Gute Beteiligungsbeispiele bekannt machen
Das Umweltbundesamt wird als ein zentrales Produkt des Projektes die Broschüre „Anpassung an den Klimawandel: Gute Beteiligungspraxis im Alpenraum“ auf der Abschlusskonferenz vorstellen. Die Broschüre dokumentiert beispielhaft die gute Praxis an vielfältigen Formaten, die in Städten und Regionen des Alpenraums angewendet wurden, um Menschen für die Gestaltung einer klimaresilienten Gesellschaft zu gewinnen.
Die Grundidee aller Formate ist es, Stakeholder, aber auch Bürgerinnen und Bürger, in ihrer Lebenswelt vor Ort für Klimafolgen zu sensibilisieren und gemeinsam Handlungsoptionen zur Anpassung zu entwickeln. Ergänzt werden die Praxisbeispiele durch allgemeine Kriterien für gute Beteiligung. Diese helfen, Beteiligungsformate besser zu planen und erfolgreich umzusetzen. Dazu gehören klar definierte Ziele, geeignete Methoden und ein transparenter Prozess für alle Beteiligten. Checklisten am Ende der Broschüre unterstützen dabei, Beteiligungsformate systematisch zu planen, durchzuführen und auch der Nachbereitung ausreichend Platz einzuräumen.
Diese Ergebnisse haben das Umweltbundesamt (UBA) und die italienischen Projektpartner der Umweltstiftung der Lombardei auch bei ihren eigenen Beteiligungsformaten in den jeweiligen Modellregionen angewandt.
Lokale Akteure besser bei strategischen und Umsetzungsprozessen beteiligen
Auf deutscher Seite nahm die Stadt Kempten (Allgäu) in Bayern als Modellkommune an GoApply teil. In zwei Workshops entwickelten die lokale Politik, Verwaltung, Verbände und Unternehmen erste Handlungsansätze um Kempten klimaresilient zu gestalten. So soll beispielsweise eine Starkregenrisikokarte erarbeitet werden. Solche Aktivitäten werden als Maßnahmenpaket in den „Masterplan Klimaschutz“ der Stadt integriert. Das zeigt, wie eng Klimaschutz und Klimaanpassung vor Ort zusammengedacht werden können – die Herausforderung ist das eine zu tun und trotzdem das andere nicht zu lassen!
Insgesamt lassen sich aus der Arbeit mit den Modellregionen folgende Erkenntnisse ableiten, um lokale Akteure besser bei strategischen und Umsetzungsprozessen der Anpassung an Klimafolgen zu beteiligen: Etablierte Kooperationsstrukturen und Netzwerke können das oftmals neue Thema Anpassung an den Klimawandel gut aufnehmen, weil Klimafolgen vielfältig wirken. Einzelne Institutionen oder Personen fungieren dabei als „Brückenbilder“ und übernehmen eine federführende Rolle, z.B. das Klimaschutzmanagement der Stadt Kempten (Allgäu). Anpassungsprozesse sollten vor Ort mit allen relevanten Akteuren von Beginn an gemeinsam gestaltet werden, damit Lernprozesse initiiert und Akteure motiviert werden, ihr Handeln darauf aufzusetzen. Wichtig ist, wissenschaftliche Grundlagen verständlich zu kommunizieren und die gemeinsame Betroffenheit gegenüber Klimafolgen zu verdeutlichen. Für die Erarbeitung von Strategien bieten sich unterschiedliche Methoden und Formate an, die jeweils auf spezifische Zielstellungen oder Zwischenschritte im Anpassungsprozess ausgerichtet sein sollten.
In Kempten (Allgäu) wurden etwa im ersten Workshop Klimafolgen und Handlungsfelder in einem sehr weit gefassten Rahmen diskutiert, um möglichst viele verschiedene Akteursgruppen zu identifizieren und miteinander zu vernetzen. Dabei fokussierte sich die Diskussion immer mehr auf das notwendige Flächenmanagement in einer Wachstumsregion und beschäftigte sich mit der Frage, wie die Klimafolgen dabei zu berücksichtigen wären. Daraus wurde das Thema für einen zweiten Workshop abgeleitet, zu dem bisher nicht eingebundene Akteure eingeladen wurden. Sie haben erste Handlungsansätze zur Vorsorge und Anpassung an Klimafolgen tiefgehend diskutiert, die den bereits bestehenden „Masterplan Klimaschutz“ ergänzen sollen. Solche Aktivitäten auf lokaler Ebene werden gestärkt, wenn die übergeordneten Ebenen einen Handlungsrahmen mit Rechtsetzung, Förderung und Informationen anbieten.
