Wie sich zentrale Beteiligungsergebnisse in der Strategie widerspiegeln und welche zusätzlichen Themen durch die Beteiligten eingebracht wurden, zeigt der abschließende Bericht zum Dialog KlimaAnpassung.
Bürger*innen und Stakeholder geben vielfältige Empfehlungen
Die beteiligten Bürger*innen und Stakeholder halten Klimaanpassung für wichtig und unterstützen in großen Teilen die Themen der Klimaanpassungsstrategie. Von den Stakeholdern gibt es viel Zustimmung zum Ansatz der messbaren Ziele und dazu, bei der Zielsetzung thematisch anhand von Clustern vorzugehen.
Neben Empfehlungen zu einzelnen Clustern finden sich in den Beiträgen der Stakeholder und Bürger*innen wiederkehrende Aspekte sowie Hinweise zu übergeordneten Themen:
- Viele Beiträge fordern, naturbasierte Lösungen zu stärken, mehr Flächen zu begrünen und möglichst natürlich mit der Ressource Wasser umzugehen. So wünschen sich die Menschen die Förderung blau-grüner Infrastrukturen und des Konzepts der Schwammstadt.
- Vulnerable Gruppen, die unter den Klimarisiken besonders leiden, werden häufig thematisiert. In vielen Beiträgen geht es darum, dass sie beispielsweise in Hitzeaktionsplänen besonders beachtet, durch spezifische Warnsysteme und eine angepasste Kommunikation angesprochen werden und städtisches Grün gut erreichen können.
- Die Bedeutung von Bildung für die Klimaanpassung wird betont und ein Bedarf nach Förderprogrammen sowie vermehrter Informationsvermittlung, Beratung und Wissenstransfer Empfohlen wird auch, (technische) Normen und Standards zu überprüfen und anzupassen.
- Vielen ist es ein Anliegen, dass Klimaanpassung ohne zusätzliche Bürokratie und Mehraufwände umgesetzt wird. Teilweise sehen die Stakeholder Zielkonflikte zwischen Planungsbeschleunigung und Klimaanpassung, etwa im Gebäudebereich und bei Infrastrukturen.
- Sowohl Bürger*innen als auch Stakeholder erwarten, dass sie weiterhin in die Umsetzung der Klimaanpassungsstrategie einbezogen
Wie die Beteiligung in die Strategie eingeflossen ist
Viele eingebrachte Themen und Vorschläge finden sich in der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel 2024 wieder. Die Empfehlungen der Bürger*innen bilden die Basis der „Vision für ein klimaresilientes Deutschland 2060“. In der formellen Konsultation haben die Vertreter*innen der Länder zahlreiche eigene Beiträge zur Zielerreichung formuliert, die im Abschnitt „Beiträge der Bundesländer“ in die Strategie eingeflossen sind.
Die häufig genannten Themen Begrünung, vulnerable Gruppen und Bildung sowie Informationsbereitstellung finden sich an verschiedenen Stellen der Strategie wieder. Begrünung und naturbasierte Lösungen werden etwa in der Stadtentwicklung, bei Gebäuden oder im Thema Wasser angesprochen. Vulnerable Gruppen werden insbesondere im Aktionsfeld „Soziale Gerechtigkeit und vulnerable Gruppen in der Klimaanpassung“ thematisiert, aber auch bei den Themen Gesundheit, Bevölkerungsschutz oder Gebäude. Der Aktionsplan Anpassung – der die Maßnahmen der Strategie bündelt – enthält zudem viele Maßnahmen zu Forschung, Bildung, Beratung und Informationsbereitstellung.
Die beschlossene Strategie enthält einige Themen, die in dem zur Beteiligung genutzten Rohentwurf (2023) noch nicht enthalten waren. Dazu zählen etwa Arbeitsschutz und Sport, die jeweils als eigene Aktionsfelder aufgenommen wurden. Ergänzt wurde auch das Ziel, die Bekanntheit und Attraktivität des Ehrenamts im Bevölkerungsschutz zu steigern. Alle drei Themen wurden von Bürger*innen und Stakeholdern diskutiert und eingebracht.
