Renaturierungsmaßnahmen zur Verbesserung des Gewässerzustandes
Verbesserungen der Gewässerstruktur können durch verschiedene Renaturierungsmaßnahmen erreicht werden. Für die Maßnahmenwahl gibt zunächst das Gewässerleitbild die Richtung vor. Flächennutzung und -verfügbarkeit beschränken den Rahmen des Machbaren. Aus den Defiziten der lokalen Gewässerstruktur leiten sich die konkreten hier gelisteten Maßnahmen ab.
Um Fließgewässer zu renaturieren, muss nicht immer der Bagger kommen. Dynamische Gewässer gestalten ihre Renaturierung selbst, wenn man ihnen Entwicklungsraum gibt und Initialmaßnahmen durchführt. Kann der Gewässerlauf nicht verändert werden, so können kleine Maßnahmen dennoch die Struktur des Gewässers wesentlich verbessern. Über 90 % der deutschen Flüsse und Bäche sind über weite Strecken begradigt, eingeengt, verrohrt oder von Bauwerken unterbrochen. Durch Renaturierungen kann der ökologische Zustand und die Attraktivität der Gewässer verbessert werden.
2/4 - Wenn der Gewässerverlauf nicht verändert werden kann:
3/4 - Wenn Gewässerprofil und Ufer verändert werden können:
4/4 - Wenn weiträumige Entwicklung möglich ist:
Gewässerleitbild gibt die Richtung der Renaturierungsmaßnahmen vor
Flüsse prägen Landschaften und werden von ihnen geprägt. Gestein, Klima und Vegetation bestimmen, wie ein Gewässer aussieht. Die Form eines Flusses ist daher typisch für eine bestimmte Region. Ein gemächlich geschwungener Sandbach im Norddeutschen Tiefland unterscheidet sich deutlich von einem reißenden Gebirgsbach der Alpen oder einem tief in die Landschaft eingeschnittenen Mittelgebirgsbach. Fließgewässer verändern ihrerseits die Landschaft, indem sie Gestein und Boden abtragen, transportieren und anderorts wieder ablagern. Dadurch gestalten Flüsse und Bäche Landschaftsformen wie Täler, Auen und Küstenzonen.
Deutschland lässt sich in eine Vielzahl von Gewässerlandschaften unterteilen, die sich in drei geografischen Haupteinheiten zusammenfassen lassen (Briem 2003):
Norddeutsches Flachland,
Mittelgebirge und
Alpen zusammen mit dem Alpenvorland.
Innerhalb dieser Landschaften finden sich unterschiedliche Fließgewässertypen. Die Gewässertypen unterscheiden sich in ihrer Struktur (z. B. Talform, Substratzusammensetzung), aber auch in den Lebensgemeinschaften der Tiere und Pflanzen, die in ihnen vorkommen. In Deutschland werden 25 Fließgewässertypen unterschieden: vier für die Alpen und das Alpenvorland, acht für die Mittelgebirge, neun für das Norddeutsche Tiefland sowie vier von der Ökoregion unabhängige Typen (Pottgiesser & Sommerhäuser 2008; Pottgiesser 2018). Die Fließgewässertypen tragen wohlklingende Namen wie z. B. "Bäche und Flüsse der Jungmoräne des Alpenvorlandes", "Karbonatische, fein- bis grobmaterialreiche Mittelgebirgsflüsse" oder "Löss-lehmgeprägte Tieflandbäche". Leitbilder für die Gewässertypen werden in den hydromorphologischen Steckbriefen der deutschen Fließgewässertypen beschrieben und illustriert.
Das Leitbild wird auch als Referenzzustand bezeichnet. Es ist Grundlage der Gewässerbewertung und der Maßnahmenplanung, denn es bestimmt, in welche Richtung eine Fließgewässerrenaturierung gehen sollte. So wird beispielsweise die Sohle eines Sandbaches im Tiefland von Sand geprägt. Das Einbringen von groben Steinen im Zuge einer Renaturierung würde in diesem Fall nicht dem natürlichen Leitbild entsprechen.
Der Referenzzustand ist in unseren – über Jahrhunderte veränderten – Fließgewässern oftmals nicht wiederherzustellen. Renaturierungen sollen Flüsse und Bäche als Bestandteile unserer Kulturlandschaften revitalisieren, also wieder beleben. Sie sollen das Fließgewässer so weit wie möglich wieder in einen naturnahen Zustand zurückführen.
