Im Jahr 2023 startete die neue Förderperiode der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP). Damit gelten neue Mindeststandards als Voraussetzung für die Auszahlung der Subventionen. Unter anderem müssen die Flächen in „gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ)“ gehalten werden. Die Regelung GLÖZ 8 sieht vor, dass 4 Prozent der Ackerflächen aus der Produktion genommen werden müssen, z.B. als Brache. Ziel ist der Schutz von Biodiversität und Umwelt in der Agrarlandschaft. Nachdem der Standard im ersten Jahr bereits ausgesetzt wurde, gibt es für das Jahr 2024 erneut eine Ausnahmeregelung. Statt durch eine Brache können die Betriebe GLÖZ 8 auch durch den Anbau von Hülsenfrüchten (Leguminosen) oder Zwischenfrüchten erfüllen.
Das Thünen Institut (TI) hat auf Grundlage von Betriebsdaten (InVeKoS-Daten) für ein Politikpapier ausgewertet, was die neue Regelung im Vergleich zu der ursprünglichen Regelung bedeutet. Es zeigt sich, dass durch die neue Regelung kaum zusätzliche Flächen zum Schutz der Biodiversität bereitgestellt werden müssen: Knapp 90 Prozent der Betriebe hätten die Anforderung auch schon im Jahr 2021 erfüllt. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass nur 10 Prozent der Betriebe zusätzliche Flächen zum Schutz der Biodiversität schaffen, Leguminosen anbauen oder Zwischenfrüchte in die Fruchtfolge integrieren müssen. Im Gegensatz dazu hätte die Biodiversität von der ursprünglichen Regelung stärker profitiert: Knapp 80 Prozent der Betriebe hätten zusätzliche Biodiversitätsflächen schaffen müssen.
Dies hätte deutliche Verbesserungen für den Agrarumweltschutz zur Folge gehabt. Die Brachflächen hätten sich auf bis zu 5,3 Prozent der Ackerflächen in etwa verdoppelt – und damit einen wichtigen Lebensraum z.B. für Feldvögel, Insekten oder Ackerwildkräuter bieten können. Statt durch eine Brache hätten im Jahr 2021 jedoch knapp 70 Prozent der Betriebe die GLÖZ 8 Vorgaben durch den Anbau von Leguminosen und Zwischenfrüchten erreicht. Auch wenn diese Bewirtschaftung ohne Pflanzenschutzmittel erfolgen muss und positive Wirkungen auf den Boden hat, sind die Umweltwirkungen geringer als bei einer Brache.
Auf EU-Ebene wurde im Frühjahr 2024 beschlossen, dass GLÖZ 8 zukünftig weitgehend gestrichen wird und nur bestehende Landschaftselemente geschützt werden müssen. Die Agrarsubventionen sollen jetzt nicht mehr generell an die Bereitstellung von Biodiversitätsflächen gekoppelt werden, sondern die Betriebe können durch die Bereitstellung dieser Flächen noch zusätzliche Subventionen erhalten. Für die Betriebe bedeutet dies, dass sie den Großteil der Agrarsubventionen erhalten, ohne zusätzliche Flächen zum Schutze der Biodiversität auszuweisen. Sie können dadurch jedoch noch zusätzliche Subventionen einwerben.
Inwieweit dies tatsächlich geschehen wird, bleibt aus Sicht des Umweltbundesamtes (UBA) gegenwärtig offen. Sicher ist, dass Flächen zum Schutze der Biodiversität unter diesen Bedingungen nur geschaffen werden, wenn die Förderung ausreichend hoch und für diese Maßnahmen ausreichend Gelder reserviert werden. Geschieht dies nicht, geht das UBA davon aus, dass wichtige Umwelt- und Naturschutzziele weiterhin nicht erreicht werden. Damit wäre auch die Chance vertan, die bestehende Agrarsubventionen durch ausreichende Umwelt- und Naturschutzleistungen der Landwirtschaft gesellschaftlich zu rechtfertigen. Diese Entwicklung macht es aus Sicht des UBA umso wichtiger, für die Neuausrichtung der EU-Agrarsubventionen nach 2027 darauf hinzuwirken, dass die Gelder zielgerichtet für die Transformation der Landwirtschaft eingesetzt werden und das System der GAP schrittweise umgestellt wird.
Dieses Politikpapier ist Teil des Forschungsprojektes „Evaluierung der Gemeinsamen Agrarpolitik aus Sicht des Umweltschutzes III“. Das TI und das Julius Kühn-Institut (JKI) analysieren hierfür die Flächennutzung der landwirtschaftlichen Betriebe und bewerten, wie sich die GAP auf die Umwelt auswirkt. Ergebnisse aus den Vorgängerprojekten sind bereits veröffentlicht im Bericht GAPEval I und im Bericht GAPEval II.