Mit Inkrafttreten der im Juni 2023 geänderten Europäischen Emissionshandelsrichtlinie (EHRL) wird im Rahmen des „Fit-for-55“-Pakets der EU-Kommission ab 2027 ein neuer Emissionshandel für Gebäude, Straßenverkehr und zusätzliche Sektoren (EU-ETS 2) geschaffen. Der EU-ETS 2 wird den zum 1. Januar 2021 in Deutschland eingeführten nationalen Emissionshandel (nEHS) ablösen und etabliert künftig ambitionierte Emissionsobergrenzen in diesen Sektoren.
Damit sind deutlich steigende CO2-Preise möglich und erwartbar, die die Dringlichkeit einer sozialverträglichen Gestaltung der Klimapolitik noch stärker in den Fokus rücken als bisher. Der 2026 startende europäische Klimasozialfond (Social Climate Fund – SCF) trägt diesem Bestreben Rechnung. Um aus dem SCF Mittel abrufen zu können, muss Deutschland bis spätestens Mitte 2025 einen Nationalen Klimasozialplan mit konkreten Maßnahmen entwickeln und bei der EU-Kommission einreichen. Darüber hinaus fließen den EU-Mitgliedstaaten weitere erhebliche Erlöse aus der Versteigerung von Emissionsberechtigungen zu, die ebenfalls für Klimaschutz und sozialen Ausgleich eingesetzt werden müssen.
Mit einer Klimaprämie und Förderprogrammen für vulnerable Gruppen zur Senkung des fossilen Energieverbrauchs können eine ambitionierte CO2-Bepreisung und Sozialverträglichkeit in Einklang gebracht werden.
Das Konzept des UBA zeigt auf, dass eine ambitionierte CO2-Bepreisung von Brenn- und Heizstoffen und soziale Ziele Hand in Hand gehen können. Dafür müssen die Einnahmen, die der Staat durch die CO2-Bepreisung der privaten Haushalte im Bereich Verkehr und Wärme erhält, wieder an die Bürger*innen zurückfließen. Der Vorschlag des UBA sieht hierzu die Auszahlung einer Klimaprämie kombiniert mit gezielten Förderprogrammen für vulnerable Haushalte vor, die besonders stark durch die CO2-Bepreisung belastet werden und aus eigener Kraft nicht in der Lage sind, diese Belastungen durch Verhaltensanpassungen oder investive Klimaschutzmaßnahmen hinreichend zu verringern.
Die Klimaprämie ermöglicht eine Basisabsicherung gegen soziale Härten und kann so die gesellschaftliche Akzeptanz einer ambitionierten CO₂-Bepreisung dauerhaft stärken.
Ein wesentlicher Teil der CO2-Einnahmen sollte über eine Klimaprämie an die Haushalte zurückerstattet werden. Die Klimaprämie sollte so hoch sein, dass die unteren Einkommensschichten im Durchschnitt sogar entlastet werden. Haushalte mit hohen Einkommen würden dagegen im Mittel geringfügig belastet, weil sie in der Regel einen überdurchschnittlichen fossilen Energieverbrauch haben. Die Anreize für die Haushalte, Energieeffizienzmaßnahmen zu ergreifen oder auf nicht-fossile Energien umzusteigen, bleiben dabei erhalten. Denn wer weniger CO2 emittiert, behält netto einen höheren Anteil der Klimaprämie.
Ein großer Pluspunkt der Klimaprämie besteht darin, dass sie auch bei sehr hohen CO2-Preisen eine soziale Basisabsicherung gewährleistet – und das automatisch, wenn die Höhe der Klimaprämie an den CO2-Preis gekoppelt wird. Die privaten Haushalte werden dadurch im Durchschnitt netto nicht belastet, denn bei höheren CO₂-Preisen steigen auch die Einnahmen des Staates und damit die Kompensationszahlungen zur Abfederung sozialer Härten.
Spezifische Förderprogramme für vulnerable Gruppen zur Senkung des fossilen Energieverbrauchs sollten die Klimaprämie ergänzen.
Soziale Härten lassen sich durch eine Klimaprämie allerdings nicht vollständig vermeiden. Denn ein Teil der von der CO2-Bepreisung besonders betroffenen Haushalte kann als vulnerabel gelten. Vulnerable Haushalte sind besonders betroffen von fossilen Energiepreissteigerungen, weil sie strukturell bedingt einen hohen fossilen Energiebedarf aufweisen und zugleich nur über ein geringes Einkommen verfügen. Dies gilt zum Beispiel für Fernpendelnde, die mangels Alternativen mit einem Benzin- oder Diesel-Pkw zur Arbeit fahren oder für Haushalte, die in schlecht gedämmten Gebäuden leben und Öl- oder Gasheizungen nutzen.
Für solche vulnerablen Haushalte sollte der Staat spezifische Förderprogramme auflegen bzw. ausbauen. Diese Programme sollten anteilig aus den Einnahmen der CO2-Bepreisung finanziert werden. Sie brauchen darüber hinaus aber eine breitere Finanzierungsbasis. Dies ist folgerichtig, da die Fördermaßnahmen nicht nur die Effekte der CO2-Bepreisung adressieren, sondern auch dauerhaft die Resilienz gegenüber sprunghaften Energiepreissteigerungen erhöhen.
Der Übergang in den EU-ETS 2 sollte transparent und planbar gestaltet werden.
Die Auswirkungen der Beschlüsse zum EU-ETS 2 müssen offensiv durch die Bundesregierung kommuniziert und rechtzeitig auf Basis der Vorschläge des UBA flankiert werden. Um 2027 einen abrupten Preisanstieg – etwa bei Benzin, Diesel, Erdgas und Heizöl – zu verhindern, sollten die Preise je Tonne CO2 im nEHS in den Jahren 2024 bis 2026 sukzessive steigen (90 Euro/2024, 110 Euro/2025 und 110-130 Euro/2026). Dieser nachhaltig und transparent steigende CO2-Preispfad wird starke Anreize für Klimaschutzmaßnahmen im Gebäude- und Verkehrsbereich setzen und die privaten Haushalte davor schützen, in „fossile Kostenfallen“ in diesen Bereichen zu investieren. Gleichzeitig würden die Einnahmen des Bundes aus dem NEHS so ab 2024 auf über 25 Milliarden Euro steigen. Die zusätzlichen Einnahmen aus der Anhebung des Preispfades nach Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) sollten ab 2024 in eine Klimaprämie und spezifische Förderprogramme für vulnerable Haushalte fließen, um so den CO2-Preisanstieg aktiv sozial abzufedern.