Kooperation und Partizipation für erfolgreiche Renaturierungen
Behörden, Verbände, Vereine, Landwirtschaft und Bevölkerung – sie alle sind an Projekten zur Fließgewässerrenaturierung beteiligt. Ihre Zuständigkeiten, Interessen und Ansprüche sind oft unterschiedlich. Das kann zu Konflikten führen. Frühzeitige Kooperation und Partizipation ermöglichen Akzeptanz und Planungssicherheit.
Es kann zu einer großen Herausforderung werden, dass alle Beteiligten eine Renaturierungsmaßnahme akzeptieren. Denn die aus ökologischer Sicht notwendigen Verbesserungen können in Konkurrenz mit anderen Nutzungen, Interessen und Zielen stehen:
Die Wasserwirtschaft ist u. a. für die Entwässerung und einen geregelten Abfluss zuständig – insbesondere bei Hochwasser. Renaturierungen dürfen die hydraulische Leistungsfähigkeit der Flüsse und Bäche nicht einschränken. Mehr dazu: Hochwasser durch Renaturierung entschärfen
Wasserkraftwerke sollen Strom produzieren und brauchen für ihre volle Auslastung eine Mindestmenge an Wasser und Fallhöhe.
Personen mit Flächeneigentum wollen den Wert ihrer Grundstücke am Gewässer erhalten und Hochwasserschäden an Gebäuden und Land vermeiden Mehr dazu: Flächenbereitstellung für Gewässerrenaturierungen
Der Denkmalschutz ist um den Erhalt historischer Bauwerke (z. B. Wehre, Mühlen) an und in Gewässern bemüht.
Die Bevölkerung nutzt Fließgewässer als Ort der Erholung und des Naturerlebens. Diese Ansprüche stehen manchmal im Widerspruch zu anderen Zielen der Renaturierung (z. B. Naturschutz). Mehr dazu: Erholung und Tourismus am renaturierten Fluss
Aufgrund dieser vielfältigen Ansprüche an Fließgewässer ist es für den Erfolg von Renaturierungsmaßnahmen wichtig, alle Beteiligten einzubinden, um Nutzungskonflikte zu lösen und Akzeptanz für die Maßnahmen schaffen zu können. Die Berücksichtigung der unterschiedlichen Ressorts und Interessen hat dabei nicht nur die Lösung von Nutzungskonflikten zum Ziel, sondern kann auch Synergieeffekte für die Umsetzung von EU-Richtlinien (z. B. Hochwasserrisikomanagementrichtlinie, Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) hervorbringen. Dies reduziert den Verwaltungsaufwand, bündelt Ressourcen und spart Kosten.
Partizipation wagen
Durch Fließgewässerrenaturierungen werden Menschen angesprochen, die am und mit dem Gewässer leben. Sie sind an seiner Nutzung, seinem Schutz, seiner Gestaltung aber auch an ihrem eigenen Schutz vor Hochwasser interessiert. Eine Beteiligung der Bevölkerung am Planungsprozess kann wesentlich zur Akzeptanz von Renaturierungen beitragen. Wichtig ist es nicht nur zu informieren, sondern auch in einem offenen Austausch Lösungen zu finden und Entscheidungen zu treffen. Partizipation dient dazu:
Ansprüche und Bedürfnisse der Bevölkerung zu erfassen,
neue Ideen und Impulse einzubinden,
Konflikte zu lösen, und die
Legitimation von gemeinsamen Entscheidungen zu stärken.
Frei zugängliche und umfassende Informationen, nachvollziehbare Planungs- und Entscheidungsabläufe sowie frühzeitige Einbindung schaffen die notwendige Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Es stehen eine Reihe von Partizipationsmethoden wie Runde Tische, Bürgerdialoge oder World Cafés zur Verfügung (Bertelsmann Stiftung 2018).
Öffentlichkeitsarbeit – Die Bevölkerung informieren und begeistern
Menschen wollen wissen, was in ihrem Lebens- und Wohnumfeld passiert. Je besser und verständlicher Renaturierungsprojekte und deren Zweck erläutert werden, umso leichter lassen sich Bedenken aus der Welt schaffen. Eine klare Botschaft, die zielgruppengerechte Auswahl von Inhalten und Medien sowie ein professioneller Auftritt sind dafür hilfreich. Typische Medien für die Öffentlichkeitsarbeit umfassen:
Schaubilder und Infotafeln am Gewässer,
Präsentation der Maßnahmen in Presseerklärungen, im Internet, in Gemeindeblättern oder als Faltblätter,
Veröffentlichung von Artikeln in Fach- und Verbandszeitschriften (z. B. Bauernverband, Angelverein usw.),
Auftreten und Werben bei Veranstaltungen, Messen, Ausstellungen und dergleichen.
