Kommunen haben einen hohen Stellenwert, damit nationaler und internationaler Klimaschutz gelingt. Die Datenlage zu Klimaschutz in Kommunen ist jedoch lückenhaft. Die Ergebnisse einer Befragung des Umweltbundesamtes im Jahr 2023 geben zum Beispiel einen Einblick, wieviel Personal in den Kommunen für den Klimaschutz zur Verfügung steht und welche Ziele und Konzepte vorliegen oder geplant sind.
Bisher ist der Stand des kommunalen Klimaschutzes in Deutschland nicht zentral erfasst. Ein Hauptgrund für die lückenhafte Informationslage ist die Freiwilligkeit, die große Teile der kommunalen Klimaschutzarbeit prägt.
Um den Ist-Zustand zu zentralen Aspekten des kommunalen Klimaschutzes zu erfassen, hat das Umweltbundesamt eine Online-Kommunalbefragung durchgeführt. Die Befragung lief im Zeitraum November 2022 bis März 2023. Dieser Beitrag gibt einen Kurzüberblick über die zentralen Ergebnisse.
Die Tabelle „Anzahl und Arten von Kommunen nach Bundesländern“ fasst die Anzahl der verschiedenen Gemeindearten in Deutschland nach Bundesland zusammen. In der Summe aus kreisfreien Städten, Landkreisen, kreisangehörigen Städten und Gemeinden, Gemeindeverbänden und Bezirken (letzteres bezieht sich auf die Stadtstaaten Berlin und Hamburg) ergeben sich mit Stand September 2022 12.306 Verwaltungseinheiten, die im Rahmen der Befragung als Zielgruppe „Kommune“ definiert wurden.
Die Tabelle „Anzahl Gemeinden und Bevölkerung nach Gemeindegrößenklassen in Deutschland“ zeigt die Anzahl an Gemeinden und Bevölkerung, aufgeteilt in Gemeindegrößenklassen (dies bezieht sich nur auf Einzelgemeinden, also kreisfreie Städte sowie kreisangehörige Städte und Gemeinden – Landkreise, Gemeindeverbände und Bezirke sind hier nicht enthalten). Dies verdeutlicht die hohe Anzahl kleiner Kommunen in Deutschland. Kommunen unter 50.000 Einwohnenden machen über 98 % der deutschen Kommunen aus, in ihnen leben 49 Millionen Menschen, fast 60 % der deutschen Bevölkerung. Die große Anzahl kleiner Kommunen verdeutlicht die Relevanz dieser Kommunengrößen für einen erfolgreichen, flächendeckenden Klimaschutz in Deutschland. Das Vorhaben „Wirkungspotenzial kommunaler Klimaschutzmaßnahmen“ (S. 99 ff. & S. 249) hat das erhebliche Klimaschutzpotenzial kleiner Kommunen belegt.
Teilnahme an der Befragung
An der UBA-Kommunalbefragung „Klimaschutz in Kommunen 2023“ haben 1.563 Kommunen vollständig (Tabelle „Vollständige Teilnahme von Kommunen nach Bundesländern in Anzahl und Anteil an vorhandener Kommunenart je Land“) und 404 Kommunen partiell teilgenommen. Zehn Kommunen haben die Befragung abgeschlossen aber keine Angaben gemacht. Sie werden in der Auswertung nicht berücksichtigt, sodass die Anzahl auszuwertender Rückmeldungen 1.553 beträgt. Dies entspricht einer Teilnahmequote von rund 13 Prozent. Die Karte gibt eine räumliche Übersicht über die Teilnahme.
Von den 1.553 Kommunen, die vollständig an der Befragung teilgenommen haben, gaben 842 (54 Prozent) an, Personal für den Klimaschutz zu haben. 832 der Kommunen mit Klimaschutzpersonal haben den Stellenumfang für den Klimaschutz angegeben (siehe Abbildung „Vollzeitäquivalente der Personalstellen für Klimaschutz“). Die Abbildung „Detaildarstellung der Stellenumfänge größer 2 Vollzeitäquivalente“ zeigt im Detail die Mengenverteilung der Stellenumfänge der 105 Kommunen, die jeweils mehr als zwei Vollzeitäquivalente angegeben haben
1.113 Kommunen haben oder planen mindestens ein Klimaschutzkonzept. Die am stärksten verbreitete Konzeptart ist das integrierte Klimaschutzkonzept: 528 Kommunen haben ein solches Konzept, 217 weitere Kommunen planen eines zu erstellen (Abbildung „Anzahl an Kommunen mit integrierten Klimaschutzkonzepten nach Bundesländern“). Die zweite stark verbreitete Konzeptart ist das Radverkehrskonzept: 462 Kommunen haben ein Radverkehrskonzept, weitere 217 planen eines zu erstellen.
Das aktuell dynamischste Konzeptthema umfasst die Wärme. Zwar haben bisher nur 109 Kommunen eine kommunale Wärmeplanung, einen Wärmeatlas oder eine vergleichbare Planung vorliegen, allerdings planen 435 das Thema Wärme konzeptionell zu unterlegen (Abbildung „Vorhandene und geplante Klimaschutzkonzepte zum Thema Wärme nach Bundesländern“). Zum Zeitpunkt der Befragung war das Wärmeplanungsgesetz noch nicht beschlossen.
Klimanotstand
Von den 1.553 Kommunen haben 106 den Klimanotstand oder eine vergleichbare Proklamation ausgerufen. 78 von ihnen haben dies im Jahr 2019 vollzogen, 23 nach 2019 und drei vor 2019. Die Abbildung „Auswirkungen der Klimanotstandsbeschlüsse“ zeigt, wie die Kommunen die bisherigen Auswirkungen des verabschiedeten Klimanotstands bewerten bezüglich der personellen und finanziellen Ausstattung sowie der politischen Unterstützung für sowie das öffentliche Interesse am Klimaschutz.
Klimaschutzziele der Kommunen
Abgefragt wurden Ziele zur Treibhausgasminderung, zur Energiebedarfsminderung, zum Ausbau erneuerbarer Energien, zur Stärkung der natürlichen Senken und Neutralitätsziele (z. B. Treibhausgas- oder Klimaneutralität). Die Abbildung „Klimaschutzzielstellungen der Kommunen“ zeigt, welche Ziele sich Kommunen gesetzt haben bzw. aktuell erarbeiten. In der Summe aus bereits vorhandenen Zielen und Zielen, die aktuell erstellt werden, ist die Treibhausgasminderung das am weitesten verbreitete Ziel (672), dicht gefolgt von den Neutralitätszielen (618). Ziele zum Ausbau erneuerbarer Energien (424), zur Energiebedarfsminderung (317) und zur Stärkung der natürlichen Senken (253) sind in weniger Kommunen verankert. Innerhalb dieser drei Zielstellungen ist eine sehr unterschiedliche Dynamik zu erkennen: 142 Kommunen erstellen aktuell Ziele zur Stärkung der natürlichen Senken – mehr als bisher eine Zielstellung für diesen Themenbereich haben. Hingegen erstellt aktuell keine der 1.553 Kommunen eine explizite Zielstellung für die Minderung des Energiebedarfs oder zum Ausbau erneuerbarer Energien.
402 der 1.553 Kommunen haben ein Neutralitätsziel, 216 Kommunen formulieren aktuell ein Neutralitätsziel. Gemeint ist damit eine Zielstellung zur gesamtkommunalen Treibhausgasneutralität, Klimaneutralität, CO2-Neutralität oder einer anders formulierten Neutralität. Begrifflich verwendet knapp die Hälfte der 600 Kommunen, die angaben welchen Neutralitätsbegriff sie nutzen, die Klimaneutralität, knapp 200 die Treibhausgasneutralität. Gut 100 Kommunen nutzen die CO2-Neutralität oder einen anderen Neutralitätsbegriff (Abbildung „Verwendete Neutralitätsbegriffe“).
Treibhausgasbilanz
Von den 1.553 Kommunen machten 63 keine Angabe zur Bilanzierung, 782 Kommunen gaben an, noch keine Treibhausgasbilanz aufgestellt zu haben. Von den restlichen 708 Kommunen erstellen aktuell 155 ihre erste Treibhausgasbilanz, 241 haben bisher einmalig eine Bilanz aufgestellt und 312 haben bereits mehrfach ihre Treibhausgasemissionen bilanziert (Abbildung „Kommunen mit Treibhausgasbilanzen“).
Bilanzierungsstandards
468 Kommunen haben Angaben gemacht, mit welchem Standard ihre aktuellste Treibhausgasbilanz erstellt wurde. 339 (72,4 %) erstellten ihre aktuellste Bilanz nach dem BISKO-Standard, weitere 61 angelehnt an BISKO. Drei Kommunen nutzten das Greenhouse Gas Protocol und 65 Kommunen (13,9 %) einen anderen Standard.
Klimaschutz in der kommunalen Verwaltung und in den kommunalen Unternehmen
Viele Kommunen haben sich eigene Standards für die kommunale Verwaltung gesetzt. Die Abbildung „Eigengesetzte Standards für die kommunale Verwaltung vorhanden oder in Planung“ macht deutlich, dass in der Summe aus „vorhanden“ und „in Planung befindlich“ die energetische Sanierung von kommunalen Gebäuden (672) am häufigsten mit einem eigenen Standard unterlegt wird, dicht gefolgt von Vorgaben zur Beschaffung klimafreundlicher Fahrzeuge (647).
430 der befragten Kommunen haben ein Neutralitätsziel für die kommunale Verwaltung (nicht deckungsgleich mit einem Neutralitätsziel für die Gesamtkommune), weitere 247 erarbeiten aktuell ein solches Neutralitätsziel. In 342 Kommunen sind kommunale Unternehmen in den Zielstellungen für die Verwaltung enthalten.
586 Kommunen gaben an, dass es bei ihnen kommunale Unternehmen mit Klimaschutzbezug gibt, beispielsweise Stadtwerke oder kommunale Wohnungsbauunternehmen. 579 dieser Kommunen haben die Intensität der Klimaschutz-Kooperation zwischen ihnen und den kommunalen Unternehmen bewertet (Abbildung „Bewertete Intensität (Qualität und Quantität) der Klimaschutz-Kooperation zwischen Kommunalverwaltung und kommunalen Unternehmen“). 56 % der Kommunen bewerten die Kooperation als gut oder sehr gut.
Nutzung des kommunalen Ordnungsrechts für den Klimaschutz
670 Kommunen gaben an Klimaschutz ordnungsrechtlich anzuweisen, 733 Kommunen nutzen kein Ordnungsrecht für den Klimaschutz und 150 machten keine Angabe. Dabei werden Baumschutz- und Stellplatzsatzungen am häufigsten verwendet, der Anschluss- und Benutzungszwang am seltensten (Abbildung „Nutzung des kommunalen Ordnungsrechts“).
In Abgrenzung zu den strategischen und planerischen Themen, die bisher im Fokus standen, haben wir die Kommunen um eine Selbsteinschätzung gebeten bezüglich der Umsetzung von investiven Klimaschutzmaßnahmen. Dabei haben wir jene Themenfelder abgefragt, die direkt durch die Kommune umgesetzt werden können. Die Abbildung „Eigeneinschätzung bei der Umsetzung von investiven Klimaschutzmaßnahmen“ zeigt die vollständigen Antworten: Die Straßenbeleuchtung wird mit Abstand am besten bewertet, 1.141 Kommunen (73,5 %) schätzen den Umsetzungsstand als sehr gut oder gut ein.
Wechselwirkungen zwischen kommunalen Klimaschutzmaßnahmen und anderen Handlungsfeldern
Kommunale Klimaschutzmaßnahmen haben viele Querverbindungen zu anderen Themenfeldern. Die Abbildung „Berücksichtigung von Wechselwirkungen zwischen Klimaschutzmaßnahmen und anderen Themenfeldern“ zeigt, dass besonders Klimaanpassung und Naturschutz Themenfelder sind, deren Wechselwirkungen zu den kommunalen Klimaschutzmaßnahmen sehr stark berücksichtigt werden. In etwa halb so vielen Kommunen wird der Ressourcenschutz und Denkmalschutz sehr stark bei der Ausgestaltung von Klimaschutzmaßnahmen berücksichtigt. Gleichzeitig ist der Denkmalschutz das Themenfeld, bei dem die meisten Kommunen keinerlei Wechselwirkungen zu Klimaschutzmaßnahmen sehen.
Teilnahme an Wettbewerben und Aktionen für den Klimaschutz
1.005 Kommunen haben mindestens einmal an einem der abgefragten Formate von Klimaschutz-Wettbewerben oder -Aktionen teilgenommen. Knapp 84 % dieser Kommunen haben schon das Stadtradeln durchgeführt, welches mit Abstand am häufigsten zum Einsatz kommt (Abbildung „Teilnahme an Wettbewerben und Klimaschutz-Aktionen“).
Ausblick
Als Ausblick haben wir die Kommunen gefragt, welche Änderungen ihnen helfen würden, mehr Klimaschutz umzusetzen. Die Abbildung „Sehr hilfreiche Änderungen für mehr Klimaschutz in Kommunen“ zeigt, wie viele Kommunen die verschiedenen abgefragten Änderungen als sehr hilfreich einschätzen.
Dabei wird deutlich, dass insbesondere Finanzierungsaspekte und die Ausstattung mit Personal als sehr relevant eingeschätzt werden. Interessant ist, dass noch vor einer Mehrausstattung mit Geldern (stärkerer Finanzhaushalt der Kommune (942) und mehr Fördergelder (803)) einfachere Förderbedingungen die am häufigsten genannte Änderung ist, um mehr Klimaschutz zu ermöglichen. 1.113 Kommunen schätzen dies als sehr hilfreich ein.
Die am seltensten, aber immerhin noch von 422 Kommunen genannte sehr hilfreiche Änderung betrifft die Unterstützung durch die Kommunalpolitik. Allerdings nennen dies weitere 613 Kommunen als hilfreich, sodass es in der Summe als sehr förderlicher Faktor benannt wird. Die Abbildung „Relevanz von Klimaschutz in politischen Entscheidungen“ zeigt, wie die teilnehmenden Kommunen aktuell die Relevanz von Klimaschutz bei politischen Entscheidungen innerhalb ihrer Kommune einschätzen. In 542 Kommunen wird Klimaschutz als wichtig in aktuellen politischen Entscheidungen eingeschätzt, in weiteren 491 Kommunen hat es mittlere Relevanz („teils, teils“).
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
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