Die naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahme zum Ausgleich für hafenbedingte Biotopverluste in Bremerhaven sichert den Lebensraum von Flora und Fauna bei Meeresspiegelanstieg, Extremniederschlägen und längeren Trockenphasen.
Bereits in den 1990er Jahren wurden an der Weser erste Ausgleichsmaßnahmen für den Hafenbau umgesetzt. Heute zeigt sich, dass naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen auch ein Beispiel dafür sein können, wie erfolgreiche Anpassung an den Klimawandel aussehen kann. Für die Maßnahme wurden an der Luneplate die Vordeichsflächen renaturiert und landseits des Weserdeichs wurde ein Grünlandbereich sowie ein Tidepolder – ein eingedeichtes Gelände, das von Ebbe und Flut beeinflusst wird – mit einem Tideschöpfwerk und einem Sturmflutsperrwerk angelegt. Außerdem wurde ein Teilabschnitt der alten Weser renaturiert. Die Maßnahme wirkt sich in verschiedenen Klimaszenarien positiv aus, also bei unterschiedlichen Werten für den künftigen Meeresspiegelanstieg wie auch bei zunehmenden Extremniederschlägen und längeren Trockenphasen.
Das 290 Hektar große Grünland-Graben-Gebiet bietet als extensiv genutztes Feuchtgrünland ein ideales Areal für Brut- und Rastvögel. Die Beweidung mit Wasserbüffeln trägt dazu bei, dass sich die ehemaligen Ackerflächen zu den gewünschten artenreichen Feuchtgrünlandbereichen entwickeln und erhalten bleiben. Windkraftbetriebene Schöpf- und Stauanlagen regeln den Wasserstand in diesem Gebiet. Auch bei stärkeren Trocken- oder Hitzeperioden bleibt durch ein gezieltes Wassermanagement die Biotopfunktion erhalten.
Gleichzeitig verbessern die zusätzlichen tidebeeinflussten Lebensräume im Tidepolder bei steigendem Meeresspiegel die Anpassungsmöglichkeiten für Flora und Fauna. In Bezug auf Extremniederschläge im Hinterland des Tidepolders besteht die Option dort flächenhafte Überschwemmungen zu vermeiden, indem die Niederschläge in den Tidepolder abgeleitet werden.
Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens mit Planfeststellung und länderübergreifender Abstimmung wurde die Grundlage für die Umsetzung der Maßnahme geschaffen.
Während Naturschutzvertreter*innen ursprünglich eine Deichrückverlegung einforderten und von Seiten der Landwirtschaft die Verwendung relativ hoch gelegener und produktiver Marschstandorte für naturschutzfachliche Kompensationsmaßnahmen kritisiert wurde, stellten Teile der Öffentlichkeit die mit den Maßnahmen verbundenen Kosten in Frage. Letztlich konnte verdeutlicht werden, dass einerseits anspruchsvolle Kompensationslösungen erforderlich waren und andererseits eine Deichrückverlegung zum damaligen Zeitpunkt nicht durchsetzbar war. Beim Rückgriff auf für gewerbliche Entwicklung vorgesehene und im öffentlichen Eigentum stehende Grundstücke wurden die landwirtschaftlichen Interessen berücksichtigt. Des Weiteren wurde verdeutlicht, dass sich die Kosten aus den rechtlichen Notwendigkeiten und der nötigen Rechtssicherheit der Projektzulassungen ergeben und durch die räumliche Zusammenführung verschiedener Kompensationsverpflichtungen Kosteneinsparungen möglich waren.
Eckdaten zur Maßnahme
Maßnahmenträger
Senatorische Dienststellen für Umwelt, Wirtschaft und Häfen, Bremen; Wissenschaftliche Beratung für Naturschutz und Landschaftsplanung (WBNL), Bremen; Küstenökologische Forschungsgesellschaft (KÜFOG GmbH), Loxstedt-Ueterlande; Universität Bremen; BUND Landesverband Bremen; Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Hannover; Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz, Hannover; Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz, Norden; Landkreis Cuxhaven; BUND Landesverband Niedersachsen, Hannover; Landwirtschaftskammer Niedersachsen; Verschiedene Gutachter und Planungsbüros
Dauer und Finanzierung
Dauer
knapp 30 Mio. EUR
Finanzierung für Tidepolder, Sturmflutsperrwerk, Tideschöpfwerk und Grünland-Graben-Gebiet
bremenports hat die Integration der Kompensationserfordernisse für verschiedene Eingriffsprojekte übernommen. Zur Finanzierung wurden die jeweiligen Projektmittel zusammengeführt. Für große Teile konnte auf zinsgünstige Darlehen der europäischen Investitionsbank zurückgegriffen werden.
Weiterführende Links
Beteiligung
Welche weiteren Personengruppen wurden an der Planung oder Umsetzung der Maßnahme beteiligt?
Träger öffentlicher Belange, Landwirt*innen & Grundstücksbesitzer*innen, Kommunen und breite Öffentlichkeit
Welche Formen der Beteiligung fanden statt?
Erfolge
Welche Erfolge wurden bis jetzt mit der Maßnahme erreicht?
Mittlerweile wurden Flächen des Kompensationsprojektes zu EU-Vogelschutzgebiet und FFH-Gebieten ernannt. Derzeit wird das Natura-2000-Gebiet Luneplate zum nationalen Naturschutzgebiet erklärt. Ermöglicht hat dies unter anderem die großflächige, räumlich und organisatorisch konzentrierte Umsetzung mehrerer Kompensationsbedarfe an einem Standort.
Durch das gezielte Wassermanagement kann der Lebensraum von Flora und Fauna wirksam stabilisiert werden. Lebensraumansprüche von Vögeln an Nahrungs-, Brut- und Rastflächen sind berücksichtigt worden und das gesellschaftliche Bedürfnis nach sicherer Abführung von Starkregenereignissen erfüllt.
Hat die Maßnahme positive Nebeneffekte?
- Ja, Natur-, Umwelt- und Ressourcenschutz: z. B. Erhaltung der biologischen Vielfalt, Luftreinhaltung, Gewässerschutz, Ressourceneinsparung
- Ja, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit: z. B. Innovation, Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen oder Regionen
- Ja, soziale Gerechtigkeit und Lebensqualität: z. B. Erhöhung der Wohnqualität in Städten, Beitrag zu sozialem Ausgleich oder sozialer Integration, besondere Berücksichtigung der Interessen benachteiligter Bevölkerungsgruppen
Erhaltung der biologischen Vielfalt;
Unterstützung und Bekanntmachung der Nachhaltigkeitsstrategie der bremischen Häfen unter der Marke greenports. Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen oder Regionen;
Schaffung und Erhaltung eines stadtnahen Naturraumes mit Möglichkeiten zur naturbezogenen Erholung und Beobachtung („Natur erleben“).
Hindernisse
Welche Hindernisse gab es während der Umsetzung?
Hat die Maßnahme negative Nebeneffekte?
Im Rahmen der Planfeststellung wurde auch eine vermutlich kostengünstigere Deichrückverlegung geprüft. Diese war jedoch in der Bevölkerung nicht akzeptiert und deshalb nicht durchsetzbar. Stattdessen wurde von bremenports das Polderkonzept mit Sperrwerk entwickelt.
Ansprechperson
Ort der Umsetzung
Bremen