2.4 Wie können Sie die Klimawirkungen analysieren und bewerten?
In diesem Kapitel erfahren Sie, wie Sie eine detaillierte fachliche Analyse und Bewertung der identifizierten Klimawirkungen hinsichtlich Ihres Risikos vornehmen können und daran anschließend die Formulierung Ihres Handlungsbedarfs.
Die Aufgabe der Klimawirkungsanalyse ist es, die Informationen und Daten zu den klimatischen Einflüssen, Sensitivitäten und zur räumlichen Exposition der betroffenen Systeme zusammenzuführen (siehe Kapitel 2.3). Darauf aufbauend erfolgt eine Bewertung des Klimarisikos der Klimawirkungen und/oder Handlungsfelder. Das Klimarisiko ist also das Ergebnis der Bewertung der Klimawirkung. Dies entspricht einem Klimarisiko ohne Anpassung, d. h. die Anpassungskapazität Ihrer Kommune wird in diesem Bewertungsschritt nicht betrachtet (siehe auch Kapitel 2.6).
Verantwortlichkeiten festlegen
Die fachliche Analyse der Klimawirkungen können Sie im Rahmen Ihrer ressortübergreifenden Arbeitsgruppe durchführen. Dabei kann gegebenenfalls weitere fachliche Expertise eingebunden werden, etwa unter Zuhilfenahme eines externen Fachbüros Letztlich wird ein Netzwerk von Fachexpert*innen benötigt wird, da die Fachanalyse in der Regel handlungsfeldübergreifend angelegt ist. Die Bewertung ist ein eigener Arbeitsschritt, der transparent erfolgen muss. Die dort eingebundenen Personen sollten hierfür legitimiert sein.
Fachliche Analyse durchführen
Für die detaillierte fachliche Analyse der Klimawirkungen bilden die in Kapitel 2.2 für Ihre Kommune entwickelten Klimawirkungsketten eine gute Grundlage, um die Auswirkungen des Klimawandels und die betroffenen Handlungsfelder zu erfassen. Wichtige Informationen zu den potenziellen Analysekomponenten Klimawirkung, klimatischer Einfluss, Sensitivität und räumliche Exposition und Zusammenhänge sind hier zusammengetragen und übersichtlich dargestellt worden. Für die Analyse können Sie beispielsweise den aktuellen Stand der Forschung zu den einzelnen Klimawirkungen zusammentragen und dieses Wissen strukturiert und textlich darstellen.
Eine differenzierte räumliche Betrachtung ausgewählte klimatischer Einflüsse, Sensitivitäten und Klimawirkungen wäre eine weitere Möglichkeit für die fachliche Analyse, ebenso wie eine zeitliche Differenzierung der Auswirkungen des Klimawandels, z. B. Auswirkungen heute, in naher Zukunft und in ferner Zukunft.
Schließlich können Sie eine Analyse der Wechselwirkungen der Klimawirkungen vornehmen, um aufzuzeigen, welche Klimawirkungen sich auf andere Klimawirkungen auswirken bzw. welche von besonders vielen Klimawirkungen beeinflusst werden. Hierdurch lassen sich Klimawirkungen mit zentraler Bedeutung identifizieren. So kann beispielsweise ein verstärkter „Wassermangel im Boden (Handlungsfeld Boden) zu trockenheitsbedingten Schäden in Wäldern (Handlungsfeld Biologische Vielfalt) führen, die sich dann auf die Nutzfunktionen des Waldes, „Holzertrag“ und „Erholung“ (beides Handlungsfeld „Wald- und Forstwirtschaft“) negativ auswirken (siehe hierzu auch den Teilbericht 6: Integrierte Auswertung – Klimarisiken, Handlungserfordernisse und Forschungsbedarfe zur KWRA 2021). Derartige Interaktionen können nicht nur zu negativen Auswirkungen und Zielkonflikten führen sondern auch zu Synergien und positiven Nebeneffekten. Haben Sie einen Blick auf derartige Interaktionen. Dies hilft Ihnen später bei der Planung von passenden Anpassungsmaßnahmen (Modul 3). Nutzen Sie die von Ihnen erstellten Klimawirkungsketten und erweitern Sie diese.
Die jeweiligen Analyseergebnisse sollten Sie für jede Klimawirkung einzeln in Textform aufbereiten und, sofern vorhanden, quantitative Ergebnisse in Form von Tabellen oder Abbildungen darstellen.
