HydroSkin - Gebäudefassadenelemente gegen Hochwasser und Hitze

  • Bild 3 zeigt die transluzente Textiloberfläche von HydroSKIN, die aus PET-Flaschen hergestellt werden kann.
    Oberflächenqualität aus Rezyklaten, Quelle: (C) Christina Eisenbarth
  • Bild 4 zeigt das zentrale 3D-Textil-Element von HydroSKIN während der Wasseraufnahme.
    Wasseraufnahme bei Regen, Quelle: (C) Benedikt Jakel
  • Bild 5 zeigt die Freiland-Prüfeinrichtung in 30 m Höhe am D1244 Hochhaus in Stuttgart.
    HydroSKIN Prototypen, Quelle: (C) Sven Chichowicz
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Hohe Temperaturen und (Stark-)Niederschläge treffen Städte mit besonderer Härte. Die Versiegelung urbaner Oberflächen durch Asphalt und Beton beeinträchtigt das natürliche thermische und hydrologische Gleichgewicht. Im Kontext einer Ökonomisierung knapper innerstädtischer Flächen kommt den Fassaden eine besondere Bedeutung zu. Obgleich die Gebäudeaußenhüllen einen Großteil der städtischen Flächen bedecken, ist deren Mehrheit auf die Erfüllung trivialer, bauphysikalischer Funktionen für den Gebäudeinnenraum ausgerichtet, dabei das Stadtraumklima völlig außer Acht lassend.
HydroSKIN ist die "Funktionskleidung" für unsere Gebäude. Die leichten Fassadenelemente aus Textilien und Membranen nehmen Regenwasser, das windgetrieben schräg auf die Gebäudefassade trifft vor Verunreinigung durch Bodenkontamination auf. Sie entlasten damit nicht nur städtische Kanalisationssysteme, sondern verwandeln (Stark-)Niederschläge auch in eine nutzbare Ressource zur Senkung des gebäudeinternen Trinkwasser- und Energieverbrauchs. An heißen Sommertagen wird (Regen-)Wasser in die textile HydroSKIN-Fassade zurückgeführt, um durch Verdunstung das Gebäude wie auch den Stadtraum mit minimalem Wasser- sowie Energieverbrauch natürlich zu kühlen und damit städtische Hitzeinseln nachhaltig zu mindern.
Die leichte individuell konfigurierbare Textilhülle kann aufgrund ihres geringen Gewichts im wahrsten Sinne "mit Leichtigkeit" an sämtlichen Gebäuden im Neubau wie auch im Gebäudebestand nachgerüstet werden – und das in ebenso vielfältiger und individualisierbarer Gestalt wie unsere Kleidung. Das minimale Gewicht der textilen Fassadenelemente eröffnet, nebst Reduktion der gebäudegebundenen „grauen“ Energie auch eine signifikante Einsparung von Treibhausgasemissionen und verbindet somit synergetisch Klimaschutz mit einem maximalen Grad der Klimaanpassung.

Eckdaten zur Maßnahme

Maßnahmenträger

MaßnahmenträgerUniversität Stuttgart / Technologie-Transfer-Initiative GmbH (HydroSKIN TGU)
https://www.tti-stuttgart.de/tgu-hydroskin/
Kooperationspartner

Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK) der Universität Stuttgart

Dauer und Finanzierung

Dauer

Beginn der Umsetzung
Wie hoch waren die (geschätzten) Kosten für die Umsetzung?

500-700 €/m² Fassade + Planungsleistungen

Mit welchen Mitteln wurde die Maßnahme finanziert?

Die HydroSKIN-Technologie wurde im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereiches 1244 „Adaptive Hüllen und Strukturen für die gebaute Umwelt von morgen“ an der Universität Stuttgart interdisziplinär entwickelt und intensiv erforscht. Für die weiteren Schritte sind wir auf Gelder durch Preisauszeichnungen, Investments und andere Sponsorings angewiesen.

Beteiligung

Welche weiteren Personengruppen wurden an der Planung oder Umsetzung der Maßnahme beteiligt?

Erfolge

Welche Erfolge wurden bis jetzt mit der Maßnahme erreicht?

