Drei UN-Prozesse setzen internationalen Rahmen für Klimaanpassung und Katastrophenvorsorge
Auf internationaler Ebene sind derzeit drei Prozesse der Vereinten Nationen maßgeblich, um Klimaanpassung und Katastrophenvorsorge stärker miteinander zu verbinden. Sie bilden den Rahmen für Aktivitäten auf europäischer und nationaler Ebene.
Im Rahmen des UNFCCC-Prozesses (United Nations Framework Convention on Climate Change) wurde spätestens im Übereinkommen von Paris 2015 deutlich, dass nicht nur Treibhausgasemissionen soweit wie möglich verringert werden müssen, um die globale Erwärmung zu begrenzen und damit voraussichtlich die stärksten Risiken durch den Klimawandel zu verringern oder zu vermeiden. Zusätzlich bedarf es großer Anstrengungen, um die am meisten verwundbaren Staaten und Bevölkerungsgruppen in die Lage zu versetzen, sich an den Klimawandel anzupassen. Gerade Extremereignisse treffen diejenigen am stärksten, denen politische und planerische Möglichkeiten fehlen, um sich langfristig auf Klimafolgen vorzubereiten – genauso wie die finanziellen Mittel, um Schäden im Ernstfall zu beheben.
Das im Frühjahr 2015 beschlossene Sendai-Rahmenwerk zur Reduzierung von Katastrophenrisiken hat zum Ziel, die Auswirkungen von Naturgefahren durch Vorsorgemaßnahmen zu verringern. Dabei ist der Klimawandel eine der wesentlichen Ursachen solcher Gefahren. Die Umsetzung des Sendai-Rahmenwerks ist als komplementärer Prozess zum Paris-Übereinkommen anzusehen und unterstreicht die Relevanz der Verschränkung von Klimaanpassung und Katastrophenvorsorge.
Die 2030-Agenda für nachhaltige Entwicklung erweitert beide Perspektiven: Während der UNFCCC-Prozess auf Vermeidung von Treibhausgasemissionen sowie Klimaanpassung fokussiert und das Sendai-Rahmenwerk auf die Verringerung von Katastrophenrisiken, stellt die 2030-Agenda mit den Sustainable Development Goals (SDG) beide Ansätze in den Kontext einer nachhaltigen Entwicklung. Die Kriterien der nachhaltigen Entwicklung dienen als Leitlinien für eine wirkungsvolle Klimapolitik und Katastrophenvorsorge. Besonders deutlich wird dies am Nachhaltigkeitsziel 11b. Es besagt, dass Städte und Siedlungen integrierte Pläne entwickeln sollen, die gleichzeitig Klimaschutz, Klimaanpassung und Resilienz gegenüber Katastrophen berücksichtigen sollen. Es wird deutlich, dass es immer notwendiger wird, verschiedene Fachpolitiken zusammenzudenken, um diesen Anspruch zu erreichen.
Aktueller Bericht der Europäischen Umweltagentur: Klimaanpassung und Katastrophenvorsorge müssen eng kooperieren
Die Folgen und ökonomischen Schäden von Klimarisiken wie Hitzeperioden, Starkregen und Waldbränden sind bereits heute erfassbar. Für Europa zeigt das der aktuelle Bericht „Climate change adaptation and disaster risk reduction in Europe“ der Europäischen Umweltagentur (European Environment Agency, EEA) anhand von zehn untersuchten Klimarisiken. Auch analysierte die EEA bestehende Politiken, die Anpassung an den Klimawandel und Katastrophenvorsorge verbinden oder dies zumindest versuchen. In der Schweiz ist diese Verbindung gelungen, indem eine nationale Plattform für Naturgefahren etabliert wurde. Diese Plattform stellt Informationen bereit und erstellt abgestimmte Konzepte zur Prävention vor Naturgefahren. Auch europäische und internationale Städte-Netzwerke, wie Resilient Cities (ICLEI), sind geeignet, um Erfahrungen im Umgang mit Extremereignissen auszutauschen und gemeinsame Aktivitäten zu starten. Eine wesentliche Schlussfolgerung ist, dass eine enge Kooperation zwischen den jeweils Verantwortlichen notwendig ist, um negative Folgen von Extremereignissen zu verringern oder zu vermeiden. Diese ist nicht immer einfach zu koordinieren: Krisenmanagement und Katastrophenvorsorge sind grundsätzlich eher kurzfristig orientiert, weil der Ereignisfall und dessen Bewältigung im Mittelpunkt stehen. Klimaanpassung ist langfristig orientiert, weil neben den bereits beobachtbaren Folgen des Klimawandels auch die künftigen Klimarisiken der nächsten Jahrzehnte im Vordergrund stehen.
