Mit Nützlingen naturnah gärtnern

Maulwurf guckt aus dem Boden herauszum Vergrößern anklicken
Als Bodenlockerer und Schädlingsjäger ist der geschützte Maulwurf ein echter Gartenhelfer.
Quelle: csantia3 / fotolia.com

Inhaltsverzeichnis

 

So gärtnern Sie nachhaltig mit Nützlingen

  • Gestalten Sie Ihren Garten vielfältig und naturnah, so dass Nützlinge angelockt werden und darin Nahrung und Wohnraum finden.
  • Tolerieren Sie Schädlinge als Teil des Nahrungsnetzes, solange sie nicht massenhaft vorkommen.
  • Verzichten Sie auf chemisch-synthetische Dünger und ⁠Pestizide⁠. Diese können der Umwelt und Ihren Gartenmitbewohnern schaden.
 

Gewusst wie

Respekt vor jedem Lebewesen: Alle Organismen sind Teil eines komplexen Nahrungsnetzes und erfüllen wichtige ökologische Funktionen. Nur aus der Perspektive des Menschen erscheint der eine als "nützlich" und der andere als "schädlich". Bedenken Sie, dass Lebewesen nicht nur "schlechte" oder nur "gute" Eigenschaften haben. Zum Beispiel verursachen nur wenige Arten der Gallmücke Schäden an Ihrer Ernte. Dagegen sind viele Gallmücken-Arten nützlich. Weil ihre Larven Blattläuse vertilgen, werden sie gezielt im biologischen Pflanzenschutz eingesetzt. Zudem bestäuben sie Pflanzen und dienen Vögeln als Futter. Reißt der Mensch ein kleines Loch in das komplexe Netz der Natur, hat das also weitreichende Auswirkungen.

Jeder Quadratmeter zählt: Nützlinge können sich nur dann im Garten ansiedeln und vermehren, wenn sie langfristig Futter und Wohnraum finden. Selbst wenn Ihnen nur kleine Flächen zur Verfügung stehen, lohnt sich die Anlage eines Mini-Biotops. Da viele Arten nur einen relativ kleinen Bewegungsradius haben, können solche Trittsteine für die weitere Ausbreitung sehr wertvoll sein. Vielleicht können Sie auch Ihre Nachbarn von einer naturnahen Gartengestaltung überzeugen, so entsteht in der Summe ein vernetzter, artenreicher Lebensraum.

Tipps zur Bepflanzung

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Kleine Biotope gestalten

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Hilfe für tierische Gartenbewohner

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Wildbienen, Hummeln und Insekten im Allgemeinen:

 

Werden ⁠Pflanzenschutzmittel⁠ gegen Schädlingsbefall eingesetzt, kann das gravierende Auswirkungen auf die ⁠Biodiversität⁠ haben. Denn Insektizide können nicht nur Schädlinge, sondern auch Nützlinge töten. Zudem schaden sie indirekt auch anderen Lebewesen, indem sie deren Nahrungsgrundlage zerstören. Beispielsweise können Marienkäfer durch bestimmte Insektizide nicht nur direkt getötet werden, sondern sie werden auch durch den Nahrungsmangel gefährdet, wenn Blattläuse vernichtet werden. In der Folge fehlen die Marienkäfer als Schädlingsbekämpfer wieder an anderer Stelle, ein Teufelskreislauf. Verzichten Sie deshalb auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.

Auch chemisch-synthetische Düngemittel können negative Auswirkungen auf die Biodiversität haben indem sie beispielsweise Bodenlebewesen beeinträchtigen. Zudem resultiert aus der Herstellung und dem Transport synthetischer Düngemittel eine schlechte Klimabilanz. Nutzen Sie stattdessen organischen Dünger, der Ihnen vor Ort zur Verfügung steht, z.B. Kompost, Mist, Grünschnitt, Laub. Organisches Material "füttert" die Bodenlebewesen, welche wiederum an der Humusbildung beteiligt sind. Lebendiger, humoser Boden bietet Ihren Pflanzen wertvolle Nährstoffe und ist somit ein bedeutender Baustein für die Pflanzengesundheit.

Infografik zu nützlingsfreundlicher Gartengestaltung
Nützlingsfreundliche Gartengestaltung
Quelle: Umweltbundesamt (2025 überarbeitet)
 

Kommerzieller Einsatz von Nützlingen im Gewächshaus und Garten

Zusätzlich zu den Nützlingen, die sich von selbst im Garten ansiedeln, können Sie einige Arten auch im Fachhandel kaufen und gezielt zum Schutz der Pflanzen ausbringen. Viele Nützlinge lassen sich gegen mehrere Schädlingsarten einsetzen und vermehren sich oft selbst weiter, solange noch Schädlinge als Nahrungsgrundlage vorhanden sind. Fast 90 Nützlings-Arten (2016) stehen in Deutschland zum kommerziellen Einsatz im Pflanzenbau (insbesondere Obst, Gemüse und Zierpflanzen) zur Verfügung. Die meisten Arten werden im Gewächshaus eingesetzt. Der Einsatz im Freiland ist vergleichsweise dazu teurer und weniger effizient.