Ebenenübergreifende Zusammenarbeit visualisieren
Mithilfe einer digitalen Visualisierung konnten Governance-Strukturen1 für Deutschland, Österreich, Italien und die Schweiz abgebildet werden. Die Grafiken eignen sich, um Verflechtungen zwischen Akteuren, Politikinstrumenten, Anpassungsmaßnahmen und Wissensgrundlagen aus einer neuen Perspektive zu betrachten und zu analysieren. Im transnationalen Vergleich zeigte sich, dass die Anpassungsgovernance in Deutschland deutlich komplexer ist als in den anderen drei Staaten. Deshalb stößt bereits der methodische Anspruch der vollständigen Datenerfassung für alle Ebenen und Sektoren an seine Grenzen. Gleichwohl liegt in den Visualisierungen ein Potenzial, um Zusammenhänge von Governance zu kommunizieren.
Zudem haben die Projektpartner Chancen und Barrieren für Anpassungsgovernance zusammen mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis in einem Science-practice-lab, das vom Schweizer Bundesamt für Umwelt organisiert wurde, diskutiert. Außerdem wurden Chancen und Barrieren in länderspezifischen Fallstudien untersucht.
Empfehlungen für eine bessere Governance der Anpassung an Klimawandelfolgen im Alpenraum
Als Fazit lässt sich festhalten: Ebenen übergreifende Governance kann gelingen. Um sie erfolgreich zu gestalten, sollten insbesondere die übergeordneten Rahmenbedingungen für Kommunen und lokale Akteure klar definiert werden. Schließlich sind sie es, die die erdachten Maßnahmen der Anpassung an Klimafolgen praktisch umsetzen müssen. In Deutschland zählen dazu einerseits gesetzliche Grundlagen durch Bund und Länder, die kommunale Pflichtaufgaben definieren, andererseits spielen auch methodische Standards und fachliche Unterstützung bei der Analyse von Vulnerabilitäten und Abschätzung von Handlungserfordernissen eine Rolle. Bund und Länder sollten Gremien nutzen, um beispielsweise ihre Förderprogramme stärker aufeinander abzustimmen. Auch die Rolle von Regierungsbezirken und Landkreisen in der Anpassungsgovernance sollte diskutiert werden, um die konkrete Umsetzung zu verbessern. Darüber hinaus birgt die grenzüberschreitende Vernetzung von Kommunen und Regionen noch viele Möglichkeiten, um den Alpenraum klimaresilient zu gestalten.
Die länderübergreifenden Herausforderungen und Optionen zur weiteren Gestaltung der Anpassungsstrategien werden auf der Abschlusskonferenz des Vorhabens vorgestellt und diskutiert. Unter dem Motto „Shaping the Future of Climate Change Adaptation in the Alpine Countries“ laden das österreichische Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus sowie österreichische Umweltbundesamt gemeinsam mit den Projektpartnern am 24. April 2019 nach Wien ein. Let’s go, apply!
Weitere Informationen zum Projekt GoApply finden Sie auf der Projektwebsite. Die Broschüre „Anpassung an den Klimawandel: Gute Beteiligungspraxis im Alpenraum“ wird hier in Kürze verfügbar sein.
Autoren: Sebastian Ebert, Andreas Vetter, Andrej Lange (Umweltbundesamt / KomPass)
1 Das Projekt definiert Climate adaptation governance als: the structures, processes and interdependencies that determine how actors (from public administration, politics, science, business and civil society) make decisions, share power, exercise responsibility, and ensure accountability regarding adaptation to climate change. Climate adaptation governance is about the horizontal interplay of sectors and the vertical interplay of policy levels. Climate adaptation governance requires mandatory (formal) and voluntary (informal) cooperation between actors, across sectors and across policy levels and is regionally specific and context-sensitive.
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Dieser Artikel wurde als Schwerpunktartikel im Newsletter Klimafolgen und Anpassung Nr. 58 veröffentlicht. Hier können Sie den Newsletter abonnieren.