DAS-Handlungsfeld Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft

Das Bild zeigt die Spitze einer Pegelmesslatte in einem ruhigen Gewässer.zum Vergrößern anklicken
DAS-Handlungsfeld Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft
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Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

Inhaltsverzeichnis

 

Zur Bedeutung des Handlungsfelds

Im natürlichen Wasserkreislauf bewegt sich Wasser kontinuierlich in flüssigem, gasförmigem oder auch gefrorenem Zustand durch Land, Meer und Erdatmosphäre. Der ⁠Klimawandel⁠ treibt mit den höheren Temperaturen diesen Kreislauf an und beschleunigt und intensiviert Prozesse der ⁠Verdunstung⁠. Mehr Wasser in der ⁠Atmosphäre⁠ erhöht die Wahrscheinlichkeit von Niederschlägen. Niederschlagsmuster verändern sich. Die bereits beobachtbaren Veränderungen im Wasserkreislauf haben erhebliche Auswirkungen auf Ökosysteme, Wirtschaft und Gesellschaft, denn nicht nur alle Lebewesen inklusive uns Menschen, sondern nahezu alle Wirtschaftsprozesse sind auf die Verfügbarkeit von Wasser, viele auch von qualitativ hochwertigem Wasser, angewiesen.
Die Wasserwirtschaft umfasst die Gesamtheit der Maßnahmen zur Regulierung des Wasserhaushalts, für die Trinkwassergewinnung und -verteilung sowie die Bewirtschaftung von Abwässern. Für die Wasserwirtschaft ist der Klimawandel eine große Herausforderung. Vor allem zunehmende Extremwetterereignisse erschweren die Planbarkeit. Die ⁠Klimafolgen⁠ für Gewässer und Grundwasser nehmen zu, die Anforderungen an deren Schutz und die Verbesserung ihrer ⁠Resilienz⁠ gegenüber den Klimawandelfolgen steigen. Gleichzeitig wachsen die Nutzungsansprüche weiter. Die Erfahrungen mit der Trockenheit in den Sommern der vergangenen Jahre zeigen, dass es in verschiedenen Regionen Deutschlands bereits heute zu Konflikten bei der Nutzung von Wasser kommen kann.

 

DAS-Monitoring – was im Klimawandel passiert

Bisher konnte man in Deutschland davon ausgehen, dass Wasser jederzeit in ausreichender Menge zur Verfügung steht. Lediglich die Sicherstellung einer hohen Wasserqualität war schon immer im Fokus. Bereits mit dem ⁠DAS⁠-Monitoringbericht 2019 wurde deutlich, dass die Entwicklung der Grundwasserstände größerer Aufmerksamkeit bedarf. Die Daten aus den Trockenjahren 2018 bis 2020 zeigen, dass sich der Trend zu sinkenden Grundwasserständen und verringerten Quellschüttungen fortgesetzt hat. Vor allem in Norddeutschland ist die Entwicklung besorgniserregend (siehe ⁠IndikatorWW-I-2). In ganz Deutschland wurden in den Dürrejahren Rekordunterschreitungen der langjährigen niedrigsten Grundwasserstände an den Messstellen ermittelt. Vergleichbare Trends gibt es auch bei den Wasserständen der Seen, die insbesondere im norddeutschen Tiefland eng an die Grundwasserstände gekoppelt sind: Zwischen 2018 und 2020 kam es zu teilweise massiven Wasserverlusten (siehe Indikator WW-I-7).
Sommerliche Niederschlagsdefizite und hohe Verdunstungsraten machen sich auch bei den Abflüssen der Fließgewässer bemerkbar: Die Mittelwasserabflüsse im Sommerhalbjahr nehmen seit 1961 signifikant ab (siehe Indikator WW-I-3), die Anzahl von Niedrigwassertagen im Sommerhalbjahr, also von Tagen, an denen an den jeweiligen Pegeln der mittlere Niedrigwasserabfluss (MNQ1960–1991) unterschritten wird, nimmt zu (siehe Indikator WW-I-6). Die Reduzierung der Wasserverfügbarkeit ist auch mit satellitengravimetrischen Daten nachweisbar. Das terrestrisch gespeicherte Wasser im Bereich Deutschlands hat in den letzten 20 Jahren signifikant abgenommen (siehe Indikator WW-I-1).
Dem Zu-wenig-Wasser auf der einen Seite steht auf der anderen ein Zu-viel-Wasser gegenüber. Vermehrte ⁠Starkregen⁠, teilweise auch extreme Dauerregen infolge sogenannter Vb-Wetterlagen, führen immer wieder zu Hochwasser. Die bisherige Entwicklung der Hochwassertage zeigt allerdings seit 1961 weder für das Sommer- noch für das Winterhalbjahr einen signifikanten Trend (siehe Indikator WW-I-4). Die Entstehung von Hochwasser hängt stets mit besonderen Witterungskonstellationen zusammen, die bisher nicht systematisch und regelmäßig wiederkehren. Eine Analyse von Spitzenabflüssen der Fließgewässer (siehe Indikator WW-I-5) macht deutlich, dass es in den zurückliegenden Jahren vor allem im Sommerhalbjahr zu teilweise sehr extremen Hochwasserereignissen kam, in denen die langjährigen mittleren Hochwasserabflüsse an einigen Pegeln um mehr als das 8-Fache überschritten wurden. Dabei sind die Pegel im Hochwasserkatastrophengebiet von Ahr und Erft in der Pegelauswahl der DAS-Monitoringindikatoren zu den Abflüssen gar nicht enthalten.
Steigende Temperaturen in Kombination mit sommerlichem Wassermangel haben gravierende Auswirkungen auf die Gewässerökosysteme. Die Wassertemperaturen der Seen und Talsperren steigen seit 1961 signifikant (siehe Indikator WW-I-8). Das hat Folgen für das Eintreten der Frühjahrsalgenblüte (siehe Indikator WW-I-9) und die sommerliche ⁠Schichtung⁠ der Seen, was wiederum die chemischen und biologischen Prozesse in den Seen stark beeinflusst. Auch die Fließgewässertemperaturen stiegen in den letzten drei Dekaden signifikant (siehe Indikator WW-I-10). Hohe Wassertemperaturen mit verringerten Sauerstoffgehalten sind für viele Gewässerorganismen, vor allem für Fische, ein Problem.

