Die Auswirkungen des Klimawandels sind in Deutschland bereits vielfach spürbar und die Anpassung an die Folgen, insbesondere die Zunahme von Extremwetterereignissen, ist ein wichtiges und immer dringender werdendes Ziel der Bundesregierung. Diese Entwicklung stellt auch Kommunen und Regionen vor besondere Herausforderungen. So haben in den vergangenen beiden Dekaden beispielsweise die gehäuften Hochwasserereignisse an Elbe, Oder und Donau sowie im Juli 2021 an kleineren Bächen und Flüssen etwa in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zu erheblichen Schäden geführt, so dass eine kontinuierliche und der sich ändernden Gefahrenlage angepasste Risikovorsorge noch notwendiger wird.
Um die Siedlungsstrukturen in Deutschland besser an die Auswirkungen dieses Wandlungsprozesses anzupassen, kann eine (partielle) Rücknahme von Siedlungsbereichen aus Gründen der Risikovorsorge eine sinnvolle Option darstellen – vor allem in Kommunen mit schrumpfender Bevölkerungszahl. Die Raumplanung kann diesen Anpassungsprozess unterstützen und die räumliche Risikovorsorge mit gezielten Festlegungen in Raumordnungsplänen insgesamt stärken.
In Politik und Öffentlichkeit wird die Rücknahme von Siedlungsbereichen überwiegend negativ wahrgenommen und als Strategie allenfalls reaktiv ergriffen. Sie gilt als „Ultima Ratio“. Die Fachöffentlichkeit steht dieser Strategie dagegen durchaus offen gegenüber und empfiehlt, die Aufgabe von Siedlungseinheiten ergebnisoffen zu diskutieren (u.a. Akademie für Raumforschung und Landesentwicklung in der Leibniz-Gemeinschaft). Mögliche Vorteile sind etwa ein vermindertes Risiko für die Bevölkerung, reduzierte Infrastrukturkosten, eine Aufwertung von Siedlungen mit Schrumpfungstendenzen und damit letztlich bessere Wohn-, Lebens- und Umweltverhältnisse in urbanen und ländlichen Gebieten.
Die Praxishilfe „Rücknahme von Siedlungsbereichen als Anpassungsstrategie“ des Umweltbundesamtes richtet sich vor allem an kommunale Akteure. Hier finden sie Argumente zur planerischen und politischen Abwägung sowie Hinweise zur Prozessgestaltung, zu rechtlichen Instrumenten und zur konkreten Umsetzung.