Faktoren für die Auswahl von Maßnahmentypen zur Gewässerrenaturierung
Planerische Rahmenbedingungen und Nutzungsansprüche definieren die Grenzen
Bei Renaturierungsprojekten sind die Nutzungsansprüche an das Gewässer und die angrenzenden Flächen zu berücksichtigen (z. B. Flächenentwässerung, Hochwasserabfluss, Schifffahrt). Sie sind ausschlaggebend für die Möglichkeiten und Grenzen einer naturnahen Gewässerentwicklung. In einer dicht besiedelten Mittelgebirgslandschaft mit engen Tälern dominieren beispielsweise die Ansprüche des Hochwasserschutzes. Dagegen tritt in einer landwirtschaftlich genutzten Tieflandebene eher die Flächenentwässerung in den Vordergrund. Je nach Ausgangslage ergeben sich somit unterschiedliche Möglichkeiten für die Gewässerentwicklung. Die Bandbreite reicht von kleinen baulichen Aufwertungen in einem verbauten Stadtgewässer bis hin zu eigendynamischer Entwicklung des Gewässers in einer weitestgehend nutzungsfreien Landschaft.
Je nach Rahmenbedingungen gibt es unterschiedliche Maßnahmenoptionen, die geeignet sind, ein möglichst hohes Maß an Gewässerentwicklung und Naturnähe zu erreichen, ohne die vorhandenen Nutzungen übermäßig zu beeinträchtigen.
Ökosystemdefizite beeinflussen Wirkung von Maßnahmen
Für die Wahl von geeigneten Renaturierungsmaßnahmen müssen auch die Störungen von Ökosystemprozessen im Einzugsgebiet des Gewässers betrachtet werden. Denn der Zustand an einem bestimmten Abschnitt eines Fließgewässers wird von übergeordneten Faktoren beeinflusst, die das gesamte Gewässer und sein Einzugsgebiet prägen. Diese Faktoren sind bei der Wahl von Renaturierungsmaßnahmen zu berücksichtigen. Andernfalls beheben die Maßnahmen nur kurzfristig lokale Symptome, während die übergeordneten Ursachen weiterhin bestehen bleiben und die gewünschten Verbesserungen ausbleiben.
Übergeordnete Faktoren, die bei einer wesentlichen Beeinträchtigung eine Renaturierung unwirksam machen können, sind:
Wasserqualität – unzureichende Wasserqualität u. a. durch Überdüngung, Mikroverunreinigungen oder pharmazeutische Rückstände;
Wassertemperatur – veränderte Temperaturen durch Einleitungen und Stauhaltungen;
Abflussdynamik und Sedimenthaushalt – gestörte Morphodynamik durch Querbauwerke, Rückstaue oder Einleitungen (LAWA 2017);
Gewässervernetzung – gestörte Längsvernetzung durch Querbauwerke, gestörte Quervernetzung durch Entkopplung von Gewässer und Aue, gestörte vertikale Vernetzung durch Sohl- und Uferverbaue;
Lebensräume und Eigendynamik – verarmte Habitatvielfalt und eingeschränktes Entwicklungspotenzial durch Begradigungen und technischen Ausbau über weite Gewässerstrecken.
Renaturierungsmaßnahmen sollten daher nicht isoliert geplant und umgesetzt werden. Sie entfalten ihre volle Wirkung nur dann, wenn auch solche übergeordneten Defizite beseitigt werden (z. B. verbesserte Abwasserreinigung, ökologisch ausgerichtete Steuerung von Wasserkraftanlagen, Schaffung von ökologischen Trittsteinhabitaten).
Defizite der lokalen Gewässerstruktur bestimmen konkrete Maßnahmen
Die konkreten baulichen Einzelmaßnahmen für eine Renaturierung ergeben sich schließlich als notwendige Maßnahmen zur Verbesserung der lokal festgestellten Strukturdefizite im Renaturierungsabschnitt. Zu den wichtigsten hydromorphologischen Defiziten, die durch Renaturierungsmaßnahmen behoben werden sollen, gehören:
monotone Gewässerläufe durch Begradigung,
unterbrochene Durchgängigkeit durch Querbauwerke und Verrohrungen,
Maßnahmen für die Durchgängigkeit – wenn Hindernisse vorhanden sind
Bauliche Strukturen wie Talsperren, Rückhaltebecken, Wehre, Abstürze und Rampen unterbrechen die Durchgängigkeit der Gewässer für Fische und andere wandernde Gewässerorganismen (DWA 2014). Neben dieser biologischen Durchgängigkeit beeinflussen solchen Bauwerke auch den Sedimenthaushalt und das Abflussverhalten eines Gewässers (LAWA 2017). Die Wiederherstellung der Durchgängigkeit und einer naturnahen Abfluss- und Geschiebedynamik ist von zentraler Bedeutung, da diese Faktoren die Lebensraumqualität an jeder Stelle im Gewässer maßgeblich beeinflussen.
