Fragestellung
FLAMME steht für "Fairness, Lastenverteilung und Akzeptanz des Mietrechts bei Modernisierungen für Energieeffizienz". Das Projekt lief vom 1. August 2022 bis 31. Oktober 2025. Es untersuchte, wie Kosten und Nutzen für energetische Modernisierungen aufgeteilt werden können. Sollten Eigentümer die Sanierungskosten tragen, weil die Bausubstanz maßgeblich über den Heizenergieverbrauch bestimmt, oder die Mieter, die Heizkosten sparen? Wie sollen Heizkosten generell verteilt werden? Welche Aufteilung sieht das Mietrecht vor? Was wäre fair und würde dem langfristigen Charakter der Sanierung, dem Interesse der Vermietenden an der Refinanzierung der Sanierung sowie der Bereitschaft von Mietenden gerecht, mehr Miete für niedrigere Heizkosten oder klimaschonendes Wohnen zu zahlen? Welchen Anteil an den Kosten soll die Gesellschaft übernehmen?
Methodischer Ansatz
Die Forschenden untersuchen rechtsökonomisch und -ethisch das Umlagesystem des deutschen Mietrechts sowie neue Umlagemodelle: beispielsweise die Integration der Modernisierungsumlage ins Betriebskostenrecht, die Nutzung von Staffelmietverträgen, Konzepte wie das Warmmietensystem in Schweden oder ein energetischer Mietspiegel. Auf Basis von Sanierungsbeispielen, die die Erreichung der Klimaziele bei typischen Mietgebäuden sicherstellen, werden zu den aus den Umlagesystemen resultierenden Belastungsverteilungen die Interessengruppen befragt, um zu erheben, welche Umlagesysteme von wem als fair wahrgenommen werden. Diese könnten die Akzeptanz der gesellschaftlich notwendigen Modernisierungsmaßnahmen steigern.
Partner aus Forschung und Praxis
Im Begleitkreis waren Interessengruppen der Mieter und Vermieter vertreten:
- der Deutsche Mieterbund,
- der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen,
- Haus & Grund Deutschland - Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e.V.,
- der Verband Privater Bauherren und
- der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen
- die Münchner Wohnen GmbH und
- die Vonovia SE.
Der Begleitkreis wurde durch Vertreter*innen aus der öffentlichen Verwaltung, Verbänden und weiteren Interessengruppen ergänzt:
- das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz bzw. das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie,
- die Landeshauptstadt München,
- der Bundesverband Energieeffiziente Gebäudehülle und
- dem Sozialverband VdK Deutschland e. V.
Das Projekt hatte eine Laufzeit vom 1. August 2022 bis zum 31. Oktober 2025.
Projektfortschritt
Erstes Treffen des Begleitkreises am 10.11.2022 in Berlin
Auf dem Treffen wurden zunächst das Projekt, seine Forschungsfragen und das methodische Vorgehen vorgestellt sowie die Rolle und Aufgaben des Begleitkreises und seine Erwartungen an das Projekt erörtert. Anschließend wurden die Spielräume im geltenden Recht zur Steigerung der Akzeptanz präsentiert und erörtert. Alternative mietrechtliche Umlagesysteme zur Auflösung des Mieter-Vermieter-Dilemmas aus der Literatur und dem politischen Raum wurden vorgestellt, analysiert und diskutiert.
Der Modernisierungsbedarf und die Modernisierungsoptionen im Gebäudebestand aus klimapolitischer Sicht wurden dargestellt und besprochen.
Zweites Treffen des Begleitkreises am 16.11.2023 in Berlin
Auf dem Treffen wurden vom Projektkonsortium für repräsentative Gebäudetypen jeweils unterschiedliche Modernisierungsoptionen mit ihren Kosten (Kapital- und Betriebskosten) und Nutzen (Energiekosteneinsparungen) präsentiert. Diese Daten wurden beispielhaft in ein mathematisches Modell zur Abbildung der langfristigen Belastungswirkungen verschiedener Umlagemodelle für Vermietende und Mietende eingespeist. Erste Ergebnisse der Berechnungen zur Verteilung der Belastungen der Modernisierungsoptionen wurden vorgestellt und diskutiert.
Drittes Treffen des Begleitkreises am 19.09.2024 in Dessau
Auf dem Treffen wurden eine konzeptionelle Weiterentwicklung des ökonomischen Modells vorgestellt, dass insbesondere ökonomische Wirkungen verschiedener Umlagemodelle bei einem Mietendenwechsel berücksichtigt. Diese Wirkungen wurden für repräsentative Gebäudetypen für jeweils unterschiedliche Modernisierungsoptionen durchgerechnet.
Weiterhin wurde präsentiert, wie sich Belastungen bei Änderung von Eingangsparametern wie Entwicklung der Energiepreise, der Kreditzinsen, der Modernisierungskosten u.a. verändern. Anschließend wurde das Konzept der Befragung zu den Fairnessvorstellungen in Bezug auf energetische Modernisierungen vorgestellt und erste Ergebnisse aus dem Pretest der Befragung von Mietenden, Vermietenden und Selbstnutzenden präsentiert.