 

Die künftigen Klimarisiken – Ergebnisse der KWRA

In der Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 werden bereits zur Mitte des Jahrhunderts hohe Risiken für Niedrigwasser, Hochwasser und das Versagen von Hochwasserschutzsystemen sowie für Sturzfluten und ein damit verbundenes Versagen von Entwässerungseinrichtungen und Überflutungsschutzsystemen erwartet. Allerdings ist die Gewissheit dieser Einschätzung als gering eingestuft worden. Das Risiko für Einschränkungen der Funktionsfähigkeit von Kanalnetzen, Vorflutern und Kläranlagen wurde zur Mitte und zum Ende des Jahrhunderts (in einem Bewertungsraster gering – mittel – hoch) als mittel eingeschätzt.
Für eine Erhöhung der Gewässertemperatur, eine Reduzierung der Eisbedeckung und eine Beeinträchtigung der biologischen Wasserqualität wird bereits zur Mitte des Jahrhunderts ein hohes Risiko gesehen. Die Gewissheit dieser Einschätzung wurde mit mittel bewertet. Dies mag auch daran liegen, dass gerade die zurückliegenden extrem heißen und trockenen Jahre 2018–2020 die unmittelbaren Auswirkungen auf die Gewässer deutlich gemacht haben. Mit Blick auf die Entwicklung der chemischen Wasserqualität sind die Gewissheiten noch gering. Es wird hier erst zum Ende des Jahrhunderts von einem mittleren Risiko ausgegangen.
Auch das Risiko nachteiliger Auswirkungen auf Grundwasserstand und -qualität wurde ab Mitte des Jahrhunderts als hoch bewertet, bis zum Ende des Jahrhunderts sogar mit hoher Gewissheit. Diese Entwicklungen sind mit Folgerisiken für Wassernutzungen verbunden. So wird damit gerechnet, dass bis zum Ende des Jahrhunderts das Risiko für einen Mangel an Bewässerungswasser hoch, das für Einschränkungen bei der Bereitstellung von Trinkwasser und Produktionswasser mittel sein wird. Diese Bewertungen erfolgten mit geringer Gewissheit.

 

Wo haben wir Daten- und Wissenslücken?