Konkrete Maßnahmen zur Herstellung der Durchgängigkeit sind:
Entfernen von Querbauwerken – Eine vollständige Beseitigung ist dann möglich, wenn die Nutzung (z. B. einer Wassermühle) aufgegeben wurde. An Querbauwerken bestehende Wasserspiegeldifferenzen können nach Entfernung des Querbauwerks z. B. durch eine Aufweitung des Gewässerprofils oder eine Sohlenstabilisierung (z. B. durch große Steinblöcke) ausgeglichen werden. Mehr dazu: Ahr: Barrierefreiheit und Lebensraum für Fische schaffen
Umbau von Querbauwerken – Ohne energiewirtschaftliche Nutzung kann ein Bauwerk (z. B. ein Wehr) in der Regel zu einer fischpassierbaren, rauen Sohlrampe oder Sohlgleite umgebaut werden. Hierbei wird die Gewässersohle bei einem mäßigen – dem Flusstyp entsprechenden – Gefälle durch große Steinblöcke gesichert. Unterschiedliche Bauweisen sind möglich (z. B. asymmetrische bzw. aufgelöste Sohlrampe, Becken-Riegel-Struktur, Teilrampe). Mehr dazu: Fischaufstiegsanlage an der Nebel bei Lüssow
Anlage von naturnahen Umgehungsgerinnen – ist eine Beseitigung oder ein Umbau eines Querbauwerks nicht realisierbar, ermöglicht ein Umgehungsgerinne Fischen und anderen aquatischen Lebewesen die Überwindung des Hindernisses. Solche Umgehungsgerinne oder -bäche orientieren sich in Linienführung, Gefälle und Substratzusammensetzung am jeweiligen Gewässertyp. Der Flächenbedarf für Umgehungsrinne ist in der Regel relativ hoch. Mehr dazu: Umgehungsgerinne und Wanderhilfen als Lebensraum für Fische am Inn
Bau von technischen Fischwanderhilfen – im Gegensatz zu naturnahen Umgehungsgerinnen weisen diese technischen Bauwerke mit ihren Becken kaum naturnahe Habitatelemente auf. Technische Fischwanderhilfen gibt es in unterschiedlichen Ausführungen, wie dem Schlitzpass (Vertical-Slot-Pass) oder dem Borstenpass (gut geeignet für kleinere Gewässer). Da die Baukosten relativ hoch sind und die Instandhaltung aufwändig ist, sind technische Wanderhilfen nur dann zu empfehlen, wenn aufgrund von beengten Platzverhältnissen oder anderen Restriktionen keine naturnahen Umgehungsgerinne möglich sind.
Umgestaltung von Durchlässen und Verrohrungen – Nicht nur Querbauwerke, sondern auch enge Durchlässe oder lange Verrohrungen können die Wanderung von Wasserlebewesen stark behindern, denn Fische und andere wandernde Organismen vermeiden glatte Betonsohlen und hohe Strömungsgeschwindigkeiten. Zudem können zu eng bemessene Profile einen Wasserrückstau und den Rückhalt von Sedimenten verursachen. Durch das Öffnen von Verrohrungen, das Aufweiten von Durchlässen und das Herstellen relativ naturnaher Sohl- und Uferstrukturen lassen sich auch sogenannte Zwangspunkte (z. B. Straßenunterquerungen) passierbar gestalten. An kleinen Gewässern im ländlichen Raum bieten sich Furten statt Rohrdurchlässen an.
