Regionale Klimafolgen in Hessen

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Bundesland Hessen
Quelle: KomPass / UBA

Die Folgen des Klimawandels sind nicht überall gleich. Daher lohnt es sich, sie kleinräumiger auf Ebene der Bundesländer zu betrachten. Welche Auswirkungen des Klimawandels in Hessen zu erwarten sind, erfahren Sie auf dieser Seite.

Inhaltsverzeichnis

 

LÄNDERSPEZIFISCHE KLIMAÄNDERUNGEN

 

Bereits aufgetretene und erwartete Klimaänderungen

Der ⁠Klimawandel⁠ findet bereits statt. Die Jahresmitteltemperatur in Hessen lag 1961-1990 bei 8,23 °C, im Zeitraum 1991-2020 bei 9,26 °C. Die Zahl der besonders kalten Tage ist seit ca. 1960 deutlich zurückgegangen. Dagegen hat die Zahl der warmen und heißen Tage stark zugenommen. Der Niederschlag zeigt sehr große Schwankungen. In den Wintermonaten fand eine leichte Zunahme statt, im Sommer eine leichte Abnahme, insbesondere traten 2018 und 2022 die trockensten Sommer seit 1881 auf. Betrachtet man lediglich den Zeitraum seit ca. 1960, so zeigt sich im Sommer ein Niederschlagsrückgang.

Für Extremereignisse wie Starkniederschlag, starke Winterstürme oder sommerliche Dürreperioden lässt sich noch kein statistisch gesicherter Trend nachweisen, grundlegende physikalische Überlegungen belegen jedoch, dass der Klimawandel zu einer Zunahme solcher Ereignisse führt.

 

Wichtige Studien und Projekte

Das Fachzentrum ⁠Klimawandel⁠ Hessen wurde 2008 im Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie eingerichtet. 2018 wurde es um den Bereich Klimawandelanpassung erweitert und umbenannt in Fachzentrum Klimawandel und Anpassung (FZK). Im Fokus der Arbeiten stehen die Auswirkungen des Klimawandels in Hessen. In Forschungsprojekten werden Klimaänderungen und deren Folgen untersucht sowie mögliche Anpassungsmaßnahmen entwickelt. Das Entwickeln von Anpassungsmaßnahmen soll drohende Schäden begrenzen und gegebenenfalls positive Entwicklungen aufzeigen. In verschiedenen Gremien des Fachzentrums werden Aktivitäten vernetzt, um Fachwissen zusammenzuführen. Wissensvermittlung für unterschiedlichste Zielgruppen runden die Aufgaben ab. Das FZK wird durch einen wissenschaftlichen Beirat unterstützt.

Das Klimaportal Hessen stellt Klimaentwicklungen für Temperatur, Niederschlag und andere ⁠Klimaelemente⁠ dar. Das Portal besteht aus den Komponenten Witterungsbericht, Wetterextreme und ⁠Klima⁠ der Zukunft.

In Kooperation mit dem Deutschen Wetterdienst wurde zudem ein Klima-Report erstellt.

Ein weiteres Instrument ist die landesweite Klimaanalyse. Zur Milderung von Hitzefolgen kommt u. a. der nächtlichen Abkühlung thermisch belasteter Siedlungsgebiete eine besondere Bedeutung zu. Von besonderer Relevanz ist die planerische Sicherung der im Wirkungszusammenhang mit diesen Siedlungsgebieten stehenden klimarelevanten Freiflächen. Eine wesentliche Datengrundlage zur Festlegung der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen im Rahmen der Neuaufstellung der Regionalpläne stellt die landesweite Klimaanalyse dar.

 

Länderspezifische Klimamodelle und Klimaprojektionen

Im Klimaportal stellt das FZK sowohl Beobachtungsdaten als auch Projektionen für die Zukunft dar. Die Projektionen werden für die Szenarien RCP2.6 und RCP8.5 gezeigt. Dabei sind die Daten über Naturräume gemittelt, um eine plausible Darstellung bei Wahrung der erforderlichen räumlichen Mittelwertbildung zu gewährleisten.

Die zu erwartenden Klimaveränderungen für Hessen (2071-2100 im Vergleich zu 1971-2000) können folgendermaßen zusammengefasst werden: 

  • Die Jahresmitteltemperatur wird im RCP2.6 um 1,1 °C und im RCP8.5 um 3,8 °C zunehmen. Dabei fällt die Erwärmung im Süden des Landes stärker aus als im Norden und im Sommer und Herbst stärker als im Winter.
  • Der Niederschlag im Frühling und Herbst ändert sich nur wenig. Im RCP8.5 nimmt der Niederschlag im Winter um gut 20 % (9 – 40 %) zu, im Sommer um knapp 12 % (8 – 18 %) ab. Im RCP2.6 ändert sich der Niederschlag kaum.
  • Die Abnahme von Eis- und Frosttagen ist dort am größten, wo es heute die meisten dieser Tage gibt: Rhön, Vogelsberg und Upland.
  • Sommertage, heiße Tage und ⁠Tropennächte⁠ nehmen am stärksten in den heute schon wärmsten Gebieten zu: Rhein-Main-Gebiet, hessisches Ried und Wetterau.
 

