Mit sogenannten Balkonkraftwerken können sich neben Haus- und Wohnungseigentümer*innen auch Mieter*innen direkt an der Energiewende beteiligen und ihren Strombedarf teilweise direkt aus Sonnenenergie decken. Im ersten Halbjahr 2024 wurden die gesetzlichen Regelungen zu Steckersolargeräten stark vereinfacht.
Balkonkraftwerke – technisch korrekt: „Steckersolargeräte“ – bestehen aus einem oder mehreren Photovoltaikmodulen, einem Wechselrichter, einer Anschlussleitung sowie einer passenden Unterkonstruktion zur Montage. Die Module erzeugen Gleichstrom, der im Wechselrichter zu netzkompatiblem Wechselstrom umgewandelt wird. Der Wechselrichter wird mit einem Stecker oder Festanschluss verbunden und speist den Solarstrom meist direkt in den Verbraucherstromkreis oder einen separaten Stromkreis ein.
Bezogen auf die erzeugten Strommengen liefern Steckersolargeräte einen eher geringen Beitrag zur Energiewende. Sie können den Ausbau größerer Photovoltaik-Dachanlagen, Solarparks und Windenergieanlagen nicht ersetzen. Ihr Beitrag liegt eher in der Akzeptanzsteigerung und Demokratisierung der Energiewende: Sie ermöglichen zum Beispiel auch Mieter*innen im urbanen Raum, sich an der Energiewende zu beteiligen, und tragen dazu bei, sich mit dem eigenen Stromverbrauch überhaupt zu beschäftigen. Sie können auch die Vorstufe zur Installation einer größeren Photovoltaik-Dachanlage sein. Verbrauchertipps rund um das Thema „Balkonkraftwerk“ finden Sie in unserem Umwelttipp zu Steckersolargeräten.
Gesetzlicher Rahmen: Erneuerbare-Energien-Gesetz, technische Normung und Miet- und Eigentumsrecht
Im ersten Halbjahr 2024 wurde eine Definition von Steckersolargeräten in das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eingeführt, die eine maximale Leistung des Wechselrichters von 800 Watt (Wechselstrom) und eine maximale Leistung der Module von 2.000 Watt (Gleichstrom) erlaubt. Anlagen, die dieser Definition entsprechen, müssen nur noch im Marktstammdatenregister angemeldet werden. Nach Anmeldung prüft der Netzbetreiber, ob ein alter (rückwärtsdrehender) Zähler vorhanden ist, welcher ersetzt werden muss. Trotzdem darf das Steckersolargerät bereits betrieben werden (temporäre Duldung rückwärtslaufender Zähler). Der alte Zähler wird ggf. gegen einen Zweirichtungszähler (sog. „moderne Messeinrichtung“) ausgetauscht. Weder für den Austausch noch für den Betrieb entstehen dem Anlagenbetreiber Mehrkosten gegenüber dem früheren Zähler. Im Rahmen des Smart-Meter-Rollout werden ohnehin sämtliche alten Zähler bis 2032 gegen moderne Messeinrichtungen ausgetauscht.
Steckersolargeräte sind außerdem von der Anlagenzusammenfassung zum Beispiel mit größeren Dachanlagen ausgenommen: Somit besteht kein Risiko, dass durch das Zusammenrechnen der Leistung einer Dachanlage mit dem Steckersolargerät Schwellenwerte überschritten werden, die erhöhte technische Anforderungen auslösen könnten. Da Steckersolargeräte für den nicht selbst verbrauchten und deshalb ins öffentliche Netz eingespeisten Strom keine Einspeisevergütung erhalten, wird bei Vorhandensein einer Dachanlage die Stromeinspeisung über die gemeinsame Messeinrichtung um den Leistungsanteil des Steckersolargerätes reduziert (vgl. auch Clearingstelle EEG).