Wiederanbindung von Zuläufen – Mündungsbereiche von Seitengewässern wurden im Zuge des Gewässerausbaus oftmals verlegt und befestigt. Zudem entstanden durch die Eintiefung der Hauptgewässer für Fische und andere Organismen unüberwindbare Wasserspiegeldifferenzen zwischen Haupt- und Zulauf. Durch Maßnahmen wie der Entwicklung naturnaher, niveaugleicher Mündungsbereiche oder den Bau von fischpassierbaren Mündungsrampen lassen sich Zuläufe wieder an das Gewässersystem anbinden. Mehr dazu: Renaturierung der Ahrmündung bei Sinzig
Maßnahmen im bestehenden Profil – wenn der Gewässerlauf nicht verändert werden kann
Insbesondere in Ortslagen werden Fließgewässern kaum Möglichkeiten zur eigendynamischen Entwicklung geboten. Angrenzende Nutzungen und Infrastrukturen werden durch massiven Verbau gesichert. Für einen geregelten Abfluss, insbesondere bei Hochwasser, sind die Gewässerbetten oftmals technisch ausgebaut. Ihre monotone Struktur bietet Tieren und Pflanzen kaum Lebensraum. Unter bestimmten Voraussetzungen (Beibehaltung der Ufersicherung, Gewährleistung eines geregelten Wasserabflusses etc.) können auch in solchen Restriktionsbereichen kleinräumige Maßnahmen zu Habitatverbesserungen im bestehenden Gewässerprofil führen. Das Ziel solcher Renaturierungen ist vor allem die Erhöhung der Strukturvielfalt in der Gewässersohle.
Konkrete Maßnahmen zur Strukturaufwertung im bestehenden Gewässerprofil sind:
Herstellen einer natürlichen Gewässersohle – Gepflasterte oder betonierte Sohlen bieten den meisten Tieren und Pflanzen keinerlei Lebensraum. Durch das Entfernen von massivem Sohlverbau kann bereits eine erhebliche ökologische Aufwertung erzielt werden. Zusätzlich kann gewässertypisches Substrat in die Sohle eingebracht werden. In Bereichen, in denen das strömende Wasser unerwünscht Geschiebe in Bewegung zu setzen droht, können Wasserbausteine zur Sohlsicherung eingebracht werden. Mehr dazu: Kleinräumige Aufwertungen für Kieslaicher der Wümme, Umgestaltung der Ahr in Bad Neunahr-Ahrweiler
Einbau von Strukturelementen – Verankertes Totholz, Störsteine oder Ufersporne können auch in ausgebauten Gewässern vielfältige Lebensräume für Tiere und Pflanzen schaffen. Sie sorgen für abwechslungsreiche Strömungs- und Substratverhältnisse. Gleichzeitig können solche Elemente zur naturnahen Sicherung von Sohle und Ufer dienen. Mehr dazu: Totholz als Lebensraumfaktor – alles andere als tot
Austausch von technischem mit naturnahem Uferverbau – Wenn der Rückbau von Ufersicherungen nicht möglich ist, können naturnahe Bauweisen massive Uferverbaue aus Beton oder Stein ersetzen. Sie sichern die Ufer und haben gleichzeitig ökologische Funktionen als Lebensräume und Nahrungsquellen. Zu naturnahem Uferverbau zählen beispielsweise Böschungsbegrünung, Geotextilien, Spreitlagen, Blockwurf/Steinschüttung, Trockenmauer, Faschinenwände, Wurzelstöcke, Stangenverbau, Krainerwände und Raubäume.
Schonende Gewässerunterhaltung, wenn Baumaßnahmen nicht möglich sind – Unter besonders restriktiven Rahmenbedingungen ist die Sicherstellung eines geregelten Abflusses in technisch ausgebauten Profilen oberstes Ziel. In solchen Fällen sind keine baulichen Renaturierungen oder eigendynamischen Entwicklungen des Gewässers möglich. Wenn andere wasserwirtschaftliche Ziele wie Hochwasserschutz nicht gefährdet werden, kann hier eine schonende Gewässerunterhaltung zur ökologischen Aufwertung beitragen. Das DWA-Merkblatt "Neue Wege der Gewässerunterhaltung – Pflege und Entwicklung von Fließgewässern" (DWA 2010) zeigt Möglichkeiten auf, wie Unterhaltungsmaßnahmen gewässerschonend durchgeführt werden können. Mehr dazu: Naturnahe Gewässerunterhaltung – Alternative zur Baumaßnahme
Maßnahmen im Gewässer und im Nahbereich – wenn das Gewässerprofil und die Ufer verändert werden können
In intensiv landwirtschaftlich genutzten Landschaften wird Fließgewässern kaum Raum zugestanden. Flächennutzungen wie Weiden, Grünland oder Acker reichen oftmals bis an die Gewässerkante der Flüsse und Bäche. Durch Kooperation mit der Landwirtschaft und strategisches Flächenmanagement lässt sich dennoch Platz im Gewässernahbereich schaffen, der eine naturnahe Gewässerentwicklung ermöglicht. Deutliche Habitatverbesserungen im Gewässerbett und den angrenzenden Flächen können erzielt werden, wenn Maßnahmen an möglichst langen Gewässerabschnitten oder in kurzen Abständen aufeinander folgend umgesetzt werden. Voraussetzung dafür ist die Flächenverfügbarkeit in Form von möglichst breiten, kontinuierlichen Streifen entlang des Gewässers.
