Wasserqualität der Schwimm- und Badebecken

Das als Desinfektionsmittel verwendete Chlor reagiert ebenfalls mit den von Badegästen eingetragenen Schmutzstoffen zu teilweise toxischen Nebenprodukten der Chlorung. Diese müssen überwacht und minimiert werden.

Inhaltsverzeichnis

 

Desinfektionsnebenprodukte

Mit Chlor werden Schwimmbäder und Badebecken desinfiziert, um die Badegäste vor Krankheitserregern zu schützen. Das Chlor im Wasser reagiert auch mit Schmutzstoffen, die die Badegäste ins Wasser eintragen (Schweiß, Urin, Hautschuppen etc. im Beckenwasser). Dabei werden als ⁠Nebenprodukte⁠ der Chlorung Trihalogenmethane (THM) gebildet: Trichlormethan (Chloroform), Bromdichlormethan, Dibromchlormethan und Tribrommethan (Bromoform). Das Trichlormethan dominiert unter den THM in Süßwasserbädern, das Tribrommethan dagegen in Bädern mit hohem Bromidgehalt im Beckenwasser (Meerwasser, Sole, Thermalwasser). Die THM sind sehr flüchtige Stoffe, die leicht aus dem Wasser entweichen.

In Hallenbädern können sich THM in der Luft anreichern. Von den Badenden und vom Schwimmbadpersonal werden sie über die Atemluft aufgenommen. Dagegen ist die Atemluft in Freibädern nur sehr gering mit THM belastet, weil sich durch den ständigen Luftwechsel keine THM anreichern können. Die toxische und Krebs erzeugende Wirkung der THM ist kritisch für Leber und Niere. Deshalb liegt die Grenze der THM-Konzentration im Beckenwasser bei 0,020 Milligramm pro Liter (Vorsorgewert). Der THM-Gehalt wird auf die Verbindung mit der geringsten Molekülmasse umgerechnet – in diesem Fall Chloroform.

 

Nebenprodukte der Chlorung

Unter dem Summenparameter „gebundenes Chlor“ werden weitere ⁠Nebenprodukte⁠ der Chlorung zusammengefasst. Es handelt sich dabei um Chloramine und um organischen Stickstoffverbindungen mit Chloratomen. Da das gebundene Chlor die Badewasserqualität erheblich beeinträchtigt, muss es als Nebenprodukt der Chlorung auf die technisch unvermeidbare Konzentration begrenzt werden. Insbesondere Trichloramin, das ebenfalls zu dem gebundenen Chlor gehört, reizt Augen, Nase, Rachen und Bronchien extrem. Es besitzt eine Geruchs- und Geschmacksschwelle von 0,02 Milligramm pro Liter. Es tritt wie die THM aus dem Beckenwasser in die Luft aus und sorgt für den typischen Hallenbadgeruch. Trichloramin entsteht durch die Reaktion von Chlor mit Harnstoff, der von den Badegästen durch das Ausspülen aus der Hornhaut, sowie über Urin und Schweiß in das Beckenwasser eingebracht wird.

Harnstoff ist ein wichtiger Bestandteil der Haut, der sie feucht hält. Die Hornschicht als äußere Schicht der Haut enthält circa acht Mikrogramm Harnstoff pro Quadratzentimeter. Ein erwachsener Mensch besitzt ungefähr zwei Quadratmeter Hautoberfläche. Wird der Harnstoff aus der Haut vollständig vom Wasser beim Schwimmen oder Baden ausgespült, dann gelangen pro Badegast durchschnittlich 0,16 Gramm Harnstoff ins Badewasser. Bei 1000 Badegästen wären das 160 Gramm. Durch gründliches Duschen lässt sich der Harnstoff fast vollständig aus der Haut entfernen. Das Beispiel verdeutlicht wie wichtig das Duschen vor dem Schwimmen ist, um die Bildung von Trichloramin zu verringern.

Bildung von Chlorat

In die Norm DIN 19643: 2012-11 wurden als neue chemische Parameter für das Beckenwasser die anorganischen Desinfektionsnebenprodukte Chlorit, Chlorat und Bromat aufgenommen und mit einem Maximalwert versehen, der aus gesundheitlichen Gründen einzuhalten ist.

