Anpassung: Handlungsfeld Raum-, Regional- und Bauleitplanung

Vogelperspektive auf geometrisch angelegte und sehr farbig wirkende Ackerstrukturen mit Siedlungenzum Vergrößern anklicken
Der Klimawandel beeinflußt auch die Raumordnung, Regional- und Bauleitplanung.
Quelle: Lukas Pollmüller/photocase.com

Aufgrund des Querschnittcharakters der Raumplanung kann diese die Folgen des Klimawandels sektorenübergreifend berücksichtigen. Die räumliche Planung muss dabei unterschiedliche Ansprüche miteinander vereinbaren oder gegeneinander abwägen und räumliche Vorsorgekonzepte an den Anfang von Risikovermeidungsketten stellen.

Bedeutung der Raum-, Regional- und Bauleitplanung für die Klimaanpassung

Bei der Klimaanpassung kommt der Raumplanung eine wichtige Rolle zu. Durch die sektoral sehr unterschiedlichen ⁠Klimafolgen⁠ mit ihren Wechselwirkungen sowie deren räumlicher Verschiedenartigkeit, die sich bis auf die lokale Ebene fortsetzt, ergibt sich ein Bedarf für eine fach- und gebietsübergreifende Koordination bei der Abschätzung der raumbedeutsamen Risiken und Chancen sowie der Identifizierung von möglichen Anpassungsmaßnahmen. Die räumliche Planung in Deutschland verfügt dahingehend über ein etabliertes Planungssystem, in dem Gesamtplanung und Fachplanung zusammenwirken können.

Klimaanpassung ist auf der Bundesebene im Raumordnungsgesetz und in den Leitbildern der Raumordnung verankert. Die konkrete planerische Berücksichtigung der Erfordernisse der Klimaanpassung erfolgt regional und kommunal auf Ebene der Landes- und Regionalplanung bzw. der ⁠Bauleitplanung⁠. Auf diesen unterschiedlichen planerischen Ebenen sowie im Rahmen der engen Abstimmung mit den jeweiligen raumrelevanten Fachplanungen (z. B. Wasserwirtschaft, Landschaftsplanung, Naturschutz, Verkehr) verfügt die Raumplanung über zahlreiche Einflussmöglichkeiten zur ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠.

Indikator⁠ aus dem ⁠Monitoring⁠ zur ⁠DAS⁠: Anstieg der Siedlungs- und Verkehrsfläche

Beiträge der Regionalplanung für die Klimaanpassung

Die Regionalplanung, als Bindeglied zwischen unterschiedlichen Ebenen, (Fach-)Ressorts sowie öffentlichen und privaten Akteuren ist geeignet, um regionale Handlungsstrategien zur Klimaanpassung zu entwickeln und umzusetzen. So kann sie Vorgaben des Bundes und der Länder regionsspezifisch und sektorenübergreifend konkretisieren und mit den Interessen der Kommunen zusammenführen. Grundsätzlich bestehen Beiträge der Regionalplanung zur Klimaanpassung in der Festlegung (z. B. Ausweisung, Freihaltung, Sicherung) von Flächen für Nutzungen, durch die Klimarisiken und Schadenspotenziale reduziert werden sollen. Als relevante Handlungsfelder für die regionalplanerische Klimaanpassung gelten in vielen Regionen: Vorbeugender Hochwasserschutz in Flussgebieten, Verminderung von Gefahren in Küstenregionen, Schutz vor Hitze und Starkniederschläge in Siedlungsbereichen, Erhalt und Schutz von Wasserressourcen und Erhalt der biologischen Vielfalt.