Konkrete Maßnahmen zur Gewässerentwicklung mit limitierter Flächenverfügbarkeit sind:
Abflachen der Ufer und Gewässernahbereiche – Aufgrund eines gestörten Sedimenthaushaltes und veränderter Abflussverhältnisse sind Gewässer oftmals übermäßig eingetieft. Durch Uferabflachungen und Bodenabtrag im Gewässernahbereich kann eine kleine Sekundäraue geschaffen werden. In diesem Bereich kann sich das Gewässer selbstständig entwickeln. Die Entwicklung kann an den Außengrenzen der Sekundäraue durch versteckten bzw. "schlafenden" Verbau limitiert werden. Mehr dazu: Innerorts: Vorlandabsenkung und Schaffung naturnaher Gewässerstrukturen an der Murg
Wiederherstellen einer leitbildkonformen/naturnahen Linienführung – Dazu zählen die Wiederherstellung einzelner Fluss- oder Mäanderbögen oder die Neutrassierung längerer Gewässerabschnitte mit gewundener bis mäandrierender Linienführung. Neutrassierung kommt insbesondere dann zum Einsatz, wenn der Fluss nicht genügend Fließdynamik und Geschiebetätigkeit mitbringt, um sich seinen Verlauf selbst zu gestalten. Eine entsprechende Flächenverfügbarkeit muss gegeben sein. Mehr dazu: Neutrassierung der Wern im Entwicklungskorridor in Bauabschnitt V, Laufgestaltung und Strukturverbesserung an der Alten Nebel
Entfernen von Uferverbau – Der Rückbau von Ufersicherungen gibt dem Gewässer die Möglichkeit der eigendynamischen Entwicklung zurück. Steht genügend Raum zur Verfügung, können mit dieser Maßnahme großflächige Umgestaltungen in dynamischen Gewässern initiiert werden. Ist die seitliche Entwicklung durch Restriktionen oder Nutzungen eingeschränkt, kann sie durch versteckten ("schlafenden") Verbau begrenzt werden. Mehr dazu: Innerorts: Vorlandabsenkung und Schaffung naturnaher Gewässerstrukturen an der Murg
Strukturierung von Ufern mit Buchten, Flachwasserbereichen, Totholz – Monotone Ufer können durch bauliche Veränderungen naturnah und vielseitig gestaltet werden. Bei ausreichender Abflussdynamik werden solche Initialstrukturen vom Gewässer selbst weiterentwickelt. Raubäume und Wurzelstöcke dienen als zusätzliche Lebensräume und können gleichzeitig Prallufer stabilisieren und – wo notwendig – gegen Ufererosion schützen. Mehr dazu: Restrukturierung der Innufer
Einbau von Strömungslenkern – Bei ausreichend starker Eigendynamik bieten Strömungslenker wie Steinschüttungen (z. B. aus ehemaligem Uferverbau), Buhnen, Raubäume oder Wurzelstöcke eine kostengünstige Möglichkeit eigendynamische Entwicklungen auszulösen. Durch wechselseitige Strömungslenkung kann sich an einem geradlinig ausgebauten Gewässer ein naturnah pendelnder Verlauf entwickeln. Mehr dazu: Ahlheim – Initialmaßnahmen für eigendynamische Entwicklung an der Fulda
Aufweiten des Gewässerbettes – Bei verzweigten Flusstypen führt eine Aufweitung zur Annäherung an den Referenzzustand. Bei anderen Flusstypen ist auf eine Niedrigwasserrinne zu achten. Ansonsten entstehen überbreite Gewässerbetten mit der Tendenz zur Verlandung. Mehr dazu: Profilaufweitung der Ruhr in Oeventrop
Verengung des Querprofils – Bei unnatürlich breiten und flachen Gewässerbetten kann eine Verengung des Abflusses durch Strömungslenker (Buhne, Raubaum, Wurzelstock etc.) die Ausbildung von typischen Strukturen wie Prall- und Gleithängen bewirken. Mehr dazu: Neutrassierung der Wern im Entwicklungskorridor in Bauabschnitt V
Maßnahmen bis weit in die Aue – wenn weiträumige, eigendynamische Entwicklung möglich ist
Als Teil intensiv genutzter Landschaften und Siedlungsräume haben Fließgewässer wenig Platz für das, was sie normalerweise tun: sich permanent verändern. Den Ort, den sie dafür normalerweise beanspruchen, haben wir Ihnen oftmals weggenommen: die Auen. Insbesondere in gemeinschaftlichen Planungen mit dem Natur- und Hochwasserschutz lassen sich großräumig Flächen sichern, die für die Verzahnung von Gewässer und Aue genutzt werden können. Mehr dazu: Naturschutz und Gewässerentwicklung – ein schönes Paar und Hochwasser durch Renaturierung entschärfen
Neben der Flächensicherung sind dazu in der Regel auch unterstützende Maßnahmen im Gewässer und im Umfeld notwendig.
