FW-I-5: Schadholz – Umfang nicht planmäßiger Nutzungen

Das Bild zeigt einen dichten Fichtenwald. Mehrere Bäume sind abgestorben, im Vordergrund liegt Totholz am Boden. zum Vergrößern anklicken
Schadholz im Wald bindet Kapazitäten in der Forstwirtschaft und behindert die planmäßige Nutzung.
Quelle: Alexander / stock.adobe.com

Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

FW-I-5: Schadholz – Umfang nicht planmäßiger Nutzungen

Ungeplante Nutzungen durch Wurf-, Bruch- und Befallsholz bringen für die Forstwirtschaft viele Nachteile. Der Anteil nicht planmäßiger Nutzungen am Gesamteinschlag stieg bis 2021 signifikant. Die Ursachen sind in den Jahren sehr unterschiedlich: Starke Winterstürme in den Jahren 1990, 1999, 2007, 2010 und 2015 führten zu großen Schadholzmengen. In den Jahren 2019 bis 2021 überwogen hingegen deutlich die Schäden durch Insekten.

Die zweiachsige Grafik zeigt den Anteil nicht planmäiger Nutzungen am Gesamteinschlag in Prozent als Linie und den Anteil der Schadursachen am Gesamtumfang nicht planmäßiger Nutzungen in Prozent als gestapelte Säulen.
FW-I-5: Schadholz – Umfang nicht planmäßiger Nutzungen
Quelle: BMEL und StBA (Holzeinschlagsstatistik)

Viel Schadholz behindert planmäßige Bewirtschaftung

Der schlechte Waldzustand und die hohen Absterberaten (siehe Indikatoren FW-I-2 und FW-I-4) führen dazu, dass das Schadholzaufkommen in den Wäldern steigt. Wurf- und Bruchholz nach Stürmen sowie „Käferholz“ nach Schaderregerbefall führen zu sogenannten nicht planmäßigen Nutzungen. Das Schadholz kann die Sicherheit der weiteren Produktion beeinträchtigen. Verbleiben insbesondere bei Fichtenbeständen frisch abgestorbene Bäume mit Rinde im Wald, können sie idealer Brutraum für Schadorganismen werden und deren Vermehrung stark begünstigen, sofern keine geeigneten Maßnahmen ergriffen werden. Flächig angefallenes Schadholz erschwert zudem die weitere Bewirtschaftung der Wälder und kann zu einem Sicherheitsrisiko für Erholungssuchende oder für Personen werden, die im Wald arbeiten. Daher sind die Forstbetriebe zumindest regional bestrebt, das Schadholz so rasch wie möglich aus den Beständen zu entfernen. Hinzu kommt, dass vor allem Käferholz, das länger stehen bleibt und dann die Rinde verliert, häufig nur eingeschränkt verwendbar ist. Teilweise ist aber das Belassen von ⁠Totholz⁠ auch erwünscht, um die ⁠Biodiversität⁠ und die ⁠Bodenfeuchte⁠ im Wald zu erhöhen. Totholz ist wichtiger Lebensraum für Pilze, Insekten und Vögel und kann sich positiv auf das Waldinnenklima auswirken.

Unplanmäßige Nutzungen können – vor allem nach regionalen Großschadensereignissen – erhebliche Kapazitäten in der Forstwirtschaft binden. Diese fehlen dann für die Umsetzung gezielter Bewirtschaftungsmaßnahmen, die ja gerade in Anbetracht der erforderlichen Anpassung der Wälder an den ⁠Klimawandel⁠ dringlich sind. In der Regel dauert es mehrere Jahre, bis die Folgen von Kalamitäten aufgearbeitet sind und die Forstbetriebe wieder unter „normalen“ Nutzungsbedingungen planen und wirtschaften können.

Für die Waldbesitzenden, seien es der Staat, die Kommune oder Private, sind große Mengen von Schadholz zudem mit erheblichen Mindereinnahmen verbunden. So sind die Aufarbeitungskosten in geschädigten Beständen deutlich höher und die Holzqualitäten oftmals schlechter. Gleichzeitig fällt der Holzpreis vor allem nach größeren Schadereignissen deutlich. Holz muss dann zum Teil längere Zeit gelagert werden, was zusätzliche Kosten verursacht. Auch die gesetzliche Pflicht zur Wiederaufforstung von Schadflächen im Wald bringt mitunter finanzielle Belastungen für die Forstbetriebe mit sich, denn es entstehen Mehrkosten für die zeitnahe Pflanzung und Waldpflege auf Flächen, auf denen sonst die natürliche Waldverjüngung eine preiswerte und naturnahe Option gewesen wäre. Eine verzögerte Wiederbewaldung führt durch die späteren Erntemöglichkeiten allerdings auch perspektivisch zu wirtschaftlichen Verlusten.

