Der dritte holistische Zustandsbericht von HELCOM (State of the Baltic Sea 2023) setzt sich aus einzelnen Indikatorberichten, thematischen Berichten und einem zusammenfassenden Bericht zu Artenvielfalt, Lebensräumen und menschlichem Handeln, das sich auf die Meeresumwelt auswirkt, zusammen. Eine solche umfassende Bewertung erfolgt alle 6 Jahre und ist das Ergebnis der gemeinsamen Arbeit einer Vielzahl von Experten*Innen, darunter auch Wissenschaftler*innen des UBAs und politischen Vertreter*innen der 10 HELCOM-Vertragsstaaten.
Im Ergebnis zeigen die umfangreichen Bewertungen, dass das empfindliche Binnenmeer Ostsee aufgrund vielfältiger anthropogener Belastungen fast flächendeckend in keinem guten Zustand ist. Obwohl die Nährstoffeinträge weiter gesunken sind, sind immer noch 94 % der Ostsee eutrophiert. Besorgniserregend ist, dass im Bewertungszeitraum 2016-2022 steigende Nährstoffkonzentrationen in vielen Ostseebecken gemessen wurden. Diese resultieren aus hohen Nährstoffeinträgen in den 70ziger bis 90ziger Jahren, die sich in den Sedimenten am Meeresboden angereichert haben. Unter Sauerstoffmangelbedingungen gelangen sie in Lösung und treiben dadurch die Eutrophierung an. Es wird daher noch viele Jahrzehnte dauern, bis die Ostsee einen guten Zustand erreicht, wobei die Auswirkungen des Klimawandels diesen Zeitraum noch verlängern können. In Folge der Eutrophierung haben die Freiwasser-Lebensräume der Ostsee weitreichende Änderungen erfahren, beispielsweise in der Artenzusammensetzung und dem Vorkommen des Phyto- und Zooplanktons, mit negativen Auswirkungen auf das Nahrungsnetz.
Die Schadstoffbelastung ist weiterhin zu hoch. Insbesondere Metalle und Stoffe, die sehr schlecht in der Umwelt abgebaut werden, die sich in Organismen anreichern und giftig sind, überschreiten ihre Bewertungsschwellen. Da weitaus mehr Schadstoffe die Ostsee belasten, als in einer Einzelstoffbewertung betrachtet werden, sind erstmals Sediment, Fisch- und Muschelproben in einer Screening-Studie untersucht worden.
Die Müllmengen, die an Stränden gefunden werden, sind vielerorts weiterhin zu hoch. Dabei werden hauptsächlich Abfallteile aus Kunststoffen detektiert, die vor allem aus landbasierten Quellen stammen.
Die Kabeljaubestände haben sich nicht erholt und die Heringsbestände verzeichnen einen weiteren Rückgang. Ursächlich ist das Zusammenwirken von Überfischung, Sauerstoffmangel und Klimawandel. Die Auswirkungen des Klimawandels sind in der Ostsee bereits deutlich messbar, die Versauerung schreitet aber langsamer voran als in anderen Meeresgebieten.
In den nächsten Jahren kommt es darauf an, die Ergebnisse dieses Berichtes zum Anlass zu nehmen, um die Umsetzung des 2021 beschlossenen ambitionierten Ostseeaktionsplans voranzutreiben. Das Umweltbundesamt engagiert sich in HELCOM-Arbeitsgruppen, um die HELCOM-Vision einer gesunden Ostsee zu erreichen.