Eine besonders intensive Einbindung der Öffentlichkeit erfolgt durch Bachpatenschaften (LAWA 2017). Bachpatenschaften können von allen übernommen werden, die am Gewässer interessiert sind. Das können einzelne Personen, Ortsgruppen, Vereine oder Schulklassen sein. Im Rahmen einer Bachpatenschaft soll ein Gewässer in seinem naturnahen Zustand erhalten oder dahin entwickelt werden. Gleichzeitig lernen ehrenamtlich Engagierte „ihren“ Bach oder Fluss im Zuge einer Patenschaft kennen und werden für den Gewässerschutz sensibilisiert (DVL 2010). Eine Bachpatenschaft kann u. a. folgende Aufgaben beinhalten (DWA 2010):
Gewässerbeobachtung und -dokumentation (z. B. Tier- und Pflanzenwelt, Vermüllung),
chemische und biologische Untersuchungen,
Unterhaltungs- und Pflegemaßnahmen (z. B. Uferbepflanzungen und Reinigungsaktionen),
Entfernen von Uferverbau (mit expliziter Anweisung und Zustimmung der Unterhaltungspflichtigen und gegebenenfalls der Genehmigungsbehörden),
Weitergabe der Informationen an die Unterhaltungspflichtigen,
Kooperation mit Fachverwaltungen und regionalen Akteuren
Weitläufig geschätzte Renaturierungen zeichnen sich durch gute Kooperationen aus. Eine hohe Wertschätzung entsteht durch die Verbindung von Fachwissen mit lokalem Expertenwissen und durch die Einbindung der Gemeinde in den Planungsprozess. Mehr dazu: Masterplan Fuldaaue schafft Interessensausgleich an der Fulda
Mit der Bauleitplanung besitzen die Gemeinden die Planungshoheit für die Flächennutzung und die Bebauungsplanung. Sie können andere Ressorts und Behörden frühzeitig einbinden (z. B. Umwelt, Stadtplanung, Landschaftsplanung, Denkmalpflege, Naturschutz, Hochwasserschutz, Raumordnung, Verkehr, Bauen usw.). Hierfür eignen sich regelmäßige Treffen, bei denen Wege zur Umsetzung besprochen werden (DVL 2010). Mehr dazu: Informieren und beteiligen
Zudem bieten sich Partnerschaften mit Institutionen an, die in der Region etabliert sind und in denen regionale Akteure bereits gut zusammenarbeiten. Dies können z. B. Landschaftspflegeverbände, biologische Stationen, regionale Entwicklungsgruppen, Angelvereine oder Wasser- und Bodenverbände sein (DVL 2010). Mehr dazu: Unbürokratische Kooperation zur Renaturierung der Hase
Immer hilfreich ist ein Bekenntnis der Politik zur Renaturierung. Dadurch kann Unterstützung in Form von Erlassen und Vorschriften gegeben sowie Personal und finanzielle Mittel bereitgestellt werden.
Bei einer Gewässerschau wird vor Ort geprüft, ob die gesetzlichen Vorgaben – insbesondere zum Hochwasserschutz und der ökologischen Funktionen der Gewässer – eingehalten sind. Gewässer werden dazu gemeinsam begangen, um Maßnahmen vorzustellen und gemeinsam zu diskutieren (WBW & LUBW 2015). Die für bestimmte Gewässerabschnitte zuständigen Unterhaltungspflichtigen laden interessierte Fachverbände und -verwaltungen sowie die Bevölkerung zur Gewässerschau ein. Im Gelände werden Defizite aufgezeigt und, wenn möglich, direkt Vereinbarungen zur Verbesserung getroffen. Gewässerschauen können durch Informationen und Vorführungen zu einzelnen Fachthemen (z. B. Fließgewässerdurchgängigkeit, naturschutzrechtliche Aspekte) ergänzt werden (DWA 2010).
Gewässernachbarschaften sind freiwillige Zusammenschlüsse von Unterhaltungspflichtigen. Eine Gewässernachbarschaft dient als Forum, um sich über neueste Entwicklungen des Gewässerschutzes und der -unterhaltung zu informieren, Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig bei der Bewältigung der umfangreichen fachlichen Anforderungen zu unterstützen. Auf den regelmäßigen Treffen erfolgt ein Informationsaustausch z.B. zu:
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
Umweltbundesamt
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