Fokus auf Kreislaufführung nicht ausreichend
Zur Unterstützung eines nachhaltigeren Umgangs mit Bekleidung standen in den letzten Jahren vor allem die Produktionsbedingungen in der Lieferkette und die Kreislaufführung von Textilien im Vordergrund vieler Aktivitäten. Dies sind wichtige Ansatzpunkte für mehr Nachhaltigkeit im Textilsektor. Um die Umweltauswirkungen der Bekleidungsproduktion, -nutzung und -entsorgung zu verringern, bedarf es jedoch auch langlebiger Bekleidung, Maßnahmen zur Verlängerung der Nutzungsdauer und Nutzungsintensivierung sowie insgesamt eines verringerten Konsums. Die UBA-Studie „Die Rolle der Langlebigkeit und der Nutzungsdauer für einen nachhaltigen Umgang mit Bekleidung“ führt den aktuellen Stand der Forschung und Praxis zu den Themen Langlebigkeit und Nutzungsdauer von Bekleidung zusammen. Die Studie systematisiert aktuell bestehende Definitionen, Kriterien und Messnormen für Langlebigkeit, stellt die Einflüsse auf die Nutzungsdauer entlang des Lebenszyklus eines Kleidungsstücks dar, zeigt bestehende Best-Practice-Beispiele und formuliert aufbauend auf den Erkenntnissen Empfehlungen für Politik, Unternehmen und Verbraucher*innen.
Es fehlt an einer einheitlichen Definition
Die Begriffe Qualität und Langlebigkeit sind im Bereich Bekleidung bislang nicht einheitlich definiert. Je nach Produkt und Akteur können die Begriffe unterschiedlich interpretiert werden. Dies erschwert sowohl die Kommunikation für Unternehmen als auch die Orientierung für Verbraucher*innen beim Einkauf. Die geplanten Ökodesign-Vorschriften der EU haben das Potenzial, diese Lücke zu schließen. Denn auch die gängigen Umwelt- und Sozial-Siegel lassen keine automatischen Rückschlüsse auf die Langlebigkeit eines Kleidungsstücks zu.
Hat sich die Langlebigkeit unserer Kleidung verändert?
Es gibt derzeit keine eindeutigen Daten, die belegen, dass sich die produktbezogene Langlebigkeit von Bekleidung in den letzten Jahrzehnten verschlechtert hat. Die Zunahme der Bekleidungsproduktion, derzeit vorherrschende Geschäftsmodelle und auch Aussagen aus der Recyclingwirtschaft über eine sinkende Qualität der Sammelware deuten jedoch darauf hin. Zusätzlich wird die Nutzungsdauer von Bekleidung durch bestehende Konsumstrukturen negativ beeinflusst. Hierzu zählen der schnelle Austausch der Bekleidung in den Geschäften, ständige Konsumanreize, Überproduktion, niedrige Preise und der intransparente Umgang der Anbieter mit nicht-verkaufter Ware.
Handlungsbedarfe für Politik, Wirtschaft und Verbraucher*innen
Die Förderung von Langlebigkeit bei Bekleidung als Unterstützung der Transformation des gesamten Textilsektors hin zu einer kreislauffähigen, ressourcenschonenden und nachhaltigen Industrie verlangt ein Zusammenwirken unterschiedlicher Akteursgruppen.
Für die Politik gilt, dass
- Langlebigkeit im Rahmen der Aktivitäten zur EU-Textilstrategie berücksichtigt wird,
- Rahmenbedingungen (z. B. Steuererleichterungen für Reparatur) geschaffen werden, die die Langlebigkeit und Nutzungsdauer fördern
- und dass Forschung unter anderem zur Nutzungsphase von Bekleidung finanziert wird.
Die Wirtschaft sollte vor allem
- neue Geschäftsmodelle (z. B. Leihen, Reparatur) integrieren und diese erproben,
- zirkuläre Designstrategien in den Produktionsprozess aufnehmen
- und nachgewiesene Langlebigkeit aktiv als Verkaufsargument nutzen.
Verbraucher*innen können
- beim Einkauf die Qualität stärker berücksichtigen (z. B. durch Prüfen der Haltbarkeit von Nähten und ob das Gewebe für den Einsatzzweck eine ausreichende Festigkeit besitzt) sowie auf alternative Konsumformen wie Tauschen, Leihen oder Gebraucht-Kaufen zurückgreifen,
- Kleidung möglichst lange tragen und Modetrends hinterfragen
- sowie Kleidung bei Abnutzung, Defekten und neuen modischen Ansprüchen reparieren oder ändern (lassen).