Mit der engen Einbeziehung der Bundesländer in die Ausarbeitung der ⁠DAS⁠-Monitoringindikatoren im Wasserbereich über die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (⁠LAWA⁠) / Kleingruppe Klimaindikatoren konnte eine breite Datenbasis für das DAS-⁠Monitoring⁠ erschlossen werden. Die Diskussionen in der Kleingruppe haben außerdem dazu beigetragen, dass weitere Initiativen angestoßen wurden, um die Datenverfügbarkeit zu verbessern und zu weiteren relevanten Themen Monitoringdaten zu liefern. So wurden vom Expertenkreis Seen der ⁠LAWA⁠ bundesweit Seen ausgewählt, die mit spezieller Messtechnik ausgestattet wurden, um Tiefenstufen-differenzierte Messdaten unter anderem zur Temperatur zu liefern. Damit lassen sich künftig auch aussagekräftige Daten zur Entwicklung der Zirkulations- und Schichtungsverhältnisse der Seen gewinnen. Ferner wurde vom LAWA-Ausschuss Oberirdische Gewässer und Küstengewässer der Auftrag vergeben, die Kartieranleitungen der Gewässerstrukturkartierung stärker über die Bundesländer hinweg zu vereinheitlichen. Damit sollen künftig vergleichbare Daten zur Entwicklung der Struktur der Gewässer und Uferbereiche generiert werden. Vor diesem Hintergrund wurde auf die erneute Präsentation des im Monitoringbericht 2019 eingeführten Response-Indikators zum Uferbewuchs kleiner und mittelgroßer Gewässer verzichtet. Die Fallstudie für Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Sachsen ließ sich nicht erweitern.
Im Rahmen eines parallel zur Weiterentwicklung des DAS-Monitorings im Auftrag des ⁠UBA⁠ durchgeführten Forschungsvorhabens zur Nutzung von Satellitendaten wurden zur Verbesserung der Monitoringindikatoren im Wasserbereich Möglichkeiten erprobt, Daten zu generieren, deren In-situ-Erhebung mit erheblichem Aufwand verbunden oder flächendeckend gar nicht möglich ist. Es wurde vor allem am Aufbau von Zeitreihen zu Temperatur und Eisbedeckung sowie zum Eintreten der Frühjahrsalgenblüte in Seen gearbeitet. Die Zeitreihe zur Frühjahrsalgenblüte wurde in das Indikatorenset des DAS-Monitorings eingebunden. Für Eisbedeckung und Temperatur sind die Zeitreihen hingegen bisher noch vergleichsweise kurz.
Größere Datendefizite gibt es bei den Qualitätsparametern für die Fließgewässer. Die Erhebungen, die im Rahmen der Umsetzung der WRRL durchgeführt werden, sind zu Zwecken des Klimafolgenmonitorings nur sehr eingeschränkt nutzbar. Die Überblicksüberwachung dient der Bewertung des Gesamtzustands der Oberflächenwasserkörper und findet nur in größeren zeitlichen Abständen statt. Die operative Überwachung ergänzt die Messungen der Überblicksüberwachung, um ausreichend abgesicherte Daten im Hinblick auf Schwankungsbreiten zu erhalten. Sie findet aber nur an wenigen Messstellen statt. Die Überwachung zu Ermittlungszwecken soll weitere Erkenntnisse zu Ursachen von Beeinträchtigungen und zu Möglichkeiten ihrer Beseitigung bringen. Diese Messungen erfolgen in der Regel höherfrequent, die Messstellen liegen aber so, dass sie gezielt anthropogene Beeinträchtigungen erfassen können. Sie entsprechen damit nicht den Auswahlkriterien für das Klimafolgenmonitoring, denen zufolge anthropogene Einflussfaktoren möglichst ausgeschlossen sein sollen. Für die dem DAS-Monitoringindikator zu den Fließgewässertemperaturen zugrunde gelegten Messstellen (siehe ⁠IndikatorWW-I-10) wurde bestmöglich abgesichert, dass diese wenig ⁠anthropogen⁠ beeinflusst sind. Ausgeschlossen werden können diese Einflüsse aber nicht. Für das Klimafolgenmonitoring wäre es erforderlich, gezielt zu diesem Monitoringzweck Messstellen zu identifizieren und dort hochfrequente Erhebungen sicherzustellen.
Mit den bisherigen Indikatoren des DAS-Monitorings lassen sich zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Gewässerökologie nur Risikoaussagen ableiten. Eine direkte Erfassung beziehungsweise Auswertung von Daten zu biologischen oder auch stofflichen Veränderungen der Gewässer gibt es bisher nicht. Dies liegt zum einen an begrenzten Datenverfügbarkeiten vor allem zur Beschreibung und Interpretation von Veränderungen der Gewässerökologie. Im Falle der stofflichen Veränderungen sind aber auch noch viele fachliche Fragen ungeklärt. Es ist schwierig, die spezifischen Auswirkungen des Klimawandels von anderen, vor allem anthropogenen Einflüssen abzugrenzen.
Während das DAS-Monitoring auf der Impact-Ebene mehrere aussagekräftige Indikatoren enthält, fehlt es auf der Response-Ebene nach wie vor an aussagekräftigen Indikatoren. Auch hier stößt die Indikatorentwicklung an Grenzen der Datenverfügbarkeit. So ist der bundesweite Indikator zum Wassernutzungsindex (WW-R-1) lediglich ein „Proxy“, um die Thematik der nachhaltigen Wassernutzung im Einklang von Wasserverfügbarkeit und -verbrauch im Monitoringbericht thematisieren zu können. Weitere Überlegungen unter anderem zu einer hochfrequenten Erfassung und zur Interpretation von Daten zu Spitzenwasserverbräuchen sind erforderlich. Auch das Thema Abwasserbewirtschaftung ist bisher im Monitoringbericht nicht verankert. Immer wichtiger wird auch der Blick auf den Landschaftswasserhaushalt, den stärkeren Wasserrückhalt in der Fläche und die Wiedervernässung, die bisher auch nur am Rande im Monitoringbericht thematisiert sind.

