Schadstoffe können aus Kläranlagen in Gewässer gelangen

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In der Kläranlage Chemnitz wurden Proben entnommen.
Quelle: Karlsruher Institut für Technologie (KIT)/Institut für Wasser und Gewässerentwicklung (IWG)

Die Verwendung von Produkten (wie Putzmittel, Wandfarben) sowie von Gegenständen (wie Fahrrad, Auto, Kleidung, Pfannen) in urbanen Gebieten ist mit dem Eintrag einer Vielzahl von Stoffen in das Abwasser und schließlich in Gewässer verbunden. Eine Bestandsaufnahme zeigt: viele Stoffe werden in Kläranlagen zurückgehalten, andere passieren sie oder gelangen direkt über die Kanalisation ins Gewässer.

In einem von Ländern und Bund finanzierten Projekt wurden Schadstoffe, darunter auch eine Auswahl an Bioziden, in verschiedenen urbanen Abwasserströmen untersucht. Für 30 der untersuchten Stoffe, wie einzelne Metalle, Vertreter der ⁠PFC⁠, ⁠PAK⁠ und Biozide, konnten deutschlandweit anwendbare einheitliche Emissionsfaktoren für kommunale Kläranlagen abgeleitet werden. Die Emissionsfaktoren basieren auf mittleren Ablaufkonzentrationen. In der Anwendung erlauben sie flächendeckend eine zuverlässige Quantifizierung der mittleren Emissionssituation bezogen auf kommunale Kläranlagen. Damit ist eine erste Einschätzung der Relevanz der Einträge aus kommunalen Kläranlagen für diese Stoffe möglich.
Die untersuchten Stoffe waren unterschiedlich häufig im Ablauf der kommunalen Kläranlagen, der Regenklär- und Regenüberlaufbecken zu finden. Während einzelne Stoffe nie oder nur im Einzelfall im Ablauf der Kläranlagen oberhalb der analytischen ⁠Bestimmungsgrenze⁠ gefunden wurden (zum Beispiel Bifenox, Quinoxyfen, Brodifacoum und Diclosan), konnte eine Vielzahl an Stoffen häufig nachgewiesen werden. Dazu gehören die Metalle Nickel, Blei, Cadmium und Quecksilber, Vertreter der PFC wie ⁠PFOS⁠, der Weichmacher DEHP, Vertreter der ⁠PAK⁠ sowie Biozide wie zum Beispiel Diuron, Terbutryn, Triclosan und DEET.

Viele Stoffe werden zu hohen Anteilen in den Kläranlagen zurückgehalten, während einige Stoffe die Kläranlage zum Teil vollständig passierten. Dazu gehörten beispielsweise verschiedene Biozide, die als Materialschutzmittel eingesetzt werden. Auch konnte im Projekt gezeigt werden, dass Einleitungen aus Regenklär- und Regenüberlaufbecken weitere wichtige Eintragspfade im urbanen Raum darstellen. Über diese Pfade können Substanzen in die Gewässer gelangen, die in Kläranlagen größtenteils eliminiert werden.
An 49 ausgewählten Kläranlagen, zwei Regenklärbecken und sechs Regenüberlaufbecken wurden über ein Jahr hinweg Langzeitmischproben der Abläufe auf insgesamt 77 Einzelstoffe aus unterschiedlichsten Anwendungsgebieten untersucht. Auf fünf Kläranlagen wurden zusätzlich der Zulauf und die Schlammströme beprobt, um Informationen zum Verhalten der Stoffe zu gewinnen.

Fazit und Ausblick

Das deutschlandweit einheitliche Untersuchungsprogramm hat einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Kenntnisse zu Emissionen von prioritären Stoffen und ausgewählten Biozid-Wirkstoffen aus kommunalen Kläranlagen geliefert. Darüber hinaus konnte die Datenbasis zu Stoffkonzentrationen in Regenklär- und Regenüberlaufbecken erweitert werden.
Die im Vorhaben erzeugte Datenbasis und die Erkenntnisse aus den Auswertungen der Daten bieten eine Reihe von Schnittstellen zu weiteren aktuellen politischen Prozessen. So könnten die Ergebnisse unter anderem in die Umsetzung der Spurenstoffstrategie des Bundes einfließen.
Zudem wurden auf einer Abschlussveranstaltung am 14. November 2019 in Leipzig die Ergebnisse des Vorhabens präsentiert und mit Vertreter*innen aus Bund und Ländern und den Kläranlagen diskutiert.
Detaillierte Informationen und die ausführlichen Ergebnisse zu diesem Vorhaben können den folgenden zwei in der Reihe ⁠UBA⁠-Texte veröffentlichten Abschlussberichten entnommen werden:

UBA-Texte 169/2020: „Belastung der Umwelt mit Bioziden realistischer erfassen - Schwerpunkt Einträge über Kläranlagen“
UBA-Texte 173/2020: „Prioritäre Stoffe in kommunalen Kläranlagen – Ein deutschlandweit harmonisiertes Monitoring“

Das Umweltbundesamt bringt die Forschung in diesem Bereich weiter voran. So befasst sich ein weitergehendes Projekt im Rahmen des Umweltforschungsplans mit der Fragestellung der „Weiterentwicklung der deutschlandweiten Bilanzierung der Einträge von Spurenstoffen und Bewertung von Reduzierungsmaßnahmen“ (FKZ 3719 21 202 0), welches im Jahr 2019 gestartet ist.