Abschlussworkshop am 26.06.2025 im Bundesumweltminusterium (BMUKN) in Berlin
Am Abschlussworkshop nahmen neben dem Begleitkreis zahlreiche Vertreter*innen weiterer Ministerien (BMUKN, BMJV) und weiterer Interessengruppen sowie aus, Forschung und Wissenschaft teil. Folgende Projektergebnisse wurden vorgestellt:
- Handlungsmöglichkeiten im geltenden Mietrecht als Refinanzierungsmöglichkeit bei einer energetischen Modernisierung als einseitige Maßnahmen (Mieterhöhung nach § 558 BGB und Modernisierungsumlage nach § 559 BGB) sowie konsensuale Maßnahmen (Staffelmiete und Indexmiete)
- Auswahl von jeweils drei Modernisierungsoptionen für jeweils fünf unterschiedliche Gebäudetypen mit den Kosten, den umlegbaren Kosten, die erzielbaren Energiekosteneinsparungen auf Basis von Energiepreisszenarien und CO2-Bepreisung und möglicher Förderung
- Modellierung der Belastungen für Mieterende und Vermietende bei den Modernisierungsoptionen in der aktuellen Modernisierungsumlage (§ 559 BGB) und in folgenden Modellen in:
o Verbrauchsbasierte Teilwarmmiete (VTWM)
o Bedarfsteilwarmmiete (BTWM)
o Mietenunabhängiger Sanierungsaufschlag (MUSA)
Für die Modelle wurden auch Sensitivitätsrechnungen bezüglich Eingangsparameter vorgestellt. - Gesamtwirtschaftliche Wirkungen der Umlagesysteme (unter Modellierung des relevanten Gebäudebestands) und unter Berücksichtigung der Berechnungsparameter Handwerkskapazitäten (Sanierungsquote), CO2-Preisentwicklung, Mietniveaus und Mieterwechselrate als Entscheidungsbaum für Modernisierungsoptionen sowie Darstellung der Endenergiebedarfe und CO2-Emissionen einschließlich Kosten und Fördersätzen
- Gerechtigkeitskriterien (Vertragsgerechtigkeit und soziale Gerechtigkeit im Mietverhältnis bei energetischen Modernisierungen)
- Aufbau der Befragung unter Mietenden, Vermietenden und selbstnutzenden Eigentümern und Ergebnisüberblick unter besonderer Betrachtung von Gerechtigkeitswahrnehmungen.
FLAMME-Update am 02.10.2025
Auf dem Abschlusstreffen wurden einige ergänzende Analysen und Betrachtungen zu den Modellen erbeten. Diese wurden auf einer Update-Veranstaltung am 02.10.2025 online vorgestellt. Neu in die Modellierungen aufgenommen wurde das sog. Drittelmodell und eine Variante der Modernisierungsumlage, bei der die Fördermittel bei den Vermietern verbleiben sowie die Modernisierungsumlage ohne Inanspruchnahme von Fördermitteln. Die Analyse der gesamtwirtschaftlichen Wirkung wurde um die zusätzlich aufgenommenen Umlagesysteme erweitert. Die resultierende Gesamt-CO2-Minimierung und Gesamtkostenminimierung als Ziel unter Berücksichtigung der Verteilungswirkung zwischen Vermietenden und Mietenden wurden gesondert betrachtet. Des Weiteren wurden die detaillierten Ergebnisse und neue empirische Erkenntnisse der umfangreichen Befragung von Mietenden, Vermietenden und selbstnutzenden Eigentümern vorgestellt.
Ergebnisse und Veröffentlichungen
Eine Reihe von Ergebnissen wurden unter anderem bereits in Berichten, Artikeln für Fachzeitschriften und Konferenzbeiträgen veröffentlicht, weitere Veröffentlichungen sind in Bearbeitung und werden folgen.
Henger, Ralph, Reutter, Leo (2025): Reform des Mietrechts zu einer einsparbasierten Modernisierungsumlage, IW-Kurzbericht 86/2025
https://www.iwkoeln.de/studien/ralph-henger-reform-des-mietrechts-zu-einer-einsparbasierten-modernisierungsumlage.html
Reutter, Leo; Winiewska, Bernadetta (2025): Simulating retrofit incentives and distributional effects of four tenancy law policies, MAGKS Joint Discussion Paper Series in Economics, No. 08-2025, Philipps-University Marburg, School of Business and Economics, Marburg
Unnerstall, Herwig (2025): Refinanzierung von Kosten energetischer Modernisierungen – Handlungs- und Gestaltungsoptionen im geltenden Mietrecht, Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), S. 11 ff
Reutter, Leo (2025): Inefficient incentives for energy saving in tenancy law and policy options to remedy the landlord-tenant dilemma. European Journal for Law and Economics.
https://doi.org/10.1007/s10657-024-09827-7
Reutter, Leo Florian (2024): Inefficient incentives for energy saving in tenancy law and policy options to remedy the landlord-tenant-dilemma, MAGKS Joint Discussion Paper Series in Economics, No. 16-2024, Philipps-University Marburg, School of Business and Economics, Marburg
Reutter, Leo Florian; Von Wangenheim, Georg (2023): And yet they help: An analytical model of how subsidies for modernizing landlords overcome inefficient tenancy law, MAGKS Joint Discussion Paper Series in Economics, No. 02-2023, Philipps-University Marburg, School of Business and Economics, Marburg
Präsentationen auf Konferenzen etc.
Energieforschung vernetzt – 1. Symposium der Forschungsnetzwerke; Workshop 3B – Warm gemietet, kalt erwischt? – Fairness und Akzeptanz mietrechtlicher Umlagesysteme bei energetischen Modernisierungen, 13.06.2023 - 14.06.2023, Berlin
Reutter, Leo (2024): (In-)Efficient Incentives for Energy Saving in Tenancy Law:
Reutter, Leo (2023): Modernisierungs- und Energieeinsparanreize in Teilwarmmietenmodellen. 1. Konferenz zur Norddeutschen Wärmeforschung. Allianz der Norddeutschen Wärmeforschung. Göttingen, 08.06.2023.