 

Was getan wird – einige Beispiele

Mit Blick auf die Stabilisierung des Landschaftswasserhaushalts, den Hochwasserschutz, die Erhaltung und Wiederherstellung eines guten ökologischen Zustands der Gewässer sowie eines guten mengenmäßigen Zustands des Grundwassers gibt es weitgehende Übereinstimmungen von Zielen der ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠ mit den Zielen der WRRL und der EU-Richtlinie zum ⁠Hochwasserrisikomanagement⁠ (HWRM-RL). Die Umsetzung von Maßnahmen dieser Richtlinien erhält durch den Klimawandel eine höhere Dringlichkeit.
Im Hochwasserschutz gibt es bereits direkte politische Reaktionen auf die gestiegenen Hochwasserrisiken. Hierzu gehören das Nationale Hochwasserschutzprogramm (NHWSP) und der Sonderrahmenplan „Präventiver Hochwasserschutz“, in deren Fokus auch die Wiedergewinnung natürlicher Retentionsfläche liegt. Die Mittelaufwendungen für den Hochwasserschutz konnten in den letzten Jahren deutlich gesteigert werden (siehe Indikatoren WW-R-2 und WW-R-3). Im Kontext des Umgangs mit Niedrigwasser und Trockenheit werden derzeit auf Ebene der Bundesländer vorsorgende Strategien zur nachhaltigen Bewirtschaftung der Wasserressourcen sowie zur Vermeidung von und zum Umgang mit Wassernutzungskonflikten entwickelt. Diese Arbeiten haben infolge der extremen ⁠Dürre⁠ in 2018 bis 2020 besondere Dringlichkeit erlangt. Der Bund gibt diesen Arbeiten mit der am 15.03.2023 im Bundeskabinett beschlossenen Nationalen Wasserstrategie56 einen strategischen Rahmen. Die Strategie möchte im Zeithorizont bis 2050 einen nachhaltigen Umgang mit der Ressource Wasser für Mensch und Umwelt verwirklichen, den naturnahen Wasserhaushalt schützen und wiederherstellen sowie die Wasserinfrastrukturen klimaangepasst weiterentwickeln. Die Strategie bündelt erstmals die wasserbezogenen Maßnahmen in allen relevanten Sektoren (Landwirtschaft und Naturschutz, Verwaltung und Verkehr, Stadtentwicklung und Industrie) und beteiligt Bund, Länder, Kommunen, die Wasserwirtschaft und alle wassernutzenden Wirtschaftsbereiche und Gruppen. Im Aktionsprogramm sind 78 Maßnahmen vorgesehen, die ab sofort bis 2030 umgesetzt werden. Die Umsetzung der Nationalen Wasserstrategie ist eng verzahnt mit den Fördermitteln aus dem Aktionsprogramm Natürlicher ⁠Klimaschutz⁠ (ANK), das auch Mittel für klimabezogene Maßnahmen in der Wasserwirtschaft, zur ⁠Gewässerentwicklung⁠ und für Maßnahmen der wassersensiblen Stadtentwicklung bereitstellt. Weitere Maßnahmen von Bundesseite sind die Bereitstellung von Forschungsergebnissen und Informationsmaterialien wie den Niedrigwasserberichten der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG), die zudem ein bundesweites, nutzergruppenspezifiziertes Niedrigwasserinformationssystem „NIWIS“ entwickelt.

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