Bereits aufgetretene und erwartete Klimaänderungen
Für den Freistaat Sachsen können folgende Kernaussagen für den Datenzeitraum 1881 bis 2100 (Beobachtung und Projektion) zusammenfassend formuliert werden:
- Die natürliche Variabilität ist zunehmend von einem Erwärmungstrend überlagert, was komplexe Auswirkungen zur Folge hat. Zudem schreitet die gemessene Temperaturentwicklung im Vergleich zur projizierten schneller voran.
- Es existiert ein erhöhtes Risiko für das Auftreten witterungsbedingter Extreme, auch deren gleichzeitiges und/oder länger anhaltendes Auftreten.
- Die Änderungen im Temperatur- und Niederschlagsregime begünstigen zunehmend den Aufbau bzw. die Ausprägung von Trockenheit! Hierbei treten längerfristige Niederschlagsdefizite und kurzfristige -überschüsse gleichzeitig auf; zugleich verstärken hohe Temperaturen die Wirkung eines Niederschlagdefizites infolge der Verdunstung.
Länderspezifische Klimamodelle und Klimaprojektionen
Seit Beginn 2021 ist das Mitteldeutsche Kernensemble (MDK, 2020) das aktuelle Projektionsensemble für die ReKIS-Bundesländer Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen (einschl. Randstreifen) und wurde in Gemeinschaftsarbeit (einschl. DWD: Ensemble-Reduktion) an die regionalen Besonderheiten angepasst. Ausgangspunkt hierfür war das DWD-Referenzensemble (mit Stichtag), dass ReKliEs-DE-Projektionen zur Grundlage hat und im Rahmen des Bund-Länder-Fachgespräches erarbeitet und diskutiert wurde. Einbezogen wurden auch die Ergebnisse des Modells EPISODES des DWD. Daraus wurde anhand regionaler Anforderungen ein ReKIS-Referenzensemble definiert, aus diesem dann das MDK für die Domain Mitteldeutschland erstellt wurde. Somit umfasst das MDK jeweils 7 Member für die RCP-Szenarien 2.6 | 4.5 | 8.5. Die Vorgehensweise zur Ensembleerstellung wurde innerhalb der ReKIS-Community diskutiert, festgelegt und dokumentiert, womit eine standardisierte Vorgehensweise zur Nachführung besteht.
Der aktuelle Klima-Referenzdatensatz Sachsen besteht aus stations- und rasterbasierten Zeitreihen mit Tages- und Monatswerten für die wichtigsten Klimaelemente sowie abgeleiteten Klimagrößen. Er umfasst Daten für den Zeitraum 1951 bis 2020, die umfangreich geprüft (Homogenität u.a.) und deren Lücken mit wissenschaftlich anerkannten Methoden gefüllt wurden. Der Datensatz vereint Messnetze des DWD, Sachsens, Polens sowie Tschechiens und stellt die Fortschreibung und Qualifizierung des Klima-Referenzdatensatzes 1961-2015 dar. Die öffentliche Bereitstellung erfolgt über ReKIS.
Das sich in Umsetzung befindliche Fachinformationssystem Meteorologie wird der Zusammenführung sämtlicher meteorologischer Daten dienen, die im Geschäftsbereich des Sächsisches Ministeriums für Energie, Klima, Umwelt und Landwirtschaft (GB SMEKUL) erhoben werden. In einer ersten Stufe werden 8 landeseigene Messnetze in das System integriert. Die Fertigstellung und Freischaltung des Datenportals erfolgt im Frühjahr 2025.
Bereits beobachtete und erwartete Klimafolgen
Mittlerweile liegen für Sachsen umfangreiche Erkenntnisse zu beobachteten und künftigen Klimafolgen vor. Sektorale Schwerpunkte liegen dabei bislang in den Bereichen Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Wasserhaushalt und -wirtschaft. Auf regionaler und lokaler Ebene existieren darüber hinaus auch integrative Klimafolgen- und Betroffenheitsanalysen bzw. Vulnerabilitätsstudien (zum Beispiel für die Planungsverbände Westsachsen und Oberlausitz-Niederschlesien, für die Region Dresden oder einzelne Kommunen wie z. B. Zwickau), die auch detaillierte Risiken des Klimawandels hinsichtlich Gesundheit, Fremdenverkehr, Bauwesen und Siedlungsentwicklung oder Industrie/Gewerbe betrachten.
