Der Einsatz moderner digitaler Technologien in der Wasserwirtschaftsverwaltung ist ein wichtiger Treiber, um bessere Daten zur Beurteilung des Gewässerzustandes und dessen Entwicklung zu erhalten. Die Auswertung und Interpretation dieser Daten bilden die Grundlage für die Entwicklung und Bewertung von Gewässerschutzmaßnahmen, die Information der Öffentlichkeit und umweltpolitische Empfehlungen. Das UBA erhebt als Bundesbehörde selbst nur sehr wenige Gewässerdaten, sondern erhält diese überwiegend von den Bundesländern und nutzt sie zur Bewertung des bundesweiten Gewässerzustandes. Die Daten zu wichtigen Nähr- und Schadstoffen ausgewählter Grund- und Oberflächenwassermessstellen werden dem UBA auf Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung von den Bundesländern übermittelt. Zusätzlich nutzt das UBA Daten, die für die amtliche Berichterstattung zur Umsetzung verschiedener wasserbezogener Richtlinien, wie der EU-Wasserrahmenrichtlinie (2000/60/EG) oder der EU-Nitratrichtlinie (91/676/EWG), von den Bundesländern bereitgestellt werden. Diese Daten sind nur ein Teil der in den Ländern, Landkreisen und Kommunen verfügbaren wasserwirtschaftlichen Daten.
Neben der Beschreibung des Status quo wird in Zukunft modellbasierten Projektionen und den dafür erforderlichen Daten eine wichtige Rolle zukommen, insbesondere um den Auswirkungen des Klimawandels, den demografischen Veränderungen und dem zunehmenden Nutzungsdruck auf die Gewässer frühzeitig mit geeigneten Maßnahmen begegnen zu können.
„Sensor-Web“ als Baustein für eine automatisierte Datenerfassung, „Künstliche Intelligenz“ als Methode zur Auswertung und Interpretation von Umweltdaten und zur Mustererkennung, oder die Anwendung und Verschneidung von hoch aufgelösten Fernerkundungsdaten sind nur einige von vielen Technologieansätzen, die im Bereich der Wasserwirtschaftsverwaltung in Zukunft mehr und mehr an Bedeutung gewinnen werden. Auch die adressatengerechte, umfassende Bereitstellung von Gewässerzustandsdaten ist eine herausfordernde Zukunftsaufgabe. Das UBA engagiert sich aktiv bei der Einführung und Anwendung moderner IT-Verfahren im Gewässerschutz.
Die fortschreitende Digitalisierung wird die Art und Weise der Aufgabenerfüllung, den Umgang mit und die Nutzung von Daten sowie die bestehenden Organisationsstrukturen erheblich verändern. Dieser Prozess hat bereits begonnen. Die Aktivitäten zur Gestaltung dieses Wandels sind auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene sowie bei Unternehmen und Verbraucherinnen und Verbrauchern äußerst vielfältig. Diese Veränderungsprozesse werden in der Wasserwirtschaft unter dem Stichwort "Wasserwirtschaft 4.0" zusammengefasst. Das UBA hat die zentralen Herausforderungen in der Studie "Wasserwirtschaft 4.0" untersuchen lassen.
Den politischen Rahmen zur Ausgestaltung der Digitalisierung im Bereich der Umweltpolitik setzt die Umweltpolitische Digitalagenda der Bundesregierung. Die Agenda beinhaltet ein Maßnahmenpaket, mit dem die Digitalisierung klimafreundlich gestaltet, für Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und eine intakte Umwelt genutzt werden kann. Die Agenda enthält mehr als 70 konkrete Maßnahmen. Für die Wasserwirtschaftsverwaltungen ist im Besonderen das Maßnahmenpaket IV mit dem Titel „Umweltpolitik 4.0“ relevant. Mit diesem Paket möchte die Bundesregierung die Umweltverwaltung stärken. Ein Kompetenzzentrum für Satellitenfernerkundung und Sensorik sowie ein Anwendungslabor „Künstliche Intelligenz“ und „Big Data“ sollen als Dienstleister bei der Nutzung und der Analyse von Daten unterstützen. Der Zugang zu Umweltdaten soll durch ein Umwelt- und Naturschutzinformationssystem Deutschland (Umwelt.info) erleichtert werden.
Das Anwendungslabor für künstliche Intelligenz und Big Data sowie von Umwelt.info baut das UBA bereits auf.
Auch im Entwurf der im Juni 2021 vom damaligen Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) vorgelegten Nationalen Wasserstrategie, mit der bis 2050 eine nachhaltige Wasserwirtschaft in Deutschland aufgebaut werden soll, finden sich im Aktionsprogramm viele Anforderungen, die Digitalisierungsprozesse betreffen. Dabei werden nicht nur technische Herausforderungen, sondern auch Themen wie Fachkräftegewinnung, Weiterbildung und verwaltungsübergreifendes Datenmanagement adressiert.