Der Anteil der nicht planmäßigen Nutzungen am Gesamteinschlag in den deutschen Wirtschaftswäldern durch Schadholzanfall ist in den letzten 30 Jahren signifikant gestiegen. Im Durchschnitt dieses Zeitraums betrug der Anteil rund 26 %, im Durchschnitt der Jahre 2019 bis 2021 mit 67,6 % mehr als das Doppelte. Der im Jahr 2020 erreichte Rekordwert von knapp 75 % übertraf den Wert von 66,4 % nach den Orkanen Vivian und Wiebke im Spätwinter 1990. Der von 2018 bis Ende September 2022 erfasste Kalamitätsholzanfall belief sich auf 245 Mio. Festmeter. In der Forstwirtschaft ist in den zurückliegenden Jahren zunehmend der Eindruck entstanden, dass die Phasen ohne relevante Einflüsse von nicht planmäßigen Nutzungen immer kürzer werden.

Noch bis zum Jahr 2018 wurden die extrem hohen Anteile nicht planmäßiger Nutzungen am gesamten Holzeinschlag im Wesentlichen durch Wurf- und Bruchholz, also in der Konsequenz von Stürmen, verursacht. So führten die bereits erwähnten Orkane Vivian und Wiebke im Spätwinter 1990 zur Notwendigkeit umfangreicher Aufarbeitungen im darauffolgenden Jahr 1991, und zwar in großen Teilen Deutschlands. Im Dezember 1999 verwüstete Lothar weite Bereiche Südwestdeutschlands. Im Januar 2007 zerstörte das Orkantief Kyrill insbesondere Wälder in Nordrhein-Westfalen, mit Schwerpunkt im Sauerland. Der Orkan Niklas Ende März 2015 hinterließ viele Schäden in Bayern, verursachte aber geringere Schadholzmengen als vergleichbare Orkane. Der Herbststurm Xavier brachte Anfang Oktober 2017 Schäden in noch voll belaubten Laubwäldern Brandenburgs, und die Sturmtiefs Burglind gleich nach dem Jahreswechsel 2017/2018 und Friederike Mitte Januar führten vor allem in den westlichen und südlichen Wäldern Deutschlands zu Baumbrüchen. Diese Ereignisse ließen das Schadholzaufkommen in der Statistik des Jahres 2018 steigen.

Ab dem Jahr 2019 veränderte sich die Situation dahingehend, dass Schadinsekten für den deutlich überwiegenden Teil der Zwangsnutzungen verantwortlich waren. Im Nachgang des Extremjahrs 2003 (im Mittel der Jahre 2004 bis 2006) verursachten Insekten 63 % aller nicht planmäßigen Nutzungen, nach 2018 waren dies 74 % (im Mittel der Jahre 2019 bis 2021). Die Bedeutung biotischer Schaderreger im Schadgeschehen bedarf damit heute einer anderen Bewertung (siehe Indikatoren FW-I-6 und FW-I-7).

Bei der Interpretation von Daten zum Wurf-, Bruch- und Befallsholz ist zu berücksichtigen, dass diese in der Regel keinen vollständigen Überblick über die tatsächlich entstandenen Schäden ermöglichen. Nicht in allen Bundesländern werden neben den Daten zum Staatswald auch Informationen zum Privat- und ⁠Körperschaftswald⁠ erhoben und übermittelt. Der Schwerpunkt der Erfassung liegt außerdem bislang noch auf den Winterstürmen. Neben den Auswirkungen des Klimawandels können zusätzlich andere Trends die Entwicklung der Zeitreihe stark beeinflussen. Die Altersstruktur der deutschen Wälder tendiert zu höherem Bestandsalter. Ältere und damit höhere Bäume sind aber stärker sturmwurfgefährdet als jüngere, und mit zunehmendem Holzvorrat steigt auch die Schadholzmenge. Letzteres führt auch dazu, dass je nach Örtlichkeit der Kalamität die Schäden unterschiedlich hoch ausfallen können. So werden beispielsweise Stürme in Regionen mit eher locker bestockten Kiefernforsten, die auf den sandigen Böden Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommerns weit verbreitet sind, zu geringeren Schadholzmengen führen als Stürme oder auch Schaderregerbefall in den vorratsreichen Wäldern der Mittelgebirge oder des Voralpenlandes.

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