Bezogen auf das zentrale Schutzgut Wasser können in Sachsen bereits Rückgänge bei der Grundwasserneubildung beobachtet werden, die sich aufgrund der Veränderungen von Niederschlagsregime und Niederschlagsart künftig in ausgewählten Perioden verschärfen können. Steigende Niederschlagsdefizite in Zusammenhang mit höherer Verdunstung werden zur Zeit vor allem in der Vegetationsperiode I (Zeitraum April bis Juni) beobachtet, was in ausgewählten Regionen (Nord- und Ostsachsen) zu sinkender Bodenfeuchte, höherem Winderosionsrisiko, Problemen beim Pflanzenwachstum und damit erhöhtem Ertragsrisiko und niedrigeren Abflussdargeboten führt. Verbunden mit hohen Wassertemperaturen oder aufgrund hoher Nährstoffeinträge nach zunehmenden Starkniederschlägen wird der ökologische Zustand von Gewässern beeinflusst, was wiederum auch zu erhöhten Aufwendungen bei der Trinkwasseraufbereitung führt.
Spezifische Probleme können in Sachsen künftig im Zusammenhang mit Flutungen von Tagebaurestseen entstehen. Wassermangel kann auch zunehmend Problemlagen bereiten, Beim Erhalt von Feuchtbiotopen beeinflusst z.B. die Veränderung von Temperaturniveaus die Artenzusammensetzung, vor allem bei Standortspezialisten, und befördert die Ausbreitung von Neobiota. Generell zeigen Klimaänderungen deutliche phänologische Veränderungen sowohl bei natürlichen als auch bei land- und forstwirtschaftlich genutzten Arten. In Siedlungsbereichen beeinflussen beobachtete und künftige Klimatrends und Extremereignisse zunehmend Infrastruktur wie Wasserver- und -entsorgung, Verkehrsinfrastruktur (insbesondere Schifffahrt) und Gebäudebestände. Steigende thermische Belastungen in Städten wirken auf die Bevölkerung und den städtischen Tourismus. In den Mittelgebirgen deutet die Variabilität bei Winterniederschlägen und Schneedecken auf zunehmende Probleme für den Wintersport, vor allem in niedrigeren Lagen. Ein steigendes Temperaturniveau verringert tendenziell Aufwände für den Heizbedarf von Gebäuden, erhöht aber im Sommer den Klimatisierungsbedarf.
Wichtige Studien und Projekte
Schneeklimatologie Sachsen: Auf Grundlage eines Schneedeckenmodells wurde die Entwicklung der natürlichen Schneedecke und des Beschneiungspotentials (meteorologische Rahmenbedingungen) in ausgewählten sächsischen Skigebieten im Zeitraum 1961 bis 2050 ermittelt. Die Studie bildet die fachliche Grundlage zur Bewertung der Schneesicherheit im Rahmen der Tourismusstrategie Sachsen. Skigebietsbetreiber waren durch die AG Wintertourismus der Tourismus Marketing Gesellschaft Sachsen mbH eingebunden. Die bereits beobachteten und projizierten Veränderungen im Temperatur- und Niederschlagsregime spiegeln sich in dieser Studie wider. Die Schneesicherheit in den Skigebieten hat bereits abgenommen und es ist davon auszugehen, dass sich dieser Trend verschärft. Der wesentliche Antrieb dabei ist die Temperaturentwicklung. Aufgrund des Erwärmungstrends nimmt das Beschneiungspotential ebenfalls über die Zeit ab. Bereits beobachtet wurde eine Verschiebung in den unwirtschaftlichen Bereich. Es wird weiterhin schneereiche Winter bzw. Winter mit wirtschaftlichen Beschneiungsbedingungen geben, nur nimmt deren Häufigkeit im Laufe dieses Jahrhunderts ab. Darüber hinaus wurde auch eine Abschätzung des Schneebruchrisikos für Waldbestände vorgenommen. Im Zeitraum 1961 – 1990 war das Schneebruchrisiko im Allgemeinen etwas höher als im Vergleichszeitraum 1991 – 2015, wobei sich das räumliche Verteilungsmuster nicht wesentlich geändert hat. Die zeitliche Entwicklung zeigt jedoch eine Besonderheit, wonach das Schneebruchrisiko im Zeitraum 2011 – 2015 im Mittel höher als in jedem Jahrzehnt zwischen 1961 und 2010 war.