Wissenschaftliche Fragestellungen in AMELAG am RKI

Abwasser stellt eine große Informationsquelle dar und bietet viele Möglichkeiten für die Überwachung von Krankheitserregern. Aber viele wichtige Fragestellungen sind noch nicht beantwortet. Um das volle Potential dieser Zukunftstechnologie zu erfassen ist viel Forschung notwendig. Diese folgenden Forschungsprojekte sind Teil von AMELAG. Geforscht wird am Umweltbundesamt, am Robert Koch-Institut sowie an Universitäten und bei weiteren Forschungspartnern.

Erfassung von Antibiotikaresistenzen in Abwässern – Forschung am Robert Koch-Institut im Fachgebiet Nosokomiale Infektionserreger und Antibiotikaresistenzen

In diesem Projekt wird das Konzept eines Frühwarnsystems für Antibiotika-Resistenzen in Abwässern vorgestellt. Die Forschung konzentriert sich auf Carbapenem-Resistenzen bei Enterobacterales in der Modellregion Großraum Leipzig. Verschiedene Methoden, darunter kulturabhängige und kulturunabhängige Ansätze, digitale PCR und Metagenomik, werden verwendet, um Resistenzgene bzw. resistente Bakterien zu identifizieren und ihre Häufigkeit zu bestimmen. Nachweisgrenzen der verschiedenen Methoden werden bestimmt und miteinander verglichen. Die nachgewiesenen Resistenzen werden mit Daten aus benachbarten medizinischen Einrichtungen abgeglichen, um sicherzustellen, dass die Ergebnisse klinische und öffentliche Gesundheitsrelevanz haben („Plausibilitätsprüfung“).

Nachweis von Polioviren aus Abwasserproben – Projekt des Robert Koch-Instituts am Nationalen Referenzzentrum für Poliomyelitis und Enteroviren in Kooperation mit dem Umweltbundesamt

Derzeit wird in Deutschland zur Überwachung der Poliofreiheit eine syndromische Surveillance hospitalisierter Patienten mit Verdacht auf aseptische Meningitis/Enzephalitis oder akuten schlaffen Paresen (accute flaccid paralysis, AFP) durchgeführt (Enterovirussurveillance, EVSurv). In der Endphase der Polioeradikation könnte jedoch ergänzend auch die Untersuchung von Abwasserproben als Frühwarnsystem eine zunehmende Rolle spielen. Daher wurde am Nationalen Referenzzentrum für Poliomyelitis und Enteroviren am ⁠RKI⁠ (NRZ PE) in Kooperation mit dem Umweltbundesamt (⁠UBA⁠) eine zellkulturbasierte Methode zum sensitiven Nachweis von Polioviren aus Abwassserproben etabliert (⁠BMG⁠-gefördertes Pilotprojekt 2019 – 2023).

Im Rahmen eines Forschungsprojektes (BMG Förderung 2023 – 2026) werden derzeit verschiedene molekulare Methoden zum direkten Nachweis von Polioviren aus Abwasserproben etabliert, um deren Mehrwert zur Bewertung der epidemiologischen Lage zu ermitteln.

Sequenzierungsmethoden in Abwasserproben – Forschung des Robert Koch-Instituts im Fachgebiet Methodenentwicklung und Forschungsinfrastruktur

Das Forschungsvorhaben am RKI zielt darauf ab, Sequenzierungsmethoden und bioinformatische Auswertungen zu etablieren und zu validieren, um SARS-CoV-2 Virusvarianten und andere Erreger in Abwasserproben zu analysieren. Basierend auf Protokollen, welche die wissenschaftliche Community im Verlaufe der Pandemie für die Sequenzierung von SARS-CoV-2 aus Abwasserproben entwickelt hat, vergleicht das RKI zusammen mit externen Partnern, wie dem Umweltbundesamt und dem Max-Delbrück-Centrum, innovative Ansätze zur Anreicherung von genetischem Material und dessen Sequenzierung. Dazu zählen beispielsweise bereits im Einsatz befindliche Amplikon-Protokolle, aber auch die Anwendung von Capture-Sequenzierung, Metagenomik und selektiver Sequenzierung. Diese Methoden sollen zur systematischen Überwachung von SARS-CoV-2 im Abwasser beitragen und die öffentliche Gesundheit durch frühzeitige Erkennung von Virusvarianten und anderen Erregern stärken. Das Projekt unterstützt den Ausbau integrierter Surveillance-Systeme und soll zur Verbesserung der epidemiologischen Lagebewertung beitragen.

PhD-Projekt am Robert Koch-Institut am Zentrum für Künstliche Intelligenz in der Public Health-Forschung

Im Rahmen des PhD Projekts "AI-assissted monitoring of SARS-CoV-2 and other pathogens using wastewater-based epidemiology" wird untersucht, wie wir Methoden des maschinellen Lernens und der künstlichen Intelligenz einsetzen können, um Daten aus der Abwassersurveillance von SARS-CoV-2 zu analysieren und zu interpretieren. Ein Fokus liegt darauf, die Ausbreitung der Viruslasten innerhalb des Abwassersurveillancenetzwerks zu untersuchen und den Einfluss von bestimmten Umweltfaktoren wie z.B. Niederschlag oder Chemikalien aus dem industriellen Abwasser auf die gemessenen Viruslasten zu erforschen. Des Weiteren soll mit Hilfe von Sequenzdaten von Virusfragmenten aus dem Abwasser das Aufkommen und die Ausbreitung bekannter und unbekannter Virusvarianten erkannt und nachvollzogen werden. Ergänzend zum klinischen ⁠Monitoring⁠ soll mit Hilfe der Abwasser-basierten Analysen die Entwicklung der Infektionsdynamik in Deutschland besser verstanden werden. Gemeinsam mit Projekten weiterer Fachgruppen am Robert Koch-Institut zielt das Projekt darauf ab, die gewonnen Erkenntnisse und entwickelten Methoden in die Surveillance von weiteren Erregern einfließen zu lassen und einen Beitrag zur Fähigkeit des Öffentlichen Gesundheitsdiensts zu leisten, auf zukünftige Pandemien vorbereitet zu sein.

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Schlagworte:
 Abwassersurveillance  Präventiver Gesundheitsschutz  SARS-CoV-2  Kommunale Abwasserrichtlinie