Der letztgenannte Punkt ist für das UBA als Bundesoberbehörde besonders wichtig, da wir für nationale Berichterstattungen, internationale Berichtspflichten und Auswertungen stets Gewässerdaten der Bundesländer verwenden und es bei diesen Datenbereitstellungen in vielen Bereichen deutlichen Optimierungsbedarf gibt.
Um diese Defizite zu identifizieren, hat das UBA ein Forschungsvorhaben mit dem Titel „Analyse und strategische Weiterentwicklung der Berichtsprozesse im nationalen und europäischen Gewässerschutz“ durchgeführt. Darin wurden wasserwirtschaftliche Berichtsprozesse zwischen Bund und Ländern auf deren Effizienz und Aktualität untersucht und Vorschläge zur Weiterentwicklung erarbeitet. Ein Ergebnis dieses Vorhabens war auch die Empfehlung zur Revision der technischen Infrastruktur des gewässerkundlichen Datenmanagements beim UBA.
Ein Folgeprojekt mit dem Titel „FIS Wasser & Boden“, das derzeit durchgeführt wird, soll die Empfehlungen nun praktisch umsetzen. Es soll das Datenmanagement für die Gewässerzustandsdaten beim UBA komplett neu aufstellen und dieses fachlich und technisch konsolidieren. Das übergreifende Ziel ist eine deutliche Verbesserung im Bereich der Prozessteuerung von der Datenbereitstellung, über die Qualitätssicherung, die Abfrage und Aggregation von Daten bis zum Endprodukt (Datensatz, Karte, Webdienst, EU-Bericht). Hierfür werden die bisher in getrennten Systemen gehaltenen Daten zu Fließgewässern, Standgewässern, Grundwasser und Boden in ein einheitliches IT-System überführt, das sich auf Grundlage der Architekturrichtlinie für die IT des Bundes an technisch zeitgemäßen Standards orientiert und ausschließlich auf Basis von freier Software entwickelt wird. Das System wird Anknüpfungspunkte zu dem neuen Informationsportal Umwelt.info, dem Anwendungslabor für künstliche Intelligenz und Big Data sowie zu anderen datenbezogenen Projekten des UBA haben. Mit dem Aufbau eines Datenportals für bundesweit verfügbare Gewässerdaten soll die transparente und umfassende Datenbereitstellung für die Öffentlichkeit, die Politik und die Wissenschaft komplettiert werden.
Die technischen Möglichkeiten, die mit der Digitalisierung in der Wasserwirtschaftsverwaltung verbunden sind, bringen auch Herausforderungen und Hemmnisse mit sich. Diese müssen bei der Einführung neuer digitaler Prozesse und Anwendungen berücksichtigt werden.
Dazu gehören Aspekte des Datenschutzes und der Verfügbarkeit von Daten unterschiedlicher Behörden. Nicht alle für den Gewässerschutz erforderlichen Daten sind einheitlich verfügbar. So stellen beispielsweise einige Länder keine Informationen zu Messstellen (Trinkwasserbrunnen) bereit, die sie der kritischen Infrastruktur zurechnen. Auch sind Daten zur landwirtschaftlichen Flächenbewirtschaftung mit Blick auf den Schutz personenbezogener Daten in der Regel nicht frei verfügbar– auch nicht für Bundesbehörden. Hinzu kommen sehr unterschiedliche rechtliche Regelungen in den Ländern über den Zugang zu und dem Eigentum an Daten sowie deren Nachnutzung. Einige Behörden stellen wasserwirtschaftliche Daten sehr nutzerfreundlich und aktuell zur Verfügung. Häufig werden Daten aber nur auf Anfrage und nicht proaktiv als maschinenlesbarer Datensatz in Standardformaten auf offiziellen Plattformen bereitgestellt. Die unzureichende technische Standardisierung im Bereich des Datenmanagements zwischen den Verwaltungen ist ein großes Hindernis bei der Umsetzung übergreifender digitaler Verwaltungsprozesse. Auch sind die technischen Infrastrukturen und die Kompetenzen zum Betrieb dieser Systeme auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene sehr unterschiedlich ausgeprägt und es fehlt in vielen Verwaltungen an Fachpersonal.
Insgesamt überwiegen die Chancen der Digitalisierung die genannten Risiken. Bisher werden die Möglichkeiten der Digitalisierung in der Wasserwirtschaftsverwaltung nur eingeschränkt genutzt. Das UBA setzt sich dafür ein, die bestehenden Ansätze fortzuentwickeln und neue Initiativen zur Digitalisierung zu begleiten und auszugestalten. Es gilt, die rechtlichen Rahmenbedingungen weiterzuentwickeln und das verwaltungsübergreifende Datenmanagement sowie der Austausch von Daten stärker zu harmonisieren und zu standardisieren. Das öffentliche Angebot an wasserwirtschaftlichen Daten ist deutlich zu verbessern und es sind Bezüge zu anderen Bereichen wie der Landwirtschaft, der Industrie und der Wissenschaft herzustellen.