LÄNDERSPEZIFISCHE KLIMAFOLGEN UND VULNERABILITÄT

 

Beobachtete und erwartete Klimafolgen

Das FZK stellt Informationen zu ⁠Klimafolgen⁠ auf seiner Webseite bereit. Im Folgenden werden landesspezifische Informationen zu Klimafolgen aus ausgewählten Handlungsfeldern aufgeführt.

  • Menschliche Gesundheit: Hitze ist besonders gefährdend für vulnerable Gruppen wie ältere und vorerkrankte Menschen, Schwangere und Kleinkinder, aber auch für Menschen, die im Freien arbeiten. Die Hitzebelastung hat landesweit zugenommen, besonders betroffen sind dicht besiedelte Räume. Die Ausbreitung nicht-heimischer Stechmückenarten kann die Übertragung von Tropenkrankheiten ermöglichen. Das Hessische Landesamt für Pflege und Gesundheit betreibt ein Tigermückenmonitoring. Die Erwärmung führt zudem zu einer Verfrühung und Verlängerung der Pollensaison und zur weiteren Etablierung der hoch-allergenen Beifuß-Ambrosie.
  • Natur und Landschaft: Pflanzen und Tiere sind an das derzeitige ⁠Klima⁠ angepasst und können den Klimaveränderungen teilweise nicht folgen. Die Blüh- und Reifezeitpunkte verlagern sich, Brutzeiten verschieben sich und Interaktionen zwischen Ökosystemkomponenten können sich entkoppeln. Kälteliebende Arten wandern ab oder sterben lokal aus. Wärmeliebende Arten wandern ein oder breiten sich aus. Arten in Feuchtgebieten sind von der zunehmenden Trockenheitsgefahr besonders betroffen. Die Abteilung Naturschutz im HLNUG hat hierzu eine Liste von potentiellen Klimaverlierern veröffentlicht.
  • Städte und Gemeinden: Hitze und ⁠Starkregen⁠ stellen für Städte und Gemeinden große Herausforderungen dar. Ein Hitze- und ein Starkregenviewer bilden die aktuelle Belastungssituation in Hessen ab.
  • Wasser: Durch den ⁠Klimawandel⁠ nimmt Starkregen zu und führt vor allem in kleineren und mittleren Gewässern oder abseits von Gewässern zu Überflutungen. In großen Flüssen sind Trockenheit und Niedrigwasser das größere Problem. Beide Entwicklungen beeinflussen Eintrag und Konzentration von Schadstoffen im Gewässer. Auch das Grundwasser kann in Menge und Qualität durch Trockenheit und Starkregen beeinflusst werden. Eine Erhöhung der Wassertemperaturen ist in allen Wasserkörpern zu erwarten. Daten aus verschiedenen Messnetzen sind auf der HLNUG-Webseite zu finden.
 

Wichtige Studien und Projekte

Das HLNUG stellt in mehreren Geodatenviewern räumlich differenzierte Informationen zu ⁠Klimafolgen⁠ bereit, die zur Entwicklung lokaler Anpassungsmaßnahmen beitragen:

  • Der Hitzeviewer zeigt sowohl landesweite Karten der Hitzebelastung als auch für jede Kommune eine Hot- und Coldspot-Analyse zur Entwicklung und räumlichen Priorisierung von Hitzeschutz-Maßnahmen.
  • Der Starkregenviewer enthält die landesweite ⁠Starkregen⁠-Hinweiskarte sowie die kommunalen Fließpfadkarten zur Identifikation vulnerabler Orte.
  • Der Bodenviewer enthält unter anderem den Erosionsatlas, der besonders gefährdete Flächen identifiziert, die gegen die zunehmende Gefahr von ⁠Erosion⁠ durch Starkregen geschützt werden sollten.

Darüber hinaus hat das FZK eine Vielzahl an Projekten sowohl in der Forschung wie auch mit Anwendungsbezug durchgeführt.

 

Länderspezifische Wirkmodelle

Im Rahmen der Kooperation „Klimaveränderung und Konsequenzen für die Wasserwirtschaft“ (KLIWA) zwischen den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Hessen und dem Deutschen Wetterdienst sowie der Bundesanstalt für Gewässerkunde werden die Auswirkungen des Klimawandels auf Gewässer untersucht und Konsequenzen aufgezeigt. Zuletzt wurde hierzu 2021 auf Basis eines gemeinsamen Multimodell-Ensembles der Einfluss des Klimawandels auf das zukünftige Abflussgeschehen der Gewässer untersucht. In Hessen wurde im HLNUG als ⁠Wirkmodell⁠ das Wasserhaushaltsmodell LARSIM verwendet.

Um die Bilanzgrößen des Bodenwasserhaushalts, die Sickerwasserbildung und die ⁠Grundwasserneubildung⁠ aus Niederschlag zu simulieren, wird im HLNUG das Bodenwasserhaushaltsmodell GWN-BW eingesetzt. Im Rahmen von KLIWA kommt GWN-BW in den beteiligten Bundesländern für gemeinsame, flächendeckende Simulationen zur Anwendung, sowohl für das Langzeitverhalten (Vergangenheit) als auch für zukünftige Veränderungen. Auf Grundlage von Beobachtungsdaten werden die Auswirkungen des bereits stattgefundenen Klimawandels für die Jahre 1951-2023 untersucht.