FW-R-3: Humusvorrat in Waldböden
Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
Hohe Gehalte organischen Kohlenstoffs in Waldböden fördern die Wasserspeicherkapazität und verbessern die Nährstoffversorgung. Sie erleichtern es den Bäumen damit auch, heiße und niederschlagsarme Perioden besser zu überstehen. Zwischen 1992 und 2021 sind die Humusvorräte in den deutschen Waldböden angestiegen. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, dass es regional nicht auch zu Humusschwund gekommen ist.
Neben der Steuerung der Baumartenzusammensetzung (siehe Indikator FW-R-1)und der Auswahl geeigneter Herkünfte (siehe Indikator FW-R-2) haben Forstleute weitere Möglichkeiten, die Anpassungsfähigkeit der Wälder an die sich verändernden Klimabedingungen zu fördern. Die Humuspflege ist dabei ein wichtiger Schlüssel zur Schaffung günstiger Wuchsbedingungen und höherer Stabilität, denn der Humus beziehungsweise dessen wichtigster Bestandteil, der organische Kohlenstoff, sorgt für eine günstige Bodenstruktur und ist von großer Bedeutung für die Nährstoff- und Wasserversorgung der Waldbäume. Vor allem auf nährstoffarmen und eher trockenen Standorten können sich die Bedingungen für Waldbäume bei guter Humusversorgung deutlich verbessern. Allerdings hat die Witterung auch Einfluss auf die Aktivität der Bodenmikroorganismen. Wenn es bei ausreichender Wasserversorgung wärmer wird, kann dies Abbauprozesse von Humus beschleunigen.
Neben der günstigen Beeinflussung der Anpassungsfähigkeit der Wälder sind ausreichende Humusvorräte auch mit Blick auf den Klimaschutz erstrebenswert, denn Böden sind die größte terrestrische Senke für organischen Kohlenstoff, können gleichzeitig aber auch eine der wichtigsten natürlichen Quellen für CO2 in der Atmosphäre sein. Nur der im Boden dauerhaft festgelegte Kohlenstoff gelangt nicht als klimarelevantes CO2 in der Atmosphäre. Die Humuspflege ist daher sowohl eine Anpassungs- als auch eine Klimaschutzmaßnahme (siehe Indikator BO-R-1).
In Urwäldern ist die organische Substanz, die für die Humusbildung zur Verfügung steht, besonders hoch, da alle Bäume nach dem Absterben zersetzt werden und letztendlich die Humusvorräte aufbauen. Anders ist die Situation in Wirtschaftswäldern, denn mit der Holzernte sind Kohlenstoffverluste aus dem Wald verbunden. Zum einen wird durch den Eingriff der Waldboden gestört, wodurch es zum verstärkten Abbau von Humus kommen kann. Zum anderen werden mit dem Holz erhebliche Kohlenstoffmengen aus dem Wald abtransportiert; deren Umfang hängt in erheblichem Maße von den im Bestand verbliebenen Teilen der geernteten Bäume ab. Je mehr Blätter, Nadeln oder Äste am Schlagort im Wald verbleiben, desto mehr „Nachschub“ für die Bildung organischer Substanz gibt es. Dabei spielt auch eine Rolle, wie gut der Ernterücklass auf den Hiebsflächen verteilt wird. Mit der Zunahme der Energieholznutzung, gibt es allerdings einen vermehrten Anreiz auch zur Verwertung schwächerer Sortimente und von Kronenmaterial. Diese Entwicklung wurde durch die im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg und der daraus resultierenden Energiekrise stark gestiegenen Holzpreise ab dem Jahr 2022 noch stärker angetrieben. Da – im Gegensatz zur Landwirtschaft – die technischen Möglichkeiten zu einem Ausgleich von Kohlenstoff- und Nährstoffausträgen im Wald jedoch sehr beschränkt sind, ist es letztendlich entscheidend, dass die Nutzungsintensität den standörtlichen Voraussetzungen bestmöglich angepasst wird. Nur so kann eine ausreichende Humusbildung sichergestellt werden.
Im Rahmen der Bodenzustandserhebung im Wald (BZE-Wald) werden bundesweit Erhebungen zu den Kohlenstoffvorräten in Waldböden durchgeführt. Diese Erhebungen erfolgen jedoch nur in größeren zeitlichen Abständen. Die erste BZE wurde im Zeitraum 1987–1993, die zweite zwischen 2006 und 2008 durchgeführt. Die dritte BZE startete 2022. Mit prozessbasierten Modellierungen, die auf der Grundlage der BZE-Daten für die Treibhausgasberichterstattung des Bundes entwickelt wurden, lassen sich auch jährliche Werte zu den mittleren Vorräten organischen Kohlenstoffs in den deutschen Waldböden ableiten.
Die Zeitreihe zeigt über die letzten vierzig Jahre hinweg einen signifikant steigenden Trend. Ob sich diese Veränderungen bereits auf eine zielgerichtete Humuswirtschaft im Wald zurückführen lassen, ist allerdings eher fraglich, denn der Trend kann von der Art der Bewirtschaftung wie Waldumbau- oder Kalkungsmaßnahmen überlagert werden. Des Weiteren können sich Einträge von Luftschadstoffen und die nach wie vor hohe Stickstoffdeposition auf die Vorratsentwicklung des Bodenkohlenstoffs im Wald auswirken.
Der organische Kohlenstoff in der Humusauflage unterliegt vergleichsweise schnellen Auf- und Abbauprozessen und ist somit besonders stark äußeren Einflüssen ausgesetzt. Außerdem schwanken die Humusvorräte kleinräumig sehr stark, was die Interpretation von Änderungsraten erschweren kann. Der hier dargestellte Indikator bildet Änderungen von organischen Kohlenstoffvorräten in der Humusauflage und in den oberen 30 cm des Mineralbodens ab.
Die Entwicklung der Humusvorräte kann sich abweichend vom bundesweiten Mittel regional sehr unterschiedlich darstellen. Im Nordostdeutschen Tiefland stiegen die Bodenkohlenstoffvorräte vergleichsweise stark unter Kiefernbeständen an. Diese Flächen wurden ab der Mitte des letzten Jahrhunderts massiv aufgeforstet und konnten seitdem sowohl Biomasse als auch Humusvorräte aufbauen. Untersuchungen im bayerischen Alpenraum hingegen haben gezeigt, dass es dort deutliche Humusverluste gibt, am stärksten in Böden auf Kalk- oder Dolomitgestein und am deutlichsten in den Gebieten, in denen die Erwärmung besonders hoch ausgefallen ist. Die Abnahme könnte auf eine gesteigerte biologische Aktivität zurückzuführen sein, die vermutlich für einen besonders rasch fortschreitenden Humusabbau sorgt. Die Bewirtschaftung der Bergwälder ist in den letzten 50 Jahren nicht an sich verändernde Standortsverhältnisse angepasst worden. Möglicherweise bedarf es auch hier eines humusfördernden Waldmanagements, um den Humusschwund aufhalten zu können.119
119 - Prietzel J., Zimmermann L., Schubert A., Christophel D. 2016: Organic matter losses in German Alps forest soils since the 1970s most likely caused by warming. Nature Geoscience Vol. 9: 543–548. doi: 10.1038/ngeo2732.