Die neu eingeführte Definition im EEG überschreibt allerdings nicht die teilweise abweichenden Anforderungen der technischen Normung. Die Normung wird im Rahmen der technischen Selbstverwaltung durch Gremien des Verbandes der Elektrotechnik (VDE) entwickelt; der Gesetzgeber hat darauf keinen Einfluss. Die technischen Vorgaben für den Anschluss von Steckersolargeräte richten sich nach der Niederspannungs-Anschlussnorm (DIN VDE AR-N-4105:2018-11). Derzeit wird von einer Arbeitsgruppe der Deutschen Kommission Elektrotechnik (DKE) im VDE eine Produktnorm für Steckersolargeräte entwickelt (DIN VDE V 0126-95: 2024-06). In diesem Prozess wird sowohl die Anhebung der Leistungsgrenze für laienbedienbare Steckersolargeräte auf 800 Watt (Wechselrichter) als auch der sichere Anschluss von Steckersolargeräten diskutiert. Mit Ergebnissen wird gegen Ende 2024 gerechnet.
Die Niederspannungs-Anschlussnorm regelt, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Inbetriebnahme eines Steckersolargerätes auch durch elektrotechnische Laien zulässig ist. Zu den Voraussetzungen zählt die Nutzung einer Energiesteckdose (z B. sogenannte „Wieland-Steckdose“); aber auch ein Festanschluss ist möglich (VDE V 0100-551-1). Der weit verbreitete Schutzkontaktstecker („Schuko-Stecker“) ist gemäß technischer Normung für die Stromeinspeisung nicht zugelassen, obwohl Steckersolargeräte vielfach damit angeboten werden. Derzeit wird die technische Normung auch zu diesem Thema überarbeitet.
Haushalte werden üblicherweise mit Dreiphasen-Wechselstrom (Drehstrom) versorgt. Da Stromzähler alle drei Phasen zusammenrechnen (saldieren), ist es für die Eigenversorgung unerheblich, auf welcher Phase ein Steckersolargerät angeschlossen wird. Hinter jedem bilanzierungsrelevanten Stromzähler des Messstellenbetreibers ist allerdings nur ein durch den Endkunden selbst angemeldetes Steckersolargerät zulässig.
Die Inbetriebnahme durch den Endkunden ist derzeit bis zu einer Wechselrichterleistung von 600 Watt normgerecht möglich. Derzeit wird die technische Normung zu diesem Thema überarbeitet. Maßgeblich ist die Angabe auf dem Typenschild oder im Einheitenzertifikat des Wechselrichters. Eine Begrenzung (Drosselung) in der Software des Wechselrichters ist dagegen nicht maßgeblich, unabhängig ob sie durch den Hersteller oder den Betreiber selbst vorgenommen wird.
Grundsätzlich können auch leistungsstärkere Steckersolargeräte installiert und in Betrieb genommen werden – allerdings nicht durch elektrotechnische Laien sondern nur durch entsprechend qualifizierte Elektrofachkräfte. Die Anlage würde dann im regulären Verfahren im Marktstammdatenregister und beim Netzbetreiber angemeldet; in diesem Fall könnte auch eine Einspeisevergütung in Anspruch genommen werden.
Derzeit muss für den Betrieb eines Steckersolargerätes das Einverständnis des Vermieters oder der Wohnungseigentümergemeinschaft eingeholt werden. In einem laufenden Gesetzgebungsverfahren (Stand: Juni 2024) ist geplant, Steckersolargeräte in den Katalog privilegierter baulicher Maßnahmen im Mietrecht und im Wohnungseigentumsgesetz aufzunehmen. Vermieter oder die Wohnungseigentümergemeinschaft können dann im Regelfall ihre Zustimmung für die Nutzung eines Steckersolargerätes nicht mehr verweigern.
Wirtschaftlichkeit von Steckersolargeräten
Steckersolargeräte sind vollständig auf das Konzept Eigenverbrauch ausgerichtet. Ausschlaggebend für die Wirtschaftlichkeit ist ausschließlich der selbstverbrauchte Anteil der Stromerzeugung, welcher bei Kleinstanlagen tendenziell sehr hoch ist (vgl. Stecker-Solar-Simulator der HTW Berlin). Hintergrund ist, dass der eher geringen Stromerzeugung ein durchschnittlicher Haushaltsverbrauch gegenübersteht – das Erzeugungs- und das Verbrauchsprofil überlappen sich im Zeitverlauf dadurch stärker. Steckersolargeräte amortisieren sich somit auch ohne direkte Förderung innerhalb weniger Jahre und um ein Vielfaches schneller als größere Dachanlagen, allerdings bei einer deutlich geringeren Gesamtinvestition.
Die Selbstversorgung ist attraktiv, weil die Stromerzeugungskosten eines Steckersolargerätes deutlich niedriger als die Strombezugskosten sind. Diese bestehen neben den eigentlichen Beschaffungskosten zu einem großen Anteil aus Netzentgelten, Steuern, Abgaben und Umlage. Der Anlagenbetreiber nimmt die aus den Strombezugskosten finanzierten Leistungen einer jederzeit gesicherten Versorgung – zum Beispiel Regel- und Ausgleichsenergie, die über Netzentgelte finanziert werden – allerdings weiterhin wie ein Stromkunde ohne Photovoltaikanlage in Anspruch. Diese Privilegierung wirkt als indirekte Förderung für Steckersolargeräte.
Photovoltaikanlagen bis 30 Kilowatt (kW) Leistung – und damit auch Steckersolargeräte – werden außerdem seit dem Jahr 2023 durch die dauerhafte Absenkung der Umsatzsteuer auf 0 Prozent gefördert.
Marktwert des überschüssig eingespeisten Stroms
Betreiber*innen von Steckersolargeräten können Anlagen sehr einfach anmelden und in Betrieb nehmen, wenn sie auf Vergütung für den eingespeisten Strom verzichten. Damit leisten sie auch einen Beitrag zum Bürokratieabbau, da die Abrechnung mit monatlichen Abschlagszahlungen etc. ebenfalls Kosten verursacht. Dem steht nur eine sehr geringe Stromeinspeisung gegenüber: Wenn bei Steckersolargeräten eine Einspeisevergütung analog zu den Dachanlagen bis 10 kW beansprucht würde, so läge diese bei 600 Watt Anlagenleistung (500 Kilowattstunden pro Jahr Erzeugung) und beispielhaften 25 Prozent Netzeinspeisung bei nur rund 10 Euro im Jahr. Bei größeren Dachanlagen wird deutlich mehr Strom in das Netz eingespeist als selbstverbraucht, darum ist eine Einspeisevergütung für deren Amortisation zwingend erforderlich.
Die Einspeisevergütung hat im Übrigen keinen direkten Zusammenhang mit dem eigentlichen Wert des Stroms, sondern wird vom Gesetzgeber so bemessen, dass Photovoltaik-Anlagen sich während ihrer Lebensdauer in der Regel amortisieren. Vereinfacht dargestellt, wird die Einspeisevergütung ermittelt, indem die durchschnittlichen Anlagenkosten zum Inbetriebnahmezeitpunkt durch die Stromerzeugung während der Förderdauer (20 Jahre) geteilt werden. Zusätzlich wird die Kostenersparnis durch den Eigenverbrauch angerechnet. Das Ergebnis ist die Einspeisevergütung in Cent pro eingespeister Kilowattstunde.
Gegenüber der Einspeisevergütung sind die Vermarktungserlöse („Marktwerte“) des eingespeisten Photovoltaik-Stroms oft deutlich geringer (vgl. Netztransparenz.de). Gerade Steckersolargeräte dürften ihre niedrigen Stromüberschüsse vor allem etwa zur Mittagszeit an sonnigen Tagen einspeisen, wenn ohnehin viel Solarstrom vorhanden ist, dessen Marktwerte in diesen Zeiträumen nahe Null oder sogar negativ sind.
Bei der in Deutschland üblichen Tarifstruktur bleiben die Strompreise pro Kilowattstunde unabhängig von der Tageszeit und von Marktwerten über Monate oder Jahre hinweg stabil. Dadurch kann beim Stromkunden der Eindruck entstehen, dass erzeugter Strom zu jedem Zeitpunkt gleich viel wert wäre. In dieser Logik würden Betreiber von Steckersolargeräten ihren vermeintlich „verschenkten“ Photovoltaikstrom später zum vollen Preis wieder zurückkaufen müssen. Dies bildet jedoch nicht die Realitäten am Strommarkt ab, wo die Marktwerte pro Viertelstunde je nach Verfügbarkeit stark schwanken. Zudem werden in Deutschland Netzentgelte, Steuern, Abgaben und Umlagen nur auf den Strombezug, nicht jedoch für die Stromeinspeisung entrichtet. Diese werden unter anderem für den Netzbetrieb und -ausbau sowie für Regel- und Ausgleichsenergie benötigt. Sie sind in den Arbeitspreisen für den Strombezug bereits enthalten; auch dadurch erklärt sich die Differenz zwischen Strombezugspreisen und Marktwert des Solarstroms. Aus diesen Gründen ist auch der „rückwärtslaufende Zähler“ kein sinnvolles Fördermodell, sondern nur eine bis zu dessen Austausch geduldete Übergangslösung bei Steckersolargeräten.
Der unentgeltlich abgenommene Strom aus Steckersolargeräten wird dem EEG-Bilanzkreis zugeordnet und trägt bei positiven Marktwerten geringfügig dazu bei, die Differenzkosten des EEG insgesamt zu senken. Die Annahme, dass der Netzbetreiber den unvergütet eingespeisten Strom zu eigenen Zwecken gewinnbringend weitervermarkten könne, ist in keinem Fall zutreffend.
Anlagengröße und Batteriespeicher bei Steckersolargeräten
Bei Steckersolargeräten ist es – im Unterschied zu größeren Photovoltaikanlagen – sinnvoll, die Anlagengröße an den eigenen Stromverbrauch anzupassen. Die Dauerlast in durchschnittlichen Haushalten liegt meist deutlich unter 100 Watt. Daher kann bereits ein einzelnes Modul mit zum Beispiel 400 Watt die ökonomisch sinnvollere Variante gegenüber der maximal möglichen Anlagengröße sein.
Mit einem zusätzlichen Batteriespeicher kann der überschüssige Photovoltaikstrom zwischengespeichert und zu Zeiten verbraucht werden, in denen das Steckersolargerät keine (ausreichende) Leistung liefert. Dazu sind allerdings meist Arbeiten durch Elektrofachkräfte am Haus- oder Wohnungsanschluss notwendig, um das Laden und Entladen des Batteriespeichers zu steuern. Außerdem müssen die zusätzlichen Kosten, die Speicherverluste und die eingeschränkte Lebensdauer eines Stromspeichers berücksichtigt werden.
Anders als bei größeren Photovoltaik-Dachanlagen wird die Stromerzeugung aus Steckersolargeräten bereits zu einem sehr großen Teil direkt verbraucht (siehe Beispiel oben). Die überschüssige Stromerzeugung dürfte daher – gerade in den Wintermonaten – kaum ausreichen, um den Speicher voll zu laden. Den hohen Anschaffungskosten des Speichers stehen dann nur wenige Nutzungszyklen gegenüber, das heißt pro ein- und ausgespeicherter Kilowattstunde werden Kosten entstehen, die wahrscheinlich über den Strombezugskosten aus dem Netz liegen. Die Anschaffung eines Batteriespeichers lohnt sich deshalb für Steckersolargeräte meist finanziell nicht.
Einen Batteriespeicher herzustellen, verbraucht zudem Ressourcen, denen wenig zusätzlicher Nutzen für die Energiewende gegenübersteht – die eingespeicherte Strommenge wäre ansonsten eingespeist worden und hätte im Stromnetz andere (fossile) Energiequellen verdrängt. Aus Umweltsicht ist darum von Heimspeichern generell abzuraten.
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