Konkrete Maßnahmen zur Verzahnung von Gewässer und Aue sind:
Zulassen bzw. Initiieren von eigendynamischer Entwicklung – Bei ausreichend starker Eigendynamik (insbesondere Abflussdynamik) können Entwicklungsprozesse in allen Gewässerbereichen (Sohle, Ufer, Umland) angestoßen werden. Diese werden durch Initialmaßnahmen wie das Entfernen von Verbau und den Einbau von Strömungslenkern ausgelöst. Je schwächer das eigendynamische Entwicklungspotenzial ist, desto umfangreicher und ausgeprägter sind solche Initialmaßnahmen zu gestalten. Mehr dazu: Alheim – Inititialmaßnahmen für eigendynamische Entwicklung der Fulda
Sicherung und Erweiterung natürlicher Überflutungsräume – Naturnahe, strukturreiche Auwälder und andere Auenbiotope fördern den Rückhalt von Hochwasser. Durch eine planerische Ausweisung solcher Überflutungsräume (Hochwasserschutz, Naturschutz etc.) und durch ein strategisch ausgerichtetes Flächenmanagement lassen sich solche Gebiete sichern und ausweiten. Mehr dazu: Rotenburg – Hochwasserabsenkung durch Auenreaktivierung an der Fulda
Extensivierung der Nutzung – Die Zurücknahme der meist landwirtschaftlichen Nutzungen in überflutungsgeprägten Auen verbessert die Biotopvielfalt und Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Langfristig etablieren sich auentypische Wälder oder Offenlandbiotope. Falls Auenflächen nicht bereitgestellt werden können, können Extensivierungsprogramme oder Bewirtschaftungsvereinbarungen (z. B. Beweidungskonzepte) eingesetzt werden. Mehr dazu: Renaturierung im Einklang mit Land- und Forstwirtschaft, Hase: Kooperation mit Landwirtschaft ermöglicht Auenrevitalisierung
Reaktivierung von Altarmen – Altarme und Altwässer sind ehemalige Haupt- oder Nebengerinne eines Gewässers. Viele bestehende Altwässer sind im Laufe der Jahre stark verlandet oder durch Nutzungseinflüsse beeinträchtigt. Durch Ausbaggern und Sicherung der Abflussdynamik bieten reaktivierte Altarme sehr gute Möglichkeiten zur Strukturverbesserung von monotonen Hauptläufen. Mehr dazu: Laufgestaltung und Strukturverbesserung an der Alten Nebel
Anlage von künstlichen Seitenarmen – Insbesondere bei monotonen Gewässern, in denen eine Ausbildung naturnaher Strukturen kaum möglich ist, bieten sich künstliche Seitenarme als Ersatzlebensräume für Fische und andere aquatische Organismen an. Für eine entsprechende morphologische Entwicklung der Seitenarme ist ein ausreichend hoher Durchfluss, vor allem auch von strukturbildenden Hochwässern, notwendig. Mehr dazu: Wiederherstellung von Altwasser und Renaturierung von Auen am Inn
Pottgiesser T. (2018): Die deutsche Fließgewässertypologie – Zweite Überarbeitung der Steckbriefe der Fließgewässertypen. FE-Vorhaben des Umweltbundesamtes "Gewässertypenatlas mit Steckbriefen" (FKZ 3714242110)
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
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