Nachhaltigkeit hat als Resilienz- und Wachstumsparadigma Bestand
Blogartikel von Ursula Mathar
Die Corona-Krise beeinflusst global das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben. Lieferketten wurden unterbrochen, Reisen abgesagt, das Leben wirkt gebremst. Dennoch sehen wir in der Wirtschaft, dass in hohem Tempo Lösungen entwickelt werden. Aus der Sicht von econsense muss die Krise keine Zäsur bedeuten, sie kann eine Chance für die Nachhaltigkeit sein, wenn wir dabei die folgenden drei Punkte beherzigen:
Erstens, Nachhaltigkeit ist schon lange kein Schönwetterprojekt mehr, sie ist der Schlüssel zu Zukunftsfähigkeit und Resilienz von Geschäftsmodellen. Viele Unternehmen haben dies bereits vor Corona erkannt und aktiv umgesetzt.
Zweitens, der aktuelle „Krisenmodus“ bietet einen Impetus für Veränderung, den wir nutzen müssen. Er ist eine Chance für zentrale Weichenstellungen in Organisationen, Unternehmen und der Politik, die im „Normalmodus“ nicht so schnell und umfassend geschehen würden. Der Wirtschaft kommt eine Schlüsselrolle zu. Unternehmen richten ihr Kerngeschäft zügig an den akuten Bedarfen aus, stellen ganze Produktionsreihen um, um dringend benötigte Schutzausrüstung oder Desinfektionsmittel zu liefern. Sie sichern mit ihren weltweiten Netzwerken die Versorgung und organisieren Unterstützung. Im Krisenmodus wird kreativ gedacht, mutig gehandelt und schnell entschieden. Dieses Momentum gilt es zu nutzen und die Energie beizubehalten.
Drittens, Nachhaltigkeit hat als Resilienz- und Wachstumsparadigma Bestand – vor, während und nach Corona. Klimaschutz muss im Fokus der Anstrengungen stehen, doch Ökonomie und Soziales sind untrennbar mit wirksamem Klimaschutz verbunden. Es gibt ehrgeizige Ansätze für Innovationen und Investitionen in nachhaltige Lösungen und Prozesse. Diese auch in Krisenzeiten mit begrenzten Ressourcen und anhaltendem internationalen Wettbewerbsdruck engagiert weiter zu treiben, erfordert Durchhaltevermögen.
Für die öffentlichen Stabilisierungs- und Wiederaufbaumaßnahmen nach Corona ist es zentral, dass sie national, europäisch und international so gestaltet werden, dass die großen Investitionen wirksam der Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit und zugleich den Nachhaltigkeitszielen dienen. Es darf kein Gegeneinander von Wiederaufbau und Nachhaltigkeit geben. Wir werden eine nachhaltige Wirtschaft umso mehr nach der Krise brauchen. Eine inhaltlich sinnvolle und in der Umsetzung pragmatische Ausgestaltung eines unterstützenden Finanzsystems durch den EU Action Plan zu Sustainable Finance wird diese Lenkungswirkung entscheidend beeinflussen.
Die Digitalisierung wird dabei eine zentrale Rolle spielen. Ihre Potenziale zeigen sich gerade jetzt, z. B. bei der dezentralen Produktion von Schutzausrüstung mit 3D-Druckern oder der Nutzung plattformbasierter Anwendungen. Die Aufgeschlossenheit für das Thema ist durch die Corona-Krise größer denn je. Dies ist eine Chance, um die Wettbewerbsfähigkeit der EU über intelligente Wege aus der Digitalisierung so zu hebeln, dass politische Maßnahmen eine möglichst breite nachhaltige Wirkung entfalten.
Gelingt es uns insgesamt, die Selbstgewissheit, Kreativität und den Mut aus der aktuellen Situation in eine Zeit nach Corona mitzunehmen, können wir die Herausforderungen im Nachhaltigkeitsbereich noch entschiedener angehen und meistern.
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Autorin:
Ursula Mathar ist Vice President Sustainability der BMW Group. Sie ist zuständig für die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens und der Steuerung des Nachhaltigkeitsmanagements. Darüber hinaus ist Ursula Mathar Vorstandsvorsitzende von econsense – Forum Nachhaltige Entwicklung der Deutschen Wirtschaft. Sie verfügt über einen Abschluss in Wirtschaft und eine Apothekerlizenz. Bevor sie 2012 zur BMW Group stieß, war sie für die Bayer AG in verschiedenen Funktionen im Marketing und in der Nachhaltigkeit tätig.