Laut den Vereinten Nationen sind 40.000 bis 60.000 Chemikalien im weltweiten Handel. Der Chemikalienumsatz wird sich bis 2030 vermutlich verdoppeln. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass 2019 weltweit mindestens zwei Millionen Menschen durch bestimmte Chemikalien gestorben sind. Auch in Deutschland ist die Belastung mit schädlichen Chemikalien für Mensch und Umwelt nach wie vor hoch: So haben laut dem UBA Human-Biomonitoring ein Fünftel der Kinder Konzentrationen von Perfluoroktansäure im Blut, die oberhalb der Unbedenklichkeitsschwelle liegen.
Die Vereinten Nationen haben kürzlich eine Dekade des Handelns aufgerufen, damit die Nachhaltigkeitsziele noch erreicht werden können. Aus Sicht des UBA sind diese Ziele nur erreichbar, wenn Chemikalien nachhaltig produziert und eingesetzt werden. Das bedeutet global und in allen Bedürfnisfeldern die Risiken für Umwelt und Gesundheit zu minimieren und die Chancen für die Gesellschaft zu maximieren. Dazu regt das UBA einen Diskussionsprozess an, in dem der Weg dahin genauer beschrieben werden könnte. Folgende Aspekte sollten dabei berücksichtigt werden:
- Grundsätzlich sollte immer die Verwendung von Stoffen bevorzugt werden, die der Gesundheit und der Umwelt keinen Schaden zufügen.
- Gefährliche Stoffe dürfen nur noch verwendet werden, wenn es unbedingt im Interesse von Gesellschaft und nachhaltiger Entwicklung liegt und es keine alternativen Lösungen gibt. Ein Beispiel ist die Abwägung der Verwendung von per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, zu denen auch Perfluoroktansäure gehört. Wo diese Stoffe heutzutage noch unverzichtbar sind, wird derzeit auf europäischer Ebene diskutiert.
- Die Kreislaufwirtschaft benötigt schadstofffreie Materialströme. Das bedeutet, dass über die gesamte Kette hinweg bekannt sein muss, welche Chemikalien in den Produkten enthalten sind, dass diese unbedenklich sind und dass die Rohstoffe nachhaltig bereitgestellt werden. Bedenkliche Stoffe, die dennoch in Materialien enthalten sind, müssen je nach Bedarf in sicheren Kreisläufen sorgsam gemanagt oder ausgeschleust werden. Der daraus resultierende Energiebedarf ist bei den Maßnahmen zu berücksichtigen.
- Die Gesellschaft muss ein nachhaltiges Maß für ihren Chemikalienbedarf finden. Anders ist ein nachhaltiger Energie- und Ressourcenverbrauch kaum zu erreichen. Gefährliche Stoffe durch andere Stoffe zu ersetzen reicht nicht aus. Da Chemikalien Teil unserer Lebensumwelt sind und auch zukünftig für nachhaltige Lösungen vielfältig gebraucht werden , muss der Einsatz aller synthetischen Chemikalien grundsätzlich immer hinterfragt und mögliche Auswirkungen auf Klima und Biodiversität mitbedacht werden.
- Auch für Chemikalien muss Klimaneutralität über ihren Lebenszyklus hinweg erreicht werden. Die Chemieindustrie bietet innovative Lösungen, um Energie regenerativ zu erzeugen und zukünftig auch auf nicht-fossile Rohstoffe zurückzugreifen, sowie energieeffizienter zu werden. Gleichzeitig ist sie jedoch mit ihrem hohen Energieverbrauch und globalen Wachstum derzeit eine wichtige CO₂-Emittentin und damit Treiberin des Klimawandels.
- Klare Kriterien und Indikatoren können der Industrie, aber auch Verbraucherinnen und Verbrauchern sichtbar machen, inwieweit ein Produkt zu den benannten Nachhaltigkeitsaspekten beiträgt. Diese Indikatoren werden benötigt, um zwischen Chancen und Risiken abwägen zu können.
Nur wenn all diese Aspekte im zukünftigen Umgang mit Chemikalien berücksichtigt werden, sind die Nachhaltigkeitsziele erreichbar.