Klimaanpassungsdienste: eine Brücke vom Wissen zum Handeln

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Auf dem Markt der Klimaanpassungsdienste
Quelle: Umweltbundesamt/Plischke

Klimaanpassungsdienste wie Leitfäden, Webportale, Karten oder Handlungsempfehlungen sollen Klimavorsorge in der Praxis unterstützen. Sie zeigen, welche Regionen und Sektoren von den Folgen des Klimawandels betroffen sind und wie sich Akteure vor Ort gegen Hitze, Trockenheit oder Starkregen wappnen können. Außerdem helfen sie dabei, Entscheidungen zu treffen und deren Wirkung zu bewerten.

Bedarfsgerechte Angebote schaffen

Klimaanpassungsdienste sind für lokale Akteure ein wichtiger Startpunkt für die eigene Vorsorge zur ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠. Damit sie tatsächlich genutzt werden, müssen sie die realen Bedarfe vor Ort treffen. Nur dann können sie dazu beitragen, Akteure zu motivieren, sich mit regionalspezifischen Klimaänderungen und notwendigen Anpassungsmaßnahmen intensiver zu beschäftigen – und bestenfalls vorsorgend zu handeln. Vor allem das vorsorgende Handeln ist wichtig für eine klimaresiliente Gesellschaft. Lediglich zu wissen, wie man sich an ⁠Klimafolgen⁠ anpassen könnte, reicht nicht aus. Man muss es auch tun. Klimaanpassungsdienste können hier eine Brücke schlagen zwischen regionalen Bedarfen und einem gesellschaftlichen Meinungsaustausch zu angemessenen Rahmenbedingungen zur Klimawandelanpassung.

Das Wissen und die Erfahrungen zu den regionalen und sektoralen Auswirkungen des Klimawandels und zum Umgang damit sind in der Wissenschaft und teils auch in Verwaltungen und Unternehmen in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Doch längst nicht alle relevanten Akteursgruppen auf der lokalen und regionalen Ebene sind bisher für das Thema sensibilisiert – für die Umsetzung werden sie jedoch dringend gebraucht. Immer wichtiger wird es deshalb, dass sich Akteursgruppen über ihre Erfahrungen im Umgang mit den Folgen des Klimawandels austauschen und über Erfolge und Herausforderungen sprechen. Wie konnten andere Akteure beispielsweise relevante Klimawandelrisiken identifizieren? Wie und mit wem haben sie Anpassungsoptionen geplant? Welche Maßnahmen konnten sofort umgesetzt werden? Welche Akteure wurden beteiligt? Wie findet man heraus, ob die Maßnahmen auch wirksam sind?
Erlerntes und Erfahrenes auszutauschen hilft gleichzeitig, Potentiale für die Anpassungspolitik zu identifizieren, Zielkonflikte mit anderen Politikfeldern zu entschärfen sowie weiteren Forschungs- und Unterstützungsbedarf zu bestimmen.

Klimaanpassungskonferenz: Erfahrungsaustausch & Bekanntheit von Angeboten steigern

Um sowohl den direkten Erfahrungsaustausch voranzutreiben als auch die Unterstützungsangebote publik zu machen, hat das Umweltbundesamt im November die erste nationale Konferenz „Klimaanpassungsdienste: Klimavorsorge in der Praxis“ veranstaltet und 150 Anbieter sowie Nutzer von Daten, Informationen, Beratungsangeboten und Werkzeugen zur Klimawandelanpassung zusammengebracht. In verschiedenen Workshops, auf einem Marktplatz und dem Podium präsentierten und diskutierten die Teilnehmenden, wie sie Klimaanpassungsdienste entwickelt haben, wofür und wie sie genutzt werden und wie ihre Anwendung noch verbessert werden kann. Die überwiegend für die lokale Umsetzung verantwortlichen Teilnehmenden begrüßten ausdrücklich die gebotenen Möglichkeiten zum persönlichen Austausch, die insbesondere auf dem Markt der Dienste stattfanden und sehr gut angenommen wurde.

Die Konferenz traf den Nerv der Zeit in der Klimawandel-Anpassungslandschaft: Eine wachsende und unübersichtliche Zahl von Hilfestellungen steht einem steigenden Handlungsdruck beim Umgang mit den Klimafolgen gegenüber. Wie Anbieter und Nutzer von Anpassungsdiensten mit dieser Herausforderung ganz konkret umgehen, diskutierten sie in einem Podiumsgespräch. Die Stadt Jena berichtete, wie hilfreich selbst entwickelte Anpassungsdienste für die gesamte Stadtverwaltung waren. Ihr Entscheidungsunterstützungstool JELKA beispielsweise bündelt alle Anpassungsmaßnahmen und erleichtert eine Priorisierung je nach Sektor oder Ortsteil. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) stellte in einem Workshop mit Kommunen und Verbänden ihren Leitfadenentwurf zum Gebäudeschutz gegenüber Starkregenereignissen auf den Prüfstand. Mit dieser klaren Zielgruppenorientierung und -ansprache sowie der prompten Rückmeldung von Nutzern gewann der Leitfaden nicht nur an inhaltlicher Tiefe, sondern auch an Akzeptanz und Rückhalt aus der Branche.

