LW-R-5: Pflanzenschutzmittel-Absatz und -Anwendung

Das Bild zeigt eine Detailaufnahme eines Mannes, der sich in einem Rapsfeld befindet und vorsichtig die gelbe Blüte einer Rapspflanze greift.zum Vergrößern anklicken
Die Bestandskontrolle ist Grundvoraussetzung für einen zielgerichteten Pflanzenschutz.
Quelle: Bits and Splits / stock.adobe.com

Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

LW-R-5: Pflanzenschutzmittel-Absatz und -Anwendung

Der ⁠Klimawandel⁠ wird zu größeren Schwankungen im Auftreten von Schadorganismen und der Kontrolle durch Pflanzenschutzmittel führen. Geeignete Anpassungsstrategien sollten dazu beitragen, dass der Absatz von Pflanzenschutzmitteln und die Intensitäten im Pflanzenschutz nicht steigen. Der Inlandsabsatz von Pflanzenschutzmitteln zeigt bisher keinen Trend. Aussagen zu den Trends beim Behandlungsindex sind derzeit nicht möglich.

Das Liniendiagramm stellt auf zwei Achsen einerseits die Summe des Inlandsabsatzes von Herbiziden, Fungiziden, Insektiziden (ohne inerte Gase) von 1991 bis 2021 in Wirkstoffmengen in Tausend Tonnen dar.
LW-R-5: Pflanzenschutzmittel-Absatz und -Anwendung

Das Liniendiagramm stellt auf zwei Achsen einerseits die Summe des Inlandsabsatzes von Herbiziden, Fungiziden, Insektiziden (ohne inerte Gase) von 1991 bis 2021 in Wirkstoffmengen in Tausend Tonnen dar. Andererseits ist der Behandlungsindex für die drei Kulturen Winterweizen, Wintergerste sowie Winterraps ab 2007 angegeben. Im Jahr 2018 erfolgte eine Änderung der Berechnungsmethodik des Behandlungsindex. Im Jahr 2021 betrugen die Indexwerte für Winterraps etwa 7,5, für Winterweizen rund 5,3 und für Wintergerste etwa 4,5. Die Summe des Inlandsabsatzes für Herbizide, Fungizide und Insektizide (ohne inerte Gase) bewegt sich seit 1991 auf ähnlichem Niveau und lag 2021 bei knapp unter 30.000 Tonnen.

Quelle: BVL (Meldungen gemäß § 19 Pflanzenschutzgesetz)/ JKI und Staatliche Pflanzenschutzdienste der Bundesländer (Netz von Vergleichsbetrieben Pflanzenschutz

Differenzierte Anwendung von Pflanzenschutzmitteln

Die Auswirkungen der ⁠Klima⁠- und Witterungsverhältnisse auf den Befall landwirtschaftlicher Kulturen mit Schadorganismen lassen sich derzeit noch nicht konkret prognostizieren. Klar ist jedoch, dass Schadorganismen sehr empfindlich und spontan auf veränderte Witterungsverhältnisse reagieren können und dass Landwirtschafts- und Gartenbaubetrieben rasche und flexible Reaktionen auf auftretende Pflanzenschutzprobleme abverlangt werden.

Für Landwirtschaftsbetriebe werden vorbeugende Maßnahmen immer bedeutsamer, um durch gesunde und widerstandsfähige Bestände (Witterungs-)Extreme und latente Befallssituationen abzupuffern. Hierzu gehören die sorgfältige Überwachung der Kulturen im Rahmen des integrierten Pflanzenschutzes und die Berücksichtigung des Resistenzmanagements bei der Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel unter Beachtung des Vorrangs für nicht-chemische Maßnahmen. Der von Bund und Ländern beschlossene Nationale Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) zielt darauf ab, die Risiken, die durch die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln entstehen können, weiter zu reduzieren und die Anwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln auf das notwendige Maß zu begrenzen. Der NAP soll Teil eines neuen Gesamtkonzepts zur Pflanzenschutzmittel-Reduktion des ⁠BMEL⁠ werden. Das Konzept folgt dem Ziel der europäischen Farm-to-Fork-Strategie, bis 2030 die Verwendung und das Risiko von Pflanzenschutzmitteln insgesamt um 50 % zu reduzieren113.

Der ⁠Klimawandel⁠ kann dazu führen, dass sich das Erstauftreten und die Entwicklung sowie die Infektions- beziehungsweise Befallsbedingungen für verschiedene Schadorganismen verändern (siehe ⁠IndikatorLW-I-4). Darauf sollte mit gezielten Bestandsüberwachungen und der Beachtung sowie gegebenenfalls der Anpassung von Bekämpfungsrichtwerten reagiert werden. Für die Praxis bedeutet dies, dass Produktionssysteme anzupassen sind und Investitionen in aktuelle und verbesserte ⁠Prognose⁠- und Entscheidungshilfesysteme zunehmen werden.

