchschnittlich warmen Sommern, wie 2003, 2015 und 2018, sind die Unterschiede besonders groß. 2018 wurde der bis dato höchste bundesweite Mittelwert in Frankfurt am Main mit 42 Heißen Tagen um mehr als das Doppelte übertroffen. Dies hängt auch damit zusammen, dass Heiße Tage in den Städten zunehmend auch außerhalb des meteorologischen Sommers (Juni bis August) auftreten. So lassen sich besonders in Berlin und Frankfurt am Main Heiße Tage immer häufiger schon im Mai und bis in den September hinein beobachten. Noch stärker als bei den Heißen Tagen ist der Unterschied zwischen den Großstädten und dem Gebietsmittel Deutschlands bei den hier nicht dargestellten Tropennächten: Lag der Wert für Deutschland in den genannten Jahren zwischen 1 und 1,5 Tropennächten, wurden in Frankfurt am Main bis zu 13 und in Berlin bis zu 20 solcher Nächte registriert.
Anders als bei den Heißen Tagen und den Tropennächten bezieht sich die Zeitreihe zum städtischen Wärmeinseleffekt nicht auf die Häufigkeit von Schwellenwertüberschreitungen, sondern nimmt auf der Basis von 10-minütlich gemessenen Werten für die Stadt Berlin die maximalen täglichen Temperaturunterschiede zwischen dem Zentrum und dem direkten Umland in den Blick. Im Mittel liegen diese in den Sommermonaten Juni bis August zwischen 3 und 4 Kelvin. An Spitzentagen sind aber wie im Jahr 2018 auch Temperaturunterschiede von annähernd 11 Kelvin möglich. Hohe Temperaturdifferenzen treten vor allem in den Abend- und Nachtstunden auf. Das heißt, die Innenstadt kühlt im Sommer deutlich langsamer und weniger ab als das Umland. Für die Stadtbevölkerung kann es dann häufiger zu warm sein, um ausreichend erholsamen Schlaf zu finden.
Anhand der Zeitreihe lässt sich bislang nicht beurteilen, ob der Klimawandel den städtischen Wärmeinseleffekt verschärft. Ein Grund hierfür kann sein, dass Wärmebelastungen in Stadt und Umland gleichermaßen zunehmen. Darauf weisen etwa Projektionen für Frankfurt am Main hin135. Auch ohne eine Zunahme der städtischen Wärmeinselintensität hieße das für die Zukunft: Belastende Situationen werden wahrscheinlich weiterhin dort am häufigsten auftreten, wo die Wärmebelastung bereits heute hoch ist. Sofern der Temperaturgradient zwischen Stadt und Umland sich nicht verändert, wird mit den steigenden Temperaturen zudem ein immer größerer Teil der Stadtfläche und damit der Bevölkerung von Wärmebelastungen betroffen sein
135 - Früh B., Koßmann M., Roos M. 2011: Frankfurt am Main im Klimawandel. Eine Untersuchung zur städtischen Wärmebelastung. Berichte des Deutschen Wetterdienstes, Band 237. Dt. Wetterdienst. Offenbach am Main, 68 S. https://www.dwd.de/DE/leistungen/pbfb_verlag_berichte/pdf_einzelbaende/237_pdf.pdf.