Portal der Bundesregierung bündelt Informationen zu ⁠Klima⁠ und Klimawandelanpassung

Der Austausch während der Konferenz zeigte darüber hinaus: Vielen Klimaanpassungsdiensten fehlt es noch an der nötigen Bekanntheit. Um bestehende Informations- und Unterstützungsangebote zur Klimaanpassung noch stärker in die Breite zu tragen, hat die Bundesregierung das Deutsche Klimavorsorgeportal (KLiVO) ins Leben gerufen. Auf der Website www.klimavorsorgeportal.de werden insgesamt 86 Dienste (Stand: Dezember 2018) vorgestellt – darunter auch die Tatenbank sowie der Klimalotse des Umweltbundesamts. Das Portal wurde in den letzten Monaten vom Umweltbundesamt gemeinsam mit dem Deutschen Wetterdienst entwickelt. Es dient Interessierten als Wegweiser auf der Suche nach speziellen Klimainformationen und Anpassungsmaßnahmen zu einzelnen Sektoren, Klimawirkungen oder Regionen. Das Besondere daran: Alle Informationen haben vorab einen Qualitätscheck durchlaufen und sind von allen Bundesministerien empfohlen. Somit sind sie für Nutzerinnen und Nutzer eine verlässliche, stets aktuelle Quelle.

KlimAdapt-Netzwerk unterstützt die Weiterentwicklung der Angebote

Dennoch ist klar, dass Handlungsleitfäden nicht überall gleich gut umgesetzt werden können und gute Praxisbeispiele nicht eins-zu-eins kopierbar sind. Auch gibt es noch längst nicht zu allen Fragen eine passende Antwort. Daher sind der Austausch, das Voneinanderlernen, das gemeinsame Entwickeln von Lösungen sowie die Überzeugung, etwas bewirken zu können, entscheidende Erfolgsfaktoren in der Klimavorsorge. So kann aus Wissen Handeln werden und gleichzeitig das Wissen durch Handeln erweitert werden. Hier setzt das neu gegründete KlimAdapt-Netzwerk an. Es stellt die Schnittstelle zwischen Anbietern und Nutzern von Anpassungsdiensten dar. Mit rund 50 Mitgliedern von Bundes- und Landesbehörden, Kommunen, Wirtschaftsverbänden, Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Organisationen spiegelt das Netzwerk eine große Bandbreite an relevanten Akteuren der Klimaanpassung wider. Ziel ist es, Hinweise zu erarbeiten, wie Dienste anwenderfreundlicher gestaltet werden können und zu welchen Themen bislang zu wenig oder gar keine Dienste angeboten werden. So bringt das Netzwerk einzelne Dienste und auch das Gesamtangebot an Klimaanpassungsdiensten voran. Nutzer arbeiten hier mit Multiplikatoren zusammen und kommunizieren ihre Erfahrungen mit der Anwendung von Diensten. Das KlimAdapt-Netzwerk wird koordiniert durch das Umweltbundesamt. Es berät die Bundesressorts und ergänzt die im Rahmen der Deutschen ⁠Anpassungsstrategie⁠ bereits etablierten Gremien und Kooperationsformen auf Bundes- und Länderebene.

Notwendige Rahmenbedingungen zum Anpassungshandeln

Neben der Bekanntheit und der Nutzerfreundlichkeit der einzelnen Dienste, müssen für die Anwendung in der Breite auch die Rahmenbedingungen stimmen. Politischer Wille und die nötige Finanzierung von Personal und Anpassungsmaßnahmen sind hier genauso entscheidend wie klare rechtliche Grundlagen. Des Weiteren sollten Akteure selbst davon überzeugt sein, etwas verändern zu können und sich wirksam vor Klimawandelschäden wappnen können.

Um herauszufinden, welche Klimafolgen und Anpassungsmaßnahmen in den verschiedenen Handlungsfeldern am relevantesten sind und welche guten Praxisbeispiele es bereits gibt, veranstaltet das Umweltbundesamt seit fast zehn Jahren thematische Stakeholderdialoge und hat drei Mal den Wettbewerb Blauer Kompass durchgeführt. Ergebnisse sind u.a. in die Weiterentwicklung von Klimaanpassungsdiensten des ⁠UBA⁠, z.B. den Klimalotsen und die Tatenbank, eingeflossen. Die kontinuierliche Einbindung von und Reflexion mit Kommunen und anderen Akteursgruppen der lokalen Ebene hat sich in den letzten Jahren für Bund und Länder als zunehmend wichtig herausgestellt, um klimaresiliente Städte und Regionen zu gestalten.

Forschungsförderung

Mit der mittelfristig ausgelegten, aktuellen BMBF-Fördermaßnahme Regionale Informationen zum Klimahandeln (RegIKlim) soll die nächste Generation von Klimainformationsdiensten vorbereitet werden: Verlässlichkeit, Relevanz und Anwendbarkeit für kommunale und regionale Planungen und Maßnahmen stehen dabei im Vordergrund. Es sollen Informations- und Bewertungstools entwickelt werden, die insbesondere Akteure auf der kommunalen und regionalen Ebene befähigen, effektive und effiziente Strategien zum Umgang mit den Risiken des Klimawandels zu entwickeln.

Autorin und Autor: Kirsten Sander, Sebastian Ebert (Umweltbundesamt)

Zur Konferenzdokumentation der 1. Nationalen Koferenz:Klimaanpassungsdienste: Klimavorsorge in der Praxis 

Dieser Artikel wurde als Schwerpunktartikel im Newsletter Klimafolgen und Anpassung Nr. 58 veröffentlicht. Hier können Sie den Newsletter abonnieren.

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