KM-R-2: Landesschutzdeiche ohne Sicherheitsdefizit – Fallstudie

Das Bild zeigt eine Luftaufnahme eines im Bau befindlichen Landschutzdeiches. Im Hinterland sind landwirtschaftliche Flächen, Siedlungsstrukturen sowie ein stehendes Gewässer zu erkennen.zum Vergrößern anklicken
Am Alten Koog auf Nordstrand in Schleswig-Holstein wurden die Deiche verstärkt.
Quelle: Lehnerfoto / Generalplan Küstenschutz SH 2022

Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

KM-R-2: Landesschutzdeiche ohne Sicherheitsdefizit – Fallstudie

Landesschutzdeiche schützen in Schleswig-Holstein über eine Gesamtlänge von 433 km die Küstenlandschaften vor Überflutung. Da mit dem steigenden Meeresspiegel die Hochwassergefahr zunimmt, werden die Deiche durch Verstärkungen kontinuierlich an die wachsenden Herausforderungen angepasst. So stieg der Anteil an Landesschutzdeichen ohne Sicherheitsdefizit auf zuletzt 81,7 %.

Das Säulendiagramm KM-R-2 "Landesschutzdeiche ohne Sicherheitsdefizit - Fallstudie" zeigt den Anteil der Landesschutzdeiche ohne Sicherheitsdefizit an der Gesamtlänge der Landesschutzdeiche in Schlewsig-Holstein in Prozent. Von 2001 bis 2011 stieg der Anteil von knapp 75 % auf rund 83 %. Geänderte Schutzstandards im Rahmen der gewässerkundlichen Sicherheitsüberprüfung führten von 2012 auf 2013 auf einen verringerten Anteil von knapp über 75 %. Bis 2021 stieg der Anteil erneut auf über 80 %.
KM-R-2: Landesschutzdeiche ohne Sicherheitsdefizit – Fallstudie

Das Säulendiagramm KM-R-2 "Landesschutzdeiche ohne Sicherheitsdefizit - Fallstudie" zeigt den Anteil der Landesschutzdeiche ohne Sicherheitsdefizit an der Gesamtlänge der Landesschutzdeiche in Schlewsig-Holstein in Prozent. Von 2001 bis 2011 stieg der Anteil von knapp 75 % auf rund 83 %. Geänderte Schutzstandards im Rahmen der gewässerkundlichen Sicherheitsüberprüfung führten von 2012 auf 2013 auf einen verringerten Anteil von knapp über 75 %. Bis 2021 stieg der Anteil erneut auf über 80 %. Der Anteil ist signifikant steigend.

Quelle: MELUND Schleswig-Holstein / Erfassung der Landesschutzdeiche im Rahmen des Generalplans Küstenschutz

Landesschutzdeiche erfüllen wachsende Schutzstandards

Die Auswirkungen des Klimawandels setzen die Küsten und Küstenschutzanlagen erhöhten hydrologischen Belastungen aus. Damit nachteilige Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, die Umwelt, das Kulturerbe und wirtschaftliche Tätigkeiten in einem gesellschaftlich akzeptablen Maß bleiben, ist Klimaanpassung auch für den Küstenschutz unverzichtbar. Dieser wird in Schleswig-Holstein maßgeblich durch Landesschutzdeiche gewährleistet. Über eine Gesamtlänge von aktuell 433 km schützen sie unter anderem mehr als 90 % der potenziell überflutungsgefährdeten Küstenniederungen des Landes.
Der hier präsentierte Fallstudien-⁠Indikator⁠ zu den Landesschutzdeichen ohne Sicherheitsdefizit wurde im Jahr 2019 in Schleswig-Holstein als Indikator zur Überwachung der Umsetzung der ⁠UN⁠-Nachhaltigkeitsziele entwickelt. Er bildet als Indikator 47 „Generalplan Küstenschutz“ im Handlungsfeld 5 „Infrastruktur und Klimaschutz“ die Berücksichtigung der ⁠Klima⁠-⁠Anpassungsstrategie⁠ im Generalplan Küstenschutz (GPK) in Schleswig-Holstein ab.
Der Meeresspiegelanstieg und die künftige Entwicklung des Sturmgeschehens im Nord- und Ostseeraum sind wesentliche Faktoren für die Planung und kontinuierliche Anpassung von Küstenschutz- und -sicherungsmaßnahmen in Schleswig-Holstein. Die zu erfüllenden Schutzstandards und ihre Bemessungsgrundlagen sind als Teil einer staatlichen Strategie im GPK des Landes Schleswig-Holstein festgehalten. Als zentrales Planungs- und Managementinstrument bündelt der Generalplan wichtige Grundsätze, Leitlinien und Maßnahmen für den Küstenschutz. Er wird in einem etwa zehnjährlichen Turnus aktualisiert und an die entsprechenden Gegebenheiten angepasst. In diesem Zuge erfolgt auch eine Sicherheitsüberprüfung der Landesschutzdeiche: Geprüft wird mit einem dem jeweiligen Stand der Technik entsprechenden Verfahren und mit möglichst langfristigen und aktuellen Zeitreihen der Jahreshöchstwasserstände, ob die Landesschutzdeiche einer ⁠Sturmflut⁠ mit einer statistisch ermittelten jährlichen Wahrscheinlichkeit von 0,5 % standhalten würden. Wenn nicht, wird der Deichabschnitt in eine Liste zu verstärkender Landesschutzdeiche aufgenommen.