Bei der Interpretation langjähriger Datenreihen zum Absatz von Pflanzenschutzmitteln und zu den Intensitäten im Pflanzenschutz ist zu berücksichtigen, dass die Entwicklungen neben witterungsbedingten Ursachen durch zahlreiche weitere Faktoren beeinflusst werden. So kann unter anderem eine steigende Spezialisierung der Betriebe zur Verengung von Fruchtfolgen führen, was unter Umständen zu einer Zunahme von Pflanzenschutzproblemen führen kann. Auch Entscheidungen für eine Minimalbodenbearbeitung mit dem Ziel eines verbesserten Bodenschutzes und eines vermehrten Humusaufbaus können zu einem höheren Unkrautdruck und zur Konkurrenz für die Kulturpflanzen führen. Entscheidungen zur Bewirtschaftung können also eine vermehrte Anwendung von Pflanzenschutzmitteln zur Folge haben, wenn deren Einsatz als „ultima ratio“ gemäß den Prinzipien des integrierten Pflanzenschutzes nicht zu vermeiden ist.

Dargestellt ist im Indikator der Inlandsabsatz von Pflanzenschutzmitteln. Dieser erlaubt keine Rückschlüsse auf die Intensität der Anwendung und das damit entstehende Risiko. In den letzten zwanzig Jahren haben sich die Absatzmengen mengenmäßig nicht in relevantem Umfang verändert. Sollte sich im Zuge des Klimawandels das Spektrum der Schadorganismen verändern, weil einzelne Organismengruppen besonders von der wärmeren ⁠Witterung⁠ profitieren, wäre es möglich, dass dies in sich verändernden Absatzmengen bestimmter Pflanzenschutzmittelkategorien (⁠Herbizide⁠, Fungizide, Insektizide) beziehungsweise Wirkstoffen / Wirkstoffgruppen einen Niederschlag findet. In den zurückliegenden zwanzig Jahren waren aber – zumindest zwischen den Pflanzenschutzmittelkategorien – noch keine relevanten Verschiebungen erkennbar. Es bedürfte allerdings differenzierterer Untersuchungen, um tatsächlich ursächliche Zusammenhänge dieser Entwicklungen mit dem Klimawandel herstellen zu können.

Bei der Interpretation der Daten zu Absatzmengen ist zudem zu berücksichtigen, dass Pflanzenschutzmittel unterschiedlich hohe Wirkstoffmengen beinhalten. Die ökotoxikologischen Risiken stehen jedoch nicht in einem direkten Zusammenhang mit dem Wirkstoffgehalt. Eine Bewertung des Risikopotenzials ist daher nur mit geeigneten Risikoindikatoren möglich. Grundsätzlich ist bei der Entwicklung des Pflanzenschutzmittelabsatzes zu berücksichtigen, dass auch (globale) politische Bedingungen und die Zulassungssituation starken Einfluss nehmen können. So haben die Lieferengpässe aus China aufgrund der Null-Covid-Politik und jüngst die Energiekrise infolge des Ukrainekriegs zu erheblichen Preissteigerungen bei den Pflanzenschutzmitteln, insbesondere bei den Herbiziden, geführt. Diese können zu einem reduzierten Absatz führen.

Aussagen zur Intensität der Pflanzenschutzmittelanwendung ermöglicht der Behandlungsindex114. Er verrechnet die Anzahl der in einem Jahr durchgeführten Anwendungen mit den Aufwandmengen einer jeden Spritzung im Verhältnis zur höchsten zugelassenen Aufwandmenge für die jeweilige Kultur und Indikation. Die Zu- oder Abnahme der Intensität der Pflanzenschutzmittelanwendung wird durch steigende oder sinkende Behandlungsindizes ausgedrückt.

Im Jahr 2018 wurde die Methodik zur Berechnung des Behandlungsindex modifiziert. Der Indikator berechnet nun detaillierter die Intensität der Pflanzenschutzmittelanwendung. Aufgrund dieser Anpassung kommt es zu einem Bruch in der Zeitreihe und es ist derzeit keine Trendanalyse möglich. Trendinterpretationen sind hier allerdings auch grundsätzlich schwierig, weil es neben dem Klima beziehungsweise der jahresspezifischen Witterung vielfältige Einflussfaktoren gibt. Auch hier wären gezielte Analysen nötig, um den Einfluss des Klimawandels quantifizieren zu können.

Geeignete Anpassungsstrategien sollten dazu beitragen, dass es trotz der mit dem Klimawandel verbundenen Herausforderungen im Pflanzenschutz nicht zu einer Zunahme der Intensität der Pflanzenschutzmittelanwendung kommt.

 

113 - Informationen des BMEL zum Nationaler Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln: https://www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/pflanzenbau/pflanzenschutz/aktionsplan-anwendung-pflanzenschutzmittel.html.

114 - BMEL (Hg.) 2017: Nationaler Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln. Bonn, 97 S. https://www.nap-pflanzenschutz.de/fileadmin/SITE_MASTER/content/Startseite/NAP_2013-2__002_.pdf.