Hintergrund – BVT Konzept
Auf dem Weg zu einer nachhaltigeren industriellen Produktion weltweit unterstützt das Umweltbundesamt Schwellenländer wie China und Indien bei der Einführung und Anwendung der Besten Verfügbaren Techniken (BVT) in Industrieanlagen.
Die Industrieemissionsrichtlinie (IE-Richtlinie) ist das Schlüsselinstrument der europäischen Umweltgesetzgebung für Industrieanlagen. Sie legt fest, dass die Genehmigung von relevanten industriellen Anlagen in Europa auf der Basis von BVT erfolgen muss. Die Richtlinie dient der integrierten Vermeidung und Verminderung von Emissionen aus Industrieanlagen. Ziel ist es, ein einheitliches hohes Umweltschutzniveaus in Europa zu erreichen.
Dafür werden die BVTs in einem europäischen Informationsaustausch zwischen allen relevanten Interessensgruppen in Referenzdokumenten (BVT-Merkblättern) für die einzelnen Industriebranchen erarbeitet und dokumentiert. Dabei umfasst BVT nicht nur die Beschreibung von Techniken an sich, sondern auch die Art und Weise wie diese dimensioniert, gewartet und betrieben werden sollen. In den BVT-Schlussfolgerungen sind anspruchsvolle Verbrauchs- und Emissionsniveaus enthalten, die durch Anwendung von BVT in vier Jahren nach deren Veröffentlichung in den Anlagen erreicht werden müssen. Die Umsetzung der BVT-Merkblätter in Deutschland hat gezeigt, dass, durch den Einbezug der Industrie bei der Erarbeitung der BVT, diese in der Praxis allgemein akzeptiert und in der Praxisangewendet werden.
In vielen Schwellenländern existieren ebenfalls anspruchsvolle Umweltstandards, allerdings bestehen Schwierigkeiten bei der flächendeckenden Umsetzung und Überwachung dieser Standards in die Anlagen. Aus der Sicht des Umweltbundesamtes kann hier die Organisation eines eigenen Informationsaustausches zu BVT mit den verschiedenen Interessensgruppen die Akzeptanz und Anwendung der Standards erhöhen.
Indien – Joint Declaration of Intent
Die indischen Umweltbehörden und Industrievertreter zeigten Interesse an diesem Konzept und wollen nun angepasste BVT-Dokumente für Indien erarbeiten. Zur Unterstützung für diesen Prozess wurde eine Kooperation mit dem UBA initiiert. 2013 wurde die erste Joint Declaration of Intent (JDI) zu diesem Zweck von der Umweltbehörde des Bundesstaates Gujarat, der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit und dem UBA unterzeichnet. Das Ziel dieser Kooperation ist die Förderung der Anwendung der Besten Verfügbaren Techniken in verschiedenen Industriesektoren Indiens um dadurch die Umweltleistung von Anlagen dieser Sektoren nachhaltig zu verbessern.
Folgende Aktivitäten sind Inhalt dieser Vereinbarung:
- Erfahrungs- und Wissensaustausch zu BVT
- Erarbeitung von angepassten BVT-Merkblättern für Pilotbranchen
- Begleitung und Dokumentation von Pilotprojekten zur Anwendung von BVT
- Training
- Studienreise zu Beispielanlagen in Deutschland für die Industrie, für Genehmigungsbehörden und andere Interessierte
- Technologietransfer
Der Bundesstaat Gujarat hat entschieden, zunächst zwei angepasste BVT-Merkblätter für die Textil- und die Papierindustrie zu erarbeiten. Das UBA unterstützt und begleitet diesen Prozess.
Bisherige Erfahrungen
Die betroffenen Industriesektoren in Gujarat und Indien allgemein haben andere Strukturen und Rahmenbedingungen als europäische Betriebe. Zum Beispiel fehlen geeignete Überwachungsinstrumente für die Vielzahl von mittleren und kleinen Anlagen. Qualifiziertes Personal ist sowohl in den Betrieben als auch in den Behörden knapp. Europäische Standards können deshalb nicht einfach übertragen werden, sondern müssen an die Rahmenbedingungen vor Ort angepasst werden. Die Industrie zeigt großes Interesse an diesem Prozess, da durch die mit BVT verbundenen Effizienzsteigerungen und Qualitätsverbesserungen auch ökonomische Vorteile für die Anlagenbetreiber bestehen. Die Industrie könnte deshalb stärker als in Europa diesen Prozess vorantreiben.
Ein Informationsaustausch zwischen Behörden, Industrie sowie anderen Experten über BVT unterstützt den Prozess der Implementierung von Umweltstandards in Industrieanlagen in den meistverschmutzten Gebieten der Welt.