Mit Blick auf das Ambitionsniveau wurden im Laufe der Strategieentwicklung einzelne Zieljahre vorgezogen. Etwa hatten die Stakeholder für menschliche Gesundheit und Pflege vorgeschlagen, alle Ziele einheitlich auf das Zieljahr 2030 zu setzen. Anders als der Rohentwurf sieht die finale Strategie dies so vor.
Welche Themen nicht in die Strategie eingeflossen sind
Einige der von den Bürgern*Bürgerinnen und Stakeholdern eingebrachten Themen sind aktuell (noch) nicht in die Strategie eingeflossen. Zahlreiche Beiträge berührten Beiträge anderer Politikbereiche und gaben Empfehlungen etwa zur Agrar-, Energie- oder Mobilitätswende. Ebenso gab es zum Teil Empfehlungen, die andere Politikstrategien im Umweltressort betreffen. Die Beiträge zur biologischen Vielfalt etwa sind aufgrund des parallelen Strategieprozesses zur Fortentwicklung der „Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt 2030“ bislang nicht in die Klimaanpassungsstrategie eingeflossen, aber für die Fortschreibung vorgemerkt.
Auch Bereiche außerhalb des Verantwortungsbereichs des Bundes wurden nicht aufgegriffen. Die Meeresfischerei etwa wird auf EU-Ebene verhandelt. Der von Bürger*innen adressierte öffentliche Nahverkehr sowie der Fuß- und Radverkehr liegen im Kompetenzbereich von Ländern und Kommunen – ebenso wie viele Verantwortlichkeiten bei menschlicher Gesundheit und Pflege.
Einige Beiträge wurden aufgrund der Schwerpunktsetzung der Strategie nicht aufgenommen. Dies betrifft beispielsweise die Energiewirtschaft. Da die Klimawirkungs- und Risikoanalyse des Bundes von 2021 hier mittelfristig ein geringes Risiko sieht (Kahlenborn et al. 2021), ist vorgesehen, dieses Thema erst bei der kommenden Fortschreibung der Anpassungsstrategie zu berücksichtigen. Auch die Themen Finanzwirtschaft, Tourismuswirtschaft sowie Informations- und Kommunikationsinfrastruktur und das Zusammenspiel von Ernährung und Konsum sind aufgrund der gesetzten Schwerpunkte nicht enthalten. Bei einzelnen Themen – etwa Meeresschutz oder psychische Klimawandelfolgen – fehlt es noch an Informationen und Daten oder die Strategie nennt zusätzlichen Forschungsbedarf.
Die Beteiligungsformate haben sich bewährt…
Im Beteiligungsprozess konnten sowohl die anvisierten Stakeholder als auch Bürger*innen aus einzelnen Regionen und zum Teil darüber hinaus erreicht werden. Alle Beteiligungsformate, bis auf die abschließende Konsultation der Länder, wurden evaluiert. Während bei den Präsenzformaten gute Rücklaufquoten erreicht werden konnten (Bürger*innen 92 %, Stakeholder 78 %), nahmen an der Evaluation der Onlineformate nur sehr wenige teil. Die Präsenzformate wurden insgesamt positiv bewertet – sowohl hinsichtlich der Beteiligungsergebnisse als auch des Prozesses. Knapp zwei Drittel der Bürger*innen und gut die Hälfte der Stakeholder sind zuversichtlich, dass ihre Beiträge angemessen in der Strategieentwicklung berücksichtigt werden.