Doch Vorsicht: Setzen Sie gekaufte Nützlinge nur ein, wenn Sie sicher sind, dass die jeweiligen Arten und Unterarten hier heimisch sind und wenn die Tiere frei von Krankheiten sind. Das ist wichtig, damit natürlich vorkommende Arten nicht beeinträchtigt oder verdrängt werden. Das gilt nicht nur für den Einsatz im Garten sondern auch für den Einsatz im Haus und im Gewächshaus, weil die Tiere unter Umständen daraus entweichen können. Bestenfalls verzichten Sie ganz auf den Kauf von Nützlingen. Fördern Sie stattdessen die natürlich vorkommenden Arten indem Sie Lebensraum schaffen. Das schont den Geldbeutel, verursacht weniger Aufwand und ist langfristig die sinnvollste Methode.

Am Beispiel des Asiatischen Marienkäfers (Harmonia axyridis, auch Harlekin-Marienkäfer) wird deutlich, wie gut gemeinter Nützlingseinsatz langfristig großen Schaden an der heimischen Tierwelt anrichten kann. In den 80er Jahren wurde er zur biologischen Schädlingsbekämpfung gegen Blattläuse in Gewächshäusern eingesetzt. Doch er konnte den Gewächshäusern entkommen und vermehrt sich seitdem rasant im Freiland – sowohl in den USA, wie auch in Europa und vor allem auch in Deutschland. In der USA ist er inzwischen die am häufigsten vorkommende Marienkäferart und auch in Deutschland hat er sich flächendeckend ausgebreitet. Dabei verdrängt er heimische Marienkäfer und andere Käferarten. Was macht ihn so "erfolgreich"? Wissenschaftler*innen haben herausgefunden, dass die Hämolymphe (eine Flüssigkeit, welche die Käfer bei Bedrohung absondern) des Asiatischen Marienkäfers besondere Inhaltsstoffe enthält. Diese machen ihn nicht nur resistent gegen Parasiten, sondern können zudem heimische Käferarten infizieren und zu deren Tod führen. Außerdem hat der Asiatische Marienkäfer eine viel höhere Vermehrungsrate als heimische Marienkäfer und kann zudem bei Blattlausmangel auf andere Beute umstellen.

Ein weiteres Beispiel für die Problematik des kommerziellen Nützlingseinsatzes sind Zuchthummeln. Diese werden im professionellen Obst- und Gemüsebau zur Bestäubung eingesetzt und sind inzwischen auch für Hobbygärtner*innen erhältlich. Die Vorfahren der Zuchthummeln stammen aus der Türkei und aus Griechenland (z.B. die Unterart Bombus terrestris dalmatinus). In der Natur können die speziell gezüchteten Tiere nachhaltig Schaden anrichten. Zum einen konkurrieren die Zuchthummeln mit heimischen Hummelarten und verdrängen diese langfristig. Zum anderen können sie ihre wilden Verwandten mit Krankheitserregern infizieren. In der kommerziellen Hummelzucht werden tausende Tiere auf engstem Raum gehalten, dadurch wird die Ausbreitung von Krankheitserregern begünstigt. Gelangen die Zuchthummeln dann ins Freiland, können sie auf ihre Artgenossen Krankheiten übertragen, gegen die letztere nicht gewappnet sind.

Infografik dazu, wie man Nützlinge gezielt gegen Schaderreger einsetzen kann
Nützlinge gezielt gegen Schaderreger einsetzen
Quelle: Umweltbundesamt (2025 überarbeitet)
 

Hintergrund

Gesetzeslage

Das Ausbringen von Tieren wird in Deutschland im Bundesnaturschutzgesetz § 40 geregelt. Grundsätzlich bedarf das Ausbringen von Tieren, mit einigen Ausnahmen, der Genehmigung der zuständigen Behörde. Werden Tiere zum Zweck des biologischen Pflanzenschutzes ausgebracht, ist keine Genehmigung notwendig, wenn die Arten "in dem betreffenden Gebiet in freier Natur in den letzten 100 Jahren vorkommen oder vorkamen". Für nicht-einheimische Arten ist eine Genehmigung des Bundesamtes für Naturschutz (⁠BfN⁠) notwendig. Die Genehmigung wird jedoch versagt, wenn durch die beantragte Art eine Gefährdung von Ökosystemen, Biotopen oder Arten nicht auszuschließen ist.

Eine Zulassungspflicht, so wie sie für ⁠Pflanzenschutzmittel⁠ besteht, gibt es für Nützlinge derzeit nicht. Auch besondere Auflagen oder Vorschriften für die Anwendung von Nützlingen bestehen nicht. Anbieter von Nützlingen sind auch nicht verpflichtet, ihre Absatzmengen zu melden. Somit fehlt den Behörden eine Übersicht über die tatsächlich eingesetzten Mengen und Arten von Nützlingen.

In regelmäßigen Abständen erhebt das Julius Kühn-Institut (JKI) in Zusammenarbeit mit den Pflanzenschutzdiensten der Länder Daten zur Anwendung biologischer Pflanzenschutzverfahren und veröffentlicht diese in einem Statusbericht. Darin enthalten sind auch Informationen zur kommerziellen Anwendung von Nützlingen. Aus den oben beschriebenen Gründen sind die Daten jedoch lückenhaft. Der aktuellste Statusbericht ist von 2018 und kann HIER eingesehen werden.

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