Einbettung in die kommunale Praxis

Luftbild eines Stadtquartiers mit Grünanlagen und Solarpanelen auf den Dächern.zum Vergrößern anklicken
Integrierte Ansätze eignen sich gut zur Verankerung von NbS in die Stadtpolitik und -planung.
Quelle: Jorg Greuel / Photodisc / Getty Images

Naturbasierte Lösungen (NbS) bieten viele gesellschaftliche Vorteile, wie Klimaanpassung, Förderung der Biodiversität und Verbesserung der Lebensqualität. Ihre Integration in die kommunale Planung wird jedoch durch strukturelle und rechtliche Barrieren erschwert. Dieser Artikel gibt einen Überblick über Lösungsansätze und erläutert den gesetzlichen Rahmen für die Umsetzung und Förderung von NbS.

Wie können NbS in kommunalen Planungsprozessen verankert werden?

Naturbasierte Lösungen (NbS) gewinnen zunehmend an Bedeutung für die Förderung von Klimaanpassung, ⁠Biodiversität⁠ und städtischer Lebensqualität. Viele Kommunen nutzen jedoch die Möglichkeiten zur Integration von NbS in Planungsinstrumente und Satzungen nicht. Gründe dafür sind bestehende Verwaltungsstrukturen, der hohe Personalbedarf, begrenzte Budgets, Wissensdefizite über die Umsetzung und Vorteile von NbS sowie der starke Nachverdichtungsdruck in dicht bebauten Innenstädten.

Potenzial von integrierten Ansätzen

Integrierte Ansätze haben ein besonderes Potenzial, NbS systematisch in der Stadtpolitik und -planung zu verankern. Informelle Planungsinstrumente, wie Stadtentwicklungs- und Freiraumplanung, bieten hierfür gute Möglichkeiten. Diese Instrumente sind nicht rechtlich formalisiert und standardisiert, was Flexibilität bei der Umsetzung systematischer, sektorübergreifender Ansätze ermöglicht.

Informelle Planungsinstrumente und gute Praxisbeispiele der NbS-Integration

NbS können in einer Reihe von strategischen kommunalen Planungsinstrumenten verankert werden. Diese reichen von der gesamtstädtischen Ebene bis hinunter zu einzelnen Stadtteilen und können bestimmte Sektoren oder geografische Bereiche betreffen. Viele Städte, so z. B. auch Berlin und Nürnberg, haben gezeigt, wie durch gezielte Strategien und Pläne NbS erfolgreich verankert werden können:

Praxisbeispiel: Die BerlinStrategie | Stadtentwicklungskonzept Berlin 2030 umfasst die Förderung und Umsetzung von NbS zur Erreichung ökologischer und sozialer Ziele. Maßnahmen umfassen u. a. die Vernetzung von Grünflächen, die Weiterentwicklung von Grün- und Freiflächen mit Blick auf ⁠Klimaschutz⁠- und Anpassung und ein Grundwasser- und Regenwassermanagement mit innovativen (grünen) Lösungen.

Praxisbeispiel: Der Masterplan Freiraum Nürnberg enthält multifunktionale Maßnahmen zur Klimaanpassung und Stadtgrünentwicklung. Teil des Masterplans sind ein gesamtstädtisches Freiraumkonzept, ein entsprechender Aktionsplan, welcher kontinuierlich aktualisiert und mit neuen Projekten gefüllt wird, sowie Freiraumkonzepte auf Stadtteilebene.

Welche rechtlichen Anforderungen bestehen für Kommunen?

Naturbasierte Lösungen zur Klimaanpassung sind ein Querschnittsthema. Die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Förderung von NbS umfassen daher viele europäische, nationale und bundeslandspezifische Vorgaben. Kommunen verfügen zudem über Spielräume, die sie unter anderem durch den Erlass kommunaler Satzungen nutzen können.

Zu den wichtigsten rechtlichen Grundlagen gehören:

  • Klimaanpassungsgesetz auf Bundesebene (KAnG): Das KAnG schafft einen verbindlichen Rahmen für die Klimaanpassung in Bund, Ländern und Gemeinden. Es betont die Priorität naturbasierter Lösungen und fordert die Erstellung einer Bundes-Klimaanpassungsstrategie mit messbaren Zielen. Die Länder müssen zudem eigene Klimaanpassungsstrategien entwickeln und umsetzen. Außerdem sollen lokale Klimaanpassungskonzepte auf der Grundlage von Risikoanalysen für die Gebiete der Gemeinden und Kreise erstellt werden. Das KAnG kann die Umsetzung von NbS befördern, da laut Gesetz naturnahen Lösungen ein Vorrang eingeräumt werden, und zwar auch dann, wenn dadurch im Einzelfall Mehrkosten entstehen. Dieser Vorrang insbesondere naturnaher Lösungen schließt sonstige Maßnahmen jedoch nicht aus.
  • Baugesetzbuch (BauGB): Das BauGB legt die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Berücksichtigung von NbS und Klimaanpassung in der Stadtplanung fest. § 1a Abs. 5 BauGB verpflichtet Gemeinden, sowohl ⁠Klimaschutz⁠- als auch Anpassungsmaßnahmen in ihre Planungen einzubeziehen. Die ⁠Bauleitplanung⁠, die aus dem Flächennutzungsplan und dem Bebauungsplan besteht, spielt dabei eine Schlüsselrolle. Im Flächennutzungsplan wird festgelegt, welche Flächen beispielsweise als Grünflächen zur Regenwasserversickerung oder als Kaltluftschneisen freigehalten werden sollen. Der Bebauungsplan konkretisiert diese Festsetzungen und bietet viele Möglichkeiten zur Integration von NbS, etwa durch die Festlegung unversiegelter Grundstücksanteile (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) oder die Förderung von Dach- und Fassadenbegrünungen (§ 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB).
    Praxisbeispiel: Die Stadt Mörfelden-Walldorf zeigt, wie im Bebauungsplan Maßnahmen zur Förderung von NbS festgelegt werden können. So sieht der Bebauungsplan Nr. 46.1 für das Gewerbe- und Industriegebiet Mörfelden-Ost vor, dass alle unversiegelten Flächen wasserdurchlässig gestaltet und begrünt werden müssen. Außerdem sollen Dachflächen extensiv begrünt werden, um die Regenwasserbewirtschaftung zu unterstützen.
  • Bauordnungen der Länder: Diese ermächtigen die Kommunen, örtliche Bauvorschriften zur wasserbewussten Grund- und Gebäudegestaltung z. B. mit Dach- und Fassadenbegrünung zu erlassen. Die Bauordnungen der Länder normieren zudem die Anforderungen an die sichere Gestaltung von Entwässerungsanlagen.
  • Wasserhaushaltsgesetz (WHG): Das WHG, welches die EU-⁠Wasserrahmenrichtlinie⁠ in Deutschland umsetzt, zielt auf eine nachhaltige Gewässerbewirtschaftung ab und enthält unter anderem Vorgaben zur Versickerung von Regenwasser sowie zum Hochwasserschutz. Möglichkeiten für Kommunen hinsichtlich der Umsetzung von NbS ergeben sich u.a. aus Bestimmungen zum Schutz von Gewässern. In § 6 Abs. 1 Nr. 6 WHG wird zum Beispiel festgelegt, dass für oberirdische Gewässer durch Rückhaltung des Wassers in der Fläche der Entstehung von nachteiligen Hochwasserfolgen vorzubeugen ist. Dies soll auch durch Erhaltung und Neupflanzung einer standortgerechten Vegetation (§ 39 Abs. 1 Nr. 2 WHG) erreicht werden, was den Einsatz entsprechender NbS unterstützen kann.
  • EU-Verordnung über die Wiederherstellung der Natur (Nature Restoration Law, oder NRL): Mit der NRL besteht ein ambitionierter Rahmen für die EU-Mitgliedsstaaten, um geschädigte Ökosysteme wiederherzustellen. Dies schafft Anreize zur Umsetzung multifunktionaler, naturbasierter Klimaanpassungsmaßnahmen, die auf der Renaturierung von Ökosystemen, etwa Auen oder Wäldern, basieren.
  • Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG): Auf nationaler Ebene bildet das BNatSchG eine wichtige Grundlage zur Förderung von NbS. Es verpflichtet zur Erhaltung und Entwicklung von Natur und Landschaft und unterstützt die Integration von grüner Infrastruktur in die Stadtplanung.
  • Aus den Landesgesetzen ergeben sich zudem weitere Handlungsspielräume für Kommunen. Das Klimaanpassungsgesetz von Nordrhein-Westfalen (KlAnG) misst beispielsweise dem Schutz und Ausbau der grünen Infrastruktur besondere Bedeutung bei. Diese Gesetzgebung erleichtert es den Kommunen, NbS in ihre Planungen einzubeziehen und liefert eine Rechtfertigungsgrundlage für entsprechende Budgetausgaben.


Die für die Umsetzung von NbS für die Klimaanpassung wesentlichen Rechtsakte sind in der folgenden Abbildung dargestellt.

Infografik zum rechtlichen Gestaltungsspielraum der Gemeinden zur Förderung naturbasierter Lösungen. Sie zeigt verschiedene Ebenen wie relevante Rechtsbereiche (z. B. Wasserrecht, Klimaanpassungsrecht), kommunale Abwägungen (Gestaltungssatzungen), planungsrechtliche Rahmen (Baugesetzbuch, Raumordnungsrecht) und technische Normen. Es werden Verbindungen zwischen Bauleitplanung, Städtebau und NbS-Investitionen dargestellt. Die Grafik hebt Bereiche unter kommunaler Gestaltungshoheit hervor.
Übersicht wesentlicher Rechtsakte für die Umsetzung von NbS
Quelle: CC-BY-ND 4.0 Umweltbundesamt 2024
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