… und zur weiteren Beteiligung motiviert
Positiv ist zudem, dass drei Viertel der Bürger*innen aus den regionalen Dialogen angeben, motiviert zu sein, sich in weitere Beteiligungsangebote einzubringen, und zwei Drittel, sich weiter mit dem Thema Klimaanpassung zu beschäftigen. Über 90 Prozent der beteiligten Bürger*innen sind der Ansicht, dass durch die regionalen Dialoge besonders wichtige Themen identifiziert wurden, die für ein Leben im Klimawandel als erstes angepackt werden sollten und dass gute Empfehlungen an politische Entscheidungsträger*innen entwickelt wurden. Jeweils gut die Hälfte gibt an, dass sich ihr Verständnis von Folgen des Klimawandels und von Anpassungsmaßnahmen gesteigert hat, und dass sie nun überzeugter sind, dass Klimaanpassung notwendig oder für eine gute Lebensqualität in Deutschland wichtig ist – bei etwa einem Drittel waren Wissen und Überzeugung schon vorher hoch.
Was sich aus dem Dialog KlimaAnpassung lernen lässt
Aus dem Beteiligungsprozess lassen sich unter anderem folgende Empfehlungen für weitere Beteiligungsangebote ableiten:
- Beteiligung braucht Zeit, sowohl für die Planung und Umsetzung als auch für die Auswertung und Berücksichtigung der Ergebnisse. Daher sollte Beteiligung bei der Strategieentwicklung frühzeitig mitgedacht und eingeplant werden.
- Für eine Onlinebeteiligung von Bürger*innen und insbesondere junger Menschen sind ausreichend Ressourcen für Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit einzukalkulieren. Für Werbemaßnahmen über Social Media oder den Zugang über Multiplikatoren sollte ein längerer Vorlauf eingeplant werden.
- Zukünftig sollten bislang weniger erreichte und insbesondere vulnerable Gruppen in ergänzenden Formaten stärker einbezogen werden. Denkbar sind hier aufsuchende Formate sowie die Einbindung von Multiplikatoren.
- An den Beteiligungsformaten mit Bürger*innen sollten – wie hier bei den regionalen Dialogen geschehen – Vertreter*innen des ausrichtenden Ministeriums bzw. der ausrichtenden Behörde Dies verdeutlicht die Relevanz und Ernsthaftigkeit des Prozesses.
- Wichtig für die Glaubwürdigkeit ist es, bereits zu Beginn der Beteiligung deutlich zu machen, wie mit den Empfehlungen weitergearbeitet wird. Unbedingt sollten im Anschluss die Ergebnisse der Beteiligung und der Umgang damit transparent gemacht werden.
Autor*innen: Dr. Esther Hoffmann, Johannes Rupp, Richard Harnisch (Institut für ökologische Wirtschaftsforschung)
Der „Dialog KlimaAnpassung“ wurde zusammen mit dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), IKU – Die Dialoggestalter, Ecolo – Agentur für Ökologie und Kommunikation, Bosch & Partner sowie Polidia und Ifok durchgeführt.
Dieser Artikel wurde als Schwerpunktartikel im Newsletter Klimafolgen und Anpassung Nr. 99 veröffentlicht. Hier können Sie den Newsletter abonnieren.
Quellen:
BMUKN – Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit (Hrsg.) (2024): Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel 2024 – Vorsorge gemeinsam gestalten. Download unter: BMUKN: Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel 2024 | Download
Hoffmann, E. & Rupp, J. (2025): Beteiligungsprozess zur Deutschen Anpassungsstrategie 2024. Schnittmengen zwischen den Empfehlungen und der Strategie, Dezember 2025, Umweltbundesamt: Dessau-Roßlau, Download unter: Beteiligungsprozess zur Deutschen Anpassungsstrategie 2024 | Umweltbundesamt
Kahlenborn, W.; Porst, L.; Voß, M.; Fritsch, U.; Renner, K.; Zebisch, M.; Wolf, M.; Schönthaler, K.; Schauser, I. (2021). Klimawirkungs- und Risikoanalyse für Deutschland 2021 (Kurzfassung), Juni 2021, Umweltbundesamt: Dessau-Roßlau, Download unter https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/KWRA-Zusammenfassung