Hochwasserschutz: Für Hochwassergefahren können großflächige Retentionsräume gesichert werden (z. B. durch Deichrückverlegungen). Hierfür kann die Regionalplanung Vorranggebiete für den vorbeugenden Hochwasserschutz festlegen, in denen der Hochwasserschutz Priorität hat und als verbindliche Vorgabe zu beachten ist. Andere raumbedeutsame Nutzungen (z. B. Wohnbebauung, Gewerbeansiedlung), die mit dem Ziel des Hochwasserschutzes nicht vereinbar sind, sind ausgeschlossen bzw. können mit Nutzungsbeschränkungen belegt werden. Bei der Festlegung eines Vorbehaltsgebiets hat der Hochwasserschutz in der Abwägung mit konkurrierenden Belangen ein besonderes Gewicht. Es schließt die Zulassung entgegenstehender Nutzungen wie eine Wohnbebauung nicht vollständig aus, wenn die Bauweise an die bestehende Hochwassergefahr angepasst ist (z. B. Stelzenbauweise, „Schwimmende Häuser“)

Indikatoren aus dem ⁠Monitoring⁠ zur ⁠DAS⁠: Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für (vorbeugenden) Hochwasserschutz | Siedlungsnutzung in amtlich festgesetzten Überschwemmungsgebieten

Küstenschutz: Um den Küstenschutz bei einer späteren Verstärkung der Schutzanlagen (z. B. Deiche) zu unterstützen, können regionalplanerische Festlegungen Flächen entlang der Anlagen vor Nutzungsänderungen sichern. Zum anderen kann die Regionalplanung Klei- und Sandentnahmestellen für den Deichbau sichern. Zur Verringerung von Schadenspotenzialen kann die Regionalplanung in ihren Regionalplänen die Sicherungsbereiche entlang erodierender Küstenabschnitte und Bebauungsvorgaben sowohl für sturmflutgeschützte als auch für nicht geschützte Gebiete darstellen. Eine weiterreichende Möglichkeit besteht darin, einen späteren Rückzug von Nutzungen aus bestimmten Bereichen vorzubereiten. Entsprechende Festlegungen können sinnvoll sein, wenn diese Flächen für Anpassungsmaßnahmen des Küstenschutzes und des Wassermanagements benötigt werden oder wenn diese Flächen aufgrund eines unverhältnismäßig hohen technischen und finanziellen Aufwands zukünftig nicht mehr schutzwürdig sind.

Schutz vor Hitzebelastungen in Stadtregionen: Die Sicherung und Ausweisung klimaaktiver Freiflächen wie Kaltluftentstehungsgebiete (z. B. Wiesen, Äcker) und Frischluftentstehungsgebiete (z. B. Wälder) sowie Kaltluft- bzw. Frischluftschneisen in dicht besiedelten Gebieten durch die Regionalplanung tragen dazu bei für eine ausreichende Durchlüftung der Siedlungsstruktur zu sorgen und die klimatische Belastungen für die Bevölkerung in Stadtregionen zu minimieren oder gänzlich zu vermeiden. Kalt- und Frischluftentstehungsgebiete sind dementsprechend von einer Besiedlung frei zu halten. Querliegende größere Baukörper, dichte Bepflanzungen sowie Aufforstungen oder Aufschüttungen, die den Kaltlufttransport beeinträchtigen, sollten durch Festlegungen auf den jeweiligen Bereichen ausgeschlossen werden.

Indikator⁠ aus dem Monitoring zur DAS: Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen

Schutz von Wasserressourcen: Im Hinblick auf den Erhalt und Schutz von Wasserressourcen kann die ⁠Raumordnung⁠ das Wasserressourcenmanagement unterstützen. Hierzu können die Landes- und Regionalplanung Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für den Trinkwasser- und Grundwasserschutz festlegen, um Wasserressourcen planerisch zu sichern. Dies betrifft sowohl die Sicherung und Schonung der Grundwasservorkommen als auch die Nutzung des Grundwassers. Festlegungen zur Steuerung des Wasserverbrauchs können wasserintensive Nutzungen (z. B. Gewerbe, Industrie, Siedlungen) in Gebieten ausschließen, die von Trockenheit besonders betroffen sind. Zukünftig könnte eine weitere Aufgabe der Raumordnung darin bestehen, durch Vorrang- oder Vorbehaltsgebiete geeignete Bereiche zur Vorsorge gegenüber Wasserknappheit zu sichern und langfristig vorzuhalten, die u.a. für folgende Maßnahmen benötigt werden (könnten): den Aus- bzw. Neubau von Talsperren zur (Trink-)Wasserversorgung oder die Errichtung von Poldern und Regenrückhaltebecken zur Zwischenspeicherung von Wasserüberschüssen für eine zeitversetzte Nutzung als gewerbliches Brauchwasser, für die landwirtschaftliche Bewässerung oder für die Renaturierung und Wiedervernässung von Mooren und Auen.