Die Verstärkungen berücksichtigen den ⁠Klimawandel⁠ umfassend. Sie folgen dem Konzept „Klimadeich“, das sich über die letzten zwei Jahrzehnte entwickelte. Bereits seit 2001 werden die Deiche in Schleswig-Holstein (weltweit erstmalig) als Ausgleich für einen zu erwartenden Meeresspiegelanstieg um zusätzliche 0,5 m erhöht. Seit 2009 erhalten sie darüber hinaus eine breitere Deichkrone und eine flachere Außenböschung. Damit kann ein Meeresspiegelanstieg von insgesamt bis zu 1,0 m ausgeglichen werden. Durch die Abflachung wird eine Baureserve für eine weitere spätere Anpassung geschaffen, wodurch letztendlich in mehreren Bauphasen insgesamt etwa 2,0 m Meeresspiegelanstieg (gegenüber heute) ausgeglichen werden können. Damit sind die aktuell ungünstigsten Meeresspiegelprojektionen in der Planung berücksichtigt.
Der Indikator zeigt den prozentualen Anteil der Landesschutzdeiche ohne Sicherheitsdefizit an der Gesamtlänge der Landesschutzdeiche in Schleswig-Holstein. Er spiegelt somit den aktuellen Zustand der Landesschutzdeiche in Bezug auf die hydrologischen Belastungen durch Sturmfluten wider. Aktuell zeigen 81,7 % der Landesschutzdeiche kein Sicherheitsdefizit auf. Nach der letzten Sicherheitsüberprüfung im Jahre 2011 waren dies noch 76,5 %. Allerdings wurden im Jahr 2014 als Konsequenz der schweren Sturmflut Xaver 5,6 km Deichlinie zusätzlich als unsicher eingestuft. Der starke Abfall im Jahr 2012 erklärt sich durch die im Jahr 2011 durchgeführte gewässerkundliche Sicherheitsüberprüfung der Landesschutzdeiche, wobei ein gegenüber 2001 erhöhtes Sicherheitskriterium (jährliche Wahrscheinlichkeit 0,5 % anstelle von 1,0 %) zugrunde gelegt wurde. Insbesondere dadurch nahm die Länge der zu verstärkenden Deiche wieder von 72,7 km auf insgesamt 101,5 km beziehungsweise um 23,5 % zu.
Aus der Grafik kann abgeleitet werden, dass in den Jahren 2006 und 2015 keine Deichverstärkung fertiggestellt wurde. Dies darf nicht zu der falschen Schlussfolgerung führen, dass in diesen Jahren keine Deichverstärkung durchgeführt wurde. Deichverstärkungen dauern üblicherweise mehrere Jahre, weshalb in manchen Jahren – trotz Bauarbeiten – keine Fertigstellungen erfolgen. Auch dürfen die Schwankungen nicht unmittelbar mit den zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen ursächlich verknüpft werden, da die spezifischen Kosten für Deichverstärkungen von vielen Faktoren abhängig sind.
Unter Zugrundelegung der bisherigen Entwicklung wären alle Landesschutzdeiche des Landes Schleswig-Holstein nach 120 Jahren einmal als Klimadeich verstärkt. Ob der tatsächliche Zeitraum noch länger oder kürzer ausfällt, hängt vor allem von den zur Verfügung gestellten personellen und finanziellen Ressourcen ab. Eine weitere Herausforderung stellt die nach wie vor zunehmende Komplexität der Planungs- und Genehmigungsverfahren dar. Anfang Februar 2022, genau 60 Jahre nach der letzten Katastrophenflut an der deutschen Nordseeküste, hat die Landesregierung Schleswig-Holsteins die fünfte Fortschreibung des Generalplans Küstenschutz verabschiedet, einschließlich einer neuerlichen Sicherheitsüberprüfung der Landesschutzdeiche. Die Länge der zu verstärkenden Landesschutzdeiche hat sich dabei nicht wesentlich geändert.
Ziel des Indikators ist es, eine sachgemäße und aktuelle strategische Berücksichtigung des Klimawandels und seiner Konsequenzen in den regelmäßigen Fortschreibungen des GPK darzustellen. Die Angabe eines konkreten Zielwerts ist für diesen Indikator allerdings nicht angebracht, da seine Entwicklung von mehreren externen Rahmenbedingungen, zum Beispiel den von Landtag, Bund und EU zur Verfügung gestellten Haushaltsmitteln oder auch der stochastischen Natur von extremen Sturmfluten, maßgeblich beeinflusst wird.

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