Das zur Desinfektion zugesetzte Chlor im Beckenwasser liegt als hypochlorige Säure und Hypochlorit-Ionen vor. In Wasser zerfallen die Hypochlorit-Ionen in einer zweistufigen Reaktion zu Chlorat. In der ersten Stufe wird Chlorit gebildet, das in Gegenwart von Hypochlorit sofort zu Chlorat weiter reagiert. Deshalb ist in einem Beckenwasser, das ausreichend Chlor enthält, kein Chlorit vorhanden. Der Zerfall von Hypochloriten zu Chlorit und Chlorat wird begünstigt durch hohe Hypochlorit-Konzentrationen, Wärme, UV-Strahlung, pH- Werte unter 10,5 und Schwermetallionen, die als Katalysatoren wirken. So kommt es an heißen Sommertagen in Freibädern immer zur Bildung von Chlorat durch den Zerfall von Hypochlorit. Eine weitere Chlorat-Quelle ist die zur Desinfektion verwendete Chlorbleichlauge. Höhere Temperaturen, Lichteinstrahlung und lange Lagerzeiten führen darin zum beschleunigten Abbau des Chlors unter Bildung von Chlorat.

In Hallenbädern ist bei Verwendung von Chlorgas zur Desinfektion die Gefahr der Bildung von Chlorat weniger stark ausgeprägt. Calciumhypochlorit als Desinfektionsmittel (Tabletten, Granulat) bildet besonders dann Chlorat, wenn vor Ort hergestellte Lösungen unter ungünstigen Bedingungen gelagert wurden.

Toxikologischer Hintergrund

Die Chlorit/Chlorat-Konzentration im Beckenwasser muss begrenzt werden, weil beide Stoffe die roten Blutkörperchen (Methämoglobin-bildende Stoffe) und die Niere schädigen.

Chlorat lässt sich nicht durch die Wasseraufbereitung aus dem Beckenwasser entfernen. Die Chloratkonzentration kann deshalb nur durch Verdünnung mit Frischwasser in Grenzen gehalten werden.

 

Nebenprodukt Bromat

Das anorganische Desinfektionsnebenprodukt Bromat ist ein nicht-gentoxisches Karzinogen mit relativ niedrigem Potenzial, dass die Niere schädigt. Bromat wurde in die DIN 19643-2012 als chemischer Qualitätsparameter für Beckenwasser neu aufgenommen und mit zwei Milligramm pro Liter begrenzt. Dieser toxikologisch begründete Wert wurde vom ⁠UBA⁠ abgeleitet.

Bromat kann auf zwei unterschiedlichen Wegen in das Beckenwasser gelangen. Es kann durch eine Reaktion von Bromid mit Ozon bei der Beckenwasseraufbereitung entstehen. Die Quelle für das Bromid im Beckenwasser ist das Füllwasser: Meer-, Thermal, Mineral-, Heilwasser und Sole. Die Konzentration des gebildeten Bromats hängt ab von: der Bromidkonzentration im Beckenwasser, der Ozondosis, der Reaktionszeit mit Ozon und dem ⁠pH-Wert⁠. Während die Bromidkonzentration durch das Füllwasser vorgegeben ist, kann die Bromatbildung durch den pH-Wert, die Ozondosis und die Reaktionszeit mit Ozon beeinflusst werden. Durch Herabsetzung des pH-Wertes unter 7,0 wird bei gleichbleibenden Ozon-Werten die Bromatbildung sehr effektiv eingeschränkt. Zusätzlich gibt es folgende Möglichkeiten für die Minimierung der Bromatbildung: Die Ozonkonzentration darf von 0,3 Milligramm pro Liter auf eine Mindestkonzentration von 0,1 Milligramm pro Liter Ozon reduziert werden, wenn die Ozonzugabe in Abhängigkeit einer kontinuierlichen Bestimmung des gebundenen Chlors des Beckenwassers geregelt wird.

Kürzere Reaktionszeiten des gelösten Ozons unter drei Minuten sind dann zulässig, wenn damit die Anforderungen an die Beckenwasserqualität nach der Norm DIN 19643-1: 2012-11, Tabellen 1 und 2,erfüllt werden.

Für Therapiebecken dürfen die Ozonkonzentration und die Reaktionszeit des Ozons nicht reduziert werden.

Bromat kann auch durch die Chlorbleichlauge ins Beckenwasser gelangen. Ausschlaggebend für den Bromatgehalt einer handelsüblichen oder auch in einer Elektrolyseanlage hergestellten Lauge ist der Bromidgehalt des eingesetzten Elektrolysesalzes. Je weniger Bromid enthalten ist, desto geringer wird der Bromatgehalt in der hergestellten Chlorbleichlauge sein.

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 Baden  Badewasserqualität  Desinfektionsnebenproduktbildung  Chlorung