Indikator aus dem Monitoring zur DAS: Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Grundwasserschutz / Trinkwassergewinnung

Schutz der Biologischen Vielfalt: Mit der Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für Natur und Landschaft kann die Regionalplanung einen Beitrag dazu leisten, ein ökologisches Verbundsystem (⁠Biotopverbund⁠) aufzubauen. Sie kann dadurch Flächen sichern bzw. mit Nutzungsbeschränkungen belegen, die für die Anpassung von Tier- und Pflanzenarten an die klimatisch bedingten Veränderungen von Bedeutung sind, z. B. die klimawandelbedingte Wanderung von Arten aufgrund von Arealverschiebungen. Als Ergänzung können regionale Grünzüge als Vorranggebiete gesichert werden.

Indikator aus dem Monitoring zur DAS: Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für Natur und Landschaft

Grüne Landschaft
Die Regionalplanung kann Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für Klimaanpassungsmaßnahmen ausweisen.
Quelle: Peter H / Pixabay

Weitere Maßnahmen

Verbesserung der Datengrundlage und Leitbildentwicklung: Um die Raumnutzungen dem sich wandelnden ⁠Klima⁠ anzupassen, muss die Daten- und Wissensgrundlage für die Planung verbessert werden. Es gilt, gezielt die ⁠Verwundbarkeit⁠ einzelner Gebiete zu identifizieren und darauf basierend Leitbilder und Anforderungen für klimaanpasste Raumstrukturen und Bebauung zu entwickeln.

Gestaltung eines offenen und beteiligungsorientierten Anpassungsprozesses: In einem Anpassungsprozess ist die offenen Kommunikation über Klimaveränderungen, ⁠Klimafolgen⁠ und Anpassungsstrategien und –maßnahmen eine zentrale Aufgabe. Hierzu sind verschiedene Akteure der Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft einzubinden. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn klimawandelbedingte Anpassungserfordernisse mit Flächennutzungskonflikten einhergehen. Eine rechtzeitige Einbindung der Akteure ermöglicht die frühzeitige Berücksichtigung von deren jeweiligen Interessen. Zudem kann dadurch ein breites Fach- und Erfahrungswissen genutzt werden und die Akzeptanz für die erarbeiteten Ergebnisse erhöhen sowie deren Umsetzung begünstigen. Aufgrund ihrer sektorübergreifenden Perspektive ist die Raumplanung grundsätzlich dafür geeignet, die Aufgabe des „Promotors“ eines raumbezogenen Anpassungsprozesses zu übernehmen. Als querschnittsorientierter Akteur verfügt sie über die notwendigen Voraussetzungen, um Netzwerke zu aktivieren, die Zusammenarbeit verschiedener Akteure zu anzuregen, zu koordinieren und zu moderieren sowie als Vermittler zwischen unterschiedlichen Interessenlagen zu agieren.

Flexibilität von Plänen: Entscheidungen über Planungen zur Klimaanpassung müssen unter hoher ⁠Unsicherheit⁠ und langfristiger Vorausschau gefällt werden. Daher wird eine Planung benötigt, die in der Lage ist, auf sich ändernde Umstände flexibel zu reagieren. Es sollte daher nicht von vornherein ein umfassender Plan mit endgültigen Aussagen aufgestellt werden, sondern eher eine Kette aufeinanderfolgender strategischer Entscheidungen getroffen werden, die jeweils auf ihrer Stufe differenzierte Lösungen anbieten. An die Stelle einer statischen Zuweisung von Raumfunktionen sollte daher zunehmend eine dynamische Raumentwicklung mit reversiblen Raumfunktionen treten. Um dies zu gewährleisten, wäre eine zeitliche Befristung von Raumnutzungen erforderlich. Eine Möglichkeit bestünde darin Zwischennutzungen anzuwenden, also Raumnutzungen, die nur für einen begrenzten Zeitraum zulässig sind. Ein weiteres Instrument zur Erhöhung der Flexibilität könnten Zielvereinbarungen darstellen, die zwar das anzustrebende Ergebnis vorgeben, nicht aber den Weg dorthin.