Freilandmessungen über einen Zeitraum von 15 Monaten am D1244 Hochhaus der Universität Stuttgart belegten, dass die leichten textilen Elemente das auf die Gebäudefassade treffende Regenwasser vollständig aufnehmen. An heißen Sommertagen kann durch die Verdunstungskühlung der HydroSKIN eine Oberflächentemperaturreduktion von mehr als 20 K, die mehr als 11 K unter der Außenlufttemperatur liegt, nachgewiesen werden. Mit einer Kühlleistung von ca. 570 W/m² neutralisiert ein Quadratmeter HydroSKIN die Aufheizung von ca. 1,8 m² Beton- oder 1,4 m² Asphaltflächen. Erste Erkenntnisse bezüglich des Alterungsverhaltens der textilen Fassadenelemente sind äußerst vielversprechend: Nach der 15-monatigen Freilandbewitterung wurden keinerlei Verschmutzungen, biologisches
Wachstum, erkennbare Form- oder Farbveränderungen, mechanische Beschädigungen durch Vögel, Nagetiere oder Insekten festgestellt. Die Ergebnisse deuten auf eine Eignung für den praktischen Einsatz in der Architektur hin.

ErläuterungDie HydroSKIN Technologie wurde an der Universität Stuttgart umfangreich messtechnisch evaluiert. Hierzu zählen mehr als 600 Versuche in unterschiedlichen Prüfeinrichtungen, darunter: die Analyse des Wassertropfenaufpralls auf textile Oberflächen, die Untersuchung des Verdunstungkühleffektes in einem speziellen Laborprüfstand, das Langzeitmonitoring der Regenwasseraufnahme und Verdunstungskühlleistung unter Freilandbedingungen.

Wie planen Sie Ihr Projekt weiterzuentwickeln?

Durch eine Ausgründung, die sich derzeit im Entwicklungsstadium der „Transfer- und Gründerunternehmung“ (kurz: TGU) im Rahmen der TTI –Technologie-Transfer-Initiative GmbH der Universität Stuttgart befindet, wird nach umfangreicher Forschungs- und Entwicklungsarbeit nun angestrebt, diese vielversprechende Technologie in der Baupraxis zu etablieren. Ziel ist es, mit HydroSKIN die Transformation unserer gebauten Umwelt voranzutreiben und eine neue Ära klimaresilienter Gebäude und Städte zu markieren. HydroSKIN steht hierbei als Exempel eines Paradigmenwechsels in der Architektur, von der konventionellen Fassadengestaltung zum Schutz des Innenraumes hin zu einer hybriden Betrachtung des Außen- und Innenraumklimas als eine Einheit. Erste Projekte für das Start-up bahnen sich derzeit unter anderem mit der Stadt Stuttgart an. Die Forschungsarbeiten an der Universität Stuttgart werden parallel fortgeführt.

Hat die Maßnahme positive Nebeneffekte?

Alle Systembestandteile der HydroSKIN-Gebäudehülle können durch wieder lösbare Fügetechnologien einfach montiert und demontiert sowie nach ihrem Nutzungsende rückstandslos in den Stoffkreislauf zurückgeführt werden. Der Hüllaufbau wie auch das Aluminiumprofilsystem sind nicht nur 100 % rezyklierbar, sondern können sogar zu 100 % aus Rezyklaten hergestellt werden. So können zur Produktion der Textilien beispielsweise PET-Flaschen- wie auch Bekleidungsabfälle genutzt werden.

Hindernisse

Welche Hindernisse gab es während der Umsetzung?

Die Umsetzung dieser innovativen Fassadenlösung stößt auf die Herausforderung konventionelle Bau-Barrieren zu durchbrechen. Ein mutiger Schritt hin zur Anwendung und Erprobung wird benötigt, um die dringend erforderliche Transformation unserer gebauten Umwelt einzuleiten. Ein Wettbewerb wie der „Blaue Kompass“ des Umweltbundesamtes bietet dabei eine ausgezeichnete Plattform, diese wegweisende Technologie sichtbar zu machen und die Implementierung in der Baupraxis voranzutreiben.

Hat die Maßnahme negative Nebeneffekte?

Bislang sind keine negativen Auswirkungen bekannt.

Ansprechperson

Christina Eisenbarth
Nobelstraße
15
70569 Stuttgart
Deutschland

Ort der Umsetzung

Nobelstraße
15
70569 Stuttgart
Deutschland

Stuttgart Städte

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