Im Bericht der EEA wird auch dargestellt, wie mit Instrumenten der Raumplanung oder mit technischen Maßnahmen Risiken durch Extremereignisse verringert werden können. Im Vordergrund stehen Maßnahmen, die idealerweise einen Mehrfachnutzen haben. Zum Beispiel: Blaue und grüne Infrastrukturen – also Wasserflächen und Grünanlagen – in Städten verzögern den Abfluss bei Starkregen und verringern gleichzeitig den Wärmeinseleffekt in Städten. Damit sind die Gebiete weniger anfällig gegenüber Extremereignissen und profitieren gleichzeitig von einer höheren Lebensqualität.
Integration von Klimaanpassung und Katastrophenvorsorge in Deutschland ist auf einem guten Weg
In der Anpassungspolitik in Deutschland haben Bevölkerungsschutz inklusive Katastrophenvorsorge auf Ebene des Bundes eine hervorgehobene Bedeutung: Bereits in der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel von 2008 ist es eines von zwei Querschnittsthemen. Auch in den Aktionsplänen zur Anpassungsstrategie der Jahre 2011 und 2015 sowie im Fortschrittsbericht zur Anpassungsstrategie von 2015 wird auf Extremereignisse, deren Folgen sowie mögliche Maßnahmen vielfach Bezug genommen. Die EEA sieht in ihrem Bericht Deutschland als ein Mitgliedsstaat an, in dem die Verknüpfung von Klimaanpassung und Katastrophenvorsorge auf nationaler Ebene etabliert ist. Dies wird unter anderem durch die Strategische Behördenallianz „Anpassung an den Klimawandel“ unterstützt. Hier arbeiten fünf Bundesoberbehörden zusammen:
- Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK)
- Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW)
- Deutscher Wetterdienst (DWD)
- Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
- Umweltbundesamt (UBA)
Im Rahmen der Behördenallianz wurden etwa Klimaprojektionsdaten im Hinblick auf Extremereignisse analysiert.
Ein Blick in die Anpassungspolitik der Bundesländer zeigt: Der Umgang mit den Folgen von Extremereignissen wird zwar als wichtiges Thema angesehen, gleichwohl überwiegt die separate Behandlung von Klimaanpassung und Katastrophenvorsorge beziehungsweise Bevölkerungsschutz entsprechend der jeweiligen Ressortzuständigkeiten.
Auf kommunaler Ebene in Deutschland gibt es erste Beispiele, wie Klimaanpassung und Katastrophenvorsorge integriert werden. So wurde beim Wettbewerb „Blauer Kompass“ des Umweltbundesamtes im Jahr 2011 die Stadt Wuppertal ausgezeichnet. Die Anpassungsstrategie der Wuppertaler Stadtentwässerung an die Folgen des Klimawandels und ein geändertes Fahrzeugkonzept der Feuerwehr überzeugten die Jury als ein vorbildliches Beispiel für gelungene Integration von Anpassung und Bevölkerungsschutz. (Für nähere Informationen und weitere Beispiele siehe: Blauer Kompass, Tatenbank).
Schlussfolgerungen: Informieren und Vernetzen
Mit voranschreitendem Klimawandel wird es in den nächsten Jahren immer wichtiger werden, Klimaanpassung und Katastrophenvorsorge miteinander zu verschränken. Für diese Integration sind folgende Punkte notwendig:
- Gegenseitige Information verstärken: Daten und Informationen zu Klimawandel und Extremereignissen sollten an Verantwortliche der Katastrophenvorsorge übermittelt und dabei der Langfristcharakter der Klimaanpassung verdeutlicht werden.
- Vernetzung unterstützen: Gremien von Klimaanpassung und Katastrophenvorsorge auf regionaler oder kommunaler sollten miteinander verbunden und so Ressortgrenzen überwunden werden.
- Umgesetzte Maßnahmen kommunizieren: Es sollte vermehrt nach „guten Beispielen“ gesucht werden, wie mit Klimarisiken so umgegangen werden kann, dass sie auch zur Katastrophenvorsorge beitragen. Ein gutes Beispiel sind Retentionsflächen, die Risiken durch Starkregen verringern.
Literatur
EEA (European Environment Agency) (2017): Climate change adaptation and disaster risk reduction in Europe. Enhancing coherence of the knowledge base, policies and practices. Kopenhagen (EEA Report No 15 / 2017)
Autor: Achim Daschkeit (UBA/KomPass)