Bewertung der Ergebnisse durchführen
Nach der Analyse der Klimawirkungen und der sie beeinflussenden Faktoren gilt es jetzt zu bewerten, wie hoch und damit wie kritisch die damit verbundenen Klimarisken sind. In einen ersten Schritt legen Sie fest, auf welchen Ebene Sie diese Bewertung vornehmen wollen: auf der Ebene der Klimawirkungen und/oder auf der Ebene von Handlungsfeldern. Beides ist denkbar. Im ersten Fall bewerten Sie einzelne Klimawirkungen, im zweiten Fall alle identifizierten Klimawirkungen eines Handlungsfeldes gebündelt, um auf diese Weise das Risiko für das gesamte Handlungsfeld einschätzen zu können.
Die Bewertung ist ein normativer Vorgang. Für viele Klimawirkungen existieren keine wissenschaftlich gesicherten Bewertungsmaßstäbe (z. B. konkrete Schwellenwerte). Umso wichtiger ist es, dass Sie für den Bewertungsschritt im Vorfeld Personen festgelegen und einbinden, die für normative Bewertungen und Entscheidungen, d. h für die Werteebene, legitimiert sind. Die Legitimität erfolgt aufgrund von Fachkenntnissen und Überblick durch ein Mandat des Auftraggebers oder der politischen Ebene. Für die Durchführung des Bewertungsverfahren sind von Bedeutung: die Fachkompetenz der Beteiligten, die Konsensfindung sowie eine transparente Darstellung und Außenkommunikation der normativen Vorgänge und Entscheidungen.
Für den eigentlichen Bewertungsvorgang können Sie auf keine allgemeingültige Methode zurückgreifen, geschweige denn einen quantitativen Ansatz. Stattdessen sollten Sie, wie es in der Klimawirkungs- und Risikoanalyse für Deutschland aber auch bereits in vielen Kommunen erfolgt ist, einen pragmatischen Bewertungsansatz verfolgen und für die Bewertung des Klimarisikos drei Risikostufen wählen: gering, mittel, hoch.
Die Ergebnisse der Klimawirkungsbewertung sollten Sie möglichst transparent in einen Bericht zusammenfassen, unter Angabe der Ziele Ihrer Risikobewertung, genutzter Methoden, beteiligter Institutionen sowie wesentlicher Schlussfolgerungen. Neben der textlichen Beschreibung können Sie Teile der Ergebnisse auch in Form von Klimarisikokarten darstellen.
Hot Spots identifizieren und Handlungsbedarfe ableiten
Das Hauptziel dieses letzten Arbeitsschrittes in Kapitel 2.4 besteht darin, dass Sie, aufbauend auf den Ergebnissen der Bewertung die Gebiete oder Bereiche ermitteln, die von einem hohen Risiko oder sogar von mehreren hohen Risiken betroffen sind („Hot Spots“) und von daher mit einem hohem Handlungsbedarf bezüglich einer Anpassung zu rechnen ist. Dies können z. B. innerstädtische Quartiere in Ihrer Kommune sein, die besonders von hitzebedingten Risiken, aber auch von Überschwemmungen durch Starkregenereignisse betroffen sind und eine hohe räumliche Exposition (hohe Bevölkerungsdichte) sowie hohe Sensitivität (hoher Anteil älterer Menschen) aufweisen. Zusätzlich sollten sie die Dringlichkeit von Handlungsbedarfen ableiten, um zu priorisieren, womit bei der Anpassung begonnen werden sollte.
Die Dringlichkeit des Handelns zur Klimaanpassung können Sie aus der Anpassungsdauer ableiten, d.h. der Zeitdauer, die voraussichtlich erforderlich ist, bis umfassende Maßnahmen zur Reduzierung des Klimarisikos wirksam werden, inkl. Planung und Umsetzung. Detaillierte Angaben zur Anpassungsdauer finden Sie in der Tabelle 2 der Handlungsempfehlungen zur Umsetzung der ISO 14091 für die Erstellung von Klimarisikoanalysen auf kommunaler Ebene. Grundsätzlich sollten für Klimawirkungen mit hohen Risiken in der Gegenwart und nahen Zukunft sowie langer Anpassungsdauer Maßnahmen am zügigsten ergriffen werden. Dieser Arbeitsschritt kann beispielsweise in einem Workshop, ggfs. unterstützt durch ein Fachbüro, durchgeführt werden.
"Damit wir die Risiken der Wirkfolgen priorisieren konnten, haben wir Klimafunktionskarten zu bioklimatischer Belastung genutzt, um Hot-Spot Quartiere zu identifizieren. Mithilfe geographischer Informationssysteme haben wir die Ergebnisse der Klimafunktionskarten mit Sensitivitätsdaten, wie Bebauungsdichte und Bevölkerungsstruktur verschnitten. So wurden zwölf beispielhafte Quartierstypen, darunter auch nicht-Hot-Spot